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Sarah_O

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Cover des Buches Zodiac (ISBN: 9783492703819)

Bewertung zu "Zodiac" von Romina Russell

Zodiac
Sarah_Ovor 8 Jahren
Kurzmeinung: Kreativ entworfene Welt mit starker Heldin
Kreativ entworfene Welt mit starker Heldin

„Zodiac“ ist der Auftakt einer als vierbändige Serie geplanten Science-Fiction-Reihe aus der Feder der amerikanischen Debüt-Autorin Romina Russell und siedelt sich mit seiner fast 17-jährigen Ich-Erzählerin Rho in der All-Age-Literatur an.

Inhalt:
In ferner Zukunft haben die Menschen eine Galaxie aus zwölf Systemen bevölkert und deuten ihre Schicksale aus den Sternen. Auch die bald 17-jährige Schülerin Rho vom Krebs hat diese Fähigkeit erlernt, doch fällt sie bei der Prüfung dieser Disziplin beinahe durch, da sie sich bei der Deutung auf ihre Intuition verlässt und nicht auf die wissenschaftlichen Berechnungen setzt, die ihre Lehrer vorgeben. So hält auch zunächst niemand Rhos Vision von einem dunklen Omen für wahr, denn außer ihr hat dies kein anderer Sternendeuter vorausgesehen – bis ein großes Unglück über das Haus Krebs hereinbricht und die Heimat eines ganzen Volkes ins Chaos stürzt. Wenn Rhos Deutung der Sterne stimmt, wurde Krebs jedoch nicht Opfer einer Naturkatastrophe, wie die meisten vermuten, sondern wurde von einer uralten Macht heimgesucht, die unentdeckt schon andere Häuser angegriffen hatte und weitere angreifen wird. Doch wer glaubt einer Jugendlichen, die vor der Bedrohung durch eine Märchenfigur aus den ältesten Legenden Zodiacs warnt? So macht sie sich auf eigene Faust auf den Weg, um die anderen Häuser vor dem 13. Zeichen zu warnen…

Mit „Zodiac“ entwirft Romina Russell eine Welt, die allein durch ihre Komplexität und Kreativität schon eine vor allem für ein Erstlingswerk außergewöhnliche Größe darstellt und keinen Zweifel an der Fähigkeit der Autorin, ein intelligentes und entdeckenswertes Weltenmodell zu entwerfen, zulässt.
Zwölf Häuser, gekennzeichnet durch die zwölf Sternzeichen, mit zwölf facettenreichen Kulturen und Völkern, die nicht nur äußerlich sondern auch charakterlich jeweils eigene Merkmale entwickelt haben, die in einer weitläufigen Galaxie zwölf Sternbilder bewohnen, von denen jedes ein eigenes Muster aus bewohnten und unbewohnten Planeten und Monden besitzt, mit eigenen Rohstoffen, eigener Architektur und eigenen technischen Errungenschaften, die von der detailreichen Sprache Russells mit Leben gefüllt werden. Neben rein physikalischen Besonderheiten wie der Atmosphäre oder der Gravitation eines jeden Systems präsentiert die Autorin verschiedenste der Umgebung oder den volkseigenen Merkmalen angepassten Lebensweisen der einzelnen Häuser: Von den spirituellen Fischen über die wissbegierigen Schützen bis hin zu den träumerischen Zwillingen; von den Krebsen, deren Leben vom Meer ihres Wasserplaneten bestimmt werden, über die Jungfrauen, die den Getreideanbau optimiert haben, bis hin zum wehrhaften Widder, in dessen Leben das Militär die wichtigste Rolle einnimmt.

Durch dieses hochkomplexe Vielwelten-System schafft die Autorin ein Netz aus politischen Intrigen und Misstrauen unter den einzelnen Häusern, und spiegelt mit der Gesellschaft Zodiacs eine zutiefst gespaltene Menschheit wider, die auch Jahrhunderte nach dem Ende des letztens Krieges kein Vertrauen entwickeln konnte. Diese Welt aus zwölf einzelnen Völkern nun von einem gemeinsamen, bisher nur als Unruhestifter in uralten Legenden bekannten Feind zu überzeugen, ist die Aufgabe der jungen Rho, einer ungewöhnlich talentierten Sternendeuterin, die jedoch mit ihrer Unerfahrenheit und ihrem jugendlichen Alter nicht einmal das Vertrauen ihrer engsten Verbündeten genießt.

In diesem ersten Band der Reihe steht daher Rhos Entwicklung im besonderen Fokus der Geschichte. Die Ich-Erzählerin kann dabei nicht nur mit einer interessanten und rätselhaften Kindheitsgeschichte, sondern auch mit ihrem Weitblick und ihrer Willensstärke punkten und bleibt trotz ernüchternder und persönlich verletzender Rückschläge ihrer Überzeugung treu, auch wenn sie zunächst selbst lernen ihr Schicksal anzunehmen und ihren Fähigkeiten zu vertrauen. Ob sie damit allerdings erfolgreich gegen die zahlreichen Widerstände politischer Machthaber oder sogar gegen das geheimnisvolle 13. Haus ankommen und Zodiac retten kann, bleibt abzuwarten, eine überzeugende Hauptfigur, die Stärke aber auch Verletzlichkeit zeigt, ist die jugendliche Rho jedoch in jedem Fall.

Die für einen Jugend-/All-Age-Roman fast als obligatorisch zu betrachtende Liebesgeschichte mit Dreieckspotential aus unschuldiger Heldin, unnahbarer Jugendliebe und charmantem, wie geheimnisvollem Fremden sorgt neben Gefühlen auch für ein wenig Humor und schafft es durch Zurückhaltung und Entwicklung in ungewöhnlicher Weise sogar erfahrene Leser des Genres nicht durch Vorhersehbarkeit zu langweilen oder durch dick aufgetragenen Kitsch die eigentliche Handlung zu stören. Stattdessen kann sie für Überraschungen sorgen und lässt die manchmal ein wenig distanziert wirkende Ich-Erzählerin emotionaler erscheinen.

Fazit: „Zodiac“ ist ein Roman, der in einer von sich gegenseitig misstrauenden Völkern besiedelten Galaxie im klassischen Science-Fiction-Stil an die Stärke als gesellschaftliche Einheit appelliert und die Bedeutung von Gemeinsamkeiten über diejenige der Unterschiede stellt, besonders im Angesicht eines übermächtigen Feindes, der die Heimat aller ins Chaos zu stürzen droht. Dazu erzählt er die Geschichte eines Mädchens, das lernen muss, sich selbst zu vertrauen und zur Anführerin zu wachsen, um ihr Schicksal zu erfüllen, und überzeugt dabei auf ganzer Linie. 5 Sterne

Cover des Buches Was uns bleibt ist jetzt (ISBN: 9783570162941)

Bewertung zu "Was uns bleibt ist jetzt" von Meg Wolitzer

Was uns bleibt ist jetzt
Sarah_Ovor 8 Jahren
Schwächen erst am Ende

"Was uns bleibt ist jetzt" ist mit einer Altersempfehlung von ab 14 Jahren der erste Roman speziell auch für jugendliche Leser aus der Feder der amerikanischen Autorin Meg Wolitzer, die als Schriftstellerin bereits mit mehreren ihrer Werke Erfolge feiern konnte.

In "Was uns bleibt ist jetzt" geht es um die High-School-Schülerin Jam, die sich Hals über Kopf in den britischen Austauschschüler Reeve verliebt hatte, bevor dieser nach nur wenigen Wochen einer intensiven Beziehung stirbt. Da Jam diesen Verlust nicht verarbeiten kann, beschließen ihre Eltern, sie auf ein Internat für traumatisierte Jugendliche zu schicken, wo sie unter anderem auch mit nur vier anderen Schülern einen Literaturkurs bei der kurz vor dem Ruhestand stehenden Lehrerin Mrs. Quenell besucht. Die Tagebücher, in die diese Lehrerin sie bittet zweimal pro Woche schreiben, entpuppen sich als wirkungsvoller, als die Schüler zunächst angenommen hatten. Sie gelangen durch diese nach Belzhar, einem Ort, an dem sie ihre Vergangenheit noch einmal erleben, zu einer Zeit, in der sie noch glücklich waren. Für Jam bedeutet das, dass sie wieder mit Reeve zusammen sein kann, doch auch in Belzhar ist ihre gemeinsame Zeit nicht für immer…

Meg Wolitzer erzählt die Geschichte von Jam so emotional und nachvollziehbar, dass ich mir kurz vor Ende des 380-Seiten-Buches nichts Anderes vorstellen konnte, als dieses wundervoll ergreifende Leseerlebnis hier mit einer unerschütterlichen 5-Sterne-Rezension zu beenden und den Roman jedem, egal ob Jugendlicher oder Erwachsener zu empfehlen.

