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SharonBaker

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Cover des Buches Café Leben (ISBN: 9783426282809)

Bewertung zu "Café Leben" von Jo Leevers

Café Leben
SharonBakervor 3 Monaten
Tolle Idee, aber ich bin mit den Figuren nicht warm geworden ...

Henrietta muss unbedingt diesen Job bekommen, unbedingt, sonst hat sie ein Problem. Obwohl, das hat Henrietta ja so schon, denn sie ist speziell, mit Menschen kann sie nicht so gut und grenzt sich gern aus, da ist der Job für sie wie gemacht. Sie soll an einem Tisch im Café der Rosendale-Krebsambulanz sitzen und todkranken Menschen zuhören und deren Lebensgeschichte aufschreiben, damit die Angehörigen etwas haben, woran sie sich festhalten können. Für Sentimentalitäten hat sie keine Zeit, alles muss akribisch und mit Checkliste aufgeschrieben werden. Doch als Annie an ihrem Tisch tritt, ist schnell klar, dass ihr Plan alles nach Vorschrift zumachen, nicht funktioniert. Annie möchte nämlich gar kein Buch, für wem auch da gibt es niemanden, aber sie möchte sich ihre Geschichte von der Seele sprechen. Henrietta hört zu und merkt schnell, dass in dieser Geschichte etwas nicht stimmt und so beginnt sie herum zu schnüffeln und merkt erst spät, das ihr die Lebensgeschichte näher geht als gedacht. Was wird Henrietta über Annie heraus bekommen? Ist Abstand zum Leben wirklich zu empfehlen? Und wird Henrietta über sich selbst hinaus wachsen?


Als ich damals durch die Verlagsvorschauen blätterte, ist mir dieses Buch ins Auge gesprungen und der Klappentext hörte sich super an. Wir grenzen in unserem Leben den Tod gern aus, aber doch gehört er dazu. Und der Spruch, dass jeder Mensch eine Geschichte hat, die sich zu erzählen lohnte, war dann das i-Tüpfelchen, das ich es unbedingt auch lesen wollte. Außerdem wollte ich wissen, wie die Autorin mit dem Thema umgeht und nun habe ich es gelesen und erzähle euch, wie es mir gefallen hat.

Henrietta lebt mit ihrem Hund Dave zusammen und hält sich gern aus dem Leben raus, nicht nur bei anderen, sondern auch bei ihrem Eigenen. Sie ist diszipliniert, akribisch und empathielos. Klare Fakten, nüchtern aufschreiben und der Nächste bitte. Nur funktioniert das Leben so nicht, was Henrietta auch bei diesem Job, den sie bekommen hat, schnell merkt. Ihr reicht das Bloße zu hören nicht, sie möchte das bitte nach Plan und alles detailliert und nach chronologischer Zeitschiene. Ihre erste Lebensgeschichtspatientin macht ihr aber direkt klar, das sie das vergessen kann. Sie möchte ihre Geschichte nach ihrem Tempo erzählen und Annie hat eine traurige Geschichte zu erzählen. Ihre Schwester verschwand mit Anfang zwanzig, ihr Verschwinden wurde nie aufgeklärt und dann rutschte sie in eine gewalttätige Ehe, aus der sie erst vor zwei Jahren raus kam und als ob sie nicht ein bisschen Frieden verdient hätte, bekam sie Krebs. Ihre Uhr tickt ziemlich laut und sie muss schnell erzählen. Und Henrietta lässt Annies Geschichte über die tote Schwester nicht los und sie beginnt nachzuforschen.

Zwei unterschiedliche Frauen, zwei gegensätzige Leben und doch können beide noch voneinander lernen. Diese Idee der Autorin fand ich ganz toll und auch das es ein bisschen nach Kriminalfall roch, konnte mich zu beginn der Geschichte begeistern, aber mit der Umsetzung kam ich am Ende nicht klar.

Henrietta blieb mit ihrer stocksteifen, unnahbaren Art einfach blass, uninteressant, leider sogar nervig bis unerträglich. Obwohl man daraus einen super Charakter hätte machen können. Gerade mit ihren Wunderlichkeiten und mit ihrer eigenen Geschichte im Hintergrund. Da war mir Annie schon näher, sie blühte nach ihrer trostlosen Ehe auf, fing endlich an zu leben und erfand sich neu bis zum nächsten Schicksalsschlag. Ihre Passagen zu lesen fielen mir leichter, obwohl der Inhalt ein trauriger und schmerzhafter war. Die Einbettung des Verschwindens von Annies Schwester tat der Geschichte ganz gut und doch triftet sie irgendwann ab. Das war ein bisschen zu viel des Guten und macht es auch leider unglaubhafter. Überhaupt wurde ich mit der Erzählweise der Autorin nicht warum. Für mich zu nüchtern, holprig und sperrig. Es waren nur 300 Seiten, aber es fühlte sich viel länger an, weil ich überhaupt nicht in den Lesefluss kam.

Ohne Frage, das Begleiten von Freunden oder Familie bei schlimmen Krankheiten ist ein ganz Wichtiger und es ist nicht einfach, mit einer solchen Situation umzugehen. Jeder braucht etwas anderes, manche können ganz unbedarft mit der Person reden und manchen fällt es schwer, überhaupt dort zu sein. Abgesehen davon, was der oder die Sterbende benötigt. Die Tante von meinem Mann war ganz wunderbar, sie hatte die Gabe, es nie nach einem Krankenbesuch aussehen zu lassen, sondern nach einem gemütlichen Kaffeeklatsch. Wir vermissen sie sehr. Dagegen erinnere ich mich an die schlimme Krankheit meines Vaters, der extrem mitleidig und mürrisch war/ist und es einem nicht leicht gemacht hat. Aber wie wichtig es ist, sich mit dem Tod zu beschäftigen, spiegelt auch diese Geschichte wieder. Es gehört zum Leben, aber es ist immer noch ein Tabu-Thema. Vielleicht sollte man offen darüber reden, mutiger sein, sich dem Thema mehr stellen, denn uns erwartet alle das gleiche.

Café Leben beinhaltet ein wichtiges Thema und die Idee dazu finde ich immer noch großartig, nur wurde ich nicht warm mit Figuren und Schreibstil. Mich konnte es nicht erreichen, abholen oder nahegehen, aber viele andere Leser schon. 

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Cover des Buches Das Leuchten der Rentiere (ISBN: 9783455012941)

Bewertung zu "Das Leuchten der Rentiere" von Ann-Helén Laestadius

Das Leuchten der Rentiere
SharonBakervor 3 Monaten
Lehrreich, bildgewaltig, fesselnd ...

Elsa ist neun, als sie sich mit Skiern auf den Weg zu den Rentieren ihrer Familie macht, denn sie möchte unbedingt zuerst da sein und ihr Rentier sehen. Fast dort angekommen, überrascht sie einen Wilderer, der nicht nur ihr geliebtes Rentier abschlachtet, sondern auch ihr zu verstehen gibt, was passiert, wenn sie ihn verrät. Geschockt bleibt sie zurück, sie kennt diesen Mann, er ist ein Schwede aus dem Nachbardorf und ihre Scham nimmt zu, weil sie sich nicht traut, ihren Eltern alles zu erzählen. Dieser Mann ist schon länger ein Problem, doch die Familie scheint machtlos der Situation gegenüber zu sein, da die Polizei und auch die Politik nichts unternimmt. Der Tod von Elsas geliebtem Rentier wird einfach als „Diebstahl“ abgestempelt, aber sie vergisst nicht. Die Zeit vergeht und Elsa wird erwachsen und für sie gibt es kein Leben ohne die Rentiere und das bedeutet, das sie kämpfen muss, für ihre Familie, für ihre Stammesleute und für ihr Recht. Was kann sie als einzelne Frau bewirken? Wie kann sie für ihr Recht kämpfen? Und was muss noch alles passieren, damit die samischen Rentierhirten erhört werden?


