Bewertung zu "Der Erste, der am Ende stirbt" von Adam Silvera
In diesem Prequel zu dem von mir nur allzu sehr geliebten Am Ende sterben wir sowieso/They both die at the end entführt uns Adam Silvera zum allerersten Tag der Todesboten. Somit spielt die Handlung sechs Jahre vor jener des zuerst erschienenen Buches. Dies ermöglicht es uns, neuen Charakteren innerhalb weniger als 24 Stundne zu folgen. Zugleich ist die Geschichte nicht ganz so abgeschnitten von den späteren Ereignissen wie zuerst angenommen. Unverhoffte Wiedersehen haben mein Herz zugleich zum Weinen und Springen gebracht. Vor allem handelt dieser Roman jedoch von Orion und Valentino. Ähnlich wie Rufus und Mateo verbringen diese zwei jungen Männer nicht einmal einen ganzen Tag miteinander und lernen einander doch unglaublich tiefgründig kennen und… lieben. Adam ermöglicht es auch uns, innerhalb nur weniger erzählter Stunden einen tiefen Draht zu ihnen zu entwickeln. Am Ende des Romans sind sie für uns nicht nur Charaktere, sondern Freunde, sodass das Abschiednehmen schwer fällt.
Doch Valentino und Orion sind nicht die einzigen vielschichtigen und interessanten Charaktere. Obwohl mein Herz eindeutig vor allem ihnen und ihren Erlebnissen gehört, bietet uns Adam noch weitere Geschichten an. In den recht kurzen Kapiteln um bspw. Gloria schafft er es, ihr gesamtes Leben vor uns auszubreiten und dies nicht überwältigend oder unnötig erscheinen zu lassen. Schlussendlich ist ihre Geschichte mehr mit der unserer Protagonisten verknüpft als zuerst vermutet, obwohl wir ihr nur durch die Sie-Perspektive begegnen. Auch andere Figuren bieten uns einen Ausgleich zu den intensiven Gefühlen, die wir unweigerlich bezüglich der beiden jungen Protagonisten fühlen werden. Doch ihre Geschichten sind nicht weniger durchdacht und bewegend.
Besonders Joachin Rosa und seine Frau sind wiederkehrende Gesichter in diesem Roman. Aus ihrer Sicht blicken wir ein wenig mehr hinter die Kulissen der Todesboten und lernen auch bereits einen der Protagonisten des folgenden Bandes kennen. Zudem verkörpern sie ebenfalls einen der Foki dieses Romans, nämlich die Familie und ihre Vielfältigkeit. Alle Charaktere werden auf die ein oder andere Weise von ihren Eltern oder Geschwistern geprägt, weswegen die verschiedenen aufgezeigten Beziehungen ein faszinierendes Spannungsfeld aufbauen. In diesem nimmt der erlebte Abschiedstag noch einmal ganz neue Züge an. Ich habe es genossen, mit allen Figuren so verschieden über Familie und deren Bedeutung zu reflektieren. Zugleich sehen wir erneut, dass Familie nicht auf Blutsverwandtschaft beruhen muss.
Adam und auch die deutschen Übersetzerinnen haben mich durch die Seiten fliegen lassen. Da dies meine erste deutsche Übersetzung des Autors ist, hatte ich zuerst meine Schwierigkeiten, doch hundert Seiten an einem Tag waren bald kein Problem mehr. Die Kapitel sind zumeist eher kurz, erzählen aber bewegende Szenen und bauen dadurch noch mehr Spannung auf. Die verschiedenen Blickwinkel ermöglichen vielfältige Erlebnisse und kommen schlussendlich spannungsgeladen zusammen. Zwar erleben Valentino und Orion in diesen wenigen Stunden viel und nehmen uns mit zu besonderen Stellen in New York City, doch am bewegendsten bleiben ihre Dialoge. Adam schafft es, ihre Gespräche ganz natürlich fließen zu lassen und doch die bedrückende Situation zu übermitteln. Wir haben ungemein Spaß mit den Protagonisten und sind doch immer wieder den Tränen nahe, wenn wir uns der Prämisse des Buches entsinnen. Ein wahres, gekonntes Durcheinander der Gefühle.
Fazit
Ein weiteres emotionales und packendes Meisterwerk eines meiner liebsten Autoren. Innerhalb nicht einmal 24 Stunden lernen wir die Charaktere kennen und lieben und leiden schließlich mit ihnen. Erneut scherzt Adam nicht, wenn er den Tod seiner Charaktere klar ankündigt, doch wir schließen sie alle (und dieses Mal sind es wirklich viele Perspektiven) so fest ins Herz, dass wir entgegnen aller Vernunft und Erfahrung auf ein anderes Ende hoffen. Seine hoffnungsvolle Note büßt dieser emotionale Ausgang jedoch nicht ein.