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Sky

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Cover des Buches Make it count - Dreisam (ISBN: 9781500772802)

Bewertung zu "Make it count - Dreisam" von Ally Taylor

Make it count - Dreisam
Skyvor 10 Jahren
Kurzmeinung: Voller Emotionen, Dramatik und genau richtig zwischen einen Hauch Klischee und Realität. Eine sommerliche Lektüre zum Davonträumen.
Julie & Jake

Julie & Jake

Eigentlich ist Julie mit ihrer Freundin nach Oceanside zurückgekehrt, um während ihrer Semesterferien zu arbeiten, wäre da nicht Kyle. Kyle ist schon immer ihr bester Freund, doch diese Beziehung hat sich plötzlich verschoben. Bei ihrer letzten Begegnung hatten sie Sex und das hat vieles zwischen ihnen verändert. Beiden hat es gefallen, niemand bereut es, doch die Gefühle separieren sich. Für Kyle steht fest, Julie ist die Frau seines Lebens, dabei ist Julie selbst sich gar nicht so sicher darüber, ob Kyle nur mehr als ein Freund für sie sein kann. Vor allem nicht, nachdem sie Jake getroffen. Bei Jake ist alles so anders, da brennt alles in ihr und er scheint so richtig zu sein. Glaubt sie zumindestens bis sie erfährt, wer Jake wirklich ist und sie nicht mehr weiß, was sie tun soll.
Und da beginnt auch die Misere, das Drama und die Gefühle. Vor allem die Gefühle. Denn Ally Taylor, besser bekannt auch als Anne Freytag, zeigt mit "Dreisam" mal wieder wie Gefühlswelten funktionieren. Wie Liebe klappt, wie sie sich an einen schmiegt und wegstößt, die zusammengeklebt, was gesplittert ist und noch vieles mehr. Julie muss sich zwischen zwei Männern entscheiden, aber welcher ist nur der Richtige? Klingt eindeutig nach einer x-beliebigen Dreiecksbeziehungskiste, die wir irgendwo schon einmal gelesen haben. Eine Story, so 0815, dass man gar keine Lust darauf hat, weil einen die Sache schon zum Hals raushängt. So kann man sich täuschen.
Stattdessen ist man eher davon überrascht wie realistisch dieses Szenarie beschrieben wird, so unwahrscheinlich es auch scheint. Genau das macht "Dreisam" trotz fehlender Innovation und klassischer Geschichte zu einem Gefühlsfeuerwerk der besonderen Art. In zwei Perspektiven erzählt Ally Taylor die Geschichte. Einmal aus der Sicht von Jake, einen Typen, der sich bei Frauen nicht anstrengen muss, begehrt und ein waschechter Schürzenjäger und Julie, die zwischen Kyle, ihrem besten Freund und Jake, ihrem Schwarm, steht. Nur für was entscheiden? Julie wirkt bei ihrer Suche so verzweifelt, dass man als Leser schon fast mitweinen möchte. Während sie mit sich ringt, möchte man sie kurz schütteln und ihr das Richtige entgegenschreien, kann es aber trotzdem nicht, weil sie es einfach nicht weiß. Irgendwie weiß der Leser selbst nicht, was man da tun soll. Oder doch er weiß es, aber man kann es nicht zugegben. Ihre Emotionen wirken so echt, so eindringlich, dass man einfach dahinschmilzt und sich in sie verlieben kann. Im Gegensatz dazu steht Jake, der genauso Probleme mit dieser neuen Situation hat und ihn zusehens überfordert. Vor allem ist es eine männliche Perspektive, die nicht klischeebeladen daherkommt. Vielleicht hat er vorher schon jede Menge Frauen in die Kiste gebracht, aber wird dadurch nicht zum Traummann. Ganz im Gegenteil und das ist ihm bewusst. Das, mit dem gleichzeitig ehrlichen männlichen Unterton, der nicht aufgesetzt wirkt, schafft es einen plausiblen männlichen Charakter zu schaffen, der sich nicht in die Klischeeschublade pressen lässt, auch wenn es anfangs so scheint. Diese Kombination, gepaart mit der Geschichte, gibt dem Roman die Besonderheit. Er lebt von seinen teils authentischen Charakteren, die zwischen bewussten Klischee und waschechter Realität stehen. Und das betrifft nicht nur die Hauptcharaktere, sondern auch die Nebendarsteller, die man sofort ins Herz schließen muss. Egal, ob es Julies Freundin sind oder ein Kumpel von Jake. Sie sind voller Gefühle, die beim Leser ankommen und einen mitfiebern lassen. Konstellationen, die schwierig scheinen, aber doch irgendwie kennt. Man
Über allem schwebt eine sommerliche Stimmung in Oceanside, dunkle Vorahnungen und Romantik. Man kann sie alle verstehen, möchte helfen und kann es doch nicht, will Mut zusprechen und so vieles mehr, so tief steckt man in der Geschichte.
Durch den Schreibstil wir das ganze noch einmal intensiviert. Voller Poesie, voller Schmerz, Liebe, Hingabe rauscht man durch die Sätze, fliegt darüber und ist nur noch ergriffen von den Metaphern, von der musikalischen Begleitung, die sich immer wieder durch den Roman zieht. Wundervoll phrasiert, schön und eindrucksvoll. Alles ist so wie es sein sollte. Wieder einmal gibt es die richtige Menge an amerikanischen Wunschvorstellungen, Filmelementen und Drama. Nicht zu viel, nicht zu wenig, um Dramaturgie und Realität zu unterscheiden. War das erste "Make it Count"-Buch noch recht stark an "New Adult" orientiert, spielt hier Sex eine kleine Rolle und wenn doch, hat es Bedeutung und kommt nicht blumig daher, sondern ehrlich. Alles wirkt erwachsener, reifer und sogar noch eine Spur dramatischer, was je weiter man auf das Ende stürmt, festzustellen ist. Herzaussetzer insklusive! Es wird immer rasanter,  man wünscht sich nur das Beste und sieht den dramatischen Höhepunkt kommen, kann gar nicht hinsehen, muss es doch tun und ist hin- und hergerissen. Und schlussendlich begeistert!

Fazit

"Dreisam" aus der Make it Count-Reihe ist voller Emotionen, genau richtig zwischen einem Hauch Klischee und waschechter Realität. Zwischen Wunschvorstellungen und wahren Erleben. Und vor allem Flucht aus dem Alltag, die ans Herz geht. Intensiv, berauschend und verdammt gut! Eine Liebesgeschichte, die berührt. Besser als jeder Film!

Cover des Buches Der süße Kuss der Lüge (ISBN: 9783401067124)

Bewertung zu "Der süße Kuss der Lüge" von Beatrix Gurian

Der süße Kuss der Lüge
Skyvor 10 Jahren
Kurzmeinung: Dramatisch, einfühlsam und vor allem voller überraschender Wendungen. Ein Jugendthriller der Extraklasse!
Hat mein Freund meine Nichte entführt?

Hat mein Freund meine Nichte entführt?

Als Lu mit ihrem Bruder in eine Polzeikontrolle gerät, trifft sie das erste Mal auf Diego. Der attraktive Beamte bringt sie vollkommen aus der Fassung und lässt ihr keine Ruhe mehr. Aber was will er schon von einem 16-jährigen Mädchen, dass zu viele Kilos um ihre Hüfte hat. Doch Diego ruft bei ihr an, will sie sehen und treffen und ihr Herz pocht. Es entwickelt sich eine intensive Beziehung zwischen ihnen und für Lu wird alles wie ein schöner Traum.
Bis der Albtraum seinen Lauf nimmt: Lu soll auf die Nichte ihres älteren Bruder und seiner Frau Yukiko aufpassen. Nichtsahnend geht sie mit ihr auf den Spielplatz und lässt sie kurz aus den Augen. Doch beim Versteckspiel ist nicht zu finden, dabei hat sie immer die einfachsten Verstecke! Aber auch nach akribischer Suche bleibt sie spurlos verschwunden. Voller Panik ruft sie ihren Freund Diego an, doch die Polizei kommt einfach nicht. Hat Diego sie angelogen? Wo ist Ida? Ein Anruf bei der Polizei bestätigt ihren Verdacht. Diego hat seine Kollegen nicht informiert, wenn es überhaupt seine Kollegen sind! Ida scheint aber niemand zu gesehen zu haben und plötzlich liegt eine Lösegeldforderung vor ihnen. Sie wollen zwei Millionen für Ida, sonst stirbt sie. Hat ihr Freund etwas damit zu tun?

