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WortGestalt

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Rezensionen und Bewertungen

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Cover des Buches Krieg der Bastarde (ISBN: 9783426304211)

Bewertung zu "Krieg der Bastarde" von Ana Paula Maia

Krieg der Bastarde
WortGestaltvor 8 Jahren
Cover des Buches Neuntöter (ISBN: 9783453438040)

Bewertung zu "Neuntöter" von Ule Hansen

Neuntöter
WortGestaltvor 8 Jahren
Ich mochte sie, diese starrsinnige, wütende und emotional irrational wirkende Hauptfigur!

Ein Gebäude, wo keines ist. Nur eine bedruckte Plane mit einer täuschend echt wirkenden Hausfassade, befestigt an einem mehrere Stockwerke hohen Gittergerüst. Mehr nicht, nichts dahinter. Eine Stadt tarnt und versteckt sich, kaschiert hässliche Brachflächen mit einer gedruckten Illusion von Konsum und Behaglichkeit. Willkommen in Berlin. Willkommen am Potsdamer Platz.

Und hinter dieser künstlichen Fassade mitten in der Stadt hängen sie wie Raupen in ihren Puppen. Drei Leichen, eingewickelt in Panzertape und befestigt hoch oben in den Stahlstreben. Niemand kann sie sehen, obwohl sie sich an einem der belebtesten Plätze im Zentrum Berlins befinden. Menschen eilen tagtäglich an ihnen vorbei, ohne ihre Anwesenheit auch nur zu erahnen. Symptomatisch für das soziale Miteinander in einer Großstadt ist der Leichenfundort zum Auftakt des Thrillers „Neuntöter“.

Und auch seine Protagonistin ist ein Produkt ihrer Umwelt. Emma Carow, Fallanalytikerin beim LKA, hat noch Jahre nach ihrer Vergewaltigung mit den Folgen zu kämpfen. Ablenkung findet sie in ihrer Arbeit, sie ist eine der gewissenhaftesten Ermittlerinnen in der Abteilung der Operativen Fallanalyse beim LKA Berlin. Mit ihrem Team hilft sie den Kommissaren, Muster und Motive bei Straftaten zu erkennen, durchleuchtet den Charakter eines Verbrechens. Das fällt ihr um so vieles leichter als bei dem Charakter eines Menschen. Dort hat sie die Fähigkeit verloren, einzuschätzen, wem sie trauen kann, wen sie auf Abstand halten muss oder wer ihr nur helfen will. Also Schutzpanzer anlegen und mit dem Kopf durch die Wand, das ist Emma Carow.

Und ich mochte sie, die Figurenzeichnung dieser wütenden, starrsinnigen und emotional irrational wirkenden Emma Carow. Wenn man sich aber die verschiedenen Leserstimmen anschaut, wird schnell deutlich, dieser Thriller steht und fällt mit seiner Protagonistin. Denn ein einfacher Charakter ist sie nicht, viele Kommentare zu dieser Figur reihen sich irgendwo zwischen anstrengend und nervtötend ein. Mit Emma Carow wird nicht jeder Leser warm werden. Sie ist schwierig, störrisch und agiert auf eine Art, mit der einige nichts anzufangen werden wissen.

Doch gerade das machte sie für mich zu einer so interessanten Figur, brachte sie mir nah. Sie ist eine Querkämpferin, kämpft mit sich, mit ihrem Trauma, mit ihrem Leben und mit den Menschen um sich herum ihren eigenen Kampf. Einen Kampf, den die Autoren in meinen Augen ganz hervorragend nachgezeichnet haben, der mir sehr real, sehr möglich vorkam, in all seinen Facetten und seiner Intensität.

Während der Ermittlungen im Fall der drei verpackten Leichen vom Potsdamer Platz (Achtung, beim Auspacken selbiger wird es kurz eklig, ansonsten ist der Thriller aber weniger auf blutige, sondern auf atmosphärische Spannung gebaut!) verprellt Emma Carow mit ihrer Art immer wieder Kollegen und Freunde, selbst mit ihrem langjährigen Fürsprecher und Mentor Kommissar Lutz Bogner gerät sie mehrfach aneinander. Denn neben dem Mordfall spielt in „Neuntöter“ eine zweite Komponente eine große Rolle: Die Freilassung von Emma Carows Vergewaltiger Uwe Marquardt. Nachdem er seine Haftstrafe abgesessen hat, steht er nun mit einem Buch über seine angebliche Läuterung im Fokus der Öffentlichkeit. Eine Entwicklung, die der Fallanalytikerin die Kontrolle über ihre Situation entreißt.

