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Tintenmeer

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Rezensionen und Bewertungen

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Cover des Buches Die Krieger der Königin: Falkenherz (ISBN: 9783426509470)

Bewertung zu "Die Krieger der Königin: Falkenherz" von L. J. McDonald

Die Krieger der Königin: Falkenherz
Tintenmeervor 7 Jahren
Cover des Buches Das Haus am Abgrund (ISBN: 9783760786667)

Bewertung zu "Das Haus am Abgrund" von Susanne Gerdom

Das Haus am Abgrund
Tintenmeervor 10 Jahren
Kurzmeinung: Begeisterung ist anders. Alles hat sich kaugummiartig in die Länge gezogen. Wo ist die Spannung? Aber schöner Schreibstil.
Cover des Buches Ich fürchte mich nicht (ISBN: 9783442478491)

Bewertung zu "Ich fürchte mich nicht" von Tahereh H. Mafi

Ich fürchte mich nicht
Tintenmeervor 10 Jahren
Kurzmeinung: Ein Highlight! So bewegend, so mitreißend wie kaum ein anderes Buch, das ich kenne! Ich empfehle besonders das Audiobook! Einfach großartig!
Cover des Buches Fürchte nicht das tiefe blaue Meer (ISBN: 9783570308844)

Bewertung zu "Fürchte nicht das tiefe blaue Meer" von April Genevieve Tucholke

Fürchte nicht das tiefe blaue Meer
Tintenmeervor 10 Jahren
Kurzmeinung: Habe mir mehr versprochen. Positiv war der Schreibstil. Negativ zu vieles. Charakteren waren flach und seltsam. Handlung ohne roten Faden.
Cover des Buches Insel der Nyx - Die Kinder der Schatten (ISBN: 9783522503952)

Bewertung zu "Insel der Nyx - Die Kinder der Schatten" von Daniela Ohms

Insel der Nyx - Die Kinder der Schatten
Tintenmeervor 10 Jahren
Kurzmeinung: Hier spürt man die Liebe zum Schreiben in jedem Wort.
Noch besser als Teil 1

  ❧ Die Macht der dunklen Göttin wächst ☙

Endlich! Das neue Buch von Daniela Ohms ist da! Das haben sich sicher viele gedacht, als „Die Kinder der Schatten“ in den Regalen stand – so auch ich. Es ist die Fortsetzung der Kinderbuchreihe „Die Insel der Nyx“, die mit „Die Prophezeiung der Götter“ im letzten Jahr begann.

Obwohl es nun schon einige Monate her war, dass ich den ersten Teil gelesen hatte, hab es für mich überhaupt keine Schwierigkeiten, wieder in die Geschichte zu finden, und dass obwohl der Vorgänger für ein Kinderbuch schon recht und das Personal umfangreich war. Präsent waren mir noch die Eckdaten der Geschichte, aber das reicht vollkommen aus. Denn die Autorin lässt hier und da kleine Erklärungen einfließen, die die verschütteten Erinnerungen wachrufen, ohne dass man den Eindruck hat, sie würde noch mal alles rekapitulieren und der Leser muss dann eben durch. Ich fand das super gemacht. Ich kenne einige andere Autoren, die es nicht so charmant schaffen, „alte“ Informationen aufzubereiten und den Leser wieder und wieder damit malträtieren.

Schon der erste Teil hatte einen sehr hohen Spannungsfaktor, aber dieses Buch kann das sogar noch einmal toppen. Die Geschichte erschien mir um einiges gruseliger. Vielleicht nur unbedingt für Kinder (das kann ich aber nicht beurteilen), aber für Erwachsene, denn die Autorin spielt – wie der Titel schon sagt – besonders mit der Bedrohung durch die „Kerenkinder“. Diese sind eines gewaltsamen Todes gestorben und als bösartig wiedergekehrt. Für mich als Erwachsene war die unterschwellige Bedrohung durch diese Gruselkinder sehr reizvoll.

❧ Geheimnisse werden aufgedeckt ☙

Auch im weiteren Verlauf der Geschichte hat die Autorin einige interessante Ideen eingeflochten, die für Abwechslung sorgen. Schon bei Teil 1 standen die Figuren, ihre Entwicklung und vor allem ihre Beziehungen zueinander im Vordergrund. Das ist auch hier wieder der Fall – vielleicht sogar noch mehr. Zarte, sich entwickelnde Liebesbeziehungen, erste Streitigkeiten, Missverständnisse und der grausame Herzschmerz, alles ist dabei und – ganz wichtig – konzentriert sich nicht auf ein Pärchen. Das sorgt für viel Abwechslung in der Geschichte und verleiht den Figuren komplexe Persönlichkeiten. Besonders Kimon hat mich mit einer tollen Entwicklung überrascht. Der Junge hat sich richtig gemausert und hat mir als Figur im Buch am besten gefallen. An dieser Stelle sei erwähnt, dass auch Makaio-Fans auf ihre Kosten kommen werden, denn über den geheimnisvollen Jungen erfährt man auch ein bisschen mehr.