In "Der süße Kuss der Lüge" geht es eigentlich um ein klassischen Konflikt. Ein attraktiver Kerl macht sich an eine 16-Jährige ran um Lösegeld erpressen zu könnnen. Zumindest glaubt man, dass es so einfach ist. Aber die Geschichte ist weitaus verfahrener als man denkt. Immer wieder kommen Sachen auf, die den Verlauf der Handlung vollkommen ändern. Pointen werden gesetzt, die einen von der einen Seite zur Nächsten treiben, einmal Diego glauben schenkt, in ins positive Licht rückt, dann wieder nicht. Man zweifelt, man will es glauben, traut der Sache nicht und weiß bald nicht mehr, wen man jetzt eigentlich glauben soll.
Die Protagonistin Lu ist dabei als 16-jährige Jugendliche vollkommen überfordert. Sie macht sich selbst Vorwürfe, was sie falsch gemacht hat, warum sie ihm geglaubt hat und versinkt immer mehr in ihren Ängsten um Ida. Ihr Naivität macht ihr zu schaffen und manchmal denkt man sich auch als Leser, so glaubwüridg wirkt er nicht, aber schlussendlich sind solche Dinge Realität, auch wenn in Lus Fall die Naivität viel zu groß erscheint und man Diegos vorschnelle und fast schon schleimige Art schnell bemerken müsste.
Sie ist so wechselhaft gezeichnet, dass man ihre Panik spürt, ihre Unruhe glaubt und man sie mitleidig betrachtet. So etwas will niemand erleben, dass die vermeindliche Liebe vielleicht nur ein Spiel und mIttel zum Zweck war. Aber war es das? Ist sie wirklich blind vor Liebe gewesen? Irgendwo ist der Haken bei der Sache, glaubt man, man weiß es aber nicht.
Ihre Lebendigkeit prägt den Roman. Sie fungiert als Ich-Erzählerin, durchbrochen von weiteren Perspektiven, die Rückblenden von einem Jungen schildern, deren Schwester ertrunken ist, der sich aggressiv gibt oder auch Situationen, oder der von Ida wie sich als kleines Kind, als Bambusprinzession, ihre Angst zu besiegen versucht. Dieser stetige Wechsel haucht dem Thriller Spannung ein, treibt einen voran und man hofft nur das Beste für alle Betroffenen, egal wie schlimm und verfahren die Situationen erscheint. Auch wenn gerade Idas Perspektive nicht immer dem Kind selbst gerecht wird, komplexer daherkommt, als es die Denkweise eines Kindes ist.
Mit Spannungsmomenten und gekonnten Pointen verleitet Beatrix Gurian den Leser in Ecken, in die man gar nicht wollte, geht ihr immer wieder auf dem Leim, obwohl man schon glaubt alles überblicken zu können.
Der Schreibstil ist dabei voller Dramatik, emotionsgeladen und schafft eine Nähe zu Lu, deren Probleme und deren Welt. Immer wieder verfällt sie ins Selbstvorwürfe, versucht stark zu sein für Ida und muss doch den Kopf schütteln, in den Tränen nahe. Die Emotionen springen auf den Leser über, schlimm und intensiv, und bringt Wut hervor, weil man ihr keine Vorwürfe machen kann. Ihre Selbstkastellei nicht dudlen will, sie einfach nur umarmen, so plastisch sind ihre Gefühle gezeichnet. Doch sie kämpft bis zum bitteren Ende, was mit Wahrheiten aufwartet, die man bei weitem nicht so kommen sah, bei denen man nicht weiß, ob man sie verurteilen soll oder nicht. Und manchmal erscheinen auch die Dinge noch so klar, am Ende sind so doch anders als gedacht.

Fazit

Spannend erzählt Beatrix Gurian in ihrem Jugendthriller "Der süße Kuss der Lüge", die einen geradezu an die Seiten tackert. Dramatisch, einfühlsam und vor allem voller überraschender Wendungen. Ein Jugendthriller der Extraklasse!

Cover des Buches Wüste der Toten (ISBN: 9783426507773)

Bewertung zu "Wüste der Toten" von Urban Waite

Wüste der Toten
Skyvor 10 Jahren
Kurzmeinung: Ein Thriller ohne Spannung, voller platter Charaktere und einen Schreibstil, der einen nur noch auf den Geist geht.
Die Toten in der Wüste New Mexicos

Die Toten in der
Wüste New Mexicos

Zehn Jahre ist es her, dass Ray die Stadt in New Mexico betreten hat, die sein Leben veränderte. Er verlor hier viel, als er für seinen Boss Memo gearbeitet und die Straßen aufgeräumt hat. Leichen pflastern seinen Weg, die die Bahn frei machen sollten für die lukrativen Drogenschäfte Memos. Und dabei musste er seine Frau verlieren. Bei einem Autounfall ums Leben gekommen und der Sohn seitdem schwerbehindert, liegt auf ihn eine schwere Last. Seine Kriminalität brachte seiner Fraud en Tod und von seinem Sohn hat er sich vollkommen entfremdet. Ein Fehler im Leben brachte ihn dann endgültig für zehn Jahre hinter Gitter.
Jetzt ist zurück, mit nichts mehr als einen letzten Job für Memo. In einem Leben von dem er abgeschworen hat. Nur noch einmal, danach sollte für immer Schluss ein. Gemeinsam mit Memos Neffen Jim soll er einen Drogenkurier abfangen, der für das Kartell arbeitet. Sie sollen die Ware mitnehmen und es scheint ein einfacher Job zu sein. Doch Ray erkennt den Mann, der in dem Auto und einer der beiden Kurierfahrer überlebt.
Auf einmal steht er weider in Gefaher alles zu verlieren und diesmal noch mehr, als ihm lieb ist.
Eigentlich gibt es zu "Wüste der Toten" nicht viel zu sagen, denn es fehlt schon allein an Handlungsstoff, den man ansprechen könnte. Es geht um den klassichen Konflikt: Ein vergangenes Ereignis hat alles zerstört und zehn Jahre später, als Ray aus dem Knast kommt, ändert sich die Sachlage erneut. Das Stagnierte kommt wieder in Bewegung und wir steuern immer mehr auf die Katastrophe zu. Eine Tragödie, ein spannender Thriller rund um Drogenkriege in New Mexico, so sollte das Ganze sein voller Dramatik rund um Schuld un Sühne.
Stattdessen besteht der Haupteil der Handlung nur aus der Selbstreflexion der Charaktere, dem Hinterhertraueren von Vergangenen und denen, die wie in der Zeit stehen geblieben scheinen. Alle leiden an einer kollektiven Depression, jeder bejeammert sich selbst, hat viel Schuld auf sich geladen und möchte doch nur die Sühne haben. Gescheiterte Persönlichkeiten, die im Sumpf der Kriminalität abrutschen, weil sie müssen. Weil die Umgebung ihnen kein Geld mehr bringt, die Ölfelder versiegen und die Armut Überhand nimmt. Städte sterben aus und die Obersten versuchen noch die letzten Trümmer zusammenzuhalten, das Schlimmste zu verhindern, egal auf welche Art und Weise, damit die Kleinstadt überleben kann.
Tom, ehemaliger Sheriff, möchte am liebsten seinen Job zurück, den er damals, bei einer Fehlentscheidung bei der eine Frau sterben musste, verloren hat.
Kelly, die neuer Sheriff geworden ist und der diese Verantwortung immer unerträglicher wird.
Und natürlich Ray, der versucht seinem eigenen Leben zu entfliehen. Und da fängt das Problem schon an. Ein Spiel aus Macht und Intrigen beginnt auf allen Fronten. Die Vergangenheit wirft Konflikte auf und sie scheinen Spielball von etwas Größeren. Spannender Stoff, oder?
Nicht wenn jedes Motiv fünfmal auf den Tisch kommt, von allen Seiten zehntausendmal gedeutet und durchgekaut wird, aus allen Perspektiven geschildert, gerne mal mit viel Wiederholung und Charakteren, die von Tiefgründigkeit träumen können. Nein, vielmehr glänzen die Perspektiven durch ihre nicht vorhandene Unterscheidbarkeit, den immer gleichen Dialogen und dem Schildern davon wie schlecht doch alles ist, wie furchtbar die Situation für alle erscheint. Wie schuldig man sich doch fühlt und welche Fehler man begangen hat. Man möchte als Leser nur noch schreien, dass sie dann halt was tun sollen statt einen die Ohren vollzusülzen.
An sich ist der Ansatz, dass man keine starken Persönlichkeiten nimmt, sondern geplagte Seelen, wirklich abwechselungsreich für einen Thriller dieser Art. Wenn man auch Menschen hätte, die sich auch auszeichnen würden, deren Hintergrund nicht ständig von neuen erklärt werden muss, weil man einfach irgendwann nicht mehr wissen will, warum sie es tun, weil sie eh nicht vorankommen. Nein, manchmal hegt man den Wunsch, irgendeiner von ihnen würde doch endlich abgeknallt werden. Wahrscheinlich sollen sie sich entwickeln, aber von einer Entwicklung kann man kaum reden. Egal wie viel Dramatik und Kummer auch dahinterstecken mögen, sie bleiben flache Abbildungen ohne jeglichen Charme.
Zu allem Überdruss läuft es natürlich wie immer ab. Zehn Jahre ist nichts passiert und dann kommt Ray zurück und es bricht sich alles Bahn. Tom, damaliger Sheriff, hat durch seinen Cousin seine Marke verloren und kämpft sich seitdem durchs Leben. Er hat einen Fehler begangen, der durch Ray verursacht wurde, der ihr Leben für immer veränderte. Die Zeit im Gefängnis hat die Zeit stehen lassen und das Unglück bricht jetzt wieder über alle herein. Ohne Ausweg! Der Schreibstil macht die Sache nicht wirklich besser. Halbfertig anmutende Sätze, oftmals Ellipsen, die Gedankengänge nachstellen sollen, sind eher störend als wirklich den Lesefluss zu fordern, gepaart mit einem hölzernen Schreibstil, der mit hochpoetischen Sätzen aufwartet, der anscheinend an Noir-Filme anschließen will, aber weit weit weg davon ist. Oftmals philosophisch, hat der Autor wohl vergessen, dass hier er einfache Persönlichkeiten hat, die eh ohne wirkliche Logik durch die Geschifte stampfen. Da helfen auch schöne Beschreibungen der Landschaft nicht, die Atmosphäre springt nicht auf den Leser rüber.
Man hofft auf Lustigkeit in dem Ganzen, einen Hauch Tarantino, der den überzogenen Ernst endlich Charme einhaucht, aber es kommt einfach nicht. Man wartet vergeblich darauf, dass dieser Motivwahnsinn, der sich um Schuld und Sühne dreht noch einen Hauch von Tiefgang in irgendeinener Form erhalten könnte. Dass irgendetwas noch entsteht, das Drogenkartelle durchdreht oder was auch immer, aber nein. Nichts, gar nichts. Urban Waite versucht knallhart seine bescheuerten Motive von Gewalt, die durch Gewalt gelöst werden soll, bis zum Ende durchzuziehen. Was natürlich niemals gut endet und nie gute enden kann. Da ist "Wüste der Toten" wirklich nichts neues. Ohne Höhepunkt, ohne Spannung, ohne Thrill, einfach mit gar nichts, was einen daran halte könnte den Roman durchzulesen. Man hofft auf eine perfide Pointe am Ende und bekommt puren Schwachsinn. Man will das Buch nur noch gegen die Wand knallen, nicht weil man geschockt ist, sondern nur noch entnervt.