Und trotz der großen Rolle, die Emma Carow in diesem Thriller spielt, wirkt das Verhältnis zum Mordfall nicht unausgewogen, beides fügt sich sehr gut abgestimmt ineinander, macht die Handlung dadurch komplexer, verleiht ihr mehrere Spots. So entsteht in „Neuntöter“ auf dem Grundgerüst eines klassischen Thrillers eine mit vielen positiven Eigenheiten aufgebaute Story. Denn neben der Hauptfigur sind auch der Schreibstil und das Erscheinungsbild Berlins zwei Dinge, die mir ausgesprochen gut gefallen haben.

Das Berlin, das die Autoren in „Neuntöter“ beschreiben, ist sehr treffend eingefangen, sehr echt und authentisch und die Schauplätze haben eine schöne Atmosphäre, etwas von Großstadtmelancholie. Und der Schreibstil passt dazu wie maßgeschneidert, gibt dem Buch einen eigenen Ton und eine eigene Stimmung, einzelne kurze Sätze erzeugen etwas szenisches, nicht völlig unkonventionell, aber doch so, dass es auffällt, angenehm auffällt.

Und so ist mir dieser Thriller an fast allen Ecken und Enden unglaublich angenehm aufgefallen. Die einzige Kleinigkeit, über die ich gestolpert bin, ist eine Entwicklung gegen Ende des Romans, die die Handlung in allzu typische Genre-Muster verfallen lässt, aber selbst das inszenieren die Autoren noch spannend und ideenreich, sodass insgesamt bei mir der Eindruck überwiegt, einen Thriller gelesen zu haben, der mit vielen eigenen Qualitäten aufwarten kann.

Abschließend sei noch erwähnt, dass hinter Ule Hansen das Autoren- und Lebenspaar Astrid Ule und Eric T. Hansen steht, beide sind seit vielen Jahren mit dem Schreiben in verschiedenen Formen vertraut und haben mit „Neuntöter“ ihren ersten, gemeinsamen Thriller veröffentlicht. Auf YouTube finden Interessierte eine spannende Interview-Reihe (*klick*), die viele Hintergrundinformationen zu ihrer gemeinsamen Arbeit am „Neuntöter“ bereit hält. Ein Blick lohnt!

Fazit: Den ersten Thriller des Autorenduos Ule Hansen empfinde ich als eine sehr stimmig gelungene Komposition. Mich hat das Feingefühl der Autoren für ihre Figur Emma Carow ebenso überzeugt wie Ton und Stimmung dieser Geschichte. Ein Debüt, das unbedingt Folgen haben sollte!

Bewertung: 4,11 Punkte = 4 Sterne Stil: 4/5 | Idee: 4/5 | Umsetzung: 4/5 | Figuren: 5/5 | Plot-Entwicklung: 4/5 Tempo: 4/5 | Tiefe: 4/5 | Komplexität: 4/5 | Lesespaß: 4/5 | = 4,11 Punkte

Rezension auch auf dem Blog
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Cover des Buches Fünf schräge Vögel (ISBN: 9783855357956)

Bewertung zu "Fünf schräge Vögel" von Donald E. Westlake

Fünf schräge Vögel
WortGestaltvor 8 Jahren
Kurzmeinung: Sammelsurium aberwitziger Einbrüche, famos amüsant erzählt. Eine Gaunerkomödie, die Spaß macht!
Famose und amüsante Gauner-Komödie

Akinzi hat ihn, Talabwo will ihn, Dortmunder soll ihn stehlen. Den Balabomo-Smaragd. Ein Edelstein von hohem ideellen Wert. In Zahlen macht das schlappe 500.000 Dollar. Und Akinzi und Talabwo sind nicht etwa zwei Jungs aus der Bronx, sondern verfeindete afrikanische Stämme, die sich nicht einig werden konnten, wer nach dem Ende der britischen Kolonialherrschaft die Vorherrschaft im Land übernehmen sollte. Nach einem gepfefferten Bürgerkrieg stellt nun jeder Stamm sein eigenes Land, Uneinigkeit herrscht aber weiterhin darüber, in welchem Besitz sich das heilige Symbol des Stammes, der Balabomo-Smaragd, befinden sollte. Momentan nennt ihn Akinzi sein Eigen, im Rahmen einer Ausstellung befindet sich der Stein selbst aber in New York City.