Dieses Buch wurde mit dem Vergleich von „Der Gesang der Flusskrebse“ beworben und ganz ehrlich, ich mag so was nicht. Für mich stand der Titel schon allein ziemlich im Vordergrund und da ich die Polarlandschaft und Rentiere faszinierend finde, war das schon der Ausschlag für mich, es lesen zu wollen. Na gut, ich mag auch Bücher über starke Frauen und war gespannt, ob Elsa so eine ist. Ansonsten hatte ich mich wenig mit dem Thema auseinandergesetzt und habe verdammt viel dazu gelernt. Ob es nicht nur lehrreich, sondern auch unterhaltend war, erzähle ich euch nun.

Elsa ist eine Neunjährige, als die Geschichte beginnt und so erleben wir alles durch ihre Kinderaugen. Wir erleben Streit zwischen den Eltern, Wut auf Polizei und Gesetzgebung, ein Bruder, der vieles ändern möchte und nicht darf und ein Dorf, was ausgegrenzt wird. Dazu kommt der Vorfall mit Elsas Rentier und ihr Unverständnis wächst, warum tut keiner was und sie selbst traut sich nicht, alles zu verraten. Aber sie hält an dem Ohr ihres toten Rentiers fest und vergisst nicht. Der Stapel der abgelehnten Anzeigen wird größer, die Mutlosigkeit nimmt unter den Rentierhaltern zu und das Schweigen wird immer lauter. Ein hartes, unnachgiebiges Leben führen die Samen und Elsa will sich der Resignation nicht anschließen, sie möchte für ihr Recht, ihr Leben und für ihr Volk kämpfen. Und vor allem dem Wilderer das Handwerk legen, denn diese Kindheitserinnerung hat ihr ganzes Leben mit Angst, Scham und Wut begleitet.

Meine Mutter hat sich sehr für Native American interessiert und so einige Bücher angesammelt, die nun mir gehören. Meine Begeisterung hielt sich immer in Grenzen, aber auf Bitten und Drängen hatte ich mal eins angefangen und diese Geschichte hat mit so furchtbar wütend gemacht. Ein ganzes Volk wird ausgemerzt, verdrängt, unsichtbar gemacht und wie Abfall behandelt. Keine Rechte, in Reservate abgeschoben, ausgenutzt und ohne Perspektiven weggesperrt. Was für eine Ungerechtigkeit, welche ein Ohnmachtsgefühl und welch rasende Wut man da empfindet. Da hat sich ein patriotisches Volk nicht mit Ruhm bekleckert und dabei ist es nicht mal ihr Land. So, das musste raus, was ich aber nicht wusste, ist, das es die Schweden ähnlich mit dem Samen (veraltet Lappen) auch so machen. Ein Volk, was hoch im Norden von Skandinavien lebt und sich auf einem Siedlungsgebiet niedergelassen hat. Genau wie die Native American müssen sie mit Rassismus, Ausgrenzung, Menschen zweiter Klasse und ohne Rechte leben, denn der Schwede kommt immer zu erst. Allein für den geschichtlichen Aspekt lohnt es sich, dieses Buch zu lesen. Es ist angefüllt mit Beschreibungen von Traditionen, Stammeskleidung, Festen und deren hartes Leben, ohne die Handlung aus dem Blick zu lassen.

Ann-Helén Laestadius hat eine starke Protagonistin erschaffen, Elsa ist hartnäckig, bleibt am Ball, nervt die Gesetzeshüter, zwingt sie zum Handeln und wird auch selbst zur Spurenleserin. Sie kann die Ungerechtigkeit nicht mehr ertragen und auch das sinnlose töten ihrer Rentiere, was auch die Existenz ihres Volkes bedroht. Eindringlich beschreibt die Autorin die Situation aber auch malerisch und bildgewaltig. Was für eine Landschaft, was man im Schnee alles lesen kann und das knirschen von Schritten im Schnee, war beim Lesen hörbar. Erst hatte ich etwas Sorge, das sie die ganze Zeit aus der Sicht der Neunjährigen erzählt, da alles nur umschrieben wurde, ohne das Thema wirklich zu benennen, aber mit ihren Zeitsprüngen und der erwachsenen Elsa war ich total am Ball. Man fiebert einfach mit, man möchte Gerechtigkeit oder zumindest das die Polizei nicht immer die Augen verschließt und man möchte, dass Elsa ihren Platz bekommt. Denn auch eine Frau hat es in der Welt der Rentierhirten nicht einfach. Viele Themen, toll ausgearbeitet und begeistert geschrieben. Ich fand es großartig.

Das Leuchten der Rentiere ist lehrreich, bildgewaltig und fesselnd. Ein Appell gegen Hass und Fremdenfeindlichkeit. Beeindruckend und mitreißend erzählt noch dazu.

Kommentare: 1
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Cover des Buches Die Kunst des Verschwindens (ISBN: 9783442759293)

Bewertung zu "Die Kunst des Verschwindens" von Melanie Raabe

Die Kunst des Verschwindens
SharonBakervor 3 Monaten
Intensiv, spührbar, geschickt erzählt ...

Berlin. Die Zeit zwischen den Jahren. Ruhig, magisch, immer anders als der Rest des Jahres. Hier lebt Nico, eine Fotografin, die sich selbst noch nicht gefunden hat und hier ist auch Ellen, die Schauspielerin, die kurz vor einer Premiere steht. Man sieht sich flüchtig, man nickt sich zu und an Silvester begegnet man sich. Sie streifen durch die nächtlichen Straßen von Berlin, erleben den Zauber von einem beginnenden Jahr zusammen und fühlen sich verbunden. Es fühlt sich an, als ob sie sich schon Jahre kennen würden, ein Gefühl von Seelenverwandtschaft, Vertrautheit, ein Bedürfnis, sich zu öffnen, und doch ist Ellen am nächsten Tag verschwunden. Zurück bleiben eine Entschuldigung und die lang verschollene Kette ihrer verstorbenen Mutter. Wie hängt das zusammen? Wo ist Ellen hin? Wofür diese Entschuldigung? Nico lässt das alles nicht los und obwohl sie ganz andere Sorgen hat, muss sie Ellen finden und die Geschichte erfahren, wie sie zur Kette ihrer Mutter kommt. So beginnt Nicos Reise zu Ellen und sich selbst.


Ein neuer Roman von Melanie Raabe und ich kann mich noch an „Die Falle“ so gut erinnern. Das Buch hat mich geflasht, umgehauen und so begeistert zurückgelassen, das ich es heute immer noch gern empfehle. Dann irgendwann hat sich das etwas verloren, ich kann es gar nicht genau betiteln, warum, aber mich konnten die Bücher nicht mehr so erreichen. Nun kam „Die Kunst des Verschwindens“ und das hat mich auf vielen Ebenen angesprochen, das ich es wieder versuchen wollte und was Melanie Raabe mit mir gemacht hat, erzähle ich euch nun.

Ellen ist Schauspielerin, sie hat es geschafft, zum großen Hollywoodstar aufzusteigen und steht gerade vor einen großen Höhepunkt in ihrer jungen Karriere, bis einiges über sie zusammenbricht. Der Ruhm hat seine Schattenseiten und so muss sie sich mit einen Stalker, übergriffigen Fans und Schlagzeilengeilen Medien herumschlagen. Dabei ist ihr bester Freund verstorben und sie darf nicht mal richtig trauern. Zerrissen, wütend und ausgebrannt, begegnet Ellen Nico.