Fazit

"Wüste der Toten" von Urban Waite verspricht viel und bietet am Ende besonders eins: Einen Thriller ohne Spannung, voller platter Charaktere und einen Schreibstil, der einen nur noch auf den Geist geht. Die dünne Handlung, die man eh schon zigtausendmal gelesen hat, gibt dem ganzen Roman den Rest.

Cover des Buches MUH! (ISBN: 9783499256264)

Bewertung zu "MUH!" von David Safier

MUH!
Skyvor 10 Jahren
Kurzmeinung: Witzig, originell und es wäre ein geniales Skript für einen gelungenen Animationsfilm.
Kühe reisen nach Indien

Kühe reisen nach Indien

Als Lolle ihren Stier beim Fremdgehen erwischt, hat sie die Schnauze voll. Vom ganzen Hof, von den blöden Kühen und vor allem von Champion, der sie eiskalt mit der hübscheren Susi betrogen hat. Da bleibt ja nur das Weinen bis sie einen italienischen Kater vor das Leben rettet. Old Dog, ehemaliger Hüttehund, dessen geliebte Pudeldame an Rattengift verstorben ist und der, durch diesen Verlust, den eigenen Freitod wählte, hat es auf die Mitzekatze abgesehen. Lolle schreitet ein und seltsamerweise verschont der von den Toten auferstandene Hund die tapfere Kuh. Der italiensische Kater, der sich dem Tode nahe sieht, überlebt trotz Verletzungen und steht in ihrer Schuld. Dabei erklärt er ihnen erstmal, dass sie auf dem Hof sind um später als Burger an die Menschen verfüttert zu werden. Da war Lolle, die eh nichts mehr hält, eines klar: Sie muss hier schnellstmöglisch weg und möglichst viele vor ihrem Schicksal bewahren. Und der Kater weiß gleich das passende Ziel: Es soll nach Indien gehen, das Paradies der Kühe, denn dort sind sie heilig, werden nicht verspeist und sie müssen keine Angst mehr haben. Gemeinsam mit ihren Freunden Hilde und Radieschen macht sie sich auf Weg, überwindet Hindernisse auf den schweren Weg nach Indien und muss sich Konflikten stellen. Seltsamerweise kommen Susi und Champion auch noch mit. Und das Drama ist damit komplett.

Kühe, die nach Indien reisen? Geht das? Natürlich geht das! Mit viel Humor und Menschlichkeit geht David Safier an seine Geschichte heran und schafft einen amüsanten Roman, der gut und gerne mal an Animationsfilme erinnert. Denn die Probleme, die diese Kühe haben, sind oftmals menschlicher als man glaubt. Sei es die Suche nach dem Glück, das blöde Problem mit der Liebe oder einfach die Freunde, die einen manchmal ganz schon auf den Geist gehen können. Mit Radieschen, die das liebevolle Blondchen repräsentiert, neben Hilde, die eine harte Schale hat durch ihre Fellfarbe, die ihr viel inneren Schmerz zugefügt hat, wird das Dreiergespann komplettiert durch Susi, die Zicke, die sich an Champion rangeschmissen hat und natürlich den einzigen Mann in der Truppe: Champion, mit all seinen Trieben und dem Talent in jeden Kuhfladen zu treten, den es zwischen Kühen und Stieren gibt. Gekonnt überzeichnet kommt es zu Konfliktsituationen, deren Ernst sich auf die Menschen übertragen lässt. Zickenkriege sind bei der Konsellationen vorprogrammiert und bleiben nicht aus. Sie sprießen vor Sarkasmus und doch steckt in ihnen ein Teil Menschlichkeit. Manchmal muss man eben verzeihen können und die wirkliche Person kommt erst zum Vorschein, wenn wir an unsere Grenzen kommen. Egal wie unsere Beziehungen bisher erschienen sind. Diese herzlichen Charaktere schaffen die passende Dynamik für einen humorvollen Roman, der die Lachmuskeln gut und gerne mal beansprucht. Auf ihre Reise geschehen so manch groteske Dinge, bei denen sich die Lachfalten tiefer in die Haut graben. Da kann der Sitznachbar in der Bahn schonmal genervt vom unterdrückten Lachen sein. Denn, seien die ungewöhnlichen Methoden der Oma Hamm-Hamm, die mit ihren skurrilen Weisheiten doch die ein oder andere Situation retten kann - Urin spielt eine wichtige Rolle - oder aber auch die Religion der Kühe. Sie glauben nämlich an die Kuhgöttin Naia, die die Welt erschaffen hat - nicht immer gekonnt, aber immerhin - und die auch den Mond aus Käse geformt hat. Und da wäre noch die unendliche Milch der Verdammnis, die Tatsache, dass die Welt dort aufhört und andere Sagen und Lieder, die sich unter den Kühen etabliert haben. David Safier hat diesen Teil viel Platz gegeben, verfasst fast biblische Texte mit der gekonnten Prise Humor um seinen Kühen einen Glauben zu geben, an den sie sich halten, der sie aber auch öfter zweifeln lässt. Die Nähe zum Animationsfilm lässt sich nicht ganz abstreiten. So erinnert der italienische Kater an mancher Stelle an eine Mitzekatze, die einen spanischen Akzent hat und auch die Kühe stellt man sich nicht immer nur als normale Kühe vor, die auf der Weide grasen. Auch Motive und Aufbau erinnert an dieses Filmgenre. Aber dieser Charme macht den Roman aus, der mit seiner Kuhlogik manchmal herrlich verschroben ist. Ihre Reise in die große weite Welt lässt sich viele Dinge erleben, die sie von ihrer eingezäumten Weide nicht gewohnt sind. Apropos Kuhlogik. Die spielt hier, durch die Protagonistin Lolle, die die Geschichte erzählt, eine wichtige Rolle. Manchmal vielleicht zu viel. Denn der Schreibstil ist davon so stark geprägt, dass an mancher Stelle die kuhlen Wortspiele zu viel werden. Sind die Dialoge auch peppig, mit überbordenen Sarkasmus und viel amüsanten Rumgezickte, Konflikte wunderbar geschildert und auch sprachlich entstehen amüsante Wortspiele, die durch die einzigartige Kuhlogik entsteht, hat an mancher Stelle der Autor vergessen sich zu bremsen. Hier und da, wäre weniger mehr gewesen und das Ganze zu viel des Guten. Doch dieses Problem bleibt nicht allein und wird gefolgt von manch kleinen Durchhänger innerhalb der Geschichte. Hat es der Beginn etwas schwer in die Gänge zu kommen, ist gerade das Ende etwas zu abgehetzt und man stürmt einfach auf den Schluss zu. Die Punkte wiegen aber nicht schwer, denn die Spannung bleibt durch die Entwicklung der Kühe wie sie die Reise verändert, welche Ereignisse sie beeinflussen und die stetige Gefahr durch Old Dog, der ihnen an den Kragen will. Denn das macht "Muh!" aus, der Witz und die Veränderung seiner Charaktere, die ihr wahres Ich auf dieser Reise erkennen werden.