Die Styx atmete auf. Doch der Schmerz in ihrer Brust blieb. Sie blickte auf den Jungen hinab, der in ihren Armen lag. Nach und nach bildete sich ein merkwürdiger Schatten auf seinen Beinen, eine schwarzblaue Zeichnung, die sich darum schlängelt. Verblüfft beobachtete die Göttin, wie die Zeichnung zu einer Schlange wurde, die sich neun Mal um seine Beine wand. Erst in diesem Moment wurde ihr klar, dass es ihr eigenes Zeichen war. Die Schlange symbolisierte ihren Fluss.
Die Göttin sah den kleinen erstaunt an. „Nun bist du wirklich mein Kind.“ S.14

Einen kleinen Kritikpunkt habe ich, doch der fällt beim Gesamteindruck nur wenig ins Gewicht. Mir waren Eleni und ihre Mitstreiter manchmal ein bisschen zu inaktiv. Die Bedrohung kommt näher, wird aber (so kommt es mir vor) nicht so richtig wahrgenommen. Nach dem, was sie schon in Teil 1 erlebt haben, ist mir das unverständlich. Okay, sie sind jung und hilflos, aber dann hätte man doch etwas mehr Verzweiflung und Angst auf dieser Seite einbringen können. Ich hatte aber manchmal den Eindruck, alle sind so mit ihren eigenen (Beziehungs-)Problemen beschäftigt, dass sie der Bedrohung durch die Nyx gar keine Beachtung schenken. Aber das ist wirklich ein sehr persönlicher Eindruck und eigentlich Meckern auf hohem Niveau.

Ich mag das Buch, die Figuren und die Liebe zum Detail, mit der es geschrieben ist. Darum würde ich es ohne Bedenken definitiv weiterempfehlen. Doch Achtung, das Ende hat einen fiesen Cliffhänger. Ich kann es kaum erwarten, Teil 3 in die Finger zu bekommen!

Fazit

-

Die Fortsetzung von „Die Insel der Nyx: Die Prophezeiung der Götter“ kann sich nicht nur sehen lassen, sondern toppt den ersten Teil sogar noch. „Die Kinder der Schatten“ ist eine Mischung aus tiefgründigen Charakteren, deren Beziehungen zueinander im Mittelpunkt stehen, und Spannung. Hin und wieder fließt auch ein unterschwelliger Grusel ein und macht die Geschichte noch interessanter. Abgerundet wird alles von dem einfach nur wunderbaren Schreibstil von Daniela Ohms. Hier spürt man die Liebe zum Schreiben in jedem Wort.

Cover des Buches Light & Darkness (ISBN: 9783646600285)

Bewertung zu "Light & Darkness" von Laura Kneidl

Light & Darkness
Tintenmeervor 10 Jahren
Page Turner mit starken Figuren

  ❧ Was wäre, wenn …

… Menschen nicht mehr die Einzigen sind?

Seit vor 30 Jahren ein wahrer Medienhype um Vampire entstanden war, sind diese enttarnt und mit ihnen wurde die Existenz von vielen anderen paranormalen Wesen bewiesen. Lykanthropen, Nixen, Elfen, Dämonen und viele mehr. Die Zahl einiger dieser Wesen wurde durch jahrhundertelange Verfolgung bereits so dezimiert, dass sie heute unter Artenschutz stehen. Die Menschen haben auch erkannt, dass eine Integration in ihre Gesellschaft unumgänglich ist. Das System der Delegation, das jeweils einen Menschen zum Betreuer eines Wesens zuordnet, wurde ins Leben gerufen. So ist zumindest die Ausgangssituation in Laura Kneidls Erstling „Light & Darkness“.

… das System versagt?

Viele Jahre hat sich Light bereits darauf vorbereitet, die Delegierte eines Wesens zu werden, denn ihr Ziel ist es, die bestrebte Integration der Rassen voranzutreiben. Nun steht ihre erste Delegation bevor und sie ist schon mächtig aufgeregt. Dann passiert jedoch etwas Unerwartetes: Durch einen Eingabefehler ordnet ihr das System ein männliches Wesen zu, was eigentlich nach Gesetzeslage nicht möglich ist. Aber wie die Menschen so sind: ohne Bürokratie geht gar nichts und so muss sie Dante eben mit nach Hause nehmen, bis der Fehler entdeckt wird und das Revisionsverfahren abgeschlossen werden kann. Egal, wie blöd die Situation nun ist, für die nächsten Wochen sind Light und Dante ein Team. Wenn er doch wenigstens kein Dämon wäre! Die sind nämlich nicht nur besonders selten, sondern auch besonders schwierig.

