Bewertung zu "Empire of Storms - Pakt der Diebe" von Jon Skovron
Skovron hat sich für seine Geschichte das Imperium der Stürme erdacht, über das ein Imperator mithilfe seiner Biomanten (ein Orden bestehend aus Hexern) herrscht. Die Biomanten werden gefürchtet, denn sie sind dafür bekannt, grausame Experimente an Unschuldigen durchzuführen und dafür manchmal sogar ganze Dörfer auf einen Schlag auszulöschen. So trifft es auch das Dorf der achtjährigen Hope, die ansehen muss, wie ihre Familie und jeder, den sie kennt, auf schreckliche Weise sein Leben verliert. Sie selbst überlebt nur durch Zufall und schwört Rache an dem Biomanten, der ihr das angetan hat.
Da ist es praktisch, dass sie in dem Krieger-Orden der Vinchen aufgenommen wird. Zwar ist es verboten, Frauen in die Künste des Ordens einzuweihen, aber der Großlehrer Hurlo sieht so viel Potential in dem kleinen Mädchen, dass er sie heimlich zur vielleicht besten Kriegerin im ganzen Imperium ausbildet.
Weiter im Norden wächst der berüchtigte Dieb Red auf. Auch er verwaiste in jungen Jahren und musste lernen, sich mit seiner Schläue und seiner Geschicklichkeit auf der Straße durchzuschlagen. Als Hope und Red eines Tages aufeinandertreffen, schließen sie sich zusammen, um Rache an all denen zu üben, die ihnen Unrecht getan haben – ein Pakt, durch den bald das Schicksal des ganzen Imperiums auf dem Spiel steht.
Das Buch beinhaltet eine lange Exposition, bevor es „in die Vollen geht“; erst auf ungefähr der Hälfte treffen Hope und Red aufeinander und die Spannungskurve steigt rasant an. Bis dahin wird ausführlich erzählt, wie sich die beiden Hauptfiguren zu den Persönlichkeiten entwickeln, die sie schließlich so gefährlich für das ganze Imperium machen. Das kann man gut oder schlecht finden – ich fand es zumindest auf den ersten Blick gut, vor allem, da sich das Buch sehr leicht lesen lässt, die lange Vorgeschichte daher nicht wie eine zu überwindene Hürde wirkt, und es den Charakteren viel Tiefe und somit eine gewisse Nachvollziehbarkeit verleiht. Aber dazu gleich mehr.
Die Geschichte an sich ist nichts Neues: In einer mittelalterlichen Welt, geführt von einem rücksichtslosen Herrscher, erheben sich ein paar Mutige, vom Verlust Gezeichnete und rebellieren gegen die bestehende Ordnung. Solche Geschichten gibt es zuhauf, aber das muss ja nicht unbedingt schlecht sein, wenn der Autor dieser Story seinen eigenen unverwechselbaren Stempel aufdrücken und ihr somit eine eigene Seele geben kann.
Vielleicht hatte ich von Anfang an dementsprechend zu hohe Erwartungen an das Buch, jedenfalls hat es mich nicht so sehr beeindruckt, wie ich erhofft hatte. Skovron legt den Figuren aus der Paradieskehre (das Armenviertel, in dem Red aufwächst) ein paar erdachte Redewendungen in den Mund. Das gibt dem Buch tatsächlich etwas Eigenes, aber wirklich innovativ fand ich sie nicht. Obwohl die beiden Hauptfiguren ausführlich charakterisiert sind, kamen sie mir nicht sehr lebendig vor – dabei Red jedoch immer noch mehr als Hope. Viele der Nebenfiguren gefielen mir besser. Aber wahrscheinlich ist diese Ausführlichkeit genau das, woran ich mich das ganze Buch über so aufgehangen habe. Sie lässt dem Leser nicht viel Raum für eigenes Nachdenken und Entdecken. Insbesondere ist mir das bei der Beschreibung der Figurenbeziehungen aufgefallen. Zum Beispiel „erkennt“ Hope ständig irgendwelche Eigenschaften an Red, oder sie „stellt fest“, unter anderem, dass er „schlau ist“, dies aber „vor seinen Freunden verbirgt“, und Red „erkennt“ im Gegenzug, dass sie „die Einzige“ ist, vor der er diese Seite an sich nicht verbergen muss und schließlich stellt Hope fest, dass er „der wichtigste Mensch in ihrem Leben“ ist. Vielleicht bin ich hier ein bisschen kleinkariert, aber solche Formulierungen kamen so häufig vor, dass sie mir ehrlich auf den Zeiger gingen.
Und deswegen fühlte sich für mich die Beziehungsentwicklung zwischen Hope und Red nicht sehr natürlich an, und die ist ja der Dreh- und Angelpunkt des Buches, von dem aus sich die Geschichte entfaltet. Ich finde, das kann man eleganter und insgesamt etwas subtiler gestalten. Ich dachte da insbesondere an die Devise „Show, don’t tell“. Wenn mir schon am Anfang erzählt wird, dass Red gerne alles Mögliche liest, dann bekomme ich mit, wie schlau er ist. Das muss nicht im Laufe des Buches noch von fünf anderen Charakteren als eine seiner Besonderheiten herausgestellt werden. Ähnlich ist es, wenn das niedere, teilweise fast verachtenswerte Ansehen der Frauen im Imperium thematisiert wird (sie dürfen weder Krieger noch Biomanten werden, dafür seien sie „zu dumm“), nur damit die Frauen dann auf radikale Art das Gegenteil beweisen können. Das ist ja ein ehrenwerter Gedanke, aber kommt wirklich arg mit dem Holzhammer daher. Dazu kommt, dass die Biomanten sehr einseitige Bösewichte sind, weshalb ich sie ziemlich uninteressant fand.
Möglicherweise liegt das daran, dass Skovron sich in diesem Buch extrem darauf konzentriert, seine Hauptfiguren zu entwickeln und sie in Position für die folgende Geschichte zu rücken, die in den nächsten Bänden sicherlich noch viel größere Dimensionen annimmt. Dadurch wirkt die Welt, in der sich die Handlung abspielt, noch recht farb- und reizlos. Aber wie gesagt, ich kann mir gut vorstellen, dass wir in den folgenden Bänden weiter in die Geheimnisse und Eigenheiten des Imperiums der Stürme vordringen.
Und ich will auch nicht sagen, mich hätte das Buch ganz und gar kalt gelassen. An mehreren Stellen war ich sehr gerührt, und vor allem die Paradieskehre hat mir sehr gefallen, mit ihren eigenen Regeln und einigen herausstechenden Figuren. Der Schreibtstil war insgesamt leicht zu lesen, und mehrere Höhepunkte machen das Buch zu einem kurzweiligen Leseerlebnis. Aber trotz des Cliffhangers haben mich weder die Geschichte noch die Charaktere genug gepackt, um mein Interesse für den zweiten Band zu wecken – es sei denn, ich lese in den Rezensionen, dass der zweite Band tatsächlich viel weiter über den ersten Band hinauswächst.
Fazit: Ich denke, der Autor hat mit seiner Geschichte große Ambitionen, aber es gelingt ihm in meinen Augen (noch?) nicht so recht, sie elegant miteinander zu verweben. Er verwendet viel Zeit darauf, seine Figuren nachvollziehbar zu entwickeln, was an sich lobenswert ist. Seine Formulierungen aber, die dem Leser oft den Raum zum Spekulieren nehmen, haben mich meist geradezu geärgert. Sowohl die erdachte Welt, als auch die Geschichte finde ich recht einfach, aber ich kann mir gut vorstellen, dass sich das in den nächsten Bänden ändert.