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SotsiaalneKeskkond

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Cover des Buches Melodie des Südens. (ISBN: 9783868001259)

Bewertung zu "Melodie des Südens." von Gretchen Craig

Melodie des Südens.
SotsiaalneKeskkondvor 7 Tagen
Kurzmeinung: Liest sich wie ein Buch, das Melodie des Südens heißt.
Bussi links, Bussi rechts, wir sind mit allen gut

Louisiana im Frühling 1860: Marianne Johnson lebt ein behütetes und selbstbewusstes Leben auf der Plantage ihres Vaters. Sie ist Nutznießerin der Sklaverei, und gleichzeitig herrscht bei ihr das Bewusstsein über die unmenschlichen Missstände, auf denen der Süden aufgebaut ist. Auf der anderen Seite des Flusses lebt die Familie von Yves, intelligent und gutaussehend. Und auch er ist kein Freund der Sklaverei. Zwischen den beiden eintkeimt eine Liebe und sie beginnen gemeinsam Abenteuer zu bestehen. 

Ab und zu wage ich mich in das doch recht spezielle Genre des Südstaatenromanes auf der Suche nach Büchern, die Alltag und Gesellschaft des Antebellum wiederspiegeln, sowohl in ihren positiven, als auch in ihren negativen Facetten. Unterhaltung gepaart mit großartigen Ambiente und dazu noch Bezug auf die damaligen politischen und gesellschaftsrelevanten Themen wäre eine perfekte Mischung. Meine Erwartungen waren offen gestanden recht durchwachsen. Denn der Name der Autorin mutet ein wenig so an, als würde sich dahinter eine us-amerikanische Großmutter aus dem Wohlfahrtsverein verbergen und auch der Buchtitel ließen mich so manches befürchten. 

Wie dem auch sei, der Anfang konnte mich dann doch recht positiv abholen. Marianne ist gebildet und sich der Menschenrechtsverletzungen des Südens durchaus bewusst und versucht diesen auf bescheidene Art und Weiße entgegenzusteuern. Sie kennt sich aus mit Rosenzucht und auch auf dem Thema der ambulanten Versorgung von Verletzungen ist sich recht begabt und nicht ohne vorwissen. Für mich war auf längere Sicht dennoch notwendig zu erfahren, wie Marianne zu ihren politischen Ansichten gekommen ist, die doch so konträr zu denjenigen der Gesellschaftsschicht sind, in der sie sich bewegt. Das gleiche gilt auch für Yves, der immer wieder Texte für eine Abolitionistische Zeitung verfasst. Leider ist die Autorin uns diese Antwort bis zum Ende schuldig geblieben. Man erfärht zwar, dass die beiden im Laufe ihres Lebens Zeit in den Nordstaaten verbracht hatten, und dort mit dem aufgeklärten Wissen in Berührung gekommen waren. Doch es ist mir wirklich schwer gefallen, dass es diese geistige Umstellung so einfach von statten geht, und diese dann auch noch von den Familienmitgliedern einfach so hingenommen wird, und sie niemals in Konflikt mit den anderen Nutznießern der Sklaverei geraten. Darüber hinaus hat mir bei den beiden ein wenig die emotionale Tiefe gefehlt. Zwar ist die Liebesgeschichte zwischen den beiden recht angenehm zu verfolgen, allerdings hätte ich gerne öfters einen Blick in die Köpfe der beiden geworfen, um deren Gefühlswelt besser mitzubekommen. Die ganzen Nebencharaktere verschwimmen leider zu einen namen- und formlosen Brei, sodass man die Hälfte davon getrost weglassen hätte können. 

Die angesprochene Logiklücke der gesellschaftlichen Sozialisierung ist leider nicht die einzige. Der Hauptgrund, warum es mit dem Buch für mich nach den ersten 150 Seiten bergabging, ist, dass manchmal der Bezug zur Realität verloren gegangen ist. So steht am Klappentext beispielsweise, dass Marianne Teil der Underground Railroad ist, was sie allerdings nicht ist. Zwar kommt diese in der Geschichte vor und Marianne kommt mit dem Netzwerk sehr intensiv in Berührung. Allerdings beschreibt die Autorin diese Szenen so weltfremd und naiv, dass es mir schon ganz anders wurde. Sie wird ohne Probleme in die Geheimnisse eingeweiht und jeder ist mir jedem auf Bussi links, Bussi rechts. Von der Geheimhaltung der einzelnen Mitglieder des Netzwerkes untereinander ist null komma nichts zu spühren. 

Neben der Liebe zwischen Yves und Marianne sind die Abenteuer, die die beiden durchmachen, das zweite Steckenpferd des Buches. So jagt im Mittelteil ein Ereignis das nächste. So knapp, dass die Autorin sich dabei mehr als einmal vergaloppiert. Wir verlieren einmal jeglichen Bezug zu Zeit und Raum und einmal tauchen Protagonisten auf, die eigentlich am engegengesetzen Ende des Universums sein müssten. 

Von dem erhofften Eintauchen in gesellschaftliche Ereignisse und der Dekadenz der Oberschicht, der Tanz am Vullkan vor den Wahlen im November 1860, davon bekommt man leider recht wenig mit. Und auch sprachlich konnte das Buch nicht sehr viel hermachen. Wenig atmosphärisch, war die Wortwahl oft zu modern für das 19. Jahrhundert. 

Leider eine Enttäuschung auf so vielen Ebenen, auch wenn das Buch einigermaßen Vielversprechend angefangen hatte.