Die Beziehung von Reeve und Jam ist atemberaubend und intensiv und, obwohl die Autorin sehr auffällig ein Geheimnis daraus macht, was genau mit dem jungen Briten geschehen ist, habe ich keine Sekunden daran gezweifelt, dass der Verlust dieser großen ersten Liebe Jam in eine Depression voller Traurigkeit und Antriebslosigkeit gestürzt hatte, aus der sie aus eigener Kraft nicht wieder herausfinden konnte. Auch die Nebencharaktere, besonders Jams Mitschüler im Literaturkurs, haben nachvollziehbare und traumatisierende Verluste erlitten, deren Aufarbeitung die fünf Tagebuchschreiber zu einer eingeschworenen Gruppe werden lässt und den Leser an den verschiedenen Schicksalen teilhaben lässt.

Gleichzeitig gelingt es Wolitzer über diese fünf unterschiedlichen Schicksale auch, ihren Roman sehr tief in die Thematik von Trauma, Depression und Trauerbewältigung eintauchen zu lassen, und symbolisiert durch die Tagebücher das bewusste Verarbeiten und Loslassen der Vergangenheit zugunsten einer glücklichen Zukunft, ohne den Leser zu verunsichern oder zu überfordern.
Bis zu einem gewissen Punkt war ich wirklich begeistert von den Charakteren, der Sprache, der emotionalen Atmosphäre – und dann hat das Ende es mit fast vollständig verdorben. Es fällt mir sogar nach wie vor schwer, darin die gleiche Autorin wiederzuerkennen, die die ersten Dreiviertel des Romans so wundervoll geschrieben hat.

Nach der wichtigsten Wendung, nach der es nun an Jam gewesen wäre sich endlich offen gegenüber sich selbst mit ihren Problemen zu befassen, sich ehrlich einzugestehen, was passiert ist, es anderen gegenüber einzugestehen – genauso, wie ihre Mitschüler es getan haben, um ihre Konflikte zu bewältigen und Belzhar hinter sich zu lassen - beginnt der schwache Teil dieser Erzählung, denn zu diesem Aufarbeitungsprozess kommt es bei Jam nicht. Die Autorin erspart von allen ausgerechnet ihrer Hauptfigur diese emotionale Offenlegung, indem sie die Entwicklung unmittelbar nach besagter wichtiger Wendung abbricht und sich stattdessen in die kitschige Auflösung der Probleme einer Nebenfigur stürzt, in der Jam dann zu allem Überfluss auch noch zum alles überblickenden, aufdringlichen und leicht hyperaktiven Helferlein mutiert. Alles an diesem Ende fühlte sich für mich als Leserin falsch an – die Autorin will nichts offenlassen und schustert in unnötiger Eile auf den letzten Seiten Erklärungen zusammen, die die Geschichte nicht gebraucht hätte. Zu allem Überfluss nimmt sie auch noch Mrs. Quenell und ihren Tagebüchern den geheimnisvollen Zauber und ihre Symbolkraft als Medium zur Beschäftigung mit der eigenen Person und hinterlässt stattdessen ein Scherbenhaufen aus schwachen Erläuterungen und einem viel zu übertriebenen Happy End in Anbetracht der teils sehr tragischen Lebensgeschichten.

Fazit: Die meiste Zeit über ist „Was uns bleibt ist jetzt“ ein bezaubernder und tiefgehender Roman über die Bewältigung traumatischer Ereignisse im Leben einiger Jugendlicher, vermischt mit ein wenig Magie, geschrieben in ausgesprochen atmosphärischer Sprache. Leser, denen am Ende einer Geschichte ein allumfassendes Happy End über alles geht, werden selbiges wahrscheinlich auch noch über die letzten Seiten sagen, die für mich leider zur Enttäuschung aus Inkonsequenz und Kitsch wurden, in denen ich die gefeierte Autorin nicht wiedererkennen konnte. Daher bleibt dieser Roman am Ende bestenfalls Mittelmaß - leider. Schwache 3 Sterne

Cover des Buches Endgame - Die Hoffnung (ISBN: 9783789135248)

Bewertung zu "Endgame - Die Hoffnung" von James Frey

Endgame - Die Hoffnung
Sarah_Ovor 8 Jahren
Actionreiche Fortsetzung

„Endgame – Die Hoffnung“ ist nach „Die Auserwählten“ der zweite Band der endzeitlichen Actionthriller-Trilogie des amerikanischen Bestseller-Autors James Frey.

Inhaltlich schließt „Die Hoffnung“ sich unmittelbar an seinen Vorgänger an. Der Erdschlüssel ist gefunden, doch anders als die Spieler es ursprünglich durch die Überlieferungen ihrer Geschlechter gelernt hatten, offenbarten die keplers ihnen, dass sie das Ereignis, das große Teile der Menschheit auslöschen würde, dadurch überhaupt erst ausgelöst haben. Und tatsächlich zeigt sich nun bald eine reale Bedrohung für die Erde. Ein riesiger Meteorit rast auf den Planeten zu. Währenddessen müssen die Spieler die Entscheidung treffen, ob sie weiterspielen oder einen Weg finden, das Ereignis doch noch zu verhindern...

Zunächst einmal kommen die Spieler nach dem actionreichen Finale des ersten Bandes allerdings zur Ruhe. Viele kehren an vertraute Orte oder sogar nach Hause zu ihren Familien zurück, um sich zu sammeln und für die Suche nach dem Himmelsschlüssel, der zweiten von drei Etappen des Spiels, zu rüsten. Dennoch wird es auch gleich am Anfang wieder spannend. Die neun verbleibenden Spieler sind über den gesamten Globus verteilt und verfolgen, anders als im ersten Band, längst nicht mehr alle das gleiche Ziel, was zu großer Abwechslung und zahlreichen eindrucksvollen Kulissen führt.
Shari, die längst weiß, dass sich der Himmelsschlüssel in ihrem „Besitz“ befindet, bereitet sich und ihre Familie auf die Ankunft der anderen Spieler vor. Alice beschließt sich auf die Seite der jungen Mutter zu schlagen. Hilal und Baitsakhan lassen ihre schweren Wunden versorgen, Maccabee unterstützt seinen Verbündeten dabei und sucht wie Aisling Hilfe bei der Familie. Sarah – traumatisiert von Christophers Tod - und Jago sind als zweites Duo unterwegs, das sich auch weiterhin mit der Widersprüchlichkeit ihrer Gefühle füreinander und ihren Rollen als Spieler zweier gegnerischer Geschlechter auseinandersetzen muss, und ein bereits totgeglaubter Spieler erwacht in Gefangenschaft des Militärs.

Noch mehr Action durch Verfolgung, Kampf und Flucht bringt eine weitere Entwicklung der Geschichte mit sich: Das Endgame ist nicht länger geheim – die Bergung des Erdschlüssels in Stonehenge hat die Aufmerksamkeit der Weltbevölkerung auf das Spiel gezogen, sodass sich die Spieler nicht länger nur bei Begegnungen untereinander in Gefahr befinden, sondern auch das Interesse diverser Behörden geweckt haben, die sich nun an ihre Fersen heften. Viele Gewissensfragen werden aufgeworfen, denn die Enthüllungen der keplers bezüglich des Auslösens des die Menschheit zu großen Teilen vernichtenden Ereignisses haben die Spieler tief verunsichert. Während einige weiterhin fest entschlossen sind, weiterzuspielen und so ihrem Geschlecht das Überleben durch den Sieg zu sichern, überdenken andere die uralten Überlieferungen und schmieden neue Pläne, um das Ereignis doch noch aufzuhalten.

Strukturell wie sprachlich bleibt James Frey dem Stil des ersten Bandes treu. Jedes Kapitel ist bereits überschrieben mit den dort in Erscheinung tretenden Charakteren und schildert die Ereignisse anschließend aus ihrer Sicht. So schlüpft der Leser abwechselnd in diverse Köpfe an die verschiedensten Handlungsorte und ist immer mitten drin im Geschehen. Die Sätze bleiben oft kurz, beabsichtigte Wiederholungen erzeugen zusätzlich ein hohes Lesetempo und unterstützen durch einen Stakkato-artigen Stil den Eindruck von Anspannung und Action. Was sich ebenfalls wie schon im ersten Band findet, sind recht intensiv beschriebene Kampfszenen bis hinein in die blutigsten Details, welche die Altersempfehlung von ab 16 Jahren nachvollziehbar machen.