Nico ist Fotografin, nicht so eine, wie sie es gerne wäre, nämlich eine Künstlerin, sondern jemand, der sich mit dem Tagesgeschäft von Bewerbungsfotos und Familienbildern über Wasser hält. Lebt in einer Fernbeziehung und kämpft immer noch mit Albträumen von ihrer toten Mutter. Außerdem gibt es da noch Kurt und sie weiß nicht, wie sie ihren Lieben davon berichten soll. Überfordert, verwirrt und belastet, begegnet Nico Ellen.

Melanie Raabe ist eine Sprachkünstlerin. Das hat sie drauf, das setzt sie gewollt und gekonnt ein, und das hat sie mit dieser Geschichte wieder aufs Feinste bewiesen. Sie baut eine Atmosphäre, die greifbar, spürbar und unter die Haut geht, auf. Lässt einen körperlichen Schmerz mitfühlen und manches ist so intensiv, das man nach Luft schnappen muss. Es gibt so viele Szenen in dieser Geschichte, die mich berührt haben, die ich körperlich und seelisch miterlebt habe, das ist einfach unglaublich. Überhaupt ist dieser Roman mit vielen Emotionen, aber auch mit Erwartungen und Vorurteilen bestickt. Ich konnte es gar nicht wirklich aus den Händen legen und diese Sprachgewalt ist so einnehmend, dass man gefangen ist und in einen regelrechten Sog hineingezogen wird.

Überhaupt finde ich es eine gute Wahl vom Verlag nicht mehr Thriller auf ihren Büchern drauf zu schreiben, sondern Roman. Ohne Frage ist es eine spannende Lektüre, die Wendungen aufzeigt, mit denen man nicht gerechnet hat, die einen an Orte führt, die man im Leben nicht erwartet hat und die eine Geschichte erzählt, die mehr als nur auf einer Ebene spielt. Zwei unterschiedliche Frauen, zwei verschiedene Leben, die nicht gegensätzlicher verlaufen hätten sein können und doch gibt es eine Verbindung, ein magisches Band, was zwei Menschen zusammenführen muss. Melanie Raabe hat ein Talent, über magische Dinge zu schreiben, kein Hokuspokus versteht mich nicht falsch, aber im Leben gibt es doch Dinge, die man eher Schicksal nennt, um nicht magisch zu sagen. Und diese Autorin greift gern so was auf und es stimmt doch, manchmal ist es leichter, sich jemanden Fremdes zu öffnen, als der Familie. Erwartungen, Erfüllungen, Contenance hemmen, doch oft über Wirkliches zu sprechen. Und dieser Roman hat noch viel mehr Facetten, die berühren, melancholisch stimmen und einen zum Nachdenken anregen.

Ohne Frage, das Buch hat mich eingenommen, ich habe es gerne gelesen. Ich habe die Sprache geliebt und jede Seite davon mit Genuss. Melanie Raabe hat mich wieder auf ihre Seite gezogen und mich verzaubert. Danke.

Die Kunst des Verschwindens, ist intensiv, spürbar und geschickt erzählt. Hier wird das Verschwinden auf mehreren Ebenen geschildert, man muss nur genau hinsehen. Lesegenuss pur. 

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Cover des Buches Sternenmeer (ISBN: 9783455014860)

Bewertung zu "Sternenmeer" von Alexander Oetker

Sternenmeer
SharonBakervor 3 Monaten
Kulinarisch, raffiniert, Krimigenuss ...

Es ist wieder so weit und in Frankreichs Restaurants herrscht rege Aufregung, denn die Gastrokritiker von Guide Michelin reisen durchs Land und so mancher Stern gerät da ins Wanken. Auch in dem mit drei Sternen ausgezeichneten Restaurant „Villa Auguste“ kommen die Köche ins Schwitzen. Der berühmteste Kritiker nimmt Platz und wählt sein Menü. Nur leider fällt er nach der Vorspeise vom Stuhl und schwebt in Lebensgefahr. Wer möchte den Restaurantbesitzer Auguste Fontaine da eins auswischen? Oder hatte es jemand auf den Kritiker abgesehen? Oder muss man bei den Tierschützern den Täter suchen? Luc hat hier einige Ermittlungsansätze, nur welcher ist der Richtige?


Luc Verlain ermittelt wieder und das schon zum sechsten Mal. Wo ist die Zeit hin, ich kann mich noch genau an seinen ersten Fall erinnern. Mein absoluter Liebling ist immer noch der dritte Band, aber dieser hier klang auch mega vielversprechend. Somit bin ich ganz klar wieder mit dabei, am Meer, in der Küche und logo beim Ermitteln. Wie mir dieser delikate Fall gefallen hat, erzähle ich euch nun.

Luc Verlain ist nun Papa von der ersten Sekunde an und genießt seine Familienauszeit in vollen Zügen. Winterlich eingekuschelt in der kleinen Cabane nah am Meer, lässt es sich gut aushalten und diesen kleinen Engel alles zeigen, was ihm so am Herzen liegt und was gibt es Schöneres als es durch Kinderaugen neu zu entdecken. Doch kurz vor Töchterchens Schlafenszeit klingelt Lucs Diensthandy und er geht überrascht dran. Ein vergifteter Restaurantkritiker lässt seine Elternzeit frühzeitig enden und er rast zu einem neuen Fall. Ugo Gennevilliers ist wohl jeden Franzosen bekannt, der Wert auf die gute Küche legt und das bedeutet, die ganze Nation kennt ihn, seit Jahrzehnten ist er der Mann, der über Aufstieg und Zerfall von Restaurants entscheidet. Diesmal hat man es auf ihm abgesehen und er liegt mit einer schlimmen Vergiftung im Krankenhaus und kämpft um sein Leben. Für Luc und seinen Kollegen fängt nun die Ermittlung an, wer steckt dahinter und da gibt es einige Ansätze. Es könnten Tierschützer sein, die die zugelieferte Foie gras vom Sohn des Restaurantbesitzers vergiftet haben. Oder sogar Streit unter Brüdern. Oder was ist mit der internen Küchenbesatzung, Verdächtige ohne Ende, Ansätze zu Haufe und jede Menge gutes Essen. Luc pendelt zwischen Ermittlung und kulinarischen Köstlichkeiten.

Ach, Frankreich und ihre Küche! Oder ohne ihre Küche kein Frankreich, man weiß es nicht, aber darauf bilden sich ja unsere Nachbarn einiges ein. Ob zu Recht, mag ich gar nicht beurteilen, dafür habe ich wohl nicht den rechten Gaumen. Aber ihre Berühmtheit ist allen bekannt und ich mag solche Bücher. Sobald es um Restaurantküchen, Delikatessen und Mord geht, bin ich dabei. Der Stress in den Profiküchen, der raue Umgangston, das hohe Pensum, was dort geleistet wird und die Abgründe, die manchen Koch ins Verderben ziehen. Eine Welt, die einen sonst verborgen bleibt und einen fragt, ob das wirklich gut für einen ist. Alexander Oetker wagt sich ins Haifischbecken der Sterneköche und entzückt mich als Leserin.

Mit diesem Setting hat der Autor ja so ins Schwarze bei mir getroffen. Mal abgesehen von der wunderbaren Landschaft und dem Meer in der Aquitaine, ist so ein Restaurant einsam und allein mit Blick aufs Blaue doch einfach herrlich. Malerisch würde auch passen. Da kommen sie nun die Gäste die Monate im voraus ihren Tisch buchen, die Kiesfahrt hinauf, um sich den Gaumen verwöhnen zu lassen. In Büchern finde ich das so toll und Alexander Oetker beschreibt es ganz wunderbar, ich mag es lieber über die Schulter meines Mannes zu schauen, was er für Köstlichkeiten für uns kreiert. Aber so muss es sein und die Sterneküche ist ja eine Welt für sich. Somit stimmt das Drumherum, dazu die vielen Ermittlungsstränge und ein Luc ihm vollem Einsatz. Kulinarisch, raffiniert und wieder beste Krimiunterhaltung. Was möchte man mehr. Für mich und das sage ich ja schon öfters etwas weniger mon cher hier und mon amour da und es wäre für mich runder. Aber vielleicht soll es so sein und ich bin dafür nicht so empfänglich, aber das ist ja eine Kleinigkeit. Der Rest passt für mich Essen, Meer, gute Figuren und Mord oder beinah Mord. Es war wieder toll.