Cover des Buches Am Himmel (ISBN: 9783895611377)

Bewertung zu "Am Himmel" von Anna-Elisabeth Mayer

Am Himmel
SotsiaalneKeskkondvor 10 Tagen
Kurzmeinung: emotional mitreißende Geschichte mit gewöhnungsbedürftigem Stil
Spektakulär!

Johann von Sothen ist eine schillernde Persönlichkeit Wiens. Mit Spenden und Großzügigkeiten sichert er sich die Gunst und das Ansehen der Gesellschaft. Doch ebenso wie für seine Großzügigkeit ist er auch verrufen für seinen unbarmherzigen Geiz gegenüber seinen eigenen Angestellten. Unter ihnen auch der Förstermeister Hüttler, der zusammen mit seiner Lebensgefährtin und seinen unehelichen Kindern auf dem Gut der Sothens lebt. So lange werden diese von ihm drangsaliert, bis es eines Tages knallt. 


Das Buch verarbeitet die realen Ereignisse rund um die Ermordung Sothens und den nachvollgenden Prozess. Dabei versucht sie sich eines recht anspruchvollen sprachlichen Stils zu bedienen, was das Wording des Textes manchmal ein wenig holprig und zu gestelzt wirken lässt. Stilistisch geprägt ist das Buch durch beständige Perspektivwechsel zwischen den einzelnen Figuren, die allerdings kaum von einander getrennt So ist der Einstieg in die Geschichte ein wenig schwer, schnell gewöhnt man sich jedoch sehr schnell an das Hin und Her. Ein Vorteil der satändigen Perspektivwechsel ist es aber, dass wir einerseits die unterschiedlichen Perspektiven zu lesen bekommen, und andererseits wir dadurch die Protagonist:innen sehr nahe kennenlernen. Dies sowhol im positiven, wie auch im negativen. Gerade das Ehepaar Sothen macht sich durch sein menschenverachtendes Verhalten bei der Leserschaft wohl kaum beliebt. Interessant ist es dabei auch zu verfolgen, wie die restliche Angestelltenschaft damit umgeht, dass die Herrschaft versucht, sie gegen den Hüttler aufzuhetzen. Auf besonders intensive Art und Weiße verfolgen wir die Diskriminierung und pyschische Misshandlung des Hüttlers und seiner Lebensgefährtin. Beim Lesen steigert man sich mehr und mehr in die Hoffnung, dass Sothen und seine Frau ebenso Verachtung und Entmenschlichung erfahren würden, wie sie es bei ihren Angestellten tun. 


Das Buch bietet einen interessanten Einblick in einen historischen Vorfall und vermag es vor allem auf selten intensive Art und Weise das Gemüt zu erregen.

Cover des Buches Die Tochter des Würfelspielers (ISBN: 9783499246302)

Bewertung zu "Die Tochter des Würfelspielers" von Tiana Faber

Die Tochter des Würfelspielers
SotsiaalneKeskkondvor 13 Tagen
Kurzmeinung: naive Protagonistin, teilweise Logiklücken; dennoch spannend und unterhaltsam
ein bisschen zwiegespalten

Prag unmittelbar vor dem Fenstersturz: Die junge Karola Kusenius ist fest davon überzeugt, ihr Vater sei ein anständiger Mensch. Doch plötzlich steht ein fremder Mann bei ihr vor der Türe, der behauptet, er habe das gesamte Vermögen ihres Vaters und auch sie beim Würfelspiel von ihm gewonnen. Dementsprechend will dieser Mann, Christoph Sahrenburg, sie zu seiner Frau nehmen, verliert jedoch sehr schnell das Interesse an ihr. Da tritt dessen Bruder Matthias auf den Plan, der Karola anstatt von Christoph zur Frau nehmen möchte. Doch den beiden stehen nicht nur Krieg und Konfessionsstreitigkeiten im Weg, der Hauptfeind ist Matthias' intrigante Stiefmutter. 

Ich war in Stimmung für Prag, Intriegen, Liebe und den Dreißigjährigen Krieg als Setting. Überraschend schnell habe ich dann in die Geschichte hineingefunden. Es geht sehr früh recht spannend los und die Spannung kann das ganze Buch über eigentlich aufrecht erhalten bleiben. Karola kommt immer wieder in neue Gefahrensituationen und auch Schauplatzbedingt ist sehr viel Potential geboten. Dieses nutzt die Autorin zwar nicht volkommen aus, erzeugt dennoch einen Roman, der mich Unterhalten konnte. Sprachlich gesehen ist das Buch recht durchschnittlich, nicht schlecht, habe aber definitiv schon andere Bücher gelesen, in denen der Schreibtsil ein Eigenleben entwickelt. Ein bedeutsamer Kritikpunkt wäre hierbei, dass die Autorin den Wahrnehmungs- und Handlungsbereich der Protagonist:innen sehr stark beschränkt. Wir lernen zwar mehrere Plätze Prags kennen, verbleiben jedoch ohne ausführlichere Beschreibungen, sodass die Stadt insgesamt nicht sonderlich atmosphärisch herüberkommt. Auch haben wir eine Einheit des Schauplatzes. Wir verlassen beim Lesen niemals die Stadt Prag, auch wenn es durch Verfolgen anderer potentieller Handlungsstränge oder aber auch Neuschaffung solcher, sehr viel Potential für weitere Spannung gegeben hätte. 