Fazit

"Muh!" ist wieder eine humorvolle und liebevolle Geschichte von David Safier. Witzig, originell und es wäre ein geniales Skript für einen gelungenen Animationsfilm. Leichte Unterhaltung für zwischendurch, die die Lachmuskeln zum Anspanngen bringt und zeigt: Kühe sind auch nur Menschen.

Cover des Buches Rush of Love – Verführt (ISBN: 9783492304382)

Bewertung zu "Rush of Love – Verführt" von Abbi Glines

Rush of Love – Verführt
Skyvor 10 Jahren
Kurzmeinung: "Verführt" hat viel Humor, wenn auch oft unfreiwillig komisch, und überschlägt sich mit stereotypischen, dümmlichen Charakteren.
Heißer Rockstarsohn

Heißer Rockstarsohn

Seit dem Tod ihrer Mutter musste Blaire viel aufgeben. Das Haus ihrer Mutter verkauft, fahrt sie mit ihrem heruntergekommenen Pick-Up zu ihrem Vater und dessen neue luxeriöse Familie. Einen Luxus mit dem sie nicht anfangen kann, den sie nicht gewöhnt ist und ihr seltsam fremd vorkommt. Ihr Empfang bleibt unerkühlt und sie merkt schnell, dass sie nicht willkommen ist. Allem voran ihr Stiefbruder Rush Finlay, Sohn eines Rockstars, zeigt ihr mit seiner herablassenden Art, dass sie hier nichts zu suchen hat. Denn ihr Vater gilt unter ihnen als Schmarotzer, sitzt mit seiner neuen Frau in Paris, während Blaire mit dem Rest der Familie alleine zurecht kommen muss. Für Blaire ist schnell klar: Hier will sie nicht bleiben. Sie sucht sich einen Job in einem Country Club um Geld ansparen zu können. Danach will sie in eine Wohnnung ziehen und diesen ganzen Wahnsinn den Rücken kehren. Doch egal wie abweisend Rush zu ihr, desto faszinierter ist sie von ihm. Sie fühlt sich seltsamerweise zu ihm hingezogen und sie kann nichts dagegen unternehmen. Und bald muss sie erkennen, es scheint doch auf Gegenseitigkeit zu berühren. Aber diese Beziehung ist gefährdet von einem Geheimnis, das Blaire und Rush für immer auseinanderbringen könnte.
Und schon beginnt das Drama. Blaire, die Schönheit und Jungfrau, trifft auf Rush, einen Rebellen, der sich durchvögelt, wo es geht. Frauen sind für ihn nur Objekte und er schleppt ab, was geht. Bis Blaire aufkreuzt, die er zu Beginn am Liebsten vor die Tür setzen würde. Er benimmt sich wie ein richtiges Arschloch, ist arrogant und hochnäsig, behandelt sie fast wie den letzten Drecke und schnappt sich gleich das nächste Mädel, welches schön die Beine für ihn spreizen soll. Blaire wird da auch unfreiwillig Voyeur. Warum das Blaire ausgerechnet attraktiv findet, erschließt sich eher schwer. Die meisten 19-Jährigen hätten wohl ihm eine geknallt, wenn sich ihnen ein Mittzwanziger ihnen gegenüber so benommen hätte. Stattdessen wird bei Blaire erstmal der Schritt erotisch strapaziert, weil er mit seinen Tattoos so heiß ist. Könnte aber auch daran liegen, dass sie bsiher noch gar nichts erlebt. Natürlich hat sie noch nie Alkohol getrunken und eine nackte Männerbrust? OH GOTT! NIEMALS! Die Unschuld in Person, in allen Dingen. Dabei hat sie durch ihre kranke Mutter wahrscheinlich mehr Lebenserfahrung als viele Menschen, was man an vielen Stellen aber so gar nicht bemerkt. Sonst wäre sie mit etwas mehr Hirn gesegnet worden, vielleicht ist sie auch einfach untervögelt. Die beiden haben dann, durch ihre anfangs schwierige Beziehung, erstmal ein paar nette Schlagabtäusche, die schon amüsant zu lesen sind. Manchmal böse, streiten die beiden herrlich übertrieben, was zeitweise ziemlich kindisch wirkt, aber dem Ganzen etwas Leben einhaucht. Erwachsen ist anders und das betrifft nicht nur die beiden Personen, sondern durch die Bank fast alle Charaktere. Ein Hauch von Teeniezickenterrorserie schwebt in der Luft. Stereotypisch, ohne wahre Persönlichkeit schreiten die herum, stolzieren stolz, weil sie Kohle haben und sind ziemlich zickig. Die obligatorischen reichen Gören sind herablassend und die notgeilen Typen lassen sich nicht lumpen, glauben alles mit Geld besorgen oder es auch besorgt zu bekommen. Und dann kommt natürlich das, was man sich ja denken kann: Blaire und Rush finden zusammen. Love forever <3! Aber Rush ist doch nicht gut für sie! Sagt er selbst und wird er nicht müde zu betonen. Macht aber nichts. Dann geht es ab wie Schmitz' Katze und schon kommen die Probleme des Romans. Ich weiß nicht, was sich die Autorin gedacht ein Bild von Verhütung zu propagieren, dass mich nur noch einmal kopfschüttelnd zurücklässt. Kondom? Nein! Rausziehen geht doch auch... da weiß man ja gleich, dass das nicht gut gehen kann. Wenn amerikanische junge Erwachsene so verhüten, dann erklären sich für mich auch die Teeniegeburten. Da haben welche aber echt nicht gut aufgepasst! Da weiß man schon, was in den nächsten Bänden wahrscheinlich passieren wird.
Allgemein musste ich mir öfter an den Kopf schlagen, was die Dialoge betrifft, nachdem sie zusammen sind. Schnulzig, manchmal in bester Billigpornomanier, hat man es hier mit Erotik wenig zu tun. Ganz im Gegenteil, mehrfach muss man sich ein Lachen verkneifen, wenn es die beiden wieder bunt treiben und sich an Dirty Talk versuchen. Wohlgemerkt, wirklich schlechten Dirty Talk. Die Sexgespräche sind zum Schreien komisch. Wobei da ja eh nicht viel drinnen ist, als ein "rein, raus, rein, raus" und schon ist wieder Schluss. Für die Sexerfahrung die Rush hat,  hält er es ja nicht wirklich lange aus. Zum Schuss kommt der ganz schön flott! Kann aber nicht bloß an Blaire liegen, oder? Vielleicht hat er doch ein paar mehr Probleme. Blaire ist ja eh schon ab der Penisspitze gleich auf ihrem Höhepunkt. Die tatscht man ja schon an und sie ist auf 180! Und da heißt es immer, Frauen bekommen schwer Orgasmen... Das gefürchtete Beziehungdreieck, was entstehen hätte können, blieb wenigstens zum Großteil aus. Da können alle erleichtert aufatmen. Auch wenn die Arbeit in Country Club mehr an Hooters erinnert, wenn man die Arbeitskleidung mal genauer betrachtet, bringt sie doch eine ganze Menge Trinkgeld. Professionell ist anders, aber Tittenbonus geht halt immer und der Job ist an manchen Stellen mehr als witzig konstruiert. Und die Freundin, die sie dort kennenlernt, hat man bestimmt auch Freundeskreis. Solche Personen kennt man, auch wenn sie durchgeknallt sind. Dass man in dem ganzen Roman keine hohe literarische Kunst erwarten kann, ist natürlich klar. So ist die Sprache eher schlicht, auch wenn immer wieder witzig formuliert. Wobei die Situationskomik eher unfreiwilliger Natur ist und viele Szenen in den Trash rutschen, der wohl kaum gewollt ist, sondern eher einfach entstanden ist. Obendrauf liegt dann noch ganz viel Kitsch und Liebesgeseufze, wobei das hier relativ knapp ausfällt. Wenigstens wird man gut unterhalten aufgrund der strunzdoofen Charaktere, die alle auf intelligent tun und aus ihren aufgezwungen Stereotypen nicht ausbrechen können. Na gut, außer vielleicht Rush. Aber der wird ja wie immer vom Rebell zum Schmusekätzchen, kennt man ja im Alltag. Tja und da stürmen wir auch schon auf das Ende zu, dass wieder meine Hand ins Gesicht klatschen ließ. Das Geheimnis kam zwar überraschend, aber wie bescheuert alle rund um Blaire sind, warum sie KEINER irgendwie mal informiert hat, wobei es jeder weiß, ist mehr als lächerlich. Einer plappert immer... das ist so und da braucht man Blaire gar nicht so künstlich hinhalten. Und trotzdem bleibt man an den Roman dran. So bescheuert er oft ist, fühlt man sich einfach wunderbar unterhalten, vielleicht nicht ganz so gedacht, aber ein paar Lacher sind drinnen. Manchmal ist es eben so schlecht, dass es schon wieder witzig ist.  

