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Sophrolaeliocattleya

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Cover des Buches Kafka am Strand (ISBN: 9783442733231)

Bewertung zu "Kafka am Strand" von Haruki Murakami

Kafka am Strand
Sophrolaeliocattleyavor 17 Jahren
Rezension zu "Kafka am Strand" von Haruki Murakami

Haruki Murakami veröffentlichte "Kafka am Strand" (der Titel des Originals lautet: "Umibe no Kafuka") 2002 zuerst in Japan, hier erschien das Buch am 02.03.2004 . Übersetzt wurde es von Ursula Gräfe direkt aus dem Japanischen. Einige seiner Werke wurden leider aus der amerikanischen Übersetzung ins Deutsche übertragen und verlieren dabei angeblich an Atmosphäre, beurteilen kann ich dies leider selbst nicht, da Japanisch nicht zu den von mir gelernten Fremdsprachen zählt. Ich würde aber viel dafür geben, einmal ein Buch von Murakami im Original schmökern zu können.

Beim Lesen wurde ich schon von den ersten Seiten an in eine Art Bann gezogen, es fiel mir sehr schwer, die 636 Seiten nicht in einer Nacht im wahrsten Sinne des Wortes zu verschlingen.

In mehreren unabhängig voneinander laufenden Handlungssträngen macht der Autor uns mit dem fünfzehnjährigen Jungen Kafka Tamura bekannt, der von zu Hause wegläuft. Er erzählt von einem mysteriösen Zwischenfall beim Pilze sammeln, der in direkter Verbindung zu einem altem Mann namens Nakata steht, der Katzen liebt und sogar mit ihnen sprechen kann. Außerdem gibt es da noch einen Whiskeyliebhaber namens Johnnie Walker, der aber rein gar nichts mit der Whiskeyfabrik in Schottland zu tun hat und der im Buch ein tragisches Ende findet.

Hoshino, ein Lastwagenfahrer, wird zu einem treuen Wegbegleiter Nakatas, der sich genau wie Kafka, die Hauptperson der Geschichte, auf der Flucht befindet. Ooberflächlich betrachtet ist er ein Mann, doch auch hinter dieser Romanfigur steckt weit mehr, als ich auf den ersten Blick vermutet hatte. Saeki-san existiert in der Geschichte als alte und als junge Frau, Kafka liebt sie, geistig und körperlich, obgleich er vermutet, dass sie seine Mutter ist. Sakura, eine junge Frau, die Kafka im Bus kennenlernt, hilft ihm, doch tragischerweise enttäuscht dieser sie sehr.

Die Besprechungen auf den Rückseiten von Murakamis Büchern klingen ähnlich verwirrend wie meine obenstehende Beschreibung der Ereignisse. Kurz gesagt, auch dieses Buch von ihm ist nicht mit gängigen Maßstäben messbar, und eine wirkliche Beschreibung der Geschehnisse ist nicht möglich, da der Autor Murakami Phantasie und Realität in unnachahmlicher Art vermischt. Er offenbart dem Leser Gefühlswelten in eindringlichen Bildern und jede Person ist vielschichtiger und komplexer, als es im ersten Moment des Lesens den Anschein hat.

Meine Lieblingsperson des Buches ist eindeutig Nakata. Ein Außenseiter der Gesellschaft, liebenswürdig, aber nicht der Hellste, wie er sogar selbst von sich sagt. In einer absolut beeindruckenden Szene des Buches wird die Grausamkeit jedes Krieges aufgezeigt, und zwar als die Person Johnnie Walker Nakatas "Freunde", die Katzen, bedroht. Mehr möchte ich hier an dieser Stelle nicht verraten, nur soviel, mir liefen beim Lesen dieser Passage eiskalte Schauer über den Rücken und selten wurde in der Literatur plastischer verdeutlicht was Krieg für einen Menschen tatsächlich bedeutet und wie jede Grenze die moralisches Handeln betrifft fast blitzartig verschwinden kann.

Einer Kollegin von mir, sie ist übrigens auch eine glühende Murakamiverehrerin, hat dagegen am besten die Entwicklung von Hoshino gefallen, der sich vom etwas zwielichtigen, orientierungslosen LKW-Fahrer zum feinsinnigen Musikliebhaber entwickelt und Nakata trotz der widrigen Umstände ein treuer und hilfreicher Weggefährte ist und gen Ende sogar zu einer Art Held mutiert.

Die eigentliche Hauptfigur, Kafka, der regelmäßig ins Fitnessstudio geht, in einer kleinen Bibliothek wohnt, der wenig Freu(n)de hat, und sich in Saeki-San verliebt, ist mir als Figur fremd geblieben, ich konnte mich wohl wenig mit dem Pubertierenden identifizieren. Trotzdem wurde er sehr genau und eindringlich beschrieben, in meinen Lieblingsstellen des Buches spielt er aber nie eine große Rolle. In der Liebesgeschichte mit Saeki-san betont Murakami besonders die erotische Komponente zwischen beiden ausführlich, doch fand ich die Darstellungen nie pornographisch und billig, sondern durchaus ansprechend.

Das Buch steckt voller Wahrheiten über das Leben und voller Symbolik, die Fluchten, die die Hauptpersonen unternehmen, sind Reisen in die eigene Seele, gleichzeitig ist die Geschichte aber auch durchaus unterhaltsam und spannend, so dass nie Langeweile aufkommt. Der Autor ist ein Meister der Worte, der Erzählstil absolut faszinierend, denn Murakami benutzt eine einfache, leicht verständliche und klare Sprache, um Philosophie, Poesie und Weisheit angenehm leicht zu verpacken und zu transportieren. Er sagt von sich selbst, "Kafka am Strand" wäre sein bestes Buch, mein absoluter Favorit von ihm ist zwar Mr. Aufziehvogel, aber auch "Kafka am Strand" ist ein wundervolles Meisterwerk und 24,90 Euro sind für den Kauf dieses Buch mehr als gut angelegt, vor allem, wie man das Buch immer wieder lesen kann und man trotzdem niemals ganz verstehen wird.

Der folgende Text ist ein Lied, dass in der Geschichte eine wichtige Rolle spielt und letztendlich dem Buch auch den Titel gibt

Kafka am Strand

Wenn du am Rande der Welt stehst,
bin ich in einem toten Vulkan.
Im Schatten der Tür stehen
Worte, die ihre Zeichen verloren.

Schlafende Eidechsen im Mondschein,
vom Himmel ein Regen kleiner Fische
Draußen vor dem Fenster stehn Soldaten,
die Herzen gehärtet.

Auf einem Stuhl am Strand sitzt Kafka
Und denkt das Pendel, das die Welt bewegt.

Wenn der Kreis des Herzens sich schließt,
wird der Schatten der erstarrten Sphinx
zum Messer und durchbohrt deinen Traum.

Die Finger des ertrunkenen Mädchens
betasten den Stein am Eingang.
Sie hebt den Saum ihres blauen Kleides
und sieht Kafka am Strand.

Dreimal höre ich mir die Platte an. Zuerst frage ich mich sogar, warum eine Melodie mit einem solchen Text zu einem so großen Hit wurde, dass über eine Million Platten verkauft wurden. ...

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