Diese eingeschränkte Wahrnehmung des Buches wird auch dadurch deutlich, dass das Buch einen wirklichen Mangel an lebenden Personen aufweist. Karola und auch die anderen Nebenfiguren scheinen kaum mit irgendjemand anderes aus der Stadt in engerem Kontakt stehen und bleiben auf sehr abgekapselte Weise unter sich. Und auch hinsichtlich des Setting-Buildings fehlen Figuren, die einfach nur da sind, und die Rolle von Statist:innen einnehmen. Sehr stark fällt das auf, dass man zwar bei den Sahrenburgs in einem hochherrschaftlichen Palais verkehrt, dort aber nur 2 oder 3 mal jemanden aus der Dienerschaft sieht. 

Hinsichtlich der Protagonisten muss man sagen, dass die Konstellation zu einander recht einfach ist. Wer am Beginn des Buches gut war, ist es am Ende immer noch und Schurken bleiben das ganze Buch über konstant gleich böse und hinterhältig. Dennoch finde ich es schon einmal gut, dass zumindest mit Maria von Sahrenburg auf nachhaltiger Basis die Motive für ihr Handeln erklärt werden und wir auch mehr über deren Hintergrundgeschichte erfahren. Wir müssen uns also nicht mit der banalen Tatsache zufriedengeben, dass jemand böse ist, weil er es schon immer war. Karola Kusenius ist dann allerdings leider ein gewisser Härtefall. Sie ist naiv, fürht sich manchmal grenzdämlich auf hat das Glück, dass es andere gibt, die für sie das logische Denken übernehmen und sie so vor Gefahren bewahren. Das hat es mir ein wenig schwer gemacht, mich mit ihr anzufreunden und Sympathien für sie zu entwickeln. Dezent problematisch, wenn einen die Hauptfigur kalt lässt.

Insgesamt weißt das Buch immer wieder Logiklücken auf, die zwar auffallen, allerdings kaum die Haupthandlung betreffen und so diese nachhaltig beeinflussen oder schädigen. Dennoch lässt es beim Lesen innehalten und ein bisschen an der Autorin zweifeln. Ein Beispiel wäre, dass Karola krankheitsbedingt den Haushalt des Palais Sahrenburg übernehmen muss. Funktioniert alles top, und sie muss auch nie Rücksprache mit jemandem aus dem Personal halten. Meiner Meinung nach kaum möglich und dementsprechend wenig authentisch, dass man von jetzt auf gleich einen so großen Haushalt zu versorgen weis. 

Zu den historischen Hintergründen und der Einbettung in diese lässt sich sagen, dass die Autorin sich jetzt keine übertriebene Mühe gegeben hat, diese besonders intensiv aufzubereiten und möglichst viel historischen Input miteinfließen zu lassen. In Grundzügen bekommen wir den Beginn des Dreißigjährigen Krieges mit und es wird auch versucht, die Grundstimmung in der Stadt vor und nach dem Fenstersturz zu vermitteln, was allerdings ein wenig an den mangelnden atmosphärischen Fähigkeiten der Autorin scheitert. Der Bezug zur Historie ist da, und es ist kein Buch, dessen Geschichte sich beliebig in Zeit und Raum verschieben lässt, und dann immer noch ohne große Änderungen funktionieren würde. 

Insgesamt gibt es sehr viel zum kritisieren, und auch wenn die von mir erläuterten negativen Aspekte sehr viel Raum einnehmen, ist zu sagen, dass sich diese beim Gesamterlebnis in Grenzen halten. Das Buch hat definitiv Spaß gemacht, ist aber eindeutig kein Must-Read.

Cover des Buches Die Verschwörung des Fiesco zu Genua (ISBN: 9783150142868)

Bewertung zu "Die Verschwörung des Fiesco zu Genua" von Friedrich Schiller

Die Verschwörung des Fiesco zu Genua
SotsiaalneKeskkondvor 17 Tagen
Kurzmeinung: Top!
ein republikanisches Trauerspiel

Der Schauplatz: Genua 1574; Der achtzigjährige Doge Andrea Doria regiert mit der Unterstützung seines eitlen und machtgierigen Neffen Gianettino. Doch im Volk und dem Adel erfreut er sich keiner großen Beliebtheit. Und so bildet sich eine Gruppe von Verschwörern unter der Herrschaft des Grafen Fiesco. Mit diesem jungen Mann hat sich für das Stück ein ebenso edler, wie auch undurchschaubarer Held gefunden. 

Die Geschichte basiert im Großen und Ganzen auf realen Ereignissen, was ich vor dem Lesen des Stückes allerdings nicht gewusst habe. Wie dem auch sei, die Verschwörung gibt dem Werk sehr schnell sehr viel Wind in die Segel. Wir verfolgen gar nicht mehr, was die Gründe für die Bildung der Verschwörergruppe sind, und wie sich diese Gebildet hat. Sondern es geht gleich los mit dem Ränkespiel, wie der Umsturz gelingen soll, und welche Rolle dabei die einzelnen Akteure und das Volk Genuas spielen soll. Gut gefallen hat mir dabei, dass die Verschwörergruppe nicht als einheitliche Gruppe gestaltet ist, sondern in sich selbst sehr dynamisch ist. Jeder hat unterschiedliche Motive und jeder nutzt den anderen ein bisschen aus. Und auch der Charakter des Fiesco ist für die Leserschaft sehr detail- und facettenreich gestaltet. Es macht richtig Spaß, ihm beim Vorantreiben seiner Pläne zu verfolgen. Oft tut er Dinge, die einem plump erscheinen, nicht zu seiner Intelligenz passen, doch im Endeffekt stellt sich heraus, dass man beim Lesen ebenso wie die anderen Charaktere an der Nase herumgeführt wurden. Und auch wenn Fiesco manchesmal Dinge sagt und tut, die mit unserem heutigen Verständis von Demokratie und Menschenwürde nicht mehr vereinbar sind, so ist er dennoch ein selten herzerwärmender Mensch. 