Fazit

"Verführt", der erste Teil der Rush of Love-Reihe, hat viel Humor, wenn auch oft unfreiwillig komisch, und überschlägt sich mit stereotypischen und dümmlichen Charakteren. Hohe literarische Kunst ist anders, aber es bleibt kurzweilig und witzig, wenn auch vielleicht nicht so wie es sich die Autorin gedacht hat. Waschechte New-Adult-Lektüre, die vollkommen im ungewollten Trash versinkt.

Cover des Buches Make it count - Gefühlsgewitter (ISBN: B00J4Y44JG)

Bewertung zu "Make it count - Gefühlsgewitter" von Ally Taylor

Make it count - Gefühlsgewitter
Skyvor 10 Jahren
Kurzmeinung: Voller Gefühle, Drama und mit einem wundervollen Schreibstil. New Adult at its best!
Katie & Dillen

Als Katies Vater bei einem Unfall ums Leben kommt, ändert sich ihr Leben vollkommen. Gezwungen zu ihrer Mutter nach Oceanside zu ziehen, eine Kleinstadt am Meer, sitzt der Schmerz des Verlustes tief. Sie sagt sich selbst, sie sucht keine Freundschaften und Menschen in ihrer neuen High School, weil sie bald eh auf College gehen wird und landet doch in den Armen von Dillen. Magisch von ihm angezogen, verfällt sie ihm und findet sich selbst wieder in Zurückweisung und der stetigen fremden Zuneigung zu ihm. Doch warum kommt sie ihm nicht näher, was liegt zwischen innen? Immer mehr verliert sie sich in ihrem Träumen und Wünschen, erkennt sich bald selbst nicht mehr wieder bis die Realität sie wieder einholt.

Hinter den typisch amerikanischen klingenden Namen Ally Taylor verbirgt sich keine andere als Anne Freytag. Gemeinsam mit der Autorin Carrie Price (Pseudonym von Adriana Popescu) schreiben die beiden Autoren, die sich in der Indie-Szene einen Namen gemacht haben, eine Reihe von "New Adult" Bänden, die unter "Make it Count" zuammenfasst werden. Sie sind unabhängig voneinander und folgen keiner Chronologie.

Und wer jetzt aufstöhnt: New Adult? Muss das sein? Keine Angst, wer Anne Freytag kennt, der kann sich bei Ally Taylor auf etwas einstellen, worauf man eigentlich im "New Adult" hofft: Eine Geschichte, die weiß zwischen amerikanischen Teenagerfilm, den passenden Klischees und Niveau sich halten ohne dümmlich oder zu künstlich zu werden. Bei "Gefühlsgewitter" ist es genau diese Mischung, die gute "New Adult"-Literatur braucht.

Katie sticht als Charakter sofort heraus. Intelligent, mit Chance in Harvard zu studieren, liebt Bücher und doch schön, ist sie auch jemand, der sich wie jeder anderer nach Liebe sehnt. Der Tod ihres Vater wirft sie aus der Bahn, hatte sie doch nie jemand anderen mehr geliebt als ihren Vater. In Oceanside, die kleine Küstenstadt in der wir alle gerne leben würden, fühlt sie sich nicht wohl. Mit ihrer Mutter, die sich nie um sie gekümmert hat, ihrem Mann und dessen Sohn lebend, fühlt sie sich missverstanden. Und dann ist die Liebe plötzlich da, wobei sie vorher gar nicht so wichtig war, eigentlich nie aufgetaucht ist. Wäre da nicht Dillen, aber der will sie anfangs gar nicht so richtig haben. Trotzdem kann sie nichts gegen ihre Gefühle tun, stürzt in Gehirnexplosionen, die sie nicht haben will, gegen die sie sich nicht wehren kann. Jetzt könnte man Kitsch erwarten, übertriebene Gefühlsbeschreibungen, vollkommen überzeichnet. Stattdessen bekommt man echte Gefühle, poetisch erzählt, dass einen das Herz vor lauter Emotionen ausgequetscht wird. So wundervoll verfasst, gekonnt phrasiert und strukturiert, so voller Leben. Man möchte immer wieder mitweinen, wenn Katie wieder vor der Welt steht, verzweifelt und nicht mehr weiß, was sie tun soll.

Die Dynamik der Beziehung zwischen Katie und Dillen ist voller aufs und abs. Voller Drama, sie nähern sich, dann wieder nicht, sind sie wie zwei Magnete, die sich anziehen um dann wieder auseinanderzudriften, weil sich die Pole ändern. Dillen, als Einzelgänger, der seine wahren Gefühle und Probleme versteckt, attraktiv und umschwärmt, der keine Liebe zeigen kann, weil er sein wahres Ich lieber für sich behält und Katie, die Verletzte, die sich nach ihm sehnt, vielleicht sein wahres Ich erkennt.

So werfen neue Situationen Dinge in ein neues Licht und man steht wieder vor neuen Problemen, die es so lösen gilt. Alles eingefügt in den Rahmen einer Geschichte, die es versteht Teenangerdrama, die Probleme der ersten Liebe und dem ganzen drumherum zu erfassen, mit der nötigen Selbstironie gespickt und gekonnt überzeichnet. Manche Charaktere und Momente sind so wie man sie sich wünscht. Etwas über die Realität hinaus, etwas mehr Drama, etwas amerikanischer. Und doch genau die richtige Menge davon, ohne Künstlichkeit, ohne schwachsinnig zu werden. Stumpfsinn hat hier keine Chance.

Selbst die Königsdisziplin, die Sexszenen, sind einfach perfekt emotionalisiert, trotzdem nicht verblümt, kaschieren nichts. Sie sind erotisch, nicht pornographisch, mit dem nötigen Ernst und dem Verständnis erfasst. Nichts ist daran unrealistisch oder überspielt. Und wieder so wunderschön, voller unglaublicher Metaphern, so lyrisch und wundervoll, dass man nicht mehr weiß, welcher Sinn zuerst angesprochen werden soll. Es nimmt einen mit, treibt einen tiefer in die Handlung hinein ohne sich wehren zu können.

Alles zusammen verdichtet sich zu einer einzigartigen "New Adult"-Geschichte voller Herz, stimmiger Persönlichkeiten, die fühlen statt Konzepten zu folgen und trotzdem mit gekonnten Sinn für Übertriebenheit.

"Gefühlsgewitter" zerreißt einen das Herz, klebt es wieder zusammen und man leidet mit, fühlt mit und steht schlussendlich vor einem Ende, welches auch dem Realismus trotz all der überbordenden Dramatik, Raum gibt. Pointen, die einen einen umwerfen, die man kommen sah, deren Beschreibung aber einen die Grausamkeit klar machen. Und doch, steckt darin noch Hoffnung. Hoffnung, die einen zum Lächeln bringt.


Fazit

"Gefühlsgewitter" von Ally Taylor ist so wie ein perfekter "New Adult"-Roman sein sollte. Die richtige Menge an Klischees, die nötige Portion Liebe und vor allem Dramatik, die einen mitnimmt. Eingebettet in Gefühlen, so wundervoll formuliert, dass einen das Herz zerbricht und man nur noch fühlt statt nur liest. New Adult at its best!

Cover des Buches Mr Penumbra's 24-hour Bookstore (ISBN: B00GQ1GDJ4)