Sternemeer ist kulinarisch, Französisch raffiniert kreiert und perfekte spannende Unterhaltung. Wieder ein richtig guter Luc Verlain Fall. Der siebte wird im November folgen und ich freu mich drauf.

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Cover des Buches Die Liebe an miesen Tagen (ISBN: 9783832182045)

Bewertung zu "Die Liebe an miesen Tagen" von Ewald Arenz

Die Liebe an miesen Tagen
SharonBakervor 3 Monaten
Erzähltalent, wohltuend, hoffnungsgebend ...

Clara steht in ihrem Wochenendhaus auf dem Land und wartet auf die Interessenten. Dieses Haus ist mit Erinnerungen und Altlasten beladen und soll endlich wieder andere glücklich machen. Zwar mit Liebe renoviert, aber für eine Person zu viel Arbeit. So steht sie auf der Terrasse, als ein Mann um die Ecke kommt und ungewollt einen Kniefall hinlegt. Elias schaut erstaunt auf, als er zum ersten Mal Clara anschaut und sofort ist da eine bestimmte Aura zwischen den beiden. Ein Flirt, ein Spruch und eine Chemie, die sofort funktioniert. Für Elias dämmert es endlich, so kann sein Leben nicht weiterlaufen, er muss sich seinen Gefühlen stellen und mit seiner Freundin Schluss machen, weil es nicht das richtige Leben ist. Und Clara muss das Alleinsein überwinden und sich ihren Gefühlen Elias gegenüber stellen und endlich wieder lieben. Aber kann eine Liebe mit diesem Altersunterschied funktionieren? Was ist, wenn das Leben einen Strich durch die Rechnung macht? Und kann man auch nicht mehr ganz jung die große Liebe finden?


Ewald Arenz konnte mich schon mit „Alte Sorten“ und „Der große Sommer“ verzaubern und er hat eine ganz besondere Art, Geschichte zu erzählen. Dabei bekommen seine Worte eine Leichtigkeit, ohne an Ernsthaftigkeit zu verlieren und treffen beim Leser immer ganz genau den richtigen Ton und Gefühlslage. Nun bekam ich vom Verlag sein neustes Werk zugeschickt und war gespannt, in welche Lebenslage er uns nun wieder entführt. Wohin die Reise geht und ob mir diese gefallen hat, erzähle ich euch nun?

Clara ist Fotografin und gerade an einen Punkt, wo sie auf ihr Leben zurückschaut und sich denkt, das ist nicht meins gewesen. Sie führte eine Beziehung, die sie lösen wollte und dann eine Krebsdiagnose präsentiert bekommt. Kann man dann jemanden verlassen? Muss man den Weg mitgehen und was macht das mit einem selbst? Dazu kommt noch eine Kündigung, Eltern, die alt werden und mit ihren Aktionen alle Kinder auf Trab halten und nun Elias. Ein jüngerer Mann, ein Schauspieler und jemand, der bei Clara einen Punkt trifft, der schon lange vertrocknet gewesen zu sein schien. Sie bekommt Flügel, sie lebt auf und doch gibt es da auch viele Hürden und Lebenserfahrung, die im Weg stehen könnte.

Elias ist ein Mann, der sich schon recht gern bewundert sieht. Vielleicht auch eine Berufskrankheit, denn er ist Schauspieler und spielt nicht nur gern, sondern sich selbst auch was vor. So lebt er in einer Beziehung mit einer Frau, die er nicht liebt. Spielt seine Rolle, genießt gewisse Stunden und lässt doch bei den richtigen Fragen ein Fragezeichen stehen. Ihm ist schon lange bewusst, dass er da etwas ändern muss, aber es ist auch bequem, einen Menschen an seiner Seite zu haben, der einen bewundert. Durch Clara merkt er, dass er sich und seiner Freundin vieles verbaut, Träume nicht erfüllen kann und endlich ehrlich sein muss. Und außerdem hat es ihm diese Frau angetan. Clara älter, strenger, aber so schön und sein Herz schwingt wie schon ewig nicht mehr. Kann diese Verbindung endlich die Richtige sein?

Ewald Arenz stellt uns eine sehr interessante Frage? Woran erkenne ich, das ich das richtige Leben führe? Ja, woran eigentlich. Clara und Elias merken es, als sie den richtigen Menschen getroffen haben und feststellen, genau mit dem möchte ich die Liebe leben, eine Zukunft haben und mich festhalten. So steht das erste Drittel des Buches für die Verliebtheit, für die übersprudelnden Hormone, das Verrücktsein, das Hineinfallen und das Kennenlernen. Die Erkenntnis, mein altes Leben war falsch und bitte jetzt einen Neuanfang. Wunderbar beschrieben mit dieser Leichtigkeit, den Charme und Worten, die wohltuend sind. Überrascht hat mich, dass der Altersunterschied überhaupt keine Rolle gespielt hat. Auch wenn unsere Gesellschaft sich für tolerant hält, fällt eine älter Frau mit einem jüngeren Mann auf oder wird zum Gespräch. Hier kein Wort dazu, keine Thematisierung, fand ich ungewöhnlich, hat mich aber nicht gestört, denn ihre Leben stehen in Vordergrund.

Der zweite Abschnitt ist dann die Wende, kann eine Liebe so funktionieren, wenn keiner nach gibt. Eine Bewährungsprobe, die viele Paare durchmachen und auch diese beiden kämpfen mit und umeinander, allerdings spielen hier die Lebenszeit mit störend ein. Da gab es schon ein paar Punkte, die ich nicht ganz nachvollziehen konnte. Und dann natürlich der dritte Teil, der zum Drama wird, um dann das Umdenken einzuleiten. Ohne Frage hat der Autor hier eine wunderbare Geschichte abgeliefert. Einfühlsam, leichtfüßig und mit vielen Punkten, die nachdenklich stimmen. Aber hier gibt es einfach ein paar Stellen, die ich nicht ganz nachvollziehen kann. Clara und der Kampf um ihre Position als Nummer eins. Elias, der sich zu leicht im Leben bewegt. Und eine Krankheit, die dafür sorgt, dass man sich doch wieder findet. Ich habe es gern gelesen und klar war ich mit dem Ende versöhnt, aber so im Nachgang hatten mir seine vorherigen Werke einen ticken besser gefallen, das war runder, harmonischer, überzeugender für mich. Trotzdem, für meine wunde Seele tat die Geschichte gut, hat mich gut unterhalten und manches muss man auch einfach mal hinnehmen.

Die Liebe an miesen Tagen, ist toll erzählt, bringt Hoffnung und heilt so manche geschundene Seele. Nicht der beste Arenz, aber wieder tolle Unterhaltung in einer berauschenden Sprache.

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Cover des Buches Grenzfall - In der Stille des Waldes (ISBN: 9783596706907)

Bewertung zu "Grenzfall - In der Stille des Waldes" von Anna Schneider

Grenzfall - In der Stille des Waldes
SharonBakervor 4 Monaten
Spannend, verzwickt, bester Regionalkrimi ...