Im Übrigen finden sich in dem Werk auch heute noch interessante Denkanstöße zur Funktionalität der Demokratie. Lustig ist auch, dass sich sowohl Passagen finden, die als Ablehnung diese gedeutet werden könnten, dennoch diese im Endeffekt als Idee über die Alleinherrschaft des Fiescos zu triumphieren scheint. 

Schiller ist wie immer absolut Lesenswert, auch wenn man fernab der Standardwerke unterwegs ist. Und so würde ich behaupten, dass dieser Roman bisher mein Liebster von ihm ist.

Cover des Buches Hamlet (ISBN: 9783150000311)

Bewertung zu "Hamlet" von William Shakespeare

Hamlet
SotsiaalneKeskkondvor 17 Tagen
Kurzmeinung: Gibt besseres von Shakespeare; gerade in der Mitte recht zäh
Gute Besserung

Die Geschichte rund um den dänischen Königssohn, der auf der Suche nach Rache von der eigenen seelischen Unruhe umgetrieben wird, ist wohl jedem ein Begriff. Shakespeares Dramen haben mir bisher immer recht gut gefallen, und so war ich neugierig, mehr über den weltberühmten Hamlet zu erfahren. 


Der Start in die geschichte gelang auch relativ reibungslos, wir sind im ersten Akt und wir bekommen sogleich die Grundlage für eine spannende Geschichte geboten. Schnell musste ich aber merken, dass sich die Geschichte immer mehr in ewigen Monologen Hamlets verliert, die zwar durchaus dessen Seelenqualen und Zweifel darstellen sollen, dennoch wird sehr viel Tempo dadurch herausgenommen. Auch wird sehr viel Potential damit verschwendet, dass Leute mit ihren Handlungen durch die Handlung schweben, ohne von tieferer Relevanz für Hamlets Charakterentiwcklung oder die gesamte Geschichte zu sein. Ein Beispiel dafür ist wohl Fortinbras, der Prinz von Norwegen, der so random in der Geschichte aufgetaucht war, dass ich ihn am Ende des Stückes, als er wieder vorbeischaute, schon wieder komplett vergessen hatte und neu kontextualisieren musste.


Schlussendlich kann Hamlet nicht mit Macbeth oder Othello mithalten, was Strukturiertheit, Spannung und Plot anbelangt. Schade, doch Shakespeare hat noch genug andere Werke, an denen ich mich erfreuen kann.

Cover des Buches Flammen des Himmels (ISBN: 9783426663806)

Bewertung zu "Flammen des Himmels" von Iny Lorentz

Flammen des Himmels
SotsiaalneKeskkondvor 23 Tagen
Kurzmeinung: hat mi net so zaht
ein schwaches Buch von Iny Lorentz

Es ist die Zeit der anbrechenden Reformation. Die Familie der jungen Frauke gehört zur verbotenen Sekte der Täufer. Als der blutrünstige Inquisitor Jacobus von Gewardsborn in die Stadt kommt wird es für die Familie nur noch gefährlicher. Vor allem sind die lutherischen Bewohner der Stadt froh darum, jemanden dem Inquisitor ausliefern zu könne, um nicht selbst in das Fadenkreuz der Ermittlungen zu gelangen. Als die Familie droht auf dem Scheiterhaufen zu landen, gelingt gerade noch die Flucht durch die Unterstützung des jungen Lothar, eines Reisegefährten des Bischofs, dem jedoch dessen unmenschliches Handeln sehr zuwieder ist. Doch als die Stadt Münster zum Zentrum der Täuferbewegung wird, finden die beiden sich schnell auf unterschiedlichen Seiten wieder. 

Das Thema Reformation allgemein gibt viel guten Stoff für historische Romane her, und die Täuferbewegung interessiert mich sehr. Zwar haben die Bücher von Iny Lorentz für mich so ihre Macken, dennoch waren sie bislang immer ein Garant für Unterhaltung. Und so habe ich zu diesem Buch gegriffen, in der Hoffnung auf eine einigermaßen spannende Geschichte mit den üblichen Iny-Lorentz-Mängeln.

Sprachlich konnte mich das Paar wie in den letzten Romanen, die ich gelesen habe auch schon, nicht gerade überzeugen. ZU einfach, zu kindlich, zu konstruierte Dialoge. Gut geeignet für diejenigen, die in das Genre einsteigen wollen, für mich als Erfahrenen Leser nicht mehr das Wahre und so einfach ziemlich befremdlich und nervig. Doch man kommt gut durch die Geschichte. Auf die Lesestimmung drückt auch, dass wir wieder nur sehr einfach gestrickte Figuren vorgesetzt bekommen. Eine typische Kategorisierung in Gut und Böse und schwache Charakterzeichnungen selbst bei den Hauptfiguren Frauke und Lothar machen es sehr schwer, Gefühle für diese aufzubringen und beim Lesen mitzufiebern. Nichts was wir von anderen Büchern des Autorenpaares nicht schon kennen würden, und auch das übliche Problem, dass die Hauptfiguren des Buches wieder sehr ähnlich gestrickt sind, wie die in anderen Büchern der beiden, usw.. Auch die üblichen Cringe-Momente haben nicht gefehlt, absurde Situationen, die so unreal erscheinen, dass man sich nur an den Kopf fässt.