Bewertung zu "Mr Penumbra's 24-hour Bookstore" von Robin Sloan

Mr Penumbra's 24-hour Bookstore
Skyvor 10 Jahren
Computer vs Bücher

Computer vs Bücher

Die Rezession hat viele Menschen getroffen. Auch Clay Jannon, der früher für eine Kaffeehaus-Bagelkette NewBagel Webdesigner war und den Twitteraccount betreut hat, schließt sich die Tür und er steht auf der Straße. Während er durch diese Straßen von San Fransicso streift, findet er bei "Mr. Penumbras 24-Hour Bookstore" ein Gesuch nach Aushilfen. Und wie das Glück so will, bekommt er auch eine Anstellung bei Mr. Penumbra. Doch bald muss er feststellen, dass der staubige Buchladen nicht so normal ist wie er scheint. Kunden kommen eher selten vorbei und wenn, dann sind es Menschen, die Bücher ausleihen. Aber nicht die, die für jeden zugänglich sind, sondern von der "Waybacklist". Seltsame Bücher, die ein Geheimnis zu bergen scheinen, Bücher in die er nicht hineinschauen soll. Was verbirgt sich dahinter? Nachdem ihn ein Freund dazu ermutigt einmal hineinzulunzen, sieht er nur seltsame Zahlen und Buchstaben, keiner Systematik folgend. Mit seinem Laptop bewaffnet will er dem Laden helfen Kunden anzulocken und fertig ein Visualisierung des Ladens an. Mit allem Bücher, auch von der "Waybacklist". Als sogar jemand auf eine Anzeige hin den Laden betritt, ist er hin und weg von der Kundin. Denn Kat ist begeistert von seinem Modell und findet den Fehler in seinem Code. Außerdem arbeitet sie bei Google, ist intelligent und technikversiert. Vielleicht auch mehr als das. Gemeinsam mit ihr und seinen Freunden will er dem Laden auf den Grund gehen und kommt hinter ein Geheimnis, was viele schon lange beschäftigt hat.
Wer glaubt, man hätte es hier mit einen wahren Fest für Bibliophile zu tun, die gedruckte Bücher geradezu lieben und die Druckerschwärze aufsaugen, wird schnell feststellen, dass Technologie eine wichtige Rolle spielt. eBooks, Kindle, Google und vieles mehr finden sich darin und zeichnet die heute technologisierte Welt, bei das Papier immer weniger zu werden droht. Dass die Geschichte in einer Buchhhandlung beginnt, die wie aus einer anderen Zeit stammt, deren Kunden höheres Alters sind und Clay, im Kontrast dazu, mit seinen Laptop und den heutigen Möglichkeiten versucht das Geheimnis der Bücher herausfinden, lässt zwei Welten aufeinandertreffen, die in einen Konflikt stehen. In einer Welt, in der eine Generation fest an den Printmedien klammert, während die Nächste schon längst alles digitalisiert hat. Schon allein deswegen müssen ein paar Klischees sein, die Robin Sloan in amüsante Situationen verpackt. Allgemein hat man oft das Gefühl einen Seitenhieb zu lesen, der gerade manchen Biblophilen sauer aufstoßen könnte. Clays teils sarkastischen Kommentare zu mancher Situationen lassen darauf schließen. Er selbst besitzt einen Kindle, was für die andere Gruppe fast schon ein Verbot ist! Wie kann man nur zur Lösung des Rätsels Technologie verwenden! So bleibt es nicht aus, dass seine witzige Art sich im Roman niederschlägt und man oftmals grinsen muss. Teils überspitzt dargestellt, findet man aber doch die ein oder andere Facette, die nur ein Buchliebhaber so richtig verstehen kann. Aber gerade Clay, der einer Fantasysaga seit Kindheit an verfallen ist, kann vieles nachvollziehen, schafft es aber mit seiner humorvollen und sympathischen Art, dem Roman seinen eigenen Ton zu geben, der teils frech daherkommt und irgendwie ein wenig durchgeknallt ist.
Wobei durchgeknallt es am besten trifft. Irgendwie sind alle Charaktere Nerds, sehr intelligent, aber etwas eigen. Kate mit ihren Visionen, Mat mit seiner Kleinkunst und viele andere haben eines gemeinsam: Sie sind sehr speziell, haben aber in ihrem Gebiet wahnsinniges Talent und Potenzial. Sie sind teilweise so verrückt, dass man verwirrt und fasziniert von ihnen zugleich ist. Man mag sie einfach, weil sie manchmal einen herrlichen Dachschaden haben und in Dimensionen denken, die einen so fern erscheinen und doch so schön, aber auch unbegreiflich sind.
Die Technik nimmt ungewöhnlich großen Platz ein. Vor allem Google springt hier einem ins Auge. Nicht nur arbeitet Kate bei Google, die Clay tatkräftig zur Hilfe eilt, sondern vieles wird mit Google gelöst. Buchscanner, Werbetechniken und sie befinden sich sogar noch auf dem Gelände der Firma. Als sehr beliebter Arbeitgeber und auch als vorantreibende Kraft in Sachen Technologie, ist es nicht verwunderlich, dass gerade Google, mit seiner Allmachtstellung, hier oft auftaucht. Durch Kate und die der Macht Googles werden Möglichkeiten offen, die sie sich vorher nicht gedacht haben, die ihre Aufklärungsversuche neu gestalten und es ihnen ermöglicht, den Geheimnis der Bücher noch näher zu kommen.
Und wie soll es anders sein, ein paar Klischees müssen bedient werden, aber immer mit einen zwinkerden Auge. Denn hinter dem Geheimnis der Bücher steckt so einiges, was einem zum Lachen bringt, beeindruckt und gleichzeitig dem Ganzen die Krone aufsetzt. Man denkt sich: Echt jetzt? Und fühlt dann doch den Witz der Sache... manchmal stecken eben Organistationen oder seltsame Gruppen. Wer kann das so genau sagen, aber es muss irgendwo so sein, oder? Wir wissen doch alle, dass es auf Verschwörungen herausläuft, immerzu!
Leider hat trotzdem Robin Sloan den ein oder anderen Durchhänger in seiner Geschichte. Es kommt zu Durststrecken und gerade gegen Ende zieht sich der Roman. Da helfen auch nicht mehr die liebgewonnen Charaktere mit ihrer speziellen Art und der Humor des Buches. Man muss sich etwas durchbeißen und auch der Verlauf wirkt zu geradlinig, manchmal auch nicht immer zu 100% schlüssig, plätschert gerne mal so dahin ohne wirklich mit Höhepunkten daherzukommen. Es fehlen einfach die Überraschungen und Pointen, die einen umwerfen können, die "Mr. Penumbra's 24-Hour Bookstore" stärker vorangetrieben hätten. Sie bleiben aus, was dem ganzen Konzept den Atem raubt. Doch eine Frage treibt einen voran: Was ist das Geheimnis dieser Bücher? Wie entschlüsselt man sie?
Was dann die schlussendliche Lösung des Rätsels ist, bewirkt etwas, was man nicht vermutet, trotz der vielen Technik, die hier zu tragen kommt: Manche Dingen können nur auf einen Weg gelöst werden... auch wenn man es in einer Technokratie nicht wahr haben will.

Fazit

Robin Sloan hat mit "Mr. Penumbra's 24-Hour Bookstore" ein interessantes Debüt hingelegt, welches zwei Buchgenerationen aufeinandertreffen lässt. Die Bibliophilen, die sich an Buchrücken reiben und die, die ihren Kindle heilig sprechen. Witzig und mit unglaublich charmanten, wenn auch speziellen, Charakteren schafft er eine amüsante Geschichte, die den ein oder anderen Seitenhieb austeilen kann. Spannend, unterhaltsam und ungewöhnlich.

Cover des Buches Ohne jeden Zweifel (ISBN: 9783641091484)

Bewertung zu "Ohne jeden Zweifel" von Tom Rob Smith

Ohne jeden Zweifel
Skyvor 10 Jahren
Kann ich meiner Mutter trauen?

Kann ich meiner Mutter trauen?