Auf eine Baustelle in Tirol wird ein Plastiksack mit verdächtigen Inhalt gefunden. Der zuständige Beamte ist mit diesem Fund von präparierten Dachsen und Babykleidung überfordert und bittet Chefinsektor Bernhard Krammer um Hilfe. Da dieser momentan keine aktuellen Fälle hat, hilft er gern und befindet sich in kurzer Zeit in einem verzwickten Familiendrama wieder. Sind wirklich zwei Familienmitglieder verschwunden? Gibt es wirklich noch ein Baby? Und wo ist die Frau abgeblieben. Es wird getuschelt, aber keiner im Dorf weiß wirklich etwas über diese Familie und Krammer muss sich mächtig ins Zeug legen, um hier den Durchblick zu behalten. Zur gleichen Zeit wird Alexa im Krankenstand auf noch zusätzlich Urlaub gesetzt und das passt ihr gar nicht. Wie gut das ihr alter Kollege aus Aschaffenburg vor der Tür steht und sie darüber informiert, das sie wohl bei ihren letzten Fall den Falschen verhaftet haben und der wahre Täter noch draußen rumläuft. Sofort willigt sie ein, bei der Suche zu helfen. Wie konnte ihnen das passieren? Was hatten sie damals übersehen? Und werden sie eine heiße Spur entdecken? Beide Teams bewegen sich aufeinander zu und müssen so einige Grenzen überschreiten. Wird alles gut ausgehen?


Es ist ja schon fast Tradition, neues Jahr, neuer Grenzfall und darauf freue ich mich ganz besonders. Der erste Krimi im neuen Jahr, das hat doch immer etwas vielversprechendes, da liegt so ein Zauber drin und ich freu mich so auf Berge, zünftiges Essen und Krammer. Was soll ich sagen, der Mann erfüllt meine Wienliebe ein bissel und deshalb habe ich mich auch sofort auf den neuen Fall gestürzt. Und was soll ich sagen, es ist schon vorbei, wie soll ich jetzt wieder ein Jahr aushalten? Also erzähle ich euch mal, wie mir Teil drei gefallen hat.

Fangen wir am besten bei Alexa an. Nach ihrem zweiten Fall erholt sie sich von ihrer Schussverletzung und wird dann auch noch von ihrem Chef gebeten, etwas länger auszufallen. Das schmeckt Misses, ich brauche eine Aufgabe, gar nicht, ganz im Gegenteil, sie zermartert sich das Hirn, was die Kollegen gesagt haben könnten, was sie hätte anders machen können und ist mit sich selbst etwas überfordert, wie gut das es an der Tür klingelt. Bloß steht genau der Grund vor der Tür, weshalb sie überhaupt ihre Stelle in Aschaffenburg mit Weilheim getauscht hat. Ihr alter Kollege Jan und mit keinen guten Neuigkeiten, ihr letzter Fall scheint doch nicht so eindeutig gewesen zu sein, wie die Indizienkette es vermuten ließ, und nun möchte er sich auf die Suche nach einen Zeugen begeben. Und ganz klar ist Alexa mit dabei, wie in guten alten Zeiten. Rucksack auf Wanderkarten parat und endlich wieder eine Aufgabe vor ihren Augen, Alexa is on Fire.

Währenddessen ist Krammer in seinem Leben verstrickt, sein Altfeind schwebt immer und überall hinter ihm und lähmt ihn in vielen Dingen. So stützt er sich in die Arbeit und fährt sofort los, als der Hilferuf um Amtshilfe eingeht. Ein verzwickter Fall wartet auf ihn und seine Kollegin und auch bei den beiden hängt der Haussegen schief. Roza bekommt gefährliche Post, Roza bekommt ständig Nachrichten aufs Handy und schweigt darüber eisern, was Krammer verrückt und seinen Beschützerinstinkt schwer zu schaffen macht. Aber auch im Fall sind sie sich nicht einige, während Krammer den Inspektor in Hall kennt und blind folgt, hinterfragt Roza sein Verhalten. Hier stimmt was nicht bei der verschwundenen Familie, bei dem Kollegen und überhaupt, wie hängen die ganzen losen Fäden zusammen. Krammer muss in sich gehen.

Ein Grenzfall ganz nach meinen Geschmack. Zwei Team, zwei Fälle und doch eine Verbindung, nämlich die ungeklärte Verbindung zwischen Tochter und Vater oder die Grenze an sich, die ständig überschritten wird. Richtig spannend erzählt, tolle Cliffhänger gesetzt und der Leser wird bei Laune gehalten. Dazu noch die Entwicklung unserer Protagonisten, Alexa, die sich ihrer Vergangenheit stellen muss, denn in Herzensangelegenheit ist die toughe Polizistin ein Hasenfuß. Und Krammer, hier gibt es endlich mehr Krammer und das funktioniert für mich bestens. Dieser Mann hat so viele Probleme an Bein, das da noch 50 Bände kommen müssen. Die unerwartete Tochter, seine Kollegin, sein Altfeind und noch viel mehr, da steckt noch einiges Feuer zwischen den Seiten. Dazu noch das Setting, Berge, Serpentinen, Wandern, blauer Himmel und Schneespitzen, Panoramablick und Kässpatzen, was will man mehr, als sich die Wanderschuhe anziehen, den Rucksack schultern und mit ermitteln. Nun gut, ich ziehe eher ein Melange in Krammers Lieblingscafe vor, aber Berge, ja Berge müssen es sein. Und für mich absolut ein Genuss, der Dialekteinschlag, einfach herrlich.

Anna Schneider entwickelt sich immer weiter, dieser Fall ist für mich bis jetzt der Beste. Hier funktioniert für mich die Harmonie der Figuren besser, jeder bekommt genug Raum und es gibt so viele Hintertürchen, das man einfach gespannt den nächsten Teil erwarten muss. Was mich erstaunt hat, ist, dass wir die beiden schon zwei Jahre folgen, diese sich aber erst 6 Wochen in den Bergen befinden, was Zeit doch alles bewirkt, mir ist die Grenzfall-Reihe so ans herzgewachsen, das es sich anfühlt, wie alte Freunde zu treffen. Und bei dem Ende kann ich ein Wiedersehen kaum abwarten.

In der Stille des Waldes, ist spannend, verzwickt und ein Regionalkrimi vom Feinsten. Für mich gut ausgewogen und mit Suchtpotenzial.

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Cover des Buches So viel Zorn und so viel Liebe (ISBN: 9783570166499)

Bewertung zu "So viel Zorn und so viel Liebe" von Sabaa Tahir

So viel Zorn und so viel Liebe
SharonBakervor 4 Monaten
Emotional, stark, aktuell ...

Salahudin und Noor sind zusammen aufgewachsen, besuchen die gleiche Schule, leben im gleichen Ort und sind viel mehr als nur Freunde. Allerdings herrscht gerade Funkstille bei beiden, denn ein großes Missverständnis schwebt zwischen ihnen. Nun sehen sie sich zwar jeden Tag, aber gehen getrennte Wege und doch führt sie ihr Leben immer wieder zusammen. Bei Salahudin gibt es große Sorgen, seine Mama ist schwer krank, sein Vater ertränkt seinen Kummer im Alkohol und ihnen droht das Motel zu verlieren. So ist die Verantwortung für seine Schultern viel zu groß und er begeht einen großen Fehler. Dagegen versteckt Noor ihre Probleme recht gut, sie lebt bei ihrem strengen Onkel, hilft im Spirituosengeschäft und versucht sich heimlich an Colleges zu bewerben, um ihren großen Traum, Ärztin zu werden, leben zu können. Beide führt das Schicksal immer wieder zusammen, beide müssen entscheiden, wie viel ihre Freundschaft ihnen wert ist und ob sie ihre Monster aus der Vergangenheit zusammen besiegen können. Was stellt Salahudin Dummes an? Welche Sorgen versteckt Noor unter ihrer Kleidung? Und sind diese beiden jungen Menschen wirklich nur Freunde?