Trotz Liebesgeschichte und Charakteren unterschiedlichster persönlicher Einstellungen und Handlungsweisen prägen Stil und Sprache „Endgame“ eher als Thriller im Bereich eines apokalyptischen Abenteuerromans und weniger als Entwicklungsroman einzelner Hauptfiguren, was angesichts der Anzahl von immerhin noch neun der ursprünglichen zwölf Spielern wohl auch kaum auf dem fast gleichberechtigten Niveau zu leisten wäre. Wer sich dessen bewusst ist, kann hier die Stärken der Trilogie sehen, die sich durch einen ununterbrochen hohen Spannungsbogen ebenso auszeichnet wie durch die Vielzahl der Charaktere, die Abwechslung in die Geschichte bringen.

Fazit: Mit Spannung und Vielfalt fesselt auch der zweite Teil der „Endgame“-Trilogie von James Frey den Leser und Fan actionreicher Unterhaltung an die Seiten und überzeugt mit einer ausgeklügelten Vision des nahenden Weltuntergangs. Mich hat der Autor ein weiteres Mal überzeugt und ich vergebe 5 von 5 Sterne.

Cover des Buches Layers (ISBN: 9783785582305)

Bewertung zu "Layers" von Ursula Poznanski

Layers
Sarah_Ovor 8 Jahren
Futuristische Technik trifft auf schwachen Protagonisten

„Layers“ ist der aktuelle Jugendbuch-Thriller der österreichischen Bestseller-Autorin Ursula Poznanski, die zuletzt mit ihrer dystopischen Eleria-Trilogie über eine in einer Eiszeit versunkenen fernen Zukunft überzeugen konnte. Mit „Layers“ kehrt Poznanski in das Berlin der Gegenwart zurück:

Dorian ist von zu Hause ausgerissen und schlägt sich allein auf den Straßen Berlins durch. Als er eines Nachts in der Unterführung, die er sich als Schlafplatz gewählt hat, mit dröhnenden Kopfschmerzen aufwacht, liegt neben ihm eine Leiche. Dorian ist entsetzt, denn bei dem Toten handelt es sich um den Obdachlosen Emil, mit dem er nur Stunden zuvor Streit hatte. Ist er möglich, dass Dorian selbst für seinen Tod verantwortlich ist? Wieso kann er sich nicht erinnern? In dem Moment, als Dorian schon befürchtet in Zukunft als Mörder auf der Flucht vor der Polizei untertauchen zu müssen, taucht ein junger Mann auf, der ihn zu kennen scheint, und bietet ihm an in der Villa eines Raoul Bornheim unterzutauchen, der sich dort um Jugendliche in Not kümmert und ihnen mit Schulunterricht und einem Dach über dem Kopf helfen möchte, ihr Leben wieder in den Griff zu bekommen. Verzweifelt, wie er ist, nimmt Dorian das Angebot an und findet in der Villa tatsächlich Hilfe. Die kleineren Aufträge, die er dafür für Bornheim erledigen soll, erscheinen ihm zwar merkwürdig, doch um die Sicherheit der Villa nicht zu verlieren, stellt Dorian keine Frage – bis er eines Tages bei einem solchen Auftrag einen Fehler macht und von diesem Augenblick an von seinen vermeintlichen Rettern gnadenlos gejagt wird…

Zunächst hat mir die Idee von „Layers“ wirklich sehr gut gefallen. Die Entwicklung der Handlung funktionierte trotz oder gerade wegen der großen Einschnitte in Form des plötzlichen Mordes, für den der Protagonist Dorian möglicherweise verantwortlich ist, und der unerwarteten Hilfe eines wohltätigen Fremden. Die Ungewissheit über Dorians Rolle beim Todesfall des Obdachlosen Emil erzeugten Spannung und die scheinbar so heile Welt in der Villa des sympathischen Bornheims weckt im Protagonisten wie im Leser gleichermaßen ein mulmiges Gefühl. Ist das nicht alles schon zu gut um wahr zu sein? Die Autorin versteht es hervorragend, alle Beteiligten im Unklaren zu lassen und dem Leser immer wieder zu neuen Fantasien bezüglich der Villa und der Absichten ihres Betreibers anzuregen, lange bevor sie ihren Protagonisten den Rätseln auf die Spur kommen lässt.

Das Geheimnis, auf das Dorian stoßen wird und das ihn in große Gefahr bringt, mutet im ersten Moment zwar sehr futuristisch an, zeigt aber durchaus sehr realitätsnahe Bezüge und zog mich als Leser durch die Vorstellung bereits heutiger technischer Machbarkeiten in seinen Bann – genaueres soll an dieser Stelle nicht verraten werden.
Leider verlor der Thriller dann gerade im Mittelteil, als die Gefahr für Dorian immer greifbarer wurde und wilde Jagdszenen das Geschehen bestimmten, zunehmend an Spannung.

Dies lag für mich zum einen am Protagonisten Dorian selbst. Er entwickelte sich in beeindruckender Geschwindigkeit vom problematischen Jugendlichen, der sich noch vor Kurzem auf der Straße durchgeschlagen hatte, zu einem recht nervigen Naivling, der sich zu oft von den gleichen Tricks täuschen lässt und kaum dazu lernt. Stattdessen werden seine immer gleichen Reaktionen dem Leser mit sich stark ähnelnden Formulierungen jedes Mal aufs Neue erklärt, was bei mir allerdings mit der Zeit Langeweile und schwindendes Verständnis hervorrief.

Zum anderen kommt „Layers“ ab einem bestimmten Punkt in seiner Handlung leider auch nur noch schleppend voran. Das Auf-der-Stelle-treten des Protagonisten lähmt letztendlich auch die Erzählung im Ganzen. Dorian irrt zu lange zu ziel- und planlos durch die Gegend und wendet die gleichen Strategien wiederholt an, bevor es zu einer – in der Regel leider von außen herbeigeführten – Veränderung seines Verhaltens kommt. Dadurch wirkt der Hauptcharakter zunehmend blasser und entwickelt zu wenige eigene Ideen und Taktiken, um noch interessant zu wirken.

Die Längen im Mittelteil, die sich auch ganz konkret durch viele mit Wiederholungen ähnlicher Szenarien gefüllte Seiten ausdrücken, lösten sich erst am Ende, in Form eines großen, bildgewaltigen Showdowns, bei dem es Dorian zwar wiederrum nicht gelingt, sich als starker, entwicklungsfähiger Charakter zu zeigen, die Autorin jedoch mit Wendungen aufwarten kann, die noch einmal zu überraschen wissen und Dorians Schwäche mit einbinden.

Leider täuschte der stärkere Schluss nicht darüber hinweg, dass ich am Ende nicht ganz glücklich mit der Gewichtung der einzelnen Teile der Geschichte bin. Dorian zu verstehen fiel mir unter anderem auch deswegen so schwer, weil ich eine während seiner Flucht fast übermächtig präsente Liebesgeschichte in ihrer Entstehung während Dorians Zeit in der Villa als nicht annähernd so dominant oder wichtig für den Protagonisten wahrgenommen habe. Hier wären vielleicht zu Beginn der Geschichte einige Seiten mehr sinnvoll gewesen, um mir das Mädchen seiner Träume und seine Gefühle für sie näher zu bringen, da es hinterher doch genau diese sein werden, die fast jeden Schritt seines Handelns bestimmen.

Fazit: „Layers“ von Ursula Poznanski ist ein Thriller, der mich am Anfang durch seine Rätsel in den Bann zog, danach aber leider durch Wiederholungen an Spannung verlor und mich mit einem recht naiven Protagonisten langweilte. Erst am Ende konnte mich die Geschichte noch einmal mitreißen, doch die Längen konnte es nicht ausbügeln. Besonders Fans der virtuellen Welt und technischer Möglichkeiten können mit „Layers“ jedoch auf ihre Kosten kommen, wenn sie sich von einer hin und wieder auf der Stelle tretenden Handlung nicht abschrecken lassen. Ich bewerte „Layers“ als durchschnittliches Lesevergnügen mit Höhen und Tiefen mit drei Sternen.

Cover des Buches Craft Beer Kochbuch (ISBN: 9783850339438)

Bewertung zu "Craft Beer Kochbuch" von Stevan Paul

Craft Beer Kochbuch
Sarah_Ovor 8 Jahren
Bier im und zum Essen

Das "Craft Beer Kochbuch" von Stevan Paul (Rezepte), Torsten Goffin (Texte) und Daniela Haug (Fotos) ist eine gelungende Verbindung zwischen klassischen Sach- und Kochbuch, das seinem Leser den aktuellen Trend der "Craft" Biere, der "handwerklichen" Biere aus - vergleichsweise kleinen, mitunter sehr spezialisierten - Brauereien näher bringt.