Daniel hatte eine wohlbehütete Kindheit. Seine Eltern liebten sich über alles und führten eine erfolgreiche Gärtnerei, die sie aufgaben um sich schlussendlich in Schweden, die Heimat seiner Mutter, zur Ruhe zu setzen. Ihr Sohn wiederum blieb in London und zog mit seinem Partner Mark in eine Wohnung. Seitdem haben sie sich nicht mehr gesehen und führten nur Kontakt über E-Mails. Die Besuche nach Schweben verschiebt Daniel immer verschiebt immer wieder, aus Angst zu seiner Sexualität stehen zu müssen, bis ihn eines Tages ein besorgter Anruf seines Vaters erreicht. Seine Mutter sei in einer geschlossenen Anstalt untergebracht worden, sie gilt als gefährlich und scheint psychische Probleme zu haben. Kurzerhand besorgt Daniel sich ein Flugticket nach Schweden um das nächstbeste Flugzeug zu erwischen. Doch dieser Plan ändert sich bald, als ihn nichtsahnend seine Mutter informiert, dass sie auf den Weg nach London sei und sich aus der Anstalt selbst entlassen hat. Seinem Vater soll er nichts glauben und ihn auch nicht über ihren Aufenthaltsort informieren. Sie behauptet, er ist in einem Komplott verstrickt und hat sie in die Psychiatrie einweisen lassen, damit sie als verrückt gilt. Auf einmal steht er zwischen den Stühlen. Wen soll er glauben? Seiner Mutter oder seinem Vater?
Schon mit diesem Anfang schafft Tom Rob Smith eine Dramatik und eine verzwickte Situation, die kein Kind jemals erleben möchte. Wen soll man glauben und welchen Elternteil soll man trauen? Seine Mutter reist zu ihm nach London und erzählt ihm chronologisch eine Geschichte, bei der weder der Leser noch Daniel weiß, was wirklich wahr, was Fiktion ist oder was genau dahinter steckt. Spricht sie doch über die Wirklichkeit? Aber sie gilt doch als krank... ist sie doch gesund?
Erschreckende Dinge und verworrene Gedanken, die einen nicht sofort erschließen, werden zu einem Netz, dessen man sich schwer entziehen kann. Seine Eltern haben sich aus reinen Geldgründen nach Schweden abgesetzt und der Ort schien sie von Anfang an nicht zu akzeptieren. Die Dorfgemeinschaft grenzt sie aus und jeder scheint gegen sie. Einmal ist man der Meinung, man darf der Mutter nicht glauben, dann wiederum hat man das Gefühl man muss ihr glauben schenken. Ständig in dieser Schwebe gehalten, läuft man dabei durch eine Geschichte, die ein idyllisches Schweden zeichnet mit all seiner Natur und Fröhlichkeit, dass überschattet wird von moralischen Wunschdenken. Klischees werden durchbrochen und man bekommt einen Blick auf die Lebensweise dort, die mehr als finster ist. Dorfharmonie, die scheinheilig ist, vermeindliche Nächstenliebe und christliche Tugenden, die hinter dem Rücken auf einmal verschwunden sind. Auf den gekauften Hof in Schweden lebend, geht es um Intrigen und seltsam anmutende Momenten, die fast schon traumhaft wirken, die an den Verstand der Mutter Zweifeln lassen. Trotzdem spürt man, dass dahinter mehr steckt, doch sie lässt sich weder vom Leser, noch von Daniel zu Vorgreifungen überreden. Im Kontrast dazu steht Daniels eigene Stellung als ungeouteter homosexueller Mann, der seinen Eltern eine Lüge vorgelebt hat. Mit seinem Partner Mark zusammenlebend, konnte er sich in diesem Punkt nie bei seinen Eltern öffnen, egal wie viel Liebe sie für ihn aufgebracht haben. Selbiges gilt auch für die Eltern, die ihn über die reale finanzielle Situation der Eltern nie aufgeklärt haben, ihn damit nicht belasten wollten. Ein stetig schleichender familiärer Zusammenbruch scheint zu entstehen, dessen Folgen man noch kennenlernen wird. Die Erzählungen der Mutter dominieren die Handlung. Ihre Erzählweise ist unterkühlt, analysierend, fast schon verhärtet und werden durch ihre panischen und paranoiden Momente durchbrechen. Der Leser weiß nur Schritt für Schritt, was Daniels Mutter mitteilen will. Aber was davon ist die Wahrheit? Diese enthüllt sich erst zum Schluss, als der Fokus von der Mutter verschwindet und sich auf die Suche nach der Wahrheit hinter der Geschichte begeben wird. Eine Suche, die mehr als eine Überraschung birgt.
Wer versucht hinter den Lücken der Geschichten zu gelangen, hat es schwer. Tom Rob Smith gelingt es mit psychologischer Detailverliebtheit eine authentische Geschichte zu erschaffen, die nicht nur um eine Ecke gedacht hat. Die Rollen sind strikt getrennt und trotzdem kann sich der Leser nur schwer ein Urteil bilden, ist stetig verunsichert wie er welche Personen einschätzen muss. Die Entwicklung der Charaktere ist sehr unterschiedlich und er findet jeweils passende Auslöser, um aus seinen Konzeptfiguren wahrliche Menschen zu machen. Verzweiflung, Missglaube, Verrat und die Lügen über sich selbst und die, die andere erzählen, treiben ein unheimliches Spiel in diesem Thriller. Lügen, die einen nicht nur einmal den Mund offen stehen lassen. Der Autor kennt die Schwächen der Menschen und weiß, wo er sie anlegen muss um sie zu dramatischen Szenarien zu verbinden. Dabei ist es gerade die psychologiche Komponente, die einen das Fürchten lehrt. Sehr tiefgehend gezeichnet bis ins kleinste Detail stimmig, sodass sich jedes Häarchen in das Ende fügt.
Manchen wird die Spannung fehlen, obwohl diese gerade durch die Verunsicherung zum Reißen gespannt ist. Seltsam ruhig kommt der Thriller daher und es schleicht sich der ein oder andere Durchhänger durch, es entstehen Längen. Manchmal fällt die Spannungskurve, durch den schlichten Aufbau, nach unten und man muss sich bis zum Ende durchbeißen, sich etwas aufraffen um weiter zu lesen, da gerade die Erzählweise der Mutter, die stringend die Geschichte erzählt, einen anfängt zu nerven. Doch das Ende belohnt einen, ist perfekt ausgeschlüsselt und beantwortet die kleinste Frage, was man nie für möglich gehalten hat. Es bricht mit Moralvorstellungen und bringt in einem Entsetzen herver, auch wenn es an mancher Stelle fast zu perfekt und versöhnlich erscheint und die Glaubwürdigkeit etwas angekratzt wird.

Fazit

"Ohne jeden Zweifel" ist ein tiefenpsychologischer Thriller, der mit der Verunsicherung seiner Leser spielt. Tom Rob Smith hat ein Gespür für menschliche Schwächen und schafft eine dynamische Geschichte, die, trotz ihrer leisen Töne, einen unglaublichen Sog entwickelt. Eine Geschichte, die Schwedens Idylle auf den Kopf stellt und psychologisch dicht erzählt ist.

Cover des Buches Ich bin Tess (Buchvorlage zur Netflix-Serie Kiss Me First) (ISBN: 9783839001585)

Bewertung zu "Ich bin Tess (Buchvorlage zur Netflix-Serie Kiss Me First)" von Lottie Moggach

Ich bin Tess (Buchvorlage zur Netflix-Serie Kiss Me First)
Skyvor 10 Jahren
Virtuelles Leben nach dem Tod

Virtuelles Leben nach dem Tod

Leila ist schon immer ein wenig ausgeschlossen von der Welt, die sie umgibt. Während ihrer Schulzeit hatte sie nicht viele Freunde und musste sich stets um ihre an MS leidende Mutter kümmern. Andere gingen derweil auf Partys, ließen sich ablichten und stellten ihre Fotos auf Facebook. Das ändert sich nicht, als ihre Mutter stirbt und sie in ihre eigene Wohnung zieht. Ihre Zeit schlägt sie mit "World of Warcraft" tot bis einer der Mitglieder sie auf "Red Pill" aufmerksam macht. "Red Pill" ist ein Forum für Philosophen, die sich mit komplizierten Fragen auseinandersetzen, sie diskutieren und gegenseitig hinterfragen. Leila fühlt sich schnell heimisch und schafft es sogar zu den Elite-Mitgliedern, erhascht sich damit auch die Aufmerksamkeit des Schirmherren Adrian. Er macht ihr ein unglaubliches Angebot: Er braucht jemanden mit ihrem Verstand, der sich um das Leben von Tess kümmert. Sie will Selbstmord begehen, aber Familie und Freunden so wenig Schaden wie möglich zufügen. Daher sei die Aufgabe, die E-Mails zu beantworten und sich um den Facebook-Account kümmern, um ihr ein virtuelles Leben nach dem Tod zu schaffen. Leila willigt ein und fragt sich in E-Mails und Skype-Gesprächen durch Tess' Leben, mit all ihren Abgründen. Aber ist es wirklich die richtige Entscheidung, die Rolle eines anderen zu übernehmen, der sterben will?
Was als Kritik am Schein und Sein der sozialen Netzwerke anfängt, geht bald weit über die Grenzen hinaus und wirft philosophische Fragen auf, denen man sich bisher nicht gestellt hat. Kann ich eigentlich meinen Tod nicht selbst bestimmen, so wie ich es möchte? Darf ich mein Leben einfach beenden, wenn ich sage: Ich habe genug gelebt? Was ist mit Sterbehilfe? Muss man in einer solchen Situation jemanden aufhalten? Unbequeme Fragen, mit denen man sich plötzlich konfrontiert sieht und die durch die Persönlichkeit von Leila von allen Seiten beleuchtet werden. Ihre analytische, nachdenkliche und leicht unterkühlte Art schafft eine starke Distanz zwischen Leser und Protagonisten, die einen klaren Kopf für die Ereignisse schafft, aber gleichzeitig das Innere des Charakters widerspiegelt. Es zeigt die fehlende Lebenserfahrung, wie sie vom Leben ausgeschlossen ist und sie sich hinter ihrem Computer verbarrikadiert. Obwohl sie sich in ihren Zwanzigern befindet, in der Blüte ihres Lebens, ist sie jemand, der vom Leben selbst keine Ahnung hat und durch die Krankheit ihrer Mutter von der Außenwelt abgeschottet wurde. Kontrastiert wird sie durch Tess, eine Person, die sich in Partynächten volllaufen lässt und irgendwo in den Dreißigern hängt. Exzentrisch gelebt, dekadent verdammt und sich in der Esoterik verlierend, ist sie am Abgrund, will nicht mehr. Doch Leila scheint ihr diese Möglichkeit zu geben, dieses Leben aufgeben zu können. Das Leben 2.0 bietet dafür die passende Plattform. Sie muss nur verschwinden, ihr Wesen wird digital konserviert. Der E-Mail-Account wird gepflegt und ihr Facebookprofil weiter mit Bildern gefüttert. Also ist sie am Leben, oder? Leila nimmt ihr Leben an und auch für den Leser wird es immer schwerer eine Grenze zu ziehen, was ist noch Tess, was ist noch Leila. Schon bei der sehr seltenen Nennung des Namens der Hauptfigur wird klar, was für ein Konzept hinter Leila steckt. Sie ist namenlos, ohne wirkliche Identität, eine Art Nichts, welches durch Tess erstmals aus seiner Fassade brechen kann. Lottie Moggachs Schreibstil macht diese Dynamik erst möglich. Tess und Leila sind so stark abgegrenzt, von Sprache, von Persönlichkeit und Auftreten, dass man vor allem von Tess einen bleibenden Eindruck erhält, während Leila wie eine Nebenfigur erscheint. Der analytische und geistreiche Stil, der einen Gedankengang noch Seiten weiter tragen kann, sich gerne im Detail verliert, fasziniert und man kommt selbst ins Grübeln. Man hinterfragt sein eigenes Internetleben, dessen Wahrheit und die eigentliche Realität, außerhalb von Messages. Leila, die ihre Geschichte niederschreibt, dabei den Leser oftmals direkt anspricht, klagt beim Leser ihr Leid, während sie in Spanien sitzend einen Rückblick gibt, Teile ihrer eigenen Vergangenheit aufgreift. Nur scheibchenweise offenbart sie ihr wahres Wesen, rezitiert Momente aus dem Leben von Tess und die Tragweite ihrer Aufgabe wird deutlich. Was ist also mit einer Internetpersönlichkeit? Können wir das Leben eines anderen leben, zumindest virtuell, ohne dass es uns selbst verändert? Der Roman stellt uns diese Frage und stellt sich durch seine Machart selbst das Bein. Manchmal ist es schwer zu glauben, dass der Kontakt von Familie und Freunden mit Tess fast ausschließlich über E-Mail erfolgt. Gerade Facebook verkommt hier zu einer Randerscheinung. Dieses Medium hätte mehr Aufmerksamkeit benötigt, trotz allem oder gerade wegen dem Aspekt, dass Tess nicht die klassische Altersgruppe des Netzwerkes ist. Dies ist nur ein kleines Problem des Romans. Viel schwieriger verhält es sich mit der Verdichtung zum Ende, in der die Ereignisse zusammengezogen werden und sich in einer leicht überkonstruierten Gesamthandlung wiederfinden. Die Idee ist perfide und durchdacht, lässt einen Schlucken, nagt aber gewaltig an der Glaubwürdigkeit des Romans, unabhängig davon, dass dahinter ein wahres Szenario steckt. Es bleiben viele Fragezeichen übrig, bewusst für uns so gehalten, um dem Leser den Raum zu geben, seine eigene Meinung zu bilden. Er darf Antworten für sich selbst finden, ohne dass sie ihm aufgedrückt werden. Doch eine bleibt bestehen: Was hätte ich für Tess getan?