Sabaa Tahir hat mich mit ihrer Elias & Laia Reihe so begeistert, dass ihr Name einfach aufleuchtet, wenn er mir begegnet, und so bin ich in den Vorschauen über ihr neues Buch gestolpert. Noch schnell ein Satz zu Elias & Laia, da muss ich noch den Abschlussband lesen, aber ich möchte sie nicht loslassen und keinen Abschied und ich habe Angst, dass es schlimm endet. Nun kommt also was Neues von ihr und es ist kein Fantasy, es klang noch gesellschaftskritischer Lektüre, Emigrationsprobleme und über Probleme Jugendlicher, die nicht recht wissen, wohin sie gehören. Wichtiger Lesestoff sozusagen und mir war klar, das möchte ich lesen und während das Buch hier erschien, bekam die Autorin dafür den National Book Award. Tja, und soll ich euch was sagen verdient! So VERDIENT!! Somit nehme ich vorweg, ob mir die Geschichte gefallen hat, aber egal, so verdient.

Salahudin ist der Sohn von pakistanischen Einwanderern, die in Kalifornien fuß fassen wollen. Sein Vater arbeitet auf dem Bau, während seine Mutter ein kleines Motel betreibt. Aber es ist nicht leicht mit Vorurteile, Ausgrenzung und Misserfolge sich einzuleben, sich nicht anders unter dem Mitschülern zu fühlen und immer aufzufallen. Aber nicht nur der Streit mit Noor lässt Salahudins Welt wanken, nein, seine Mutter geht es gesundheitlich immer schlechter und sein Vater stürzt in den Alkohol ab. Schuldner belagern das Motel und Salahudin kann die Last auf seinen Schultern kaum tragen, wie soll er das schaffen, wer kann helfen. In der dunkelsten Stunde steht ihm Noor bei, aber auch sie muss er belügen, um den Traum seiner Mutter zu retten. Und beginnt eine große Dummheit, die sein ganzes Leben verändern soll.

Noor ist die letzte Überlebende ihrer Familie in Pakistan, bei einem großen Erdbeben sind alle umgekommen und ihr Onkel hat sie auf eigene Faust gerettet. Um ihr ein Heim zu geben, hört er mit seinem Studium in Amerika auf, ist nun dort Besitzer eines Spirituosenladens und hält Noor an der kurzen Leine. Sein Schatten liegt über ihrem Leben, ihre Zukunft in seiner Hand und dabei möchte Noor doch nur studieren und Ärztin werden und na ja, Salahudin küssen. Die Probleme und Sorgen spitzen sich zu und es kommt zum großen Gau, der alles in ihrem Leben erschüttert.

Was für eine Geschichte! Was für eine Wucht! Und was für ein gesellschaftskritisches Statement! Ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll, vielleicht am besten mit dem Anfang. Zuerst erleben wir einfach zwei Teenager, die mit ihrer eigenen Gefühlswelt überfordert sind und nicht wirklich wissen, wie sie am besten damit umgehen, aber je mehr man liest, umso mehr baut sich ein Bild von zwei verlorenen Seelen auf. Wie ist es immer, die Fremden zu sein? Was bedeutet es immer mit Vorurteilen behaftet zu werden? Und wenn was passiert, immer sofort ins Radar zu geraten? Ungerechtigkeit, Hass und blinde Wut. Dazu kommt noch das Gefühl von Heimatlosigkeit, wohin gehöre ich, soll das wirklich mein zu Hause sein, werde ich immer fremd bleiben. Und das fragt man sich, wohin mit all der Wut auf sich, auf das Leben, auf die Welt! Spürbar, greifbar und so unglaublich berührend, das man selbst einen Knoten im Bauch bekommt und nicht weiß, wie man damit umgehen soll. Dagegen dann die zarten Gefühle zwischen Salahudin und Noor, das aufblühen von Liebe, das Eingestehen bei Salahudin und Noor, die einfach hofft. Zauberhaft, flirrend und flügelzart.

Sabaa Tahir erzählt eindringlich, gewaltig und so realistisch. Ein Bild unserer Gesellschaft, ein Finger in der Wunde, ein Aufschrei für alle Ausgegrenzten und doch auch eine Geschichte über Hoffnung. Mir waren die beiden Protagonisten so nah, mir ging die ganze Geschichte so unter die Haut und mich berührten so viele Punkte und machten auch nachdenklich. Wunderbar erzählt, Musik, die alles untermalt, tollen Rückblenden von Salahudins Mutter. Teilweise poetisch, hart und mit viel Liebe geschrieben.

So viel Zorn und so viel Liebe, ist eine Wucht an Gefühlen, unglaublich gut erzählt mit gesellschaftlicher Kritik, aber auch mit Vergebung und Hoffnung. Absolut lesenswert und verdienter Preisträger. 

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Cover des Buches Das kleine Bücherdorf: Winterglitzern (ISBN: 9783499009457)

Bewertung zu "Das kleine Bücherdorf: Winterglitzern" von Katharina Herzog

Das kleine Bücherdorf: Winterglitzern
SharonBakervor 4 Monaten
Humorvoll, liebevoll, zauberhaft zum Schmökern ...

Vicky lebt in München und arbeitet im Auktionshaus ihres Vaters. Auf dem Weg zu ihrer Wohnung wird sie eines Abends vom Pförtner aufgehalten und um eine Übersetzung gebeten. Ein kleiner Junge aus Schottland, Swinton-on-Sea, schreibt seiner verstorbenen Mutter, wünscht sich eine Antwort und legt sogar ein Foto von sich dabei. Als ihr eigener Vater dazukommt, erstarrt er beim Blick aufs Foto, denn dort ist auch ein Buch drauf, was von unschätzbaren Wert ist. So schickt er Vicky nach Schottland mit dem Auftrag, das Buch zu beschaffen und der Aussicht endlich den Posten zubekommen, den sie sich so wünscht. Doch Swinton-on-Sea setzt alle Pläne von Vicky außer Kraft und so landet sie als Aushilfsbuchhändlerin im Antiquariat des Vaters von dem kleinen Jungen. Herzlichkeit strömt ihr entgegen, Ruhe und Ausgeglichenheit, zum ersten Mal ist Vicky sie selbst und kommt unweigerlich über ihr eigenes Leben ins Grübeln. Oder hat es was mit dem unverschämt charmanten Buchhändler Graham zu tun? Warum tauchen jetzt Träume aus der Vergangenheit wieder auf? Und wird es nicht langsam Zeit, den eigenen Weg im Leben zu finden?


Katharina Herzog hat schon viele Bücher geschrieben und begleitet meine Lesezeit schon lange. So stehen hier ihre Erstlinge und Nachfolger im Bücherregal. Nach einer kleinen Flaute und dem Gefühl, vielleicht nicht mehr die Zielgruppe zu sein, habe ich ihr neustes Projekt entdeckt und was soll ich sagen, das sprach mich wieder sofort an. Ein Bücherdorf, Schottland, Berge und eine Frau, die vielleicht neu anfängt. Ja, genau meins und ob Katharina mich hier wieder total abholen konnte, erzähle ich euch jetzt.