Neben allerhand Wissenswertem zum Bier allgemein - den verschiedenen Stilen, der Herstellung, der Trinkkultur und den passenden Gläsern zu jeder Biersorte - besuchten Autor und Fotografin weltweit vierzehn - kleinere - Brauereien: Europa, USA und Australien sind vertreten. Zu jeder Brauerei folgt eine Reportage, die Brauer und Biere vorstellt, alles unterlegt durch mehrseitige Collagen passender Bilder von Mensch, Maschine, Anbau und Herstellung. Besonders spannend natürlich auch: In der eigenen Umgebung auf Entdeckungsreise gehen. Tatsächlich war es leichter als erwartet einige Biere der vorgestellten Brauereien in einem lokalen Bierfachhandel zu beziehen.

Die 57 Rezepte gliedern sich in die Kategorien "Feine Vorspeisen & kleine Gerichte", "Fisch & Meeresfrüchte", "Fleisch & Rotisserie", "Klassische Bierküche & Biersnacks" sowie "Süsses und Desserts" und zeigen Gerichte mit Bier in der Zutatenliste oder als perfekte Begleiter zum Getränk. Die Gerichte selbst sind überraschend wenig klassisch-deftig, wie man es zum Bier vielleicht erwarten würde, aber auch nur zu filigran - eine gelungende Mischung zwischen derb und fein. Die Zusammenstellungen selbst überzeugen durch Bodenständigkeit mit einer Spur Besonderem oder Exotischem - in der Regel sind die weniger gängigen Zutaten wie zum Beispiel der geräucherte Scamorza, den ich durch dieses Kochbuch erst kennengelernt habe, bei den jeweiligen Rezepten kurz erläutert. Auch eine Bierempfehlung - einmal zum Stil des zum Essen passenden Bieres allgemein sowie das optimal passende Bier einer bestimmten Brauerei im Speziellen - gehören zum Umfang einer Rezeptseite.

Die Gerichte sind ansprechend fotografiert und passen mit einer leichten Derbheit in der Anrichtung ebenfalls zum Stil des Buches, das schon mit seiner äußeren Erscheinung - matt-rauer Einband mit glänzender Prägung - einen Kontrast wagt. Dicke ebenfalls matte Seiten mit rauer Haptik, die Bilder in einem Stil mit kräftigen Farben, aber eher dunkler Grundfärbung: Insgesamt präsentiert sich "Craft Beer" sehr modern, hochwertig und einen Hauch rustikal.

Positiv fällt außerdem die Abfolge von Rezepten, Reportagen und Erläuterungen der Bierstile zu nennen. Gut durchmischt präsentiert sich das Buch, sodass das Durchblättern durchgehend Abwechslung bietet - Rezepte anschauen, die Bilder genießen und ein, zwei Seiten lesen.

Fazit: Das "Craft Beer Kochbuch" ist nicht nur ein Kochbuch sondern vermittelt auch viel Wissenswertes rund um das Thema Bier und stellt in interessanten Kurzreportagen nationale und internationale Brauereien vor. Sehr zu empfehlen, sowohl für Bierkenner als auch für jeden, der es noch werden will.

Cover des Buches Am Ende der Welt traf ich Noah (ISBN: 9783785581278)

Bewertung zu "Am Ende der Welt traf ich Noah" von Irmgard Kramer

Am Ende der Welt traf ich Noah
Sarah_Ovor 8 Jahren
Ungewöhlich, seltsam und sehr spannend

"Am Ende der Welt traf ich Noah" ist ein Jugendroman der österreichischen Autorin Irmgard Kramer, der seine Leser mit einer ungewöhnlichen Liebesgeschichte in ihren Bann zieht...

Als sich der Ich-Erzählerin Marlene eine Möglichkeit bietet, aus ihrem Leben zu entfliehen und ein Abenteuer zu beginnen, ergreift sie diese. Ein roter Koffer, der herrenlos herumsteht, erregt ihre Aufmerksamkeit und als ein Fahrer auftaucht, der die Besitzerin abholen will, gibt sie sich ohne lange Nachzudenken als Irina Pawlowa aus und lässt sich zu einer einsam gelegenen alten Villa fahren. In dieser Abgeschiedenheit lebt Noah, ein Junge, der diesen Ort aufgrund einer unerklärlichen Krankheit nicht verlassen kann und seine Zeit daher einzig mit drei Menschen verbringt: Der Nonne Schwester Fidelis, dem Koch Anselm und dem Gärtner Viktor. Während sich Marlene in Noah verliebt, kommt ihr einiges, was sich auf dem weitläufigen Gelände abspielt, immer rätselhafter vor...

Die Geschichte beginnt mit Marlenes Griff nach dem roten Koffer und ihrer schnellen Entscheidung, sich als Irina auszugeben, bereits reichlich ungewöhnlich - was denkt sich das junge Mädchen nur bei dieser waghalsigen Aktion, ohne das Wissen irgendeines anderen Menschen in ein Auto zu steigen und sich an einen unbekannten Ort fahren zu lassen? Sie schlägt Warnungen so leichtfertig in den Wind und hält ihre Tarnung entgegen aller Logik auch dann noch aufrecht, als bei mir als Leser bereits alle Alarmglocken schrillten. Doch schnell war auch ich von der geheimnisvollen Personenkonstellation und vor allem vom verschlossenen Noah in deren Zentrum so in den Bann gezogen, dass ich wie Marlene bereit war, so manche seltsame und kaum nachvollziehbare Entwicklung hinzunehmen, um nach und nach dem Geheimnissen in der alten Villa auf die Spur zu kommen.

Als sich dann noch die zarte Liebesgeschichte zwischen Noah und Marlene entfaltete, war ich längst Feuer und Flamme für den Roman und konnte ihn vor lauter Spannung kaum aus der Hand legen. Neben dieser Beziehung lebt der Roman vor allem von der Atmosphäre der abgeschiedenen Villa umgeben von Wald, Bergen und Seen - eine einsame Gegend, die, so weit entfernt von jeder Zivilisation, trotz aller Schönheit der Natur schon bald auch bedrohliche Seiten erahnen ließ.
Der Mythos dieses altertümlichen Hauses zwischen Verfallserscheinungen und Leerstand mit nur einer Handvoll Leuten auf einem zu großen Gelände spielt für die Stimmung der Geschichte eine große Rolle und zeigt, wie liebevoll detailliert die Autorin hier die intensiven emotionalen Gesichtspunkte der Handlung mit dem stimmungsvollen Ambiente der Umgebung verbindet. Zusammen mit dem sehr gelungenen Schreibstil beweist Irmgard Kramer ein außerordentlichen Gespür dafür, den Leser durch die von ihr geschaffene Welt zu verzaubern und ihn so tief in die Geschichte hineinzuziehen, dass er die reale Welt für einen Moment vergisst und sich voll und ganz auf die ungewöhnlichen Charaktere einlässt. Das hat mich sehr begeistert.

Mein einziger Kritikpunkt richtet sich an das Ende der Geschichte und das, obwohl gerade dieses auch ein riesiges Lob verdient. Hier überrascht die Autorin mit einem immer wirrer anmutendem Roadtrip, der in einer plötzlichen Wendung gipfelt, welche den gesamten Inhalt des Romans bis zu diesem Punkt um hundertachtzig Grad dreht, alles in Frage stellt und mich als Leserin mit ungeahnten Rätseln konfrontierte. Zwar war es zunächst spannend und gleichzeitig herausfordernd, die abrupt auftauchenden neuen Aspekte aus dem Leben der Ich-Erzählerin mit der vorangegangenen Handlung und den Charakteren gedanklich in Einklang zu bringen, und rückblickend ließ es mich in einigen zunächst verrückt wirkenden Details eine starke Symbolik erkennen, doch spätestens die letzten Seiten des Romans präsentierten mir eine neue "Wirklichkeit", die mich noch lange nach dem Schließen der Buchdeckel zwang, mich mit der Frage nach Illusion und Wahrheit zu beschäftigen.

Kann ich das Ende mit der Entwicklung der Geschichte und meiner eigenen Vorstellungskraft, meiner eigenen Idee von dem, was möglich ist, in Einklang bringen? Führt mich die Autorin hier erneut aufs Glatteis? Was ist echt, was nicht? Ich kann nur sicher sagen, dass ich auch mehrere Wochen nach dem Lesen zu keinem endgültigen Ergebnis gekommen bin. Insofern kann ich ohne Zweifel feststellen, dass dieser Roman sehr speziell ist und eine Tiefe besitzt, die Jugendliche wie Erwachsene gedanklich lange beschäftigen kann, doch obwohl ich die Wendungen dieser Geschichte nahezu genial finde, bleibt in ähnlich starker Ausprägung das Gefühl zurück, dass mir das Ende ein wenig zu plötzlich vor die Füße gefallen ist, als dass ich es in vollem Umfang akzeptieren könnte - weder "einfach so" noch nach langem Grübeln.