Und aus genau dieser Ausstellung soll John Dortmunder (Der heißt übrigens so wie die Stadt, weil sein Autor in einer Bar eine DAB-Bier-Leuchtreklame gesehen hat und sich dachte, das wäre doch ein feiner Name. Kein Scherz.) im Auftrag des Botschafters des Landes Talabwo, Major Iko, den Smaragd stehlen. Dortmunder ist ein gewiefter Dieb, der gerade die zweite Haftstrafe seiner Karriere abgesessen hat. Ein erstes und untrügliches Anzeichen dafür, dass er zwar ein professioneller Ganove, aber das Glück ihm nicht immer hold ist. Da sich jedoch ehrliche Arbeit nicht mit seinen Vorstellungen von beruflicher Erfüllung in Einklang bringen lässt und Gelegenheit bekanntlich Diebe macht, nimmt Dortmunder das Jobangebot von Major Iko an, das ihm sein alter Kumpel Kelp vermittelt und willigt ein, den Edelstein für den Major zu beschaffen.

Ein Team muss her, und zusammen mit seinem Kompagnon Kelp rekrutiert Dortmunder den Geschwindigkeitsjunkie und Experten für motorisierte Fortbewegungsmittel jeglicher Art Stan Murch, den Spezialisten für das Öffnen Schlösser jedweder Beschaffenheit Roger Chefwick und den Fachmann für alle anderen Nöte Alan Greenwood. Jede dieser Figuren hat Autor Donald E. Westlake mit einem charmanten Spleen ausgestattet, nichts aufdringliches, aber doch markant genug, um am Ende der Geschichte ein ganz klares Bild dieser fünf schrägen Vögel im Kopf zu haben. Eine sehr effektive Figurenzusammenstellung, die einfach funktioniert und ein Team, das seinen Auftrag in harmonischem Einklang und hoch motiviert angehen will.

Was dann alles passiert, konnte so keiner der Beteiligten ahnen, beschert dem Leser aber eine wirklich famose Gaunerkomödie. Denn dieser Smaragd ist einfach nicht zu kriegen. Und aus einem Einbruch werden zwei, dann drei, dann vier und damit ist das Ende der Fahnenstange noch lange nicht erreicht. Die Orte, an denen Dortmunder und sein Team einsteigen, werden von Mal zu Mal absurder, die Methoden, derer sie sich bedienen, abenteuerlicher und das Schöne ist, die Jungs denken groß und machen, um ihr Ziel zu erreichen, auch schon mal eine Diesellok oder einen Helikopter zum Fluchtfahrzeug und schrecken nicht davor zurück, in eine Zelle in einem Polizeirevier oder in eine Hochsicherheitsnervenheilanstalt einzubrechen. Dabei entstehen so viele aberwitzige Szenen, herrlich absurd und schön klamaukig, ohne lächerlich zu wirken.

Die Geschichte ist in ihrer Art sicher nicht sonderlich tiefgründig und kratzt auch nicht ernstlich an gesellschaftskritischen Themen oder durchleuchtet seine Figuren bis in den hintersten Winkel ihres Charakters. Aber das muss sie an dieser Stelle auch gar nicht. „Fünf schräge Vögel“ ist eine auf beste Art kurzweilige und unterhaltsame Komödie, die in dieser Hinsicht alles richtig macht. Die Figuren sind im Prinzip selbsterklärend, das Tempo ist zügig, die Handlung unkompliziert und, der für mich stärkste Punkt, die Erzählweise ist sehr dialoglastig. Das lässt kaum Längen entstehen, bietet immer Platz für einen amüsanten Schlagabtausch zwischen den Protagonisten, für Situationskomik und macht die Szenen dynamisch. Lockerer kann man eine Gaunerkomödie kaum gestalten. Humor ist letztens Endes immer Geschmackssache, ich hatte aber beim Lesen immer wieder ein breites Feixen im Gesicht und musste an einigen Stellen meine Erheiterung auch akustisch zum Ausdruck bringen. Da sind schon ein paar gute Lacher dabei!