„Könntest du bitte deine Taschen ausleeren“, sagte der Wachmann, der in seiner blauen Uniform vor ihr stand. Lights Blick glitt zu Dante, dessen Mundwinkel amüsiert zuckten. Sie stellte ihre Tasche auf den Boden und ballte die Hände zu Fäusten. Wie konnte er ihr das antun, nach allem, was sie für ihn getan hatte? [Kneidl: Light & Darkness, Position 801/4771]

In dieser Geschichte steht die Beziehung zwischen den beiden Protagonisten im Mittelpunkt und in so einem Fall spielt natürlich die Figurengestaltung auch über die beiden Hauptpersonen hinaus eine wichtige Rolle. Diesen Punkt hat die Autorin sehr gut gemeistert. Man spürt sofort die liebevolle Figurengestaltung und es wurde Wert darauf gelegt, komplexe Charaktere zu schaffen, die nicht nur nebeneinanderher agieren, sondern eng miteinander verflochten sind. Light ist – wie ihr Name schon vermuten lässt – ein wahrer Engel. Sie ist sehr verständnisvoll, vorsichtig, frei von Vorurteilen und nimmt ihre Aufgabe als Delegierte sehr ernst. Sie ist stark und steht hinter ihren Überzeugungen, zeigt aber auch immer mal wieder Schwäche und lässt sich von Dante bevormunden. Das tut ihr aber keinen Abbruch, sondern unterstreicht eher ihre Persönlichkeit. Und immerhin ist sie eben auch erst ein 17-jähriges Mädchen, das noch nie vor einer solchen Aufgabe stand, Verantwortung für ein Wesen zu übernehmen. Sie muss erst Erfahrungen sammeln und in ihre neue Rolle hineinwachsen.

… zwei wie Hund und Katze …

Obwohl man als Leser ziemlich genau weiß, wohin diese Geschichte führen wird, lässt die Autorin gerade Dante oft sehr unvorhersehbar agieren. Das hat mir sehr gut gefallen. Zu Beginn ist er ziemlich störrisch und rebellisch, lässt aber auch hin und wieder positive Züge durchblicken. Da er aber nun ein Dämon ist, können sich weder Figuren noch Leser sicher sein, was in seinem Verhalten denn nun wirklich so gemeint ist oder ob er nur zu seinem Vorteil handelt. Um dieses Glatteis aufrechtzuerhalten, lässt die Autorin diesen Charakter doch einige wirklich gemeine Dinge tun und sagen. Besonders schockiert hat mich (ich nenne es mal) die „Tagebuchgeschichte“. Besonders die Reaktion war nach dem Motto „Herz rausreißen und aufessen“. Ich fand es großartig. Gerade solche drastischen Handlungen fesseln den Leser an das Buch, den nun will man umso mehr wissen, was denn hinter allem steckt und wie sich diese Geschichte (und die Beziehung zwischen Light und Dante) noch weiter entwickelt.

… nun zusammenarbeiten müssen?

Bei den Figuren bleibt die Autorin aber nicht stehen. Man erkennt deutlich, dass auch Wert darauf gelegt wurde, die gesellschaftlichen Konventionen widerzuspiegeln. Immer wieder fließen Bemerkungen ein, es gibt natürlich Konflikte zwischen Menschen und Wesen und nicht jeder ist zufrieden mit dem Status quo. Auf beiden Seiten gibt es Widerstandsgruppen, die nicht gerade zimperlich vorgehen. Morde und Anschläge stehen an der Tagesordnung. Auch das Delegiertensystem hat einige offensichtliche Mängel. Gerade die extreme Bevormundung der Wesen durch das System muss unweigerlich in einem Aufstand resultieren. Bei der Lektüre habe ich mich des Öfteren gefragt, wieso das anscheinend schon so lange so glattläuft. Die Andeutung, die Konfliktpunkte politisch zu lösen, finde ich sehr gut. Das Buch riecht somit durchaus nach einer Fortsetzung. In diesem Falle würde dieser gesellschaftliche Konflikt sicher im Mittelpunkt stehen. Würde man hier vielleicht mit mehr Handlungssträngen arbeiten, könnte man der Geschichte die bisher noch etwas mangelnde Komplexität verleihen. Auch eine detailierter beschriebene Umgebung oder ein paar außergewöhnliche Schauplätze wären wünschenswert.

Wie ich schon früher geschrieben hatte, finde ich es wirklich spitze, dass man mit impress ein Imprint geschaffen hat, dass E-Books exklusiv veröffentlicht und somit auch jungen deutschen Autorinnen und Autoren eine Chance gibt, unter einem großen Namen zu veröffentlichen. Leider kommt beim Lesen aber auch immer wieder die Frage auf, ob man vielleicht daher auch weniger Sorgfalt walten lässt, weil es ja „nur“ ein E-Book ist. Zumindest dieses E-Book weist doch auffällig viele Fehler auf, was ich wirklich schade fand.

Fazit

Mit „Light & Darkness“ hat Laura Kneidl einen richtigen Page Turner vorgelegt, dessen Stärke eindeutig auf den Figuren liegt. Die junge Autorin zeigt mit ihrem Erstling, dass sie durchaus das Zeug zu einer guten Schriftstellerin hat, lediglich ein bisschen Feinschliff fehlt. Wer auf „Jugendromantasy“ ohne Kitsch steht, ist hier genau richtig, und auch ihre nächsten Werke sollten darum auf alle Fälle Beachtung finden. Auf meiner Leseliste landet sie garantiert!