Fazit: "Am Ende der Welt traf ich Noah" ist ein Roman, der Jugendliche wie Erwachsene in seinen Bann ziehen kann und noch lange Stoff zum Nachdenken zurücklässt. So begeistert ich allerdings zunächst von der Atmosphäre und den Charakteren dieses Buches war, ganz am Ende habe ich ein wenig den Zugang zur Geschichte verloren. Daher vergebe ich trotz außergewöhnlich intensiver Gefühle, die ich mit Irmgard Kramers Werk verbinde, "nur" sehr gute 4 Sterne statt der vollen Punktzahl. Lesenswert ist es allemal.

Cover des Buches Young World - Die Clans von New York (ISBN: 9783423761215)

Bewertung zu "Young World - Die Clans von New York" von Chris Weitz

Young World - Die Clans von New York
Sarah_Ovor 9 Jahren
Kurzmeinung: Enttäuschende Endzeit mit einem New York besiedelt von Teenager-Clans, die sich ohne Sinn und Verstand blutig bekämpfen.
Postapokalyptische Teenager-Welt

"Young World - Die Clans von New York" ist der Debütroman des US-amerikanischen Drehbuchautoren, Produzenten und Regisseurs Chris Weitz, der sich unter anderem für die Verfilmung des zweiten "Twilight"-Bandes, "New Moon", verantwortlich zeichnet. Mit diesem Auftakt einer Trilogie, der vom Verlag ab einem Alter von 14 Jahren empfohlen wird, widmet sich Weitz einem postapokalyptischen Szenario vor der beeindruckenden Kulisse eines im Chaos versunkenen New Yorks.

Inhalt: Rund ein Jahr ist vergangen, seit eine Seuche alle Erwachsenen und kleinen Kinder auf der ganzen Welt ausgerottet hat. Nur die Teenager sind übriggeblieben. In New York City organisieren sie sich in Clans, doch eine Zukunft scheint es für die Menschheit nicht zu geben, denn noch immer stirbt jeder, der das Erwachsenenalter erreicht, an der unbekannten Krankheit. Als der Washington-Square-Clan auf Hinweise stößt, die zur Heilung der Krankheit führen könnten, begeben sich fünf seiner Mitglieder auf eine gefährliche Reise quer durch die Stadt...

Der Roman beginnt recht gut: Der Leser ist bei einem Zusammentreffen des Washington-Sqaure-Clans mit Besuchern eines anderen Clans vor seinen Toren - gefolgt von einer spannenden, beunruhigenden Auseinandersetzung - mitten im Geschehen und bekommt dadurch direkt einen Eindruck von der Struktur dieser postapokalyptischen Welt, die nur noch aus Teenager besteht, von den Sorgen und Nöten des Clans und von den Gefahren, die außerhalb ihres abgeschotteten Territoriums lauern. Auf diesen ersten Seiten schafft der Autor außerdem bereits erste emotionale Höhen und Tiefen, welche die Charaktere zugänglich machen. Leider kann Weitz dieses Niveau nicht halten.

Die erste Schwäche offenbart sich nach einigen Kapiteln bereits im Schreibstil beziehungsweise in den unterschiedlichen Sprachstilen, die der Autor den beiden Hauptfiguren und Ich-Erzählern zugedacht hat. Zunächst funktionierte diese Unterteilung recht gut und unterstützte die ersten Eindrücke von Jefferson - gutaussehender, gebildeter Dann-und-Wann-Nerd und Anführer des Washington-Square-Clans - und Donna - sarkastisches, locker, gelegentlich leicht wirr daher redendes Power-Mädchen, das immer einen Spruch auf den Lippen hat und die Apokalypse "Poky" nennt. Zu Anfang gelingt der Versuch, die beiden Persönlichkeiten auch durch ihre unterschiedliche Sprache authentisch darzustellen, doch im Laufe der Geschichte scheint dieses Anliegen in Vergessenheit zu geraten - zu oft erzählten Jefferson und Donna ähnlich neutral, sodass sie ein einziger unabhängiger Erzähler hätten sein können, wären da nicht die Ich-Perspektive und die für jeden der beiden charakteristische Schriftart gewesen, die zumindest optisch noch erkennen ließ, wer im aktuellen Kapitel am Zug war, wenn es dank sprachlichem Einheitsbrei längst nicht mehr möglich war.

Neben Donna und Jefferson konzentriert sich die Handlung auf drei weitere Mitglieder des Clans, die zusammen mit den beiden aufbrechen, um sich auf die Suche nach Forschungsergebnissen zu machen, die ihnen möglicherweise bei der Heilung der Krankheit helfen könnten. Alle Intelligenz der kleinen Truppe konzentriert sich dabei in einer Figur, genannt Brainbox. Jeffersons Freund ist ein Genie mit eingeschränkten sozialen Kompetenzen, der mit einer gewissen Undurchsichtigkeit zu einem interessanten Charakter mit Konfliktpotenzial getaugt hätte, hätten die Ich-Erzähler sich gelegentlich die Zeit genommen, ihn genauer zu durchdenken und ihn somit mehr ins Blickfeld des Lesers zu bringen. Stattdessen sind die beiden im Wesentlichen auf sich selbst fokussiert. Während bei Donna durch ihre Erinnerungen an ihren kleinen Bruder Charlie noch ein gewisser Zugang auf menschlicher Ebene möglich ist, wird Jefferson zunehmend unsympathischer, schwankt zwischen plumpem Macho und bettelndem Weichei und entwickelt sich eher zum kaltblütigen Mann fürs Grobe als zu einem überzeugenden Anführer. Das ausgerechnet er und Donna für eine Liebesgeschichte, angefacht seit Kindergartentagen, herhalten müssen, wirkt an den Haaren herbeigezogen, denn zumindest ich konnte zwischen den beiden Protagonisten nichts Verbindendes oder gar Romantisches ausmachen.

Aufgefüllt wird die Reisegruppe von der kleinen Geheimwaffe SeeThrough, die in meinen Augen ihr Potenzial ähnlich wie Brainbox nicht entfalten konnte, und Peter, einem Freund von Donna, der mehr oder weniger grundlos Teil der Gemeinschaft wird und derart unwichtig war, dass ich in dem sehr christlichen, homosexuellen Afroamerikaner leider nicht mehr entdecken konnte als die Erfüllung einer religiösen, sexuellen und ethnischen Quote - alles vereint in einer Figur, die, wenn sie denn überhaupt mal in Erscheinung tritt, maximal nervt.

Die Handlung entwickelt sich derweilen zu einer Aneinanderreihung von Etappen, deren Verbindung nicht gelingen will. Es scheint als wollte der Autor möglichst viele unterschiedliche Gesellschaftsmodelle darstellen, die in einer postapokalyptischen Welt dankbar wären. So reiht sich ein Clan an den nächsten, für ein Jugendbuch sehr blutige Kämpfe werden ausgefochten, Gegner aufgebaut und Verbündete eingeflochten, doch nichts scheint am Ende noch Relevanz zu haben. Es bleibt abzuwarten, ob sich all diese Fäden noch einmal in den folgenden beiden Teilen der Trilogie aufnehmen lassen oder ob jede dieser Etappen tatsächlich so unabgeschlossen abhackt verbleiben wird. Ich jedenfalls konnte keine fortlaufende Handlung erkennen.

Zu guter Letzt ergänzen weitere Kleinigkeiten den eher unrunden Gesamteindruck dieses Romans. Warum die Seuche im Harry-Potter-Stil "Das, was passiert ist" genannt wurde, erschloss sich mir genauso wenig, wie einige beschriebene Szenerien, darunter zum Teil auch das von Waffen und Blut dominierte Zusammenleben der Clans, die ich für die postapokalyptische Grundidee einer tödlichen Krankheit, die in absehbarer Zeit die gesamte Menschheit dahingerafft haben würde, nicht authentisch fand. Zwar versucht der Autor Erklärungen zu präsentieren, aber richtig glaubwürdig wurde die gesamte Konstruktion für mich nicht, sodass ich auch zu der Atmosphäre der "jungen Welt" keinen rechten Zugang finden konnte.

Fazit: Leider enttäuschte mich "Young World - Die Clans von New York" nach den ersten starken Seiten zunehmend. Die Hauptcharaktere sind profillos und unsympathisch, ihre Begleiter bleiben zu blass, die Idee scheint zu unausgereift und die Handlung zu unzusammenhängend. Am Ende kann ich diesem blutigen Trilogie-Auftakt nicht viel abgewinnen und vergebe nur 2 von 5 Sternen - für die Folgebände bleibt viel Luft nach oben.