Fazit

 Mit "Ich bin Tess" greift Lottie Moggach ein brandheißes Eisen an: die Digitalisierung unseres Lebens und unser Umgang damit. Ein besonderer Roman mit tiefgreifender Thematik rund um den Tod und das Internet, der sich in seinem Szenario ein wenig verheddert. Lesenswert und brisant. Ein Roman, der auch nach dem Ende die Gedanken kreisen lässt.

Cover des Buches Meine Mutter schwebt im Weltall und Großmutter zieht Furchen (ISBN: 9783608939927)

Bewertung zu "Meine Mutter schwebt im Weltall und Großmutter zieht Furchen" von Franziska Wilhelm

Meine Mutter schwebt im Weltall und Großmutter zieht Furchen
Skyvor 10 Jahren
Kurzmeinung: Ein authentischer Roadmovie mit leichter Melancholie, Tiefgang und ohne Schwülstigkeit, dem man ein Lächeln schenken kann.
Die Kneipe der Selbstmörder

Die Kneipe der Selbstmörder

In Strottenheim ist nicht viel los, mal abgesehen davon, dass es als sehr beliebter Ort für Selbstmorde gilt. Und nicht selten trinken sie ihr letztes Bier in der Sportplatzkneipe, ganz in der nahe von den Gleisen, wo man sich wunderbar vor die nächste Bahn werfen kann. Sie gehört Rosana, die mit ihrer Schönheit und Charme schon so manchen Menschen vor der Klippe bewahrt hat. Und da ist noch Milla, ihre Tochter, die die Gäste bedient und überall anpackt, wo es in der Kneipe am Nötigsten ist Der Alltag verfolgt sie oft ereignislos und die einzigen Höhepunkte die sie erlebt, sind mit ihrem Onkel Jano. Mit ihm wettet sie um die armen Seelen, die Rosana nicht vor ihrer Todessehnsucht fern halten konnte. Doch ihr Verhältnis ist gerade in den Augen der Großmutter Luca viel zu intim geworden. Zu besonders erscheint ihr das und so verwundert sie es nicht, als Jano eines Tages abgehaut.
Denn Milla und Jano schleichen sich in eines der Häuser, nicht das erste Mal, und werden bei ihrer Aktion erwischt. Danach haut er ab und lässt sie allein zurück. Und wer hätte gedacht, dass gerade ein Selbstmörder sich mit ihr auf die Suche macht. Sie ist ihm gefolgt, als er sich vor dem Zug werfen wollte und hat ihn unfreiwlligerweise aufgehalten. Der Gute ist Paketfahrer und begibt sich gemeinsam mit Milla auf einen Roadtrip, der sie beide verändern wird, auf der Suche nach Jano.

Was Franzisksa Wilhelm uns da auftischt, ist kein üblicher Roadtrip, sondern einer mit teils skurrilen Momenten, viel Lebensnähe und den Wunsch sich selbst zu finden, die Freiheit zu bekommen, nach der man sich so sehr sehnt, ohne es vorher gewusst zu haben. Mit Milla hat sie eine Figur geschaffen, die sich selbst sucht und aus der Tristesse des Drofes herausbrechen will. Sie ist jung, sie will sich entfalten können, aus der Enge und dem kleinen Kreis des Hochhauses ausbrechen und sehnt sich nach besonderen Momenten. Dass dies gerade mit dem Paketfahrer passiert, der vor den Zug springen will, ist reiner Zufall und doch finden sie zusammen, auf ihre Art und Weise. Die Protagonistin erzählt mit ihrem trockenen Humor, ihrer eigenwilligen Art zu denken und ihren Sinn für spezielle Vergleiche, über die neue Freiheit in der DDR, fährt mit Kalle vorbei an Dörfern, die sich derselben Scheinheiligkeit hingeben, trifft Menschen, die durch ihre Eigenheiten sich dem Leser als Menschen präsentieren. Hier wird nicht ausgeschmückt, hier wird sich nicht in Worten verloren, hier wird Klartext geschrieben ohne großen literarischen Plattitüden und Satzmonstern.
Und immer wieder steht da die Frage, ob dass was sie suchen, auch wirklich das ist, was man wirklich will. Ist der Beweggrund der Richtige, will Jano überhaupt gefunden werden? Und was ist mit Kalle? Diese Empfindungen und Gefühle der Beiden machen sie zu unaufdringlichen Persönlichkeiten, so plastisch dargestellt, dass man in ihnen die Wärme spürt, die Zweifel in den Stirnfalten erkennt und sich die Bilder immer mehr in den Kopf schleichen, die wie einem Roadmovie durch den Schädel rasen.
Über allem schwebt dieser Hauch der Melancholie, die Last, die uns Menschen oft ergreift, wenn wir uns selbst verloren haben und neu zusammensuchen müssen, und man sich mit einem Galgenhumor über Wasser hält um nicht darin zu ertrinken. Manchmal gelingt den Leser ein Schmunzeln, wenn er über die Seiten schwebt.
Franzsiksa Wilhelm rutscht nicht einmal in das Fettnäpfchen der Klischees, wird nicht schwülstig und schreibt doch über die Suche nach dem Glück und der Liebe, so authentisch und unglaublich überraschend, dass man sich in der Geschichte verliert. Mit Tiefgang und emotionaler Nähe schafft sie uns den Zugang zu zwei Menschen auf der Flucht vor dem, was sie einmal waren, aber niemals sein wollten. Zwei Menschen, die sich den Stereotypen nicht anschließen wollen und gerade dadurch menschlich sind.
Nicht nur einmal wird man vom Verlauf der Dinge überrascht und oftmals hinterfragt man die Reaktionen der Beiden, um doch nickend sich einzugestehen, dass sie es nicht besser machen konnten. Sie steuern auf ihren Weg die ungewöhnlichsten Orte an, finden Worte und dann wieder nicht und landen schlussendlich in einem Ende, welches man nicht kommen sah, aber einem leise angedeutet wurde und hätte doch am liebsten den Weg der beiden noch weiter begleitet, egal in welche Richtungen sie auch immer sich bewegen werden.

Fazit

Franziska Wilhelms Debüt "Meine Mutter schwebt im Weltall und Großmutter zieht Furchen" ist eine unaufdringliche Geschichte, die Klischees gekonnt umschifft und mit zwei Persönlichkeiten aufwartet, die sich dem Stereotypen verweigern. Ein authentischer Roadmovie mit leichter Melancholie, Tiefgang und ohne Schwülstigkeit, dem man ein Lächeln schenken kann.

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