Vicky ist eine selbstbewusste, Engagierte, elegante und karrierebewusste Frau. Sie möchte endlich die Anerkennung ihres Vaters haben und das heißt den Filialposten in Berlin. Doch ist Vicky wirklich so tough, wie sie immer tut, ist sie mit ihrem Leben wirklich zufrieden und lebt sie wirklich ihren Traum. Es kommen langsam Zweifel und erst recht, als sie mit den Auftrag losgeschickt wird, nach Schottland zu reisen und dieses Buch zu beschaffen. Einen Jungen, der um seine verstorbene Mutter trauert, eines seiner Erinnerungsstücke abzuluchsen, ist auf jeden Fall keine angenehme Sache. Aber Geschäft ist Geschäft und so fliegt sie nach Schottland und landet mit ihrem Mietwagen auch direkt in einen nebelverhangenen Graben. Wie gut das die Bewohner ein hilfsbereites Häufchen sind und so landet Vicky in der Stadt der Bücher. Aus einem geplanten Tag wird so ein Aufenthalt auf unbestimmte Zeit, denn Swinton beschlagnahmt Vicky aufs Herzlichste. So lebt sie auf, lässt sich verzaubern, mitreißen, erlebt Abenteuer und erkennt immer mehr, das das Leben mehr zu bieten hat. Natürlich spielt auch die Liebe mit hinein, aber auch das schlechte Gewissen nagt unweigerlich immens an ihr, denn den wahren Grund ihres Besuches hat sie verschwiegen und sie muss endlich entscheiden, was sie mehr möchte.

Ich bin verliebt in dieses kleine Bücherdorf. Es ist malerisch eingebettet zwischen Meer und Bergen, überschaubar und hat so herrliche Einwohner. Genau das ist die Stärke der Autorin, ihre Figuren und hier ist es, ein ganzes Dorf mit Leben zu füllen. Mit viel Liebe, Charme und Witz erweckt Katharina Herzog ihre Dorfbewohner mit Leben, da haben wir so viele unterschiedliche Charaktere, ein kauziger Sheriff, ein literarischer Sprücheaufsager, eine erhabene Lady, eine verbiesterte Schwester und einen charmanten Witwer. Ich könnte hier noch Stunden lang alle Figuren zusammenfassen, aber das lasse ich mal lieber, ihr sollt sie selber kennenlernen. Dazu kommt noch die Entwicklung von Vicky hinzu, von todschick zu rustikal und mit neuem Lebensgefühl wach geküsst. Wieder ganz toll ausgearbeitet, liebevoll erzählt und ganz viel Zauber in den Zeilen.

Katharina Herzog hat mir ganz wunderbare Lesestunden bereitet und diese Geschichte tat einfach richtig gut. Dieses Buch hat mich ein bisschen an ihre Anfänge erinnert, die mich begeistert hatten und diese Begeisterung hat sich hier wieder eingestellt zu der Geschichte, ihren Figuren und der Message. Ich bin so froh, dass es mit Swinton-on-Sea weitergehen wird, denn da gibt es noch viel mehr zu entdecken und so einige rote Fäden wurden gelegt, die in den nächsten Teilen aufgegriffen werden möchten. Und ganz ehrlich, ich muss da wieder hin, möchte unbedingt die Bewohner wieder sehen und mit dem einen oder anderen einen trinken gehen. Was mir dieses Buch noch zusätzlich gebracht hat, ist Lust auf „Alice in Wunderland“ zu lesen. Ich habe hier verschiedene Ausgaben liegen, aber immer noch keines wirklich gelesen und das scheint eine große Bildungslücke zu sein, also ran ans Buch. Vielleicht zwischen den Jahren, da ist es schön gemütlich und still. Ach, und wo ich noch gar nichts zu gesagt habe, ist die Liebesgeschichte, ich fand sie ganz toll eingewoben, nicht zu viel und nicht zu wenig perfekt harmonisch abgestimmt und mit dem wunderbaren Schmetterlingsgefühl im Bauch für die Leser.

Das kleine Bücherdorf, Winterglitzer, ist ein ganz wunderbarer Auftakt zu einer neuen Reihe, liebevoll, humorvoll und herrlich unterhaltend. Perfekt für die dunklere Jahreszeit und zauberhaft zu schmökern. Was freu ich mich auf den Frühling, wenn es weitergeht.

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Cover des Buches Tausend Lichter über der Seine (ISBN: 9783463000176)

Bewertung zu "Tausend Lichter über der Seine" von Nicolas Barreau

Tausend Lichter über der Seine
SharonBakervor 6 Monaten
Charmant, witzig, Parisflair pur ...

Joséphine ist das schwarze Schaf der Familie, erfolgreiche Eltern, zwei Schwestern, die beruflich nicht nur glänzen, sondern auch mit Bilderbuchfamilien aufwarten. Und sie ist „nur“ Übersetzerin, lebt in einer kleinen Wohnung und ihr Freund ist leider mit einer anderen verheiratet. An einem regnerischen Novembertag kommt ihr Leben aber noch mehr aus dem Tritt. Sie bekommt zwei Briefe und diese sollen ihren Lebensweg verändern. Der eine kündigt an, das ihr arbeitgebender Verlag zum Jahresende schließt und sie sich um neue Aufträge kümmern muss. Der andere Brief eröffnet ihr, dass ihr Onkel verstorben ist und er ihr sein Hausboot hinterlassen hat. So kann vielleicht Joséphine aus ihrem Dilemma etwas Gutes machen und die Zeit mit dem Erlös aus dem erinnerungsschweren Boot überbrücken. Aber da hat Joséphine die Gleichung ohne den derzeitigen Mieter gemacht, der kein bisschen davon abweicht und auf Erfüllung seines Vertrages besteht. Wie kommt Joséphine nun an ihr Hausboot? Wie wird sie diesen bärbeißigen Mieter los? Und welche Liebesgeschichte versteckt der verstorbene Onkel auf seinem Boot?


Nicolas Barreau kann man immer lesen, kein anderer beherrscht es so sehr, den Charme und den Zauber von Paris einzufangen und zu beschreiben. Man spürt einfach den Puls der Stadt, sieht das Licht in der Seine glitzern und spürt die kühle Luft auf den Wangen. Nun also mal ein Hausboot, eine verpeilte Übersetzerin, eine anspruchsvolle Familie, ein geheimnisvoller Fremder und viele kleine Dramen. Klingt nach beherzter Unterhaltung und ob es diesmal auch so war, erzähle ich euch nun.

Joséphine hat es mit ihrer Familie nicht einfach nicht nur das sie das Netzhäkchen ist, nein, sie bleibt auch karrieremäßig weit hinter den Erwartungen der Eltern zurück. Sie hätte alles werden können und ist doch nur Übersetzerin. Aber nicht nur das ist ein Fiasko, nein, mit Mitte dreißig ist sie auch noch unverheiratet und erscheint immer allein zu Familienfeiern. Immer muss sie sich erklären, immer kommen brisante Fragen von der kleinen schlaumeierischen Nichte und immer steht sie im Fokus für Ratschläge und guten Willen für ihr Leben. Mit schrecken denkt Joséphine an Weihnachten, aber dieses Jahr soll alles anderes werden, denn Luc hat ihr nach drei Jahren versprochen, nun endlich mit seiner Frau zu sprechen und endlich zu ihr zu stehen. So häufen sich die Wünsche, Träume und Hoffnungen und doch steht alles unter keinen guten Stern. Tja, und zu allem Überfluss muss sich unsere Heldin mit diesem Hausbootmieter Maxime rumschlagen, der irgendwie immer mehr in ihrem Leben auftaucht und dem es anscheinend Spaß macht, sie zu ärgern. Joséphine atmet einmal tief ein und wieder aus und nimmt den Kampf mit Maxime und ihrem missratenen Leben auf.