Cover des Buches Peace Food - Vegano Italiano (ISBN: 9783833841972)

Bewertung zu "Peace Food - Vegano Italiano" von Dr. med. Ruediger Dahlke

Peace Food - Vegano Italiano
Sarah_Ovor 9 Jahren
Italienisch und vegan - eine durchwachsene Umsetzung

„Peace Food – Vegano Italiano: Das Kochbuch“ von Ruediger Dahlke ist ein Kochbuch, das mir aufgrund meiner Vorliebe für die italienische Küche aufgefallen ist und mir – so zumindest meine Intention – als Nicht-Veganerin die Möglichkeit geben sollte, überzeugende Rezepte zu finden, die auf den Einsatz tierischer Produkte vollständig verzichtet.

Im Rahmen einer Kochrunde konnte ich die Zusammenstellungen dieses Buches auch bereits ausgiebig testen – zur Übersicht habe ich all meine so nah am Rezept wie möglich nachgekochten Gerichte bildlich festgehalten und in einem kurzen Video auch für die Leser dieser Rezension zusammengestellt.



Die optische Gestaltung des Kochbuches ist sehr klassisch gehalten. Schwarze Schrift auf weißen Grund und recht schnörkellose Bilder der Gerichte präsentieren sich dem Leser. Damit macht das Kochbuch zwar keinen besonders modernen Eindruck, allerdings ist alles leserlich und die Gerichte wirken ansprechend. Auch die Angabe einer Zubereitungsdauer bei den Rezepten sowie eine übersichtliche Zutatenliste sind positiv hervorzuheben.
Die Rezepte sind in vier Kapitel unterteilt: Bei „Antipasti“ werden Vorspeisen vorgestellt, anschließend im Kapitel „Primi Piatti“ ein erster Hauptgang sowie im Kapitel „Secondi Piatti & Contorni“ ein zweite Gang und Beilagen. Den Abschluss bilden die „Dolci“, Desserts und Gebäck.

Schon beim ersten Durchsehen fiel mir allerdings die große Zahl an Suppen und Eintöpfen auf, wobei gerade einmal drei davon feinere, pürierte Cremesuppen waren, während circa zehn weitere Rezepte aus oft Hülsenfrucht lästigen gröberen Zusammenstellungen bestanden, was recht einseitig wirkte. Zudem ziehen sich diese Rezepte gleichermaßen durch das zweite und dritte Kapitel, was die Unterteilung für mich nicht ganz sinnvoll erscheinen ließ.

Pasta-Rezepte gibt es zwar einige, ebenfalls sowohl im zweiten wie auch im dritten Kapitel, allerdings fehlen selbstgemachte Nudeln vollkommen, ebenso ein selbstgemachter Pizzateig oder ein selbstgemachtes Eis bei den Süßspeisen – bei einem Kochbuch, dass sich italienische Authentizität auf die Fahne geschrieben hat und dem Leser bereits in der Einleitung von der Pasta und Pizza zubereitenden italienischen „Mamma“ vorschwärmt, hätte ich das eigentlich als untersten Standard erwartet. Schöne selbstgemachte Ravioli hätten das Kochbuch jedenfalls für mich sicher deutlich aufgewertet.

Inhaltlich lag eine erste Fehleinschätzung des Buches meinerseits möglicherweise schon darin begründet, dass ich den Autor, Ruediger Dahlke, wie auch seine „Peace Food“-Bücher bisher nicht kannte. Bei der Einleitung jedenfalls erwartete ich eine kurze, gerne leidenschaftliche, Schilderung der Gründe für die Entstehung des Kochbuches, dann aber unbedingt auch eine ausführlichere Warenkunde, ein paar Einschätzungen zu Ersatzprodukten oder eine kleine Sammlung von Ratschlägen, speziell in Bezug auf Besonderheiten einmal der italienischen wie auch der veganen Küche. Stattdessen bekam ich knapp 30 Seiten lang einen Monolog des Autors mit sehr starkem esoterischen Einschlag zu lesen, der – reich an Wiederholungen - das italienische Lebensgefühl in den Himmel lobte, Heilversprechen zur veganen Ernährung ohne Angabe jeglicher wissenschaftlicher Quellen abgab und sich nicht zuletzt wie eine Kaffeefahrt durch das Ruediger-Dahlke-Buch- und Seminar-Angebot anfühlte. Passend zu diesem Eindruck ist die Zusammenstellung der bisherigen Veröffentlichungen des Autors am Ende des Buches leider auch genau so umfangreich geraten wie das gerade für ein spezialisiertes Kochbuch sehr mager ausfallende Glossar, das nur unzulänglich einige Produkte anschneidet.

Knapp 30 Seiten des ohnehin eher dünnen Kochbuches für eine solche Einleitung? Das sehe ich eher als verschwendet an. Mehr Rezepte oder Übersichten und Tipps für Bezugsquellen, nicht nur von veganen Ersatzprodukten, sondern auch von eher ungewöhnlichen Gemüsesorten, Mehlen und Zuckern hätten für mich einen deutlich größeren Mehrwert dargestellt.

Der Bezug einiger Lebensmittel stellte sich tatsächlich selbst für mich als mobiles Großstadtkind mit einigen Filialen größerer und kleinerer Supermarktketten, Wochenmärkten, Drogeriemärkten und sogar zwei recht großen gut sortierten Bio-Supermärkten in Reichweite als schwierig heraus. Vieles bekam ich erst nach längerem Suchen in mehreren Geschäften, doch zweimal musste selbst ich, obwohl ich mehr als motiviert war, die mir bis dahin noch unbekannten Zutaten zu testen, und dafür das Abklappern vieler Regale in Kauf nahm, das Handtuch werfen. Wie es dann erst für Bewohner ländlicherer Regionen aussieht, mag ich mir gar nicht ausmalen.

Allerdings empfinde ich es auch als fraglich, ob man zum Zubereiten weniger Desserts und Backwaren wirklich gut ein halbes Dutzend verschiedener Süßungsmittel verwenden muss. Ich gehöre jedenfalls nicht zu den Befürwortern des Trends den normalen Haushaltszucker durch andere, teilweise stark überteuerte und dabei wenig ergiebige Zucker wie Reismalz oder Agavendicksaft zu ersetzen, vor allem nicht dann, wenn man sich wie in diesem Buch nicht auf ein, vielleicht zwei dieser Süßungsmittel konzentrieren kann. Selbiges gilt für den Einsatz diverser Mehle, die häufig nur in sehr wenigen Rezepten in Kleinstmengen auftauchen. „Vegano Italiano“ ist unter anderem nicht nur ein Kochbuch sondern auch eine Herausforderung an die Lagerkapazitäten einer durchschnittlichen Küche.
Eine Ursache für diese Uneinheitlichkeit mag es sein, dass die Rezepte nicht aus einer Feder stammen. Ruediger Dahlke zeichnet sich wohl nur für die Einleitung verantwortlich, die Rezepte allerdings stammen von vier weiteren Damen und Herren, die unter drei verschiedenen Kürzeln (zwei der Damen arbeiten im Team) Gerichte beisteuerten.

Beim Nachkochen der Rezepte fiel vor allem auf, dass diese nicht immer italienische Authentizität – jedenfalls zumindest in dem Rahmen, in dem es in der veganen Küche möglich wäre – vor Augen hatte. Das „Bruschetta-Brot“ war beispielsweise zwar schnell zubereitet und recht schmackhaft, allerdings war es für mich eher ein deutsches, halbdunkles Brot zum Frühstück. Mit der leichten italienischen Küche, die wie viele südländische Küchen vor allem auf helle Teigwaren aus Weizen setzt, hatte das stark sättigende Brot nicht mehr gemeinsam als den Namen, und ein Tomaten-Bruschetta wurde mit diesem Brot auch nicht mehr zur kleinen „Antipasti“ sondern zum vollwertigen Abendessen.
Auch die Verwendung von Vollkornnudeln in vielen Rezepten sticht ins Auge – zumindest beim Lesen des Rezepttextes. Auf den Bildern zu den jeweiligen Gerichten sieht es nicht danach aus, als hätten sich die Autoren hier in jedem Detail an ihre eigenen Rezepte gehalten.

Des Weiteren gab es einige Rezepte, die orientalische Assoziationen hervorriefen oder, zum Beispiel durch Currysaucen, sogar eher in den asiatisch/indischen Raum zu gehören schienen.
Daher empfand ich den kleinen Zusatz „90 vegane Rezepte der italienischen Küche“ als recht irreführend, impliziert er doch, dass sich hier echte italienische Rezepte finden ließen, obwohl die Rezepte oft mit veganen Ersatzprodukten von Sojamilch bis Tofu zubereitet und in Richtung „Vollwert“ angepasst wurden.