Der 2008 verstorbene Autor Donald E. Westlake, der unter dem Pseudonym Richard Stark mit seiner Reihe um den Berufsverbrecher Parker eine finstere Ikone der Krimialliteratur schuf, legt mit dem Dieb John Archibald Dortmunder eine etwas leichtere Serie vor. Die Reihe umfasst insgesamt 14 Bände und eine Kurzgeschichtensammlung, der erste und hier vorliegende Roman „Fünf schräge Vögel“ erschien 1970 und wurde zwei Jahre später mit Robert Redford in der Rolle des John Dortmunder und unter dem Titel „Vier schräge Vögel“ (Kürzungen überall, ein Gauner wurde für den Film wegrationalisiert) verfilmt.

In den 1970er Jahren wurden die ersten vier Bände der Reihe um John Dortmunder bei Ullstein, stark gekürzt übersetzt, veröffentlicht. Die hier vorliegende Neuveröffentlichung aus dem Atrium Verlag ist eine erstmals vollständige Übersetzung und weckt bei mir Wunsch und Hoffnung, dass die Reihe in dieser wunderbaren Ausstattung hoffentlich weitergeführt werden kann!

Fazit: „Fünf schräge Vögel“ ist ein Sammelsurium aberwitziger Einbrüche, famos amüsant erzählt. Eine sehr lockere und unterhaltsame Gaunerkomödie, die Spaß macht, bei der man seinen Kopf ausschalten kann und trotzdem nicht unter Niveauverlust leiden muss.

Bewertung: 4,44 Punkte = 5 Sterne
Stil: 4/5 | Idee: 5/5 | Umsetzung: 5/5 | Figuren: 5/5 | Plot-Entwicklung: 4/5
Tempo: 5/5 | Tiefe: 3/5 | Komplexität: 4/5 | Lesespaß: 5/5 | = 4,44 Punkte

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Cover des Buches Gone Cat - Die stumme Zeugin (ISBN: 9783736301573)

Bewertung zu "Gone Cat - Die stumme Zeugin" von Sam Gasson

Gone Cat - Die stumme Zeugin
WortGestaltvor 8 Jahren
Angenehme Überraschung

Die titelgebende Katze dieses Krimis heißt Mildred und nein, „Gone Cat“ ist kein Katzenkrimi. Katze Mildred spielt in dieser Geschichte keine andere Rolle als die eines gewöhnlichen Haustieres, sie kann weder ihre Gedanken durch auffälliges Blinzeln mitteilen noch mit einmal Maunzen ihre Zustimmung und mit zweimal Maunzen ihre Ablehnung kundtun. Mildred ist eine ganz normale Katze, die auch nur das macht, was Katzen am Tage und bei Nacht so treiben. Sich putzen, durch die Nachbarschaft streunen, solche Dinge, Katzenkram eben. Interessant wird das alles, wenn das Tier bei seinen Streifzügen ein Kamerahalsband trägt und ein Mord in der Nachbarschaft geschieht.

So passiert in der St. Andrew's Road im englischen Seebad Brighton. Bei Terry und Poppy Rutter gibt es immer wieder handfesten Streit, die Ehe der beiden ist am Ende, Gewalt gehört zum Alltag, schon mehrmals mussten Nachbarn die Polizei rufen. Nun liegt eines Morgens Poppy Rutter ermordet in ihrem eigenen Haus, vergewaltigt und erschlagen.

Ein ganz anderes Bild im Haus gegenüber. Dort lebt Familie Glew. Vater Jim Glew hat gerade seinen Job als Privatdetektiv an den Nagel gehängt, um Bibliothekar zu werden. Nicht ganz freiwillig, er hängt an seiner Arbeit und an seinem Vorbild Philip Marlowe, natürlich, doch Gesundheit und Familie gehen vor. Und vielleicht ist Jim Glew auf eine sympathische Art und Weise der spießigste Privatdetektiv, der mir in einem Kriminalroman bisher begegnet ist. Er ist kein Joe Kurtz und auch kein Kemal Kayankaya, sondern ein Familienvater mit Herzproblemen, Einfamilienhaus samt Garten und Terrasse, mit einer Katze, einer lieben, klugen Ehefrau und einem sehr gescheiten, pfiffigen Sohnemann.