Nicolas Barreau enttäuscht nicht, es liegt Pariser Flair in der Luft, der Zauber vor Weihnachten erblüht und auch unsere Protagonistin lässt einen nicht kalt zurück. Sie beschreibt eigentlich recht gut die Probleme der Zeit, Single, nicht erfolgreich und möchte doch einfach nur geliebt werden. So schifft sie ein bisschen im Leben herum und findet nicht so recht den Weg. Dazu kommt, dass sie sich von ihrer Affäre seit Jahren blenden lässt und nur halt und Verständnis von ihrem besten Freund Cedric erfährt. So war mir Joséphine einfach sympathisch, man begleitet sie gern und amüsiert sich auch gern über ihre kleinen Fettnäpfchen, denn diese trifft sie immer zielsicher. Ihre Treffen mit Maxime sind deshalb unglaublich unterhaltsam, weil sie so richtig schön an ihm vorbei erzählt, ohne richtig zuzuhören, und er amüsiert sich köstlich, was sie natürlich zur Weißglut bringt und doch ist da ein Anker, ein Halt, ein Mitverschwörer, wenn es um die Erinnerungen an ihrem Onkel geht.

Ich hatte somit herrliche Lesestunden mit Joséphine und ihrem etwas aus dem Ruder gelaufenen Leben. Herrlich, wie sie sich findet, zauberhaft, wie sie in ihrer Welt umher schwebt, um wieder hart in der Realität zu landen. Der Verlagsansatz unterhält auch wieder köstlich und Maxime ist ein wunderbarer Geheimniskrämer. Doch so richtig wollte sich die Liebesgeschichte der beiden nicht einstellen, das war mir am Ende doch zu schnell, zu platt, zu kitschig. Da hat mir eine Szene dazwischen gefehlt, aber das ist auch wieder Jammern auf hohen Niveau, denn an sich hatte ich meinen Spaß mit der Lektüre und eine Reise nach Paris, die ich nicht missen möchte.

Tausend Lichter über der Seine ist nicht das stärkste Buch vom Autor, aber wie immer charmant, Paris lastig und wunderbare romantische Unterhaltung mit Witz.

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Cover des Buches Felix Blom. Der Häftling aus Moabit (ISBN: 9783809027591)

Bewertung zu "Felix Blom. Der Häftling aus Moabit" von Alex Beer

Felix Blom. Der Häftling aus Moabit
SharonBakervor 6 Monaten
Trubelig, spannend, perfekter Lesegenuss ...

Felix Blom wird nach drei Jahren Haft aus Moabit entlassen. Doch wie hat sich Berlin 1878 verändert, kann er ans alte Leben anknüpfen oder muss er neu anfangen? Doch wo soll Felix hin, ärmlich aufgewachsen, wurde er zum Meisterdieb und schwang sich hinauf in die gute Gesellschaft, doch der Fall war hart, denn er wurde für ein Vergehen verurteilt, was er nicht begangen hat. Es ist nicht so, dass Felix ein Unschuldslamm ist, und das kommt ihm nun zu gute. Er schleicht sich ins Leben zurück und landet in der Detektei Voss. Mathilde Voss! Sie hilft ihm und so wollen diese zwei nicht nur neue Fälle aufdecken, sondern auch herausfinden, wer damals Felix ins Gefängnis gebracht hat. Aber nicht nur das hält Felix auf Trab, sondern er bekommt eine Karte mit dem Text, dass er in 30 Stunden eine Leiche sein muss. Wer ist hinter Felix her? Was ist damals vor drei Jahren passiert? Und bekommt Felix sein altes Leben wieder?


Die Autorin Alex Beer hat mich mit ihrer Emmerich-Reihe um den Finger gewickelt und ganz klar hilft die Serie gegen meine Wien-Sehnsucht. Nun hat sie eine neue Reihe an dem Start und diese hebt sich schon ab, da diese in Berlin spielt und ihr Hauptprotagonist ein Ganove ist. Klingt doch spannend und ob mir der neue Reihenauftakt gefallen hat, erzähle ich euch nun.

Felix Blom ist ein Gauner, Charmeur und Lebenskünstler. Der Schatten von Berlin und doch sitzt er in Moabit in Einzelhaft und zählt die Stunden bis zu seiner Entlassung. Endlich, nach drei Jahren kommt er frei und er will endlich wissen, wer ihm das angetan hat, denn er sitzt unschuldig im Gefängnis. Zumindest war er bei diesen Raub nicht mit von der Partie. Nun also darf er wieder auf die Straßen von Berlin und sich sein Leben zurückerobern. Aber die Polizei macht es ihm nicht einfach, er muss innerhalb von drei Tagen eine Bleibe und einen Job nachweisen. Aber Blom wäre nicht Blom, wenn er nicht doch Leute kennen würde, nur hat er sich mit diesen es etwas verscherzt, als er sich in die gute Gesellschaft hinaufgeschwungen hat. Nun muss Felix wieder unter anfangen, ins ärmlichste Viertel von Berlin kommt er unter und dort dreht sich das Schicksal. Denn er fängt in der Detektei Voss an und seine Inhaberin ist Mathilde Voss und auch sie hat es faustdick hinter den Ohren. Zusammen machen sie sich ans Werk, diese Detektei zur besten zu machen und gleichzeitig auch Felix zu helfen, er will aufklären, wer ihm das Verbrechen angelastet hat und dazu kommt noch ein Mörder, der es auf sein Leben abgesehen hat. Kaum ist Felix in Freiheit, da hat er jede Menge zu tun.

Alex Beer hat ein unglaublich gutes Gespür für Setting, Figuren und Spannungsaufbau. Diese Geschichte ist so unglaublich charmant, spielerisch und fantastisch unterhaltsam. Man schlendert mit der Autorin und ihren Figuren durch Zeitgeschichte und empfindet es überhaupt nicht verstaubt, altmodisch oder langweilig. Ganz im Gegenteil, es geht bunt zu, es steigen Gerüche in die Nase und man spürt den Aufbruch in eine neue Zeit. Noch regiert der Adel, noch gibt es große Unterschiede und genau dieses Karussell aus Arm und Reich will Felix Blom durchbrechen. Zumindest glaubte er das, bevor er in Moabit gelandet war. So zeichnet die Autorin viele Schichten von Berlin, Snobs und Dandys kommen dran, aber auch Polizisten und die Ganovenwelt. Besonders herrlich finde ich Alex Beers Figuren, ob nun Chef einer Gaunerbande oder der redliche Polizist mit übernächtigten Augen, alle sprühen vor Leben, sind wunderbar beschrieben und man begleitet jeden gern, so sind die Figurenabwechselnden Kapitel einfach eine wahre Freude. Natürlich ist auch unser Detektiv-Duo herrlich besetzt mit einem charmanten Gauner und einer ehemaligen Prostituierten, die mehr im Leben will, nämlich ihr eigenes ehrliches Geld verdienen. Ein bisschen haben mich die beiden an die 80ziger Serie Remington Steele erinnert und was habe ich diese geliebt. Aber auch der Fall ist gut eingegliedert und hat zum miträtseln so einige unerwartete Kurven parat.

Dieser Auftakt macht mächtig Spaß beim Lesen, es ist Geschichte, Abenteuer und natürlich kommt eine Prise Liebe nicht zu kurz. Felix Blom scheint zwar der Hauptakteur zu sein, aber ich finde alle Figuren toll, das Berlin macht richtig Laune und dieser Spagat zwischen den Welten aus Adel und Gangsterunterwelt erfrischt die ganze Lektüre. Dazu die Fälle an sich, waren gut durchdachten und bauten ganz hervorragend ineinander auf. Ich hatte großes Lesevergnügen.

Felix Blom ist ein gelungener Auftakt mit tollen Figuren, erfrischender Leichtigkeit, dazu ein toller Mix und ein Spannungsbogen, der perfekt eingewebt wurde. Ich hatte riesige Freude beim Leben. Trubelig, spannend, perfekter Lesegenus, wo man sich direkt den nächsten Teil her wünscht.

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