Auch auf kleinere Fehler in den Rezepttexten oder optimierbare Arbeitsabläufe sollte man achten. Es empfiehlt sich, den gesamten Rezepttext vor der Zubereitung aufmerksam zu lesen. Ein versierter Hobbykoch kann bei einigen Rezepten viel Zeit sparen, bei den „Auberginen-Rouladen“ lässt sich nur durch eine sinnvollere Abfolge der Arbeitsschritte die benötigte Zeit schnell halbieren.

Abgesehen davon waren viele Rezepte schmackhaft und sind gut nachzukochen, sofern man die Produkte beziehen oder ersetzen kann. Obwohl ich die Zusammenstellung zum Beispiel durch den hohen Suppenanteil nicht unbedingt als rundum gelungen empfinde, habe ich doch viele Rezepte gefunden, die mich angesprochen haben und bei der Zubereitung mehr oder weniger gehalten haben, was sie versprachen. Ein paar Enttäuschungen gab es, wie etwa der zu wenig nach Schokolade schmeckende „Schokoladenpudding“ oder die „Blumenkohlcremesuppe“, bei der ich den Nachgeschmack des eingesetzten Soja-Drinks unangenehm bis erschlagend fand. Allerdings gab es auch sehr positive Überraschungen wie die „Polenta mit Peperonata“, die „Schokocreme im knusprigen Teigbecher“, die „Panna Cocco“, die „Focaccia“ oder das „Risotto mit Pilzen“, die mich auch in der veganen Variante überzeugen konnten.

Fazit: Ruediger Dahlkes „Peace Food – Vegano Italiano: Das Kochbuch“ ist ein durchwachsenes Kochbuch. Die Zusammenstellung der Rezepte könnte durchdachter und ausgeglichener sein. Italienische Klassiker wie etwa selbstgemachte Pasta fehlen vollkommen, dafür wirken andere Rezepte wenig authentisch. Leider fehlt auch eine nennenswerte Warenkunde und das sehr lange Vorwort offenbart einen starken Hang zur Esoterik. Insgesamt vergebe ich daher knappe 3 Sterne. Ich hatte deutlich mehr erwartet.

Cover des Buches Indigo - Das Erwachen (ISBN: 9783956490170)

Bewertung zu "Indigo - Das Erwachen" von Jordan Dane

Indigo - Das Erwachen
Sarah_Ovor 9 Jahren
Gelungener Auftakt einer Urban-Fantasy-Reihe

„Indigo – Das Erwachen“ von Jordan Dane ist der Auftakt einer Jugendbuch-Fantasy-Reihe, der durch sein zum Titel passendes strahlend blaues Cover direkt ins Auge springt.

Inhaltlich geht es um Folgendes: Rayne Darbys jüngerer Bruder Lucas flieht aus der psychiatrischen Einrichtung, in die ihre ältere Schwester Mia ihn nach dem Tod der Eltern einwiesen ließ. Rayne beschließt ihn zu suchen, doch das ist alles andere als ungefährlich, denn eine zweifelhafte Sekte, die Church of Spiritual Freedom, sucht ebenfalls nach Lucas und schreckt vor nichts zurück. Als Rayne in Gefahr gerät, ist es ein Junge namens Gabe, der sie rettet – indem er in blaue Flammen aufgeht. Es scheint eine Verbindung zu ihrem Bruder zu geben…

Die Grundidee der Romans empfand ich von vornherein als überzeugend. Die Autorin verbindet in „Indigo“ Fantasy mit der Idee einer evolutionären Weiterentwicklung der Menschheit, die sich in paranormalen Fähigkeiten von Gedankenmanipulation bis hin zum Kontakt ins Totenreich äußert. Die Verbindung gelingt Jordan Dane recht gut, die Umsetzung der ungewöhnlichen Idee funktioniert durch sehr bildhafte, gut vorstellbare Beschreibungen und einem Aufbau, der zwar noch einige Details im Ungewissen lässt, die Entwicklung der einzelnen Gruppierungen sowie die Herkunft der sogenannten Indigo-Kinder aber Stück für Stück logisch und glaubhaft erklären kann und dem Roman damit ein solides Grundgerüst verschafft.

Im Gegensatz zu der Fantasy-Idee, die mich durchgehend begeistert hat, fiel mir der Einstieg in die Handlung aufgrund eines anderen vermeintlichen Merkmals des Romans allerdings schwer: Es schien kitschig zu werden. Die Liebesgeschichte entwickelte sich jedenfalls zunächst so vorhersehbar und offensive, so plötzlich, dass sich ein Verständnis meinerseits für die großen Gefühle der Protagonisten nicht entwickeln wollte. Schon wieder so eine aus dem Nichts kommende Romanze zweier junger Menschen, die sich dennoch immer wieder abweisen, weil sie „gefährlich“ für den anderen sein könnten? Haben wir das nicht in diesem Genre schon zu oft gelesen?

Ich war also skeptisch, aber zum Glück fand der Roman doch noch den Notausgang aus dem Reich des Kitsches heraus und hinein in eine – zumindest halbwegs – glaubhafte, romantische Beziehung zwischen den Figuren, die sich auch nicht zu sehr in den Vordergrund drängte, sondern der Fantasy-Handlung noch genug Raum ließ. Das Nebeneinander von Action und Liebe funktionierte hier gut, was mich nach meinen anfänglichen Zweifeln tatsächlich selbst positiv überraschte.

Neben der ausgewogenen Handlung kann dieser Reihenauftakt auch mit seinen Charakteren überzeugen. Die Autorin begleitet parallel Figuren auf unterschiedlichen Seiten des Konflikts zwischen den Indigo-Kindern und ihren Verfolgern, die sie für eine Gefahr für die Menschheit halten, sie wegsperren und erforschen wollen. Auf beiden Seiten schafft Dane interessante Charaktere, manche außergewöhnlicher als andere, manche erschreckend fanatisch, manche unendlich liebenswürdig und manche herrlich bodenständig normal. Von Sympathieträgern zu Identifikationsfiguren über Figuren, die den Zweifel im Leser wecken, bis hin zu den klassischen Bösewichten ist alles dabei, wodurch sich wiederrum eine ausgewogene Mischung ergibt.

Besonders die Hauptfigur Rayne überzeugt durch ihre Menschlich- aber nicht Fehlerlosigkeit, während Gabe in der Rolle des spannenden, geheimnisvollen Protagonisten mit schwer einschätzbaren übernatürlichen Fähigkeiten einen gelungenen männlichen Gegenpart darstellt. Nebenfiguren wie Hauptfiguren zeigen Entwicklungen, die den Roman zusammen mit den Fantasy-Elementen, die sich im Laufe der Geschichte in ihrer Intensität deutlich steigern und durch ihr Ausmaß immer wieder überraschen, nicht langweilig werden lassen.

Ein kleiner Kritikpunkt ist für mich allerdings die etwas sprunghafte Entwicklung der Handlung, die teilweise dem häufigen Schauplatz- und Protagonistenwechsel geschuldet, teilweise aber auch auf einen Verlust des berühmten roten Fadens zurückzuführen ist. Gelegentlich wirkten Handlungen eher unzusammenhängend und waren dadurch nicht immer nachvollziehbar. Warum wird die eine Idee nicht weiterverfolgt? Warum erscheint eine gewisse Information erst jetzt, wo sie doch eine Situation vorher viel stimmiger gemacht hätte? Da fehlte manchmal die Durchgängigkeit.
Am Ende kommt noch eine etwas zu vorhersehbare Wendung hinzu, die sich den halben Roman über so klar angedeutet hatte, dass der wohl beabsichtigte Cliffhanger auf den letzten Seiten wirkungslos verpuffte.

Fazit: Jordan Dane verbindet in „Indigo – Das Erwachen“ eine gut durchdachte Fantasy mit einer frischen Liebesgeschichte. Fans der Urban-Fantasy ab 14 Jahren können hier durch abwechslungsreiche Charaktere und eine spannende Handlung voll auf ihre Kosten kommen. Ich vergebe 4 von 5 Sternen für den Reihenauftakt und freue mich auf den zweiten Teil.