Somit nichts neues und alles Kritikpunkte, die mir vorm Lesebeginn schon klar waren. Allerdings stellte sich der Roman beim Lesen unterhaltungstechnisch als sehr schwach heraus. Gerade im Mittelteil, in dem die Machtübernahme Münsters durch die Täufer und die Vertreibung der alteingesessenen Bevölkerung stattfindet, zieht sich die Geschichte extrem dahin. Wir beglieten die Figuren durch ihren Tag, erfahren hier ein bisschen über die Grausamkeiten und dort ein wenig über die an und für sich sehr interessanten historischen Ereignisse. Zischendurch musste ich das Buch für circa einen Monat pausieren, weil mir wirklich die Lust fehlte, mich mit Frauke auseinanderzusetzen und weiterzulesen. Mitunter für die aufkommende Langeweile verantwortlich ist sicherlich auch, dass Frauke und Lothar Charaktere ohne sonderliche empatische und emotionale Fähigkeiten sind. 

Einfach ein Buch, der neben den üblichen Mängeln eines Iny-Lorentz-Standardromans auch noch durch grässliche Langeweile besticht. Zwar befinden wir unds räumlich gesehen mitten im Zentrum der Geschehnisse, dennoch wäre die Geschichte nicht minder fade gwesen, wenn das Setting sich mitten in einem abgeschiedenen Wald befunden hätte. Enttäuschend!

Cover des Buches Die Lüge (ISBN: 9783455015416)

Bewertung zu "Die Lüge" von Mikita Franko

Die Lüge
SotsiaalneKeskkondvor 25 Tagen
Kurzmeinung: emotionale Geschichte, die einen immer wieder an der Menschheit zweifeln lässt
russisches Coming of Age

Mit fünf Jahren kommt Mikita zu seinem Onkel Slawa. Nach dem Tod seiner leiblichen Mutter wächst er fortan bei ihm und dessen Lebensgefährten Lew auf. Zusammen geht die Familie durch turbulente Zeiten, immer in der Angst vor den gesellschaftlichen Konsequenzen, wenn jemand herausfindet, dass Mikita zwei Papas hat. Das ewige Versteckspiel und Lügen, Aufpassen, was man in der Schule erzählt, drückt Mikita zunehmend auf die Seele und er steht immer wieder kurz davor, psychisch zu zerbrechen. Scheinbar zu allem Überfluss hegt er immer mehr den Verdacht, dass er ebenso wie seine Väter sich zum gleichen Geschlcht hingezogen fühlt. Ist er damit nicht genau das, wovor die konserbvative Propaganda nicht immer gewarnt hatte? 


Mit seinem Schreibstil konnte mich der Autor sehr schnell fesseln. Durch den Ich-Erzähler nimmt die Story schnell an Fahr auf und gefühlvolle Momente jeder Art werden besonders emotional dargestellt. Auch wird dadurch der autofiktionale Charakter des Buches sher deutlich unterstrichen und die Geschichte auch insgesamt nachfühlbarer, intensiver und greifbarer.


Der Buchtitel ist meiner Meinung nach etwas irreführend. Klar muss die Wahrheit gewissen Menschen gegenüber verdeckt werden, und dazu gehört auch Lügen, doch die eine große Lüge in Mikitas Leben gibt es nicht. Auch nimmt das sich Verstellen vor der Gesellschaft auch nicht einen sonderlich dominanten Part in der Geschichte ein, sondern ist vielmehr unabdingbarer Teil einer Coming-of-Age-Story. Und genau das ist es, was mir an dem Buch so gut gefallen hat. Es geht nicht nur rein darum, wie sich die queere Familie gegen Normen von Staat und Gesellschaft durchsetzen muss, um das eigene Glück leben zu können. Viel mehr ist das der Rahmen, in dem die gesamte Entwicklung Mikitas stattfindet. Probleme des Heranwachsens, die sich nicht nur darauf beziehen zu verstekcen, dass man zwei Väter hat. Besonders berührend empfinde ich dabei die Selbstzweifel und die Wut und Scham gegenüber seiner Eltern, die Mikita im Laufe des Älterwerdens empfindet, weil diese sich eben nicht in die wenigen Schubladen der russischen Akzeptanz zwängen lassen. Kurzum Mikita wird durch die Schule und die wiedersinnigen Ansichten der dort verkehrenden Menschen homophob. Dabei stellen die Kinderjahre Mikitas wunderbar dar, wie gehaltlos Homophobie doch eigentlich ist. 


Mit dem Ende kommt auch der Teil des Buches, in dem Mikita mit seinen eigenen homoerotischen Neigungen einen Kampf ausfechten muss. Allerdings kam es mir beim Lesen dann doch teilweise so vor, als würde sich der Autor zu wenig Zeit nehmen, versuchen Mikitas Gefühlswelt uns stark aufgedrüselt zu präsentieren, wie es noch bei den vorherigen Teilen des Buches der Fall war. Jedenfalls fehlt mir ein wenig das warum und woher. Für mich persönlich und plötzlich muss Mikita sich plötzlich beweisen, was an seinem Interesse dran ist. Der Autor hätte sich hier definitiv ein wenig mehr Zeit nehmen müssen, um den Roman zu einem runden Ende verhelfen zu können. 


Dennoch kann ich das Buch nur jedem ans Herz legen, alleine wegen dem emotionalen und greifbaren sprachlichen Stil, der eine wirklich tiefgehende Erfahrung ist. Das Buch wird mir mit vielen Annektoten und Gefühlen noch lange in Erinnerung bleiben.

Cover des Buches James (ISBN: 9783446279483)

Bewertung zu "James" von Percival Everett

James
SotsiaalneKeskkondvor einem Monat
Kurzmeinung: kurzatmig und rasant, vermag es dennoch einen ständig zum Innehalten und Nachdenken anzuregen
jugendlich anmutender Abenteuerroman mit bewegender Tiefe

Hannibal, eine Kleinstadt am Ufer des mächtigen Mississippi: hier verbringt Jim seine Tage, verstellt sich, spielt eine Rolle, die nur diejenigen durchschauen, die ebenfalls eine Rolle spielen. Denn er ist nicht dumm, sondern ein dunkelhäutiger Sklave. Und so ist es für sein eigenes Wohlergehen das beste, wenn er die Weißen glauben lässt, er sei, ungebildet, dumm, einfältig und einfach nicht so viel wert, wie sie selbst. Doch als er erfährt, dass er den Fluss hinab verkauft werden, von seiner Frau und seiner Tochter getrennt werden soll, nimmt er sein Schicksal selbst in die Hand. Er wagt die Flucht. Und von nun an erlebt er mit seinem jungen Freund Huck ein Abenteuer auf dem großen Strom nach dem anderen, immer kurz davor entdeckt oder getötet zu werden. 

Auch wenn ich das Standardwerk Mark Twains noch nicht gelesen habe, wollte ich mich dennoch an diese Adaption, bzw. an diese Erweiterung des Tom Sawyer und Huckleberry Finn - Kosmos heranwagen. Und ich bereue es keineswegs, das Buch gelesen zu haben. Von Anfang an entwickelt der Schreibstil eine Sogwirkung, vor allem, da dieser recht Dialoglastig ist, und wir sehr viel Inhalt durch Gespräche, aber auch die Wahrnehmung von Jim, der unser Ich-Erzähler ist. Und so ist unsere Wahrnehmung einerseits sehr eingeschränkt, auf der anderen Seite liegt der Fokus wirklich nur auf den Geschehnissen und so entsteht dieses rasante Tempo eines jugendlich anmutenden Abenteuerromans. Dennoch hatte ich in der ersten Hälfgte des Romans zeitweise meine Probleme damit, dass man sich komplett in Zeit und Raum verliert. Auch werden manche Ereignisse für meinen persönlichen Geschmack etwas zu rasch abgehandelt. Bedingt durch die Erzählperspektive und die eingeschränkte Wahrnehmung, ist dies allerdings unabdingbar für die Geschichte und dementsprechend leicht verzeihbar. 

Eine Besonderheit ist, dass viele der Dialoge versuchen, die Umgangssprache der Versklavten nachzustellen, mit der sich diese von der weißen Herrenrasse versuchten abzugrenzen. Gut gelungen, da sich nach einer kurzen Einstellungsühase sich diese Textstellen sehr flüssig lesen lassen, authentisch wohl kaum, da es immer einer Meisterleistung bedarf, dialektale Eigenheiten in einer anderen Sprache wiederzugeben. Wie dem auch sie, Gefühl und Botschaft, dass Sprache einerseits Gemeinschaft schafft, andererseits auch ausgrenzt und an Narrative verknüpft ist, werden uneingeschränkt vermittelt. 

Hinsichtlich der Figuren lässt sich sagen, dass einem vor allem die Hauptfigur sehr stark ans Herz wächst. Er ist das zentrum der Geschichte. Wir erfahren seine gedanken, seine Geschichte, seine Gefühle, durchleben mit ihm die Abenteuer und Gefahren. Die anderen, wie Huck sind nur Wegbegleiter, die kommen und gehen, oder bleiben. Doch Jim wird zu einem komplexen Kosmos der Gefühle, so nachvollziehbar, dass selbst Taten und Entscheidungen, die man unter objektiver Betrachtung als moralisch verwerflich oder gar falsch ansehen müsste, beim Lesen nicht angezweifelt werden. 

Kurzum, ein Buch, das fesselt, kindliche Begeisterungsstürme für Schaufelraddampfer und Flussabenteuer lostritt, auch wenn es mir manchmal schon zu rasant vorbeizog. Die Botschaft über die Dummheit und Grausamkeit des Menschen bleibt dennoch klar und unverwaschen erhalten.

Cover des Buches Schwert und Lilie (ISBN: 9783548285665)

Bewertung zu "Schwert und Lilie" von Marion Henneberg

Schwert und Lilie
SotsiaalneKeskkondvor einem Monat
Kurzmeinung: hat mich gelangweilt
leider kein guter historischer Roman

Wer auch immer das ließt, die Rezi ist höchstwahrscheinlich nicht spoilerfrei, aber ich muss mir grad einfach die Seele aus dem Leib reiern.



Mit Abt Fingerhut steht das Fuldaer Kloster unter der Hand eines expansionsbestrebten und furchtlosen Mannes. Sehr zum Unwillen der adeligen Nachbarschaft gerät so immer mehr Land unter deren Kontrolle. So auch Burg Wartenberg, auf der die junge Lukardis aufgewachsen ist. Um den Status ihrer Familie zu wahren, geht sie eine Vernuftehe mit dem Ritter Hermann von Ebersberg ein. Doch dieser entpuppt sich schnell als grausam. Lukardis steht eine triste Zukunft bevor. Doch mit der Zeit kommt Lukardis dahinter, dass ihr Gatte in dunkle Machenschaften verwickelt ist. 

Nachdem ich im letzten Monat Blut und Seide von Marita Spang gelesen hatte, war ich nun in Stimmung für einen weiteren Roman aus der deutschen Ritterzeit und so habe ich beschlossen, dieses Buch zu lesen, dass schon länger auf meinem SuB gelegen hat. Sehr zum Unglück für Marion Henneberg muss man dabei sagen, da Blut und Seide für mich ein absolutes Highlight gewesen war, und ich nun unweigerlich durch die thematischen Überschneidungen die beiden Bücher miteinander verglich. 

So kommen wir zunächst zum sprachlichen Stil des Buches. Unaufgeregt und kaum anspruchsvoll, dennoch gut zu lesen. So lautet mein Urteil. Man kommt angenehm locker durch die Geschichte, vermag es aber nicht besonders in diese einzutauchen. Atmosphäre kommt kaum auf. Ab und zu musste ich beim Lesen auch innehalten, weil scheinbar selbstverständliche Dinge nocheinmal extra erklärt wurden, oder aber eine kleinichkeit zweimal hintereinander gesagt wurde. 

Inhaltlich ist das Buch auch nicht besonders gut auzfgestelt. Zwar bietet eine Fehde zwischen einem Kloster und den weltlichen Fürsten an und für sich eine spannende Grundlage, allerdings müsste man diese dafür auch nutzen. So tritt dieser Konflikt nur zu Tage, wenn eine Burg eingenommen wird - was im Übrigen auch äußerst sparsam beschrieben wird - oder aber irgendwer dem Abt wieder einmal den Tod an den Hals wünscht. Die Hauptgeschichte ist mehr das dunkle Geheimnis Hermanns und wie dieses die Beziehung zwischen Lukardis und ihrer angeblich engen Freundin (dazu komme ich noch) beeinflusst. Über das Ende der Geschichte muss ich mich dann auch noch kurz aufregen. So hat sich das letzte Viertel des Buches ohnehin schon recht lauwarm und langweiliger als der Rest gelesen, das Finale, bei dem ich doch noch auf Spannung gehofft hatte, wurde dann aber im Drive-In-Schnelldurchlauf serviert.  Von vorne bis hinten blieb mein Hunger nach Spannung ungestillt. Im Laufe der Geschichte sterben mehrere Menschen, zwei werden enthauptet, also Potential für Spannung, die Autorin verzichtet allerdings gekonnt darauf, diese Szenen dann auch auszuarbeiten. Cut, und man bekommt gesagt: "Ja, dies, das, Ananas, der is leider tot."

Zu den Protagonist:innen habe ich dann noch mehrere Fragen. Vor allem, warum Lukardis so dumm ist, wie sie nun mal ist? Die Figuren sind generell nicht besonders nahbar und man hat in anderen Romanen schon dutzend mal Equivalente gesehen, Lukardis schafft es allerdings durch einen Mangel an Empathie und Logik herauszustechen. Vor allem im Umgang mit Hilda bin ich irgendwann dann ausgestiegen. Irgendwie will sie ihr zu ihrer Gerechtigkeit verhelfen, tanzt gleichzeitig aber der Familie ihres Mannes nach der Pfeife und kümmert sich nur darum, was die anderen Adelsfamilien über den Status ihrer Familie denken. Das Lukardis` Eltern ohnehin niemanden jucken, weder die Leserschaft, noch die anderen Adeligen. Außerdem muss Lukardis ja nicht durch die ganze Gegend posaunen, dass sie ihren Mann, der ihr gegenüber ohnehin gewaltätig ist, verraten hat, weil so unauffällihg hat er nunn auch wieder nicht agiert, dass niemand seinen bösen Machenschaften auf die Schliche gekommen wäre. 

Dann wäre da noch die Zuneigung zwischen Lukardis und Raban, die schon am Klappentext angekündigt wird, im Buch allerdings viel zu lasch beschrieben wird. Kaum etwas, was die beiden denken oder fühlen würden, kommt dann auch wirklich bei der Leserschaft an. Von aufkeimender Liebe oder anderen Emotionen liegt definitv nichts in der Luft! Die Autorin scheint allerdings generell ein bisschen ein Problem damit zu haben, einen Charakter mehr als ein optisches Auftretenund ab un zu einen Gedankengang zu geben. Bevor sie eine Person interessant und facettenreich gestaltet, werden lieber noch weitere halbfertige Drohnen auf das Schlachtfeld geworfen.

Zugutehalten muss man Marion Henneberg allerdings, dass sie scheinbar sich intensiv mit den historischen Hintergründen zum Buch beschäftigt hat. Die Fehde und viele der Figuren beruhen auf realen Ereignissen und so liest sich das Nachwort auch wirklich lehrreich. Allerdings kommt von den historischen Tatsachen nicht sehr viel in der Geschichte an, zumindest fehlt mir das Gefühl, über ein historisches Ereignis zu lesen. Dafür hätte mehr dieses Wissens in den Roman selbst miteinfließen müssen. So hätte das Buch, so leid es mir auch tut, sich genauso gelesen, wenn es ohne jegliche historische Recherchearbeit geschrieben worden wäre. 