Eben jener Sohnemann heißt Bruno, ist wohl der größte Fan seines Vaters und Hobby-Detektiv mit Leib und Seele. Und das mit all der Ernsthaftigkeit, die kindliche Begeisterungsfähigkeit so mit sich bringt. Er hat selbstverständlich Visitenkarten, sichert Fingerabdrücke wie seine Vorbilder in den Krimiserien, er ermittelt und zieht Schlüsse. Einige davon sind gar nicht mal abwegig. Und damit ist die Grundidee von „Gone Cat“ auch schon erzählt. Ein Junge, der Detektiv spielt, eine Katze, die mit einem Kamerahalsband durch die Straßen streift und ein Mord, der aufgeklärt werden muss. Das klingt zwar irgendwie nach Cosy-Crime, der Kriminalfall selbst streift mit seinen Tathintergründen aber Themen, die keinen Grund zur Behaglichkeit bieten.

Und sie sind eigentlich auch nicht die richtige Beschäftigung für einen 11-jährigen Jungen in seinen Sommerferien. Ein wenig seltsam wirkt die Mischung schon, die hier zusammentrifft und das muss ich dem Krimi ankreiden, dass das nicht stimmiger erscheint. Denn die Schwere der Verbrechen steht im starken Kontrast sowohl zu den Reaktionen des kleinen Bruno als auch zu denen seiner Eltern, Jim und Hellen Glew, sie Lehrerin, er Privatdetektiv, ein sehr umsichtiges, aufmerksames Paar. Da scheint es doch unglaubwürdig, dass in diesen Verhältnissen die Eltern es ihrem Spross ermöglichen, sich beispielsweise belastendes Videomaterial vom Tatort anzuschauen oder dem Verhör des Mordverdächtigen beizuwohnen. Es passt zumindest nicht zu dem Bild, das von Helen und Jim Glew im Verlauf der Geschichte gezeichnet wird.

Ganz anders gelingt die Erhebung eines Kindes zum Hobby-Detektiv bei der ebenfalls 11-jährigen Flavia de Luce, Serienheldin und Mordermittlern aus Gelegenheit von Autor Alan Bradley. Der vermittelt dieses Konstrukt weitaus plausibler. Das liegt zum einen und vor allem anderen in der Natur der gewählten Verbrechen, aber auch an der leicht abstrakten Atmosphäre der Reihe, das leicht antiquierte, spooky-gothic-Setting, das dem Leser Flavia und ihre Abenteuer in ihrer Welt möglich erscheinen lassen. Bruno fehlt in seinem sehr fürsorglichen, harmonischen und eben leicht spießbürgerlichen Elternhaus diese schlüssige Umgebung für seine ermittlerischen Eskapaden. Eins haben beide Figuren aber gemein, sie sind ähnlich eifrig, altklug und clever und wer mit Flavia de Luces Charakterzeichnung zurecht kam, dürfte auch mit Brunos Figur keine Probleme haben.

Ansonsten war „Gone Cat“ für mich aber eine angenehme Überraschung. Der Autor zeichnet ein fast schon einfühlsames Porträt der Bewohner der St. Andrew's Road, vom neugierigen Nachbar Alan bis hin zur Süßwarenladenbesitzerin Mrs. Simner. Und erzählt dabei einen Krimi, bei dem das Label „cosy crime“ nur die halbe Wahrheit wäre. Dazu vermischen sich die Töne zu sehr, und auch wenn diese noch nicht an allen Stellen stimmig waren, so war das Lesen dieser Geschichte doch deutlich unterhaltsamer und origineller, als ich es zunächst vermutet hätte.

Wenig mit dem Inhalt zu tun hat, aber dennoch auffällig ist der Umstand, dass bei „Gone Cat“ im Impressum weder ein englischer Originaltitel noch ein Originalverlag aufgeführt werden und auch wenn man Google bemüht, finden sich kaum Spuren eines britischen Autors namens Sam Gasson. Vielleicht ist „Gone Cat“, ähnlich wie auch schon andere Titel amerikanischer oder britischer Autoren, nur für den deutschen Markt produziert worden. Und „very british“ kam er mir beim Lesen nebenbei bemerkt auch nicht vor.

Fazit: Weder Katzen-Krimi noch Cosy-Crime. Ein Krimi, den man am besten ohne Schublade liest, da er trotz einiger Unstimmigkeiten eine recht originelle Tonlage findet und sich so für mich als positive Überraschung entpuppte.