Cover des Buches Das Meer, in dem ich schwimmen lernte (ISBN: 9783862652556)

Bewertung zu "Das Meer, in dem ich schwimmen lernte" von Franziska Fischer

Das Meer, in dem ich schwimmen lernte
Tintenmeervor 11 Jahren
Eine gefühlvolle, ein wenig melancholische Suche nach sich selbst

Das Leben ist nie perfekt, auch Ronjas nicht. Dennoch war die junge Frau eine ganz motivierte Studentin, hatte irgendwie schon ein Ziel, schien eigentlich ganz zufrieden, auch wenn ihr Alltag in Berlin nicht spektakulärer war als der anderer Menschen. Doch von diesem Leben erfahren die Leserinnen und Leser dieses Romans nur in eher spärlichen Rückerinnerungen oder dem ein oder anderen Nebensatz. Heute ist eigentlich alles anders. Ronja ist ein sehr in sich gekehrter Mensch, sie zieht sich von ihrer Umgebung stark zurück, verschanzt sich in ihrer Wohnung, die immer mehr vom Efeu zugewachsen wird und sie so noch mehr isoliert. Doch so kann kein Mensch für immer leben – selbst Ronja ist das klar. Wenn man keinen Weg mehr zu gehen hat, dann muss man seinen Alltag, sein Leben verlassen und etwas Außergewöhnliches tun. Ronjas neuer Weg führt sie nach Mexiko. 6 Wochen in einer völlig anderen Kultur, auf einem fremden Kontinent, in einem Land, in dem sie keine Menschenseele kennt. Wo könnte man sich selbst besser wiederfinden als an so einem Ort?

Nach einem sehr kurzen ersten Kapitel, welches in der düsteren vom Efeu zugewachsenen Wohnung der jungen Frau handelt, startet dieser Roman nun genau hier: in Mexico City in einer kleinen Buchhandlung, wo Ronja einfach so ein Buch geschenkt bekommt. Dass sie hier ein wenig fehl am Platz ist, merkt Ronja sehr schnell, und auch, dass sie sich ein wenig öffnen muss, um im Leben und in diesem Land in den nächsten Wochen ein bisschen voranzukommen. Ihre Taktik, sich in ihr Schneckenhaus zu verkriechen, wird hier nicht funktionieren, denn ganz allein in einer solchen Situation ist man einfach auf andere Menschen und ihre Erfahrungen angewiesen. Schnell trifft sie auf die selbstbewusste Julia, die schon weit herumgekommen ist. Sie hilft ihr, die ersten Schritte zu tun. Allerdings ist gerade der Beginn dieses Romans ein wenig knifflig und fordert den Leserinnen und Lesern doch ein wenig Geduld und Verständnis für die Protagonistin ab.

Da der Roman aus der Ich-Perspektive von Ronja geschrieben ist, bekommt man zwar einen besseren Einblick in ihr Denken, doch gerade zu Anfang fehlt es der Protagonistin an einem Antrieb. Sie ist vollkommen ziellos, wird wie ein Blatt im Wind mal hierhin und mal dahin getrieben, scheint keine Entscheidung zu treffen und sich einfach nur im Strom der Geschichte treiben zu lassen, ohne selbst groß Anteil zu nehmen. Das Lesen erscheint hier fast ein wenig zäh und für den Leser ist es nicht leicht, sich darauf einzulassen. Man fragt sich die ganze Zeit, worum es hier eigentlich geht und wohin der Weg führt, den die Protagonistin beschreitet. Hin und wieder fällt es auch schwer, Ronjas Handlungen nachzuvollziehen, Dialoge scheinen oft ebenso ziellos, weil die Protagonistin eigentlich nichts von sich preisgeben möchte.

Nach und nach, ganz langsam entwickelt sich Ronja, mit jeder Begegnung auf ihrer Reise durch Mexiko öffnet sie sich ein wenig mehr, fängt an, etwas zu riskieren, knüpft so etwas wie Freundschaften, verliebt sich und lernt ein ganz anderes Leben in einem ganz anderen Land kennen. Dieses ist sehr detailreich und realistisch gezeichnet. Keine der auftretenden Figuren ist plakativ, alle sind Schicksale, haben Gutes und Schlechtes kennengelernt und das spürt man als Leser, auch wenn man nicht alles erfährt.

Der Schreibstil von Franziska Fischer ist ähnlich wie ihre Protagonistin (was bei einer Ich-Erzählung ja wieder folgerichtig perfekt passt) und besonders. Mal schreibt sie sehr poetisch, bildreich mit wunderschönen Beschreibungen, dann wieder kurz, knapp, aber doch präzise und ausdrucksstark. Dieser Wechsel lässt ein gutes Lesegefühl aufkommen und versetzt den Leser direkt nach Mexiko. Man fühlt sich dabei, als hätte man sich selbst den Rucksack aufgeschnallt und würde durch die besonderen Landschaften streifen und die Menschen dort kennenlernen.

Fazit

„Das Meer, in dem ich schwimmen lernte“ von Franziska Fischer ist eine gefühlvolle, ein wenig melancholische Suche nach sich selbst, die die Protagonistin Ronja quer durch die exotischen Weiten Mexikos führt. Sie lässt sie und damit die Leserinnen und Leser einen kleinen Blick in viele fremde Leben werfen und weckt ein kleines bisschen Fernweh. Wer eine ruhige, nachdenkliche und wunderschön geschriebene Geschichte sucht, ist hier genau an der richtigen Adresse.

