Eilert Bartels Buch lehrt uns, im Alltag genauer hinzuschauen, nachzufragen, den Menschen hinter der gesellschaftlichen Fassade zu sehen.
Mann ist auch "nur" ein Mensch
Das Buch "huMANNoid" ist Bildband und Interviewsammlung in einem. Insgesamt standen für das Projekt 16 Männer zwischen 26 und 75 Jahren nackt vor der Kamera und haben im Interview persönlichste Fragen beantwortet.
Die Fotos selbst sind schon einmal insofern ungewöhnlich, dass die Fotografierten keine Models sind und die Bilder nicht bearbeitet. Das ist gewöhnungsbedürftig, obwohl Nacktheit in unserer Gesellschaft allgegenwärtig ist. Es braucht eine Weile, um sich darauf einzulassen. Je mehr ich von einem Interview gelesen habe, desto mehr entstand bei mir das Gefühl, die Person auf den Bildern kennenzulernen. Und ab einem bestimmten Punkt, fiel es mir dann auch nicht mehr schwer, die Bilder genauer zu betrachten.
In den Interviews ging es ganz gezielt nicht um Job, Familienstand, Rollen und gesellschaftlichen Status aller Art. Vielmehr stellte Eilert Bartels immer die gleichen psychologischen Fragen: Was bereitet dir Freude, Trauer, Wut, Angst, Ekel, Lust? Die männliche Lust, auch zwischen Täter- und Opferrolle, spielte eine besondere Rolle. Das geht vermutlich auf die Profession des Autors und auf einen der Anlässe zum Projekt zurück: die sexuellen Übergriffe in der Kölner Silvesternacht 2015/16, die Männer pauschal in eine Täterrolle drängten.
Mich persönlich ärgert Ungerechtigkeit aller Art - solche gegen Frauen, gegen Männer und gegen bestimmte Gruppen allgemein. Das fängt bei platten Witzen an, geht vorbei an groben Pauschalisierungen und hört bei spürbaren Benachteiligungen auf. "Typisch männlich" und "typisch weiblich" gibt es so nicht. Entsprechend konnotierte Eigenschaften gibt es in allen Geschlechtern und die Spannweite ist da sehr groß. Nicht zuletzt spielen Erziehung und Erfahrung eine große Rolle.
Obwohl das Spektrum der Interviewten sehr breit war, hatte ich trotzdem nicht das Gefühl, dass es ausgewogen war. Das liegt natürlich daran, dass sich für ein solches Projekt freiwillig nur Personen melden, die auch über ihre innersten Gefühle reden wollen und sich öffentlich mit ihrer ganzen innerlichen Gedankenwelt äußern möchten. Ich kenne nicht viele Männer, die das tun würden. Den Interviewten gebührt großer Respekt für diesen Mut.
Perfekt wäre das Buch für mich gewesen, wenn es Menschen beiderlei Geschlechts vorgestellt hätte. Dann wäre überdeutlich geworden, wie ähnlich wir uns alle sind in unserem Denken, unseren Ängsten, Freuden und unseren Erfahrungen.