Cover des Buches Endgame - Die Auserwählten (ISBN: 9783789135224)

Bewertung zu "Endgame - Die Auserwählten" von James Frey

Endgame - Die Auserwählten
Sarah_Ovor 9 Jahren
Spannender Endzeit-Thriller

„Endgame – Die Auserwählten“ von James Frey ist mehr als nur der Reihenauftakt zu einer neuen apokalyptischen Trilogie, die mit einer Altersempfehlung ab 16 Jahren nicht mehr als klassisches Jugendbuch sondern in das neu gewachsene Genre der All-Age-Literatur einzuordnen ist. Darüber hinaus ist es angelegt als multimediales Großereignis, bestehend aus einer geplanten Verfilmung, für alle Figuren angelegte Profile in sozialen Netzwerken, Events in diversen Städten, einem Augmented-Reality-Game und nicht zuletzt einem im Roman versteckten Kryptorätsel, bei dessen Lösung ein Gewinn von 500 000 US-Dollar in Gold winkt. Dementsprechend groß wurde die Veröffentlichung von „Endgame“, in 30 Ländern weltweit am gleichen Tag, auch beworben, was einen gewissen Hype um das Buch auslöste.

Nichtsdestotrotz sehe ich das Kryptorätsel und all die interaktiven Zusätze in erster Linie als Erweiterungen zum Lesen, welche die Geschichte selbst aber nicht mehr oder weniger lesenswert machen sollten. Daher habe ich mich auch in erster Linie von der inhaltlichen Beschreibung dieses, wie ich es bezeichnen würde, endzeitlichen Action-Thrillers zum Kauf verleiten lassen und mich beim Lesen zunächst nur auf die Geschichte konzentriert – wie bei jedem anderen Roman auch – und mich nicht von der Suche nach kryptischen Hinweisen ablenken lassen.

Und darum geht es inhaltlich: 12 Meteoriten schlagen auf der Erde ein, an den Wohnorten von 12 ganz bestimmten Menschen – den aktuellen Spielern der 12 Geschlechter, in die sich die gesamte Erdbevölkerung unterteilt. Seit Jahrtausenden haben die Eingeweihten der Geschlechter auf dieses Ereignis gewartet und ihre Spieler dafür trainiert. Endgame hat begonnen. Jetzt müssen die Spieler aufbrechen und sich einem Wettkampf auf Leben und Tod rund um den Globus stellen. Nur einer kann gewinnen und so das Überleben seines ganzen Geschlechts sichern….

12 Spieler und jeder von ihnen wird zum Protagonisten dieses Romans. Es fordert schon einen aufmerksamen Leser, um den verschiedenen Charakteren und ihren Schicksalen zu folgen. Natürlich stehen nicht alle 12 gleichermaßen im Fokus der Geschichte – die einen sind wichtigere Hauptfiguren, die anderen agieren eher am Rand der Handlung, werden vielleicht erst in den weiteren beiden Teilen der Trilogie verstärkt in Aktion treten oder verabschieden sich mit der Zeit durch ihr eigenes Ableben vom Endgame. Darauf läuft es schließlich hinaus: Nur einer kann übrig bleiben.

Dennoch legt der Autor viel Wert auf die Ausbildung der Persönlichkeiten seiner 12 Spieler. Sie sind nicht nur eine international bunt gemischte Gruppe, sondern zeigen auch alle eine unterschiedliche Einstellung zum Endgame, zu ihrem Schicksal als Spieler, auf deren Schultern die Verantwortung für die Zukunft eines ganzes Geschlechtes liegt, und auch ihr Vorgehen ihren Mitspielern gegenüber unterscheidet sich. James Frey nimmt sich in einer ansonsten straff erzählten Geschichte Zeit, die Hintergründe jedes einzelnen Spielers anzuschneiden und ihre verschiedenen Eigenschaften mit ihrer Ausbildung, ihrem familiären Umfeld und persönlichen Eigenarten zumindest teilweise zu erklären. Der Autor erschafft dadurch ein wirklich umfangreiches Bild abwechslungsreicher Charakterzüge, die durch das allem übergeordnete Endgame unfreiwilliger Weise aufeinandertreffen.

Während des Endgames führt der Autor seine Figuren rund um die Welt. Die Handlungsorte sind eine der großen Stärken von „Endgame – Die Auserwählten“. Spannende Orte - historische Bauwerke alter Kulturen, bildhaft beschrieben - werden Teil der Reise der Spieler und ebenso Teil der Rätsel, die sie während des Endgames lösen müssen. Im Buch ist also nicht nur für den Leser ein Kryptorätsel versteckt, auch die Figuren selbst sind dabei, ihre eigenen Rätsel zu lösen. In der Art, wie sie dies tun, liegt für mich aber einer der kleinen Kritikpunkte, die ich bei diesem Roman anbringen könnte: Die Lösungen kommen teilweise zu schnell, teilweise auch vollkommen aus dem Nichts. Für den Leser sind der Erkenntnisgewinn der Figuren und die Zufälle, die dafür von Nöten sind, nicht immer ganz nachvollziehbar.

Hier muss der Leser wohl oder übel ein kleines Opfer bringen, das sich aus dem hohen Erzähltempo ergibt, da auf immerhin fast 600 Seiten dennoch die Geschichte von einem Dutzend Figuren wiedergegeben werden muss, die zwar gelegentlich zusammentreffen, sich größtenteils aber über den gesamten Globus verstreut aufhalten. Allerdings erzeugt diese hohe Geschwindigkeit auch Spannung, was durch die gewählte Sprache des Autors aus kurzen Sätzen, knackigen Formulierungen und Anspannung übertragende einprägsame Wiederholungen und Aufzählungen zusätzlich unterstützt wird, wodurch sie zu einem unverzichtbaren Merkmal dieser actionreichen Geschichte wird und maßgeblich zur Atmosphäre beim Lesen beiträgt. Die Figuren sind in Eile, für sie geht es um Alles oder Nichts, Leben oder Tod, nicht nur für sie selbst, sondern für einen großen Teil der Menschheit – dieses Gefühl von Dringlichkeit wird auch dem Leser vermittelt. Der Autor schafft es tatsächlich, den Spannungsbogen fast durchgehend hoch zu halten, die Schauplätze immer an den passenden Stellen zu wechseln oder andere Spieler überraschend wieder ins Geschehen eingreifen zu lassen. Es gibt kaum ein paar Seiten am Stück, die zum Durchatmen einladen würden, bevor die nächste Wendung erfolgt.

Das Endgame selbst ist ein weiteres interessantes Konstrukt, das als Grundidee eines apokalyptischen Romans dem multimedialen Gesamtpaket in nichts nachsteht. James Frey wählt hier den Ansatz einer übergeordneten Macht, welche die Menschheit geformt hat und weiterhin Einfluss nimmt. Dabei hält der Autor noch viele Informationen zurück, macht aber geschickt Andeutungen sowohl über diese übergeordnete Lebensform wie auch über deren Gründe für das Endgame, die neugierig machen und die Umsetzung insgesamt sehr gelungen erscheinen lassen. Frey bringt immer neue Aspekte auf, deutet neue Sichtweisen an und erweitert den Kenntnisstand der Figuren so, dass der Leser immer wieder umdenken und neue Vorstellungen über Endgame und die Macht dahinter entwickeln kann und muss, ohne dass der Autor sein Publikum jemals vollständig in Sicherheit wiegt, was die Richtigkeit der Vermutungen anbelangt. Es bleibt geheimnisvoll und rätselhaft.

Natürlich schließt die Idee des Endgames zusammen mit dem hohen, auf Action ausgelegten Tempo auch wenig freundlich gesinnte Aufeinandertreffen der Charaktere mit ein, da bei diesem Wettkampf am Ende nur ein Spieler am Leben bleiben kann. Die 12 Spieler sind mehr oder weniger alle dazu ausgebildet worden, zu kämpfen und zu töten. Somit ist die Altersempfehlung ab 16 Jahren auch durchaus angebracht, denn in „Endgame – Die Auserwählten“ geht kaum etwas friedlich und ohne Blutvergießen vonstatten. Der Autor erweist sich da in den Beschreibungen als alles andere als zimperlich und der Leser sollte es daher auch nicht sein, denn insgesamt passt die geschilderte Gewalt zur Idee des Romans und auch zum empfohlenen Alter.

Fazit: „Endgame – Die Auserwählten“ von James Frey wurde durch das Marketing als multimediales Großereignis mit der Gewinnchance auf eine halbe Million US-Dollar zum Hype, dem der Roman an sich meiner Meinung nach aber auch gerecht werden kann. Zumindest Leser, die sich für eine Mischung aus Action-Thriller und Apokalypse begeistern, können hier spannende Stunden mit ausgefeilten Charakteren und großartigen Schauplätzen erleben. Ich bin von der ersten bis zur letzten Seite gebannt der außergewöhnlichen Idee gefolgt und würde am liebsten sofort erfahren, welche Wendungen sich der Autor in den folgenden beiden Bänden wird einfallen lassen. Ich vergebe 5 Sterne.

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