Cover des Buches Totenblick (ISBN: 9783426505915)

Bewertung zu "Totenblick" von Markus Heitz

Totenblick
Tintenmeervor 11 Jahren
Thriller durch und durch mit einem Extraschuss Unerklärlichem

Markus Heitz gilt als Großmeister der deutschen Fantasy. Kein anderer wurde so oft mit dem Deutschen Phantastik Preis ausgezeichnet. Das Fantastische, das Mystische, das Unerklärliche, Zwerge, Drachen und Vampire – diese Dinge sind das Metier von Markus Heitz. Dass er auch ein anderes Genre zu seinem machen kann, beweist er nun mit Totenblick, von ihm selbst als „Durch-und-durch-Thriller“ bezeichnet. Was man bekommt, ist genau das und noch viel mehr: ein psychopathischer Serienkiller, eine Hand voll Ermittler, grausige, aber doch höchst interessante Morde und natürlich ein Hauch Mystisches – sonst wäre es wohl kein echter Heitz.

Schon das Vorwort, bestehend aus „Fiktionshinweis“, „Un-Fiktionshinweis“ und „Semi-Fiktionshinweis“, ist ein echter Lesegenuss. Der Autor richtet das Wort an seine Leser, zwingt sie in seinen Bann, bringt sie noch einmal ganz sympathisch zum Lachen, bevor er das Grauen beginnen lässt.

„Der Blick aus den Augen der Toten bringt Unglück, sagte man früher. Deswegen schloss man ihnen die Lider“, sprach eine angenehme Stimme hinter ihnen. „Er ziehe die Lebenden ins Grab.“ (S.62)

Totenblick ist kein Thriller nach Schema F. Ja, es gibt Ermittler und Täter und zwischen ihnen stehen die Opfer und die grausigen Morde, aber es gibt auch noch viel mehr. Wirklich getragen wird dieser Roman von den recht vielen Figuren, die jedoch niemals nur plakativ sind. Selbst wenn sie nur sehr kurz auf der Bildfläche erscheinen – etwa das ein oder andere Opfer – legt der Autor Wert darauf, dem Leser einen echten, lebendigen Menschen vor Augen zu halten, einen Menschen mit Wünschen und Träumen und Freunden. Dies vermag er aber nicht durch langatmige Beschreibungen und Ausschmückungen zu tun, sondern durch kleine Detail und Hinweise, die er in den Text eingeflochten hat. Auf diese Weise berührt jeder Tod in diesem Buch, egal, ob man die Figur schon eine Weile begleitet oder sie gerade erst kennengelernt hat. Und eines sollte hier noch gesagt werden: Niemand ist sicher in dieser Geschichte von Markus Heitz. Wer vom Totenblick erfasst wird, muss sterben.

Der Fall, den es hier zu lösen gilt, ist ganz etwas für das Thrillerherz. Die Morde sind grausig, aber faszinierend. Es ist wohl nicht zu viel verraten, zu sagen, dass der Mörder sich große Mühe gibt, mit seinen Opfern Gemälde nachzustellen, in denen sich der Tod manifestiert hat. Zum Glück gibt es heutzutage das Internet, sodass man sich auch als Unkundiger der Kunst mit wenigen Klicks ein genaues Bild von der Vorlage machen kann. Allerdings mangelt es dem Autor keinesfalls an Beschreibungstalent.

Besonders die Situationen, in denen er seine Figuren darstellt, sind sehr gut gewählt. Sie sind einerseits alltäglich, andererseits verraten sie unheimlich viel über den Charakter, seine Denkweise, sein Inneres. Hier wird sehr schnell klar, dass die handelnden Personen ebenso wenig stereotyp sind wie der Thriller. Ihre Stärken und Schwächen werden schnell offenbar und wecken das Interesse des Lesers. Ein Ermittler mit ADHS? Ein leidenschaftlich Theater spielendes Ex-Motorradgang-Mitglied? Alles scheint möglich in diesem Roman. Sogar ein Bestatter mit heißem Draht zum Schnitter (Fans kennen Konstantin Korff schon aus Oneiros).

Rhodes Blick ging zur Zimmerpflanze, ein unvermeidlicher Ficus benjaminus, der sich nahe am Fenster ausbreitete, als wollte er zu einem Wald werden. (S.182)

Spannende und vielschichtige Figuren sowie ein sprachlich hohes Niveau fesseln den Leser von der ersten bis zur letzten Seite, die – trotz dass es über 500 davon gibt – leider viel zu schnell kommt. Dies liegt nicht zuletzt auch an dem abwechslungsreichen und kurzweiligen Schreibstil von Markus Heitz. Beschreibungen sind interessant, nie langatmig, Heitz weiß, mit wenigen Worten zu schockieren, zu überraschen oder einem ein Lächeln aufs Gesicht zu zaubern. Er spielt augenzwinkernd mit Klischees oder benutzt sie, um am Ende etwas ganz anderes daraus zu generieren.

Fazit

Alles in allem liefert Markus Heitz uns hier eine richtig fesselnde Geschichte mit unglaublich interessanten Figuren, die sowohl Fans des Genres ansprechen werden als auch diejenigen, die nicht unbedingt die typischen Thriller-Leser sind.

„Totenblick“ ist ein Thriller durch und durch mit einem Extraschuss Unerklärlichem – ganz wie vom Autor versprochen!

Cover des Buches Der Übergang (ISBN: 9783442469376)

Bewertung zu "Der Übergang" von Justin Cronin

Der Übergang
Tintenmeervor 11 Jahren
1000 Seiten sind gerade erst der Anfang

1000 Seiten sind gerade erst der Anfang

„Der Übergang“ ist trotz seiner 1000 Seiten lediglich der Auftakt einer Trilogie und besteht doch selbst anscheinend aus mehreren Büchern. Die ersten 300 Seiten erzählen sozusagen die Vorgeschichte, den Prolog zu dem Buch, das sich danach auf über 700 Seiten auszubreiten bereitmacht. In einer sehr nahen Zukunft schicken sich Wissenschaftler an, das Geheimnis eines übernatürlich langen Lebens zu lüften. Die Erkenntnisse, die man im Urwald von Bolivien gemacht hat, werden nun auf die nächste Ebene gehoben: Experimente an menschlichen Probanden. Diese sind zwölf zum Tode verurteilte Mörder und Vergewaltiger, deren Verschwinden niemandem auffallen wird. Das Projekt NOAH, wie sich das Experiment ganz dekadent biblisch nennt, schlägt mehr oder weniger fehl: Zwar glückt die Verwandlung dieser Menschen in etwas anderes, Langlebiges, doch das, was hier entsteht, sind unberechenbare Monster, Vampiren ähnlich, die das Blut ihrer Opfer trinken und ihre Krankheit bald über die Welt bringen werden.

„Die Menschheit hatte eine Welt erbaut, die hundert Jahre brauchen würde, um zu sterben. Ein Jahrhundert, bis die letzten Lichter ausgingen.“ (S.421)

Der zweite Teil des Buchs macht einen Sprung um hundert Jahre in die Zukunft. Die Menschheit ist nahezu ausgerottet, die wenigen Überlebenden sind darauf angewiesen, dass die veralteten Akkus die Stromversorgung garantieren, damit das Licht weiterbrennt. Denn das ist das Einzige, was die Menschen des Nachts schützt.

Bei der Lektüre dieses Werkes braucht der Leser einen langen Atem, was nicht nur an den vielen engbedruckten Seiten oder der enormen Zeitspanne, die das Geschehen umfasst, liegt, sondern auch an Cronins Art zu erzählen. Der Übergang vereint sehr viele Figuren und ihre Geschichten und diese werden auch sehr exponiert ausgebreitet, was die Spannung jedoch an vielen Stellen extrem leiden lässt. Der Leser erfährt beispielsweise gleich zu Beginn des zweiten Teils von dem Sachverhalt, dass Peter Jaxon auf der Mauer Totenwache für seinen Bruder Theo hält, der vor sieben Tagen von den Virals – wie man die Monster nennt – getötet wurde, bis man aber in dem Wust an Figuren und ihren Geschichten und Vergangenheiten zum Ereignis „Angriff auf Theo“ kommt, vergehen gut und gerne 100 Seiten. Dies gibt wohl einen ganz guten Einblick in den Stil des Buchs, denn es ist mit nahezu allen Ereignissen so. Der Autor verzögert gekonnt, so lange er kann, und nutzt dabei die Gelegenheit, bestens über die sich vor uns ausbreitende Gesellschaft der Kolonie zu berichten. Stellenweise ein Nervenkrieg für Spannungssuchtis.

Die letzte Kolonie besteht, solange das Licht brennt

Der Vorteil ist dabei jedoch, dass man die Figuren wirklich sehr gut kennenlernt. Schnell wird auch klar, welches Grüppchen man zu den Protagonisten zählen darf. Die neue Lebensweise der Menschen, nun 100 Jahre nach der Apokalypse, wird dem Leser anhand einer beispielhaften Kolonie vor Augen geführt. Das Leben gestaltet sich nach strengen, aber notwenigen Regeln. Solange es keine Zwischenfälle mit den Virals gibt, scheint alles seinen geregelten Gang zu gehen. Doch dieser Frieden ist fragil und hängt am seidenen Faden, denn dieser Zusammenschluss von Menschen kann nur bestehen, wenn die Scheinwerfer die Nacht erhellen und die Monster fernhalten. Doch langsam, aber sicher sind die Akkus erschöpft. Wie schnell und heftig sich verbündete Nachbarn und Freunde gegeneinander richten können, wenn es ums nackte Überleben geht, zeigt Cronin ebenfalls sehr eindringlich in dieser Geschichte, die man fast eine Gesellschaftsstudie nennen könnte. Oftmals geht es auch um die Verwandtschaftsstrukturen innerhalb der Kolonie, wer mit wem wie zusammenhängt, welche Ahnen was gemacht haben, wer damals schon mit wem im Zwist lang. Leider verliert man mit der Zeit irgendwann einfach den Überblick und fragt sich immer öfter, wer dieser und jener nun gleich gewesen ist. Hatte der nicht mit ihm irgendeine Beziehung? Ach nein, das war ja der … so geht es munter weiter. Eine Übersicht am Ende des Buchs oder so etwas wie ein Stammbaum wäre wahrlich hilfreich für den Leser gewesen.

„Die Zeit teilte sich vor ihr wie die Wellen an einem Pier. Sie zog an ihr vorbei, aber Amy blieb dieselbe.“ (S.340)

Der Dreh- und Angelpunkt von allem ist jedoch ein kleines Mädchen: Amy Harper Bellafonte. Dies macht der Autor gleich auf Seite eins klar, denn sie ist der einzige Mensch, bei dem das Experiment geglückt ist. Amy ist infiziert, hat eine extrem erweiterte Lebensspanne, ist jedoch nicht zu einem blutrünstigen Monster mutiert. Sie ist so etwas wie der Messias in dieser Geschichte, und als sie in der Kolonie auftaucht, gewinnt die Handlung Fahrt. Sie entwickelt sich zu einem gefährlichen Road Trip zu dem Ort, wo alles begann.

Zusammengehalten werden diese tausend Figuren und Geschichten von dem sehr ausgefeilten, metaphorischen Schreibstil Cronins. Dass biblische Motivik in diesem Roman sehr stark eingesetzt wird, ist gelinde gesagt unübersehbar, verleiht dem Ganzen aber doch etwas Mystisches. Jedoch bleibt es nicht beim Verweis. Im Erzählstil von Justin Cronin fällt immer wieder der biblisch anmutende Ton auf, der besonders in den Passagen über die Zwölf zum Tragen kommt.

„Er war gemacht aus den Vielen. Tausend mal tausend mal tausend, wie die Sterne verstreut über den Nachthimmel. Er war einer der Zwölf und auch der Andere, Zero, aber seine Kinder waren auch in ihm, sie, die die Saat seines Blutes in sich trugen, die Saat der Zwölf.“ (S.762)

⚓ Fazit

Man könnte Der Übergang von Justin Cronin als sehr viel(ge)schichtiges Werk bezeichnen, das eine wirklich grausige Apokalypse beschreibt – oder besser: die Gesellschaft, die am Ende geblieben ist. Diese Geschichte ist interessant und man möchte die ganze Zeit über wissen, was noch passiert, wohin uns der Autor noch führt. Allerdings wird dem spannungsverliebten Leser einiges an Geduld abverlangt. Cronin hält ihn nicht 1000 Seiten lang in atemloser Spannung, sondern wirft ihm eher immer mal wieder einen Happen hin, der ihn bei der Stange halten soll. Wer den Atem für solche Bücher besitzt und Gesellschaftsromane liebt, wird mit einer interessanten Geschichte belohnt werden. Wen diese Art zu schreiben jedoch schon zu Beginn nervt und langweilt, der sollte seine Zeit einem anderen Werk widmen, denn: Es wird sich nicht verändern!

Cover des Buches Nick & Norah - Soundtrack einer Nacht (ISBN: 9783570305133)

Bewertung zu "Nick & Norah - Soundtrack einer Nacht" von Rachel Cohn

Nick & Norah - Soundtrack einer Nacht
Tintenmeervor 11 Jahren
Von Musik und Enttäuschung und Liebe und Verrücktheiten

 Von Musik und Enttäuschung und Liebe und Verrücktheiten

Obwohl Rachel Cohns und David Levithans Biografien ein wenig an Nick und Norah erinnern, verweisen sie am Ende des Buchs darauf, dass dies nicht ihre persönliche Geschichte ist. Zusammen haben sie etwas Besonderes erschaffen: ein Buch, eine Geschichte, zwei Sichten, erzählt von zwei Autoren. Cohn schrieb Norah, Levithan schrieb Nick, und dennoch entstand eine tolle Geschichte ohne Brüche. Die Perspektive wechselt in jedem Kapitel.

„Dev brüllt, Thom taumelt herum, und ich bin das Uhrwerk, ich bin der, der das Ding, das alle Musik nennen, mit dem Ding, das alle Zeit nennen, zusammenbringt. Ich bin das Ticken, ich bin das Pulsieren, ich bin der, der in diesem Augenblick alles vorantreibt.“ (S.9, Nick)

Als Erstes kommt Nick zu Wort. Er ist nicht nur Bassist, er geht vollkommen in der Musik auf, verliert sich in ihr. Bei diesem Charakter bekommt die Floskel „Musik ist mein Leben“ eine ganz neue Dimension. Er ist ein selbstbewusster Typ, der seine Prinzipien hat, nett und hilfsbereit ist, aber auch vollkommen ausflippen kann – vor allem wenn die Töne stimmen. Es gibt jedoch etwas, das ihn ganz gehörig aus dem Gleichgewicht bringt: seine Ex Tris. Der Liebeskummer hat ihn hammerhart im Griff und das, was seine Gedanken fast permanent beherrscht, ist die Frage, wie er sie zurückgewinnen kann. Abgesehen von der Frage, wieso sie überhaupt Schluss gemacht hat. Daraus befreien kann ihn nur die Musik und nach und nach schleicht sich noch etwas anderes ein: Norah. Die Passagen von Nick empfand ich als angenehmer zu lesen. Ich konnte ihm und seinen Gedanken oftmals viel besser folgen, da er ein etwas geradlinigerer Erzähler ist als sein weibliches Pendant.

„Der Junge hinter dem Lenkrad sagt: „Hi. Ich bin Thom. Mit „Th“.“
Ich erkläre ihm: „Ich bin Gnorah. Mit „Gn“. Aber man spricht das „G“ nicht aus. Wie in „Gnocchi“.“
„Wirklich?“, sagt Thom.
„Nein. Nicht wirklich […]“ (S.49, Norah)

Norah ist Nick charaktermäßig recht ähnlich. Lehnt Alkohol und andere Drogen ab, opfert sich ständig für ihre Party besessene Freundin Caroline auf und vernachlässigt darüber ihr eigenes Leben. Auch bei ihr gibt es das „schwarze Schaf“ Exfreund. Im Gegensatz zu Nick kommt sie jedoch nicht von ihm los und führt eine On-Off-Beziehung, was sie oft handlungsunfähig macht. Ansonsten scheint sie aber sehr viel ausgeflippter zu sein als Nick, was sich auch stark in ihren Gedanken widerspiegelt. Ihre Passagen sind teilweise sehr wirr, das „Ohne-Punkt-und-Komma-Quatschen“ erreicht hier seinen Höhepunkt. Manchmal habe ich sogar den Faden verloren und musste den Satz (oder Abschnitt) noch mal lesen. Mit Norah konnte ich mich aufgrund dessen nicht so gut identifizieren. Ich empfand ihre Gedankengänge oft als extrem sprunghaft und anstrengend.

 Nicht alles ist so, wie es manchmal scheint

Tris spielt natürlich ebenso eine große Rolle wie die beiden Protagonisten. Zum einen, weil sie Handlungsauslöser für die ganze Geschichte ist, zum anderen weil sie Nicks Gedanken beherrscht wie fast nichts anderes. Sie wird eingeführt als das typische Mädel, das die Typen wechselt wie die Unterwäsche und auf nichts und niemanden achtet außer auf sich selbst. Dass dieses Bild nicht ganz auf sie passen will, zeigt sich immer wieder in Kleinigkeiten, an die sich Nick bzw. Norah im Laufe der Geschichte erinnern. Schließlich kommt sie in einem Gespräch mit Norah noch selbst zu Wort und lässt die Leserschaft erkennen, was ihre wirklichen Beweggründe sind. Es zeigt sich, dass auch Tris nicht nur das Stereotyp des jugendlichen Flittchens verkörpert, sondern dass auch ihr Charakter vielschichtiger ist, als man auf den ersten Blick denkt.

Wer nun die typisch kitschige Lovestory erwartet, die das Cover verspricht, könnte vielleicht etwas enttäuscht werden. Mit Nick und Norah prallen hier zwei Charaktere aufeinander, die sich in vielem sehr ähnlich sind und sich gegenseitig nicht in die Karten gucken lassen. Durch die Wahl der Ich-Perspektive für beide hat der Leser immer einen kleinen Vorsprung. Man kann dadurch bestens erkennen, wie sich der Gedanke an den jeweils anderen immer wieder einschleicht – ohne dass er bzw. sie es den anderen wissen lässt. Es ist unheimlich spannend, diese Entwicklung zu beobachten, gleichzeitig aber zur Verzweiflung getrieben zu werden, weil keiner der beiden den Mund aufmachen will. Der Aufbau der Geschichte ist folgerichtig. Man wird nicht malträtiert mit diesem „Liebe auf den ersten Blick“-Gedöns. Dafür haben die Charaktere viel zu viel persönlichen Ballast aus enttäuschten Liebschaften, den sie erst abbauen müssen. Das macht beide zu sehr komplexen und realitätsnahen Charakteren.

 Soundtrack im Kopf

Neben den Problemen mit den Exfreunden spielt für Nick und Norah die Musik eine besondere Rolle und dies hat sehr stark Eingang in den Text gefunden. Es geht sehr häufig um Bands, Songs und Musikgenres, die nicht gerade dem Mainstream entsprechen, was für einen – ich nenne es mal – unkundigen Leser durchaus problematisch werden kann. Trotz durchaus aussagekräftiger Beschreibungen stößt man hier doch hin und wieder an die Grenze seiner Vorstellungskraft.

♫ Fazit

Das Experiment „Cohn und Levithan schreiben ein Buch aus zwei Perspektiven“ kann durchaus als geglückt bezeichnet werden. Beide Autoren schaffen es sehr schnell, ihrem jeweiligen Hauptcharakter eine Stimme zu verleihen und ihn zu einem komplexen und realistischen Individuum zu formen. Aber auch die Nebencharaktere kommen nicht zu kurz. Besonders von Tris, die sowohl Nick als auch Norah gut bekannt ist, wird so ein vielschichtiges Bild zusammengesetzt. Ein wenig Abzug gibt es jedoch für den teilweise sehr eigenwilligen und wirren Schreibstil (besonders bei Norah) sowie für die musikalische Problematik. Dennoch würde ich das Buch definitiv weiterempfehlen. Urteil: tiefgründige Gedanken, Poesie, ein paar Verrücktheiten, Romantik ohne Kitsch und das alles mit interessanten und komplexen Charakteren.

Über mich

Lieblingsgenres

Fantasy, Kinderbücher, Jugendbücher, Science-Fiction, Literatur, Unterhaltung

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