Rückwirkend betrachtet fühlte ich mich leider nie unterhalten und Emotionen wurden bei mir höchstens geweckt, wenn ich mir die Dummheit gewisser Figuren einfach zu viel wurde. Dementsprechend keine Leseempfehlung, und all diejenigen, die das Buch so gut bewertet haben, sollten die Bücher von Marita Spang umsomehr fühlen.


Edit: Können wir bitte über die Coverkreation von 2014 reden? Einerseits ist auf deem Hintergrundgemälde ein Dampfschiff zu erkennen, vermutlich auf dem Rhein - Mittelalter und Fulda sind also ganz weit weg. Und dann ist da noch diese Dame im blauen Kleid davor eingefügt. eine fürchterliche Komposition, und auch der Gesichtsausdruck der Dame vermittelt recht gut den Emotionszustand, den man beim Lesen des Buches bekommt.

Cover des Buches Demon Copperhead (ISBN: 9783423283960)

Bewertung zu "Demon Copperhead" von Barbara Kingsolver

Demon Copperhead
SotsiaalneKeskkondvor einem Monat
Kurzmeinung: eine kritische, intensive und spannende Auseinandersetzung mit einem ganzen Landstrich
ein betäubtes Land

Der junge Demon wird in den 90er Jahren im hintersten Winkel von Virginia geboren. Der Vater ist schon vor der Geburt gestorben und so wächst er zusammen mit seiner Mutter in einem Trailer, eingeklemmt zwischen den Bergen, auf. Die Mutter ist immer wieder auf entzug und auch so hat Demon keine Kindheit, die man als durchschnittlich bezeichnen könnte. Und so ist auch sein weiteres Leben geprägt von Armut, Misshandlung und Sucht. 

Eine Hommage an die Bewohner:innen Appalachias. Weitab dessen, was man allgemen als Wohlstand warnimmt, setzt sich der Roman intensiv mit dem Themen auseinander, die diese Region betreffen. Sei es einerseits die hohe Arbeitslosigkeit, Alkoholmissbrauch, die misserable Versorgungsinfrastruktur oder die Rolle der Bergregion als Epizentrum der Opioidkrise. 

Inhaltlich stark, konnte mich der Roman so sehr schnell fesseln. So beginnt es einmal mit einer unkonventionellen und dennoch glücklichen Kindheit, bevor sich die Handlung dem Leben als Pflegekind zuwendet. Die Intensität der Beschreibungen von Misshandlungen und der Probleme des amerikanischen Kinderunterbringungssystems mögen füer manche Leser:innen zu viel sein, dennoch finde ich es wichtig, dass hier in kaum geschönter Brutalität aufgezeigt wird, mit welchen Problemen die Kinder zu kämpfen haben, und wie sie dadurch für ihr restliches Leben gezeichnet werden. 

So nimmt das Heranwachsen in einer kaputten Welt einen deutlichen Scvhwerpunkt in der Geschichte ein. Ein anderer liegt auf der inflationären Verschreibung und Nutzung von opioidhaltigen Schmerzmedikamenten. Gerade dadurch, dass die Region fernab von jeglicher medizinischer Versorgung ist, die man als ausreichend bezeichnen könnte, haben gewinninteressierte Pharmaunternehmen hier leichtes Spiel, ihre Produkte an den Mann zu bringen. Vor allem, wenn man bedenkt, dass die betäubende Wirkung der Medikamente sicherlich gerne genutzt wird, um den tristen und sorgengeplagten Alltag dieser Region zu entkommen. Dieser Prozess, in dem eine Breite der Bevölkerung in die Abhängigkeit rutscht, wird hier auch dementsprechend interessant beschrieben, als dass man beim Lesen anfangs ein wenig überfordert ist, die Geschehnisse einzuordnen, und sich ein insgesamtes Bild von der Lage der Region zu machen. Es wirkt, als würden wir selbst diesen Prozess beobachten, und uns würde das Hintergrundwissen fehlen, dass wir nun in den 2020er Jahren haben. Wichtige Komponenten dieser Drogenepedemie finden so Eingang in die Geschichte: Pharmavertreter, verschreibungsfreudige Ärzte und Pillenmühlen. Andere wichtige Aspekte, wie Prozesse gegen Purdue-Pharma oder den Unwillen der Politik auf Bundes- und Staatsebene zu handeln, finden leider keinen Eingang in die Geschichte. Mag es sein, weil die Hintergründe der Opioidkrise für diejenigen, die sich nicht zuvor schon mit der Thematik näher befasst hatten, zu vielschichtig und uninteressant sein mögen, wenn sie in Form eines Romans daher kommen. Oder aber, weil umfassendere Beschreibung im Kontrast dazu stehen würde, dass die Bevölkerung dieser Region, von vielen Dingen, die ihnen angetan wurden, gar nichts wussten. 

Wie dem auch sei, das Buch hat viele Aspekte abgedeckt, die mich persönlich sehr stark interessieren. Kombiniert mit den tollen Charakteren und dem sprachlichen Stil der Autorin kommt ein für mich sehr toll gelungener Roman heraus, den ich gerne anderen Leser:innen ans Herz lege.

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