Bewertung: 3,89 Punkte = 4 Sterne
Stil: 4/5 | Idee: 4/5 | Umsetzung: 3/5 | Figuren: 3/5 | Plot-Entwicklung: 4/5 | Tempo: 5/5 | Tiefe: 4/5 | Komplexität: 4/5 | Lesespaß: 4/5 | Gesamt = 3,89 Punkte

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Cover des Buches Bobby Z (ISBN: 9783518462454)

Bewertung zu "Bobby Z" von Don Winslow

Bobby Z
WortGestaltvor 8 Jahren
Kurzmeinung: Eine sehr coole, temporeiche Interpretation einer Doppelgänger-Geschichte!
Die große Jagd auf Bobby Z

Der Drogendealer Bobby Z ist eine Legende. Und wie bei Legenden meist üblich, ist er tot. An einem banalen Herzinfarkt gestorben. Bobby Z! An einem Herzinfarkt! Das kann man nur schwer glauben.

Tim Kearney ist keine Legende. Tim Kearney ist mehr der Typ Pechvogel. Ein Kleinganove, der bei einem Einbruch schon mal über einen Rasensprenger stolpert und so der Polizei ihren Job recht leicht macht. Aber Tim Kearney lebt. Und er sieht Bobby Z zum Verwechseln ähnlich.

Die Sache ist nämlich die: DEA-Agent Tad Gruzsa will Bobby Z ausliefern. An ein mexikanisches Drogenkartell. Im Austausch für einen anderen DEA-Agenten. Die wollen Bobby Z aber natürlich lebend. Also schnappt Gruzsa sich Tim Kearney. Der hat gerade richtig Stress im staatlichen Gefängnis St. Quentin, weil er dort Stinkdog, ein Mitglied der Hell's Angels umgelegt hat. Ein klitzekleines Problem mit seiner Impulskontrolle. Tim Kearney hat also eine Mordanklage am Hals. Und einen Haufen wütender Rocker, die ihren Kumpanen rächen wollen. Da erscheint Tim die Aussicht, in die Haut eines toten Drogendealers zu schlüpfen und nach Mexiko zu gehen, gar nicht so verkehrt. Und sind wir einmal ehrlich, er hat auch keine Wahl. Er macht den Deal mit der Drogenbehörde und wird zu Bobby Z.

Und dann geht es richtig rund. Denn nicht alles läuft so, wie Tim sich das dachte. Scheinbar will ihm jeder ans Leder, ihm oder Bobby, was keinen Unterschied mehr macht, Tim hat ja das Nimm-2-Paket gebucht. Also muss er seine und Bobbys Dinge regeln, wobei „Dinge“ einen mexikanischen Drogenboss, eine Rockerbande, noch mehr mexikanische Verbrecher, Bobbys früheren Partner, genannt „Der Mönch“, einen Profikiller, die DEA und einen alten Ranger beeinhaltet. Und offenbar auch Kit, den 6-jährigen Sohn Bobby Zs. Ich kann mich in der Regel nicht großartig für Tiere oder Kinder in dieser Art von Romanen (und auch Filmen) erwärmen, hier hat aber Don Winslow die Dramaturgie in der Hand und damit ist auch das wirklich großartig verbaut. Kit und Tim sind, und entschuldigt diesen Ausdruck im Zusammenhang mit einem Don Winslow-Roman, ehrlich zauberhaft.

Die Stärke dieser Geschichte lag für mich in ihrem Tempo und in ihren Figuren, dazu noch der Stil Winslows, das macht die Sache rund. Der Einstieg ist fix und zackig, die Sprache direkt, auf den ersten Seiten wird die Ausgangssituation zügig erklärt, danach passiert dann einfach, was passieren muss. Bei manchen Figuren reicht ein Dialog, um den gesamten Charakter zu zeichnen und man weiß als Leser alles über eine Rolle, was nötig ist. Sicher greift Don Winslow dabei das ein oder andere Klischee auf, damit diese unkomplizierte Gestaltung so greifen kann, aber die Figuren wirken derart dynamisch, dass das für mich letztlich keine Rolle spielte. Weil keine Figur sein Klischee nutzt, um sich darauf auszuruhen, man spart sich nur langwierige Biografien, schnappt sich zum Beispiel einen mexikanischen Kartellboss und lässt ihn die ihm zugedachte Rolle ausfüllen. Denn das macht er dann richtig gut und die Story läuft. Nette Überraschungen gibt es dennoch genügend. Die müssen dann nicht zwingend in der Charakterzeichnung liegen. Können es aber.

Was das Tempo betrifft, geht es Schlag auf Schlag, Leiche auf Leiche. Es wird viel gestorben in diesem Buch, bei dieser großen Jagd auf Bobby Z und Tim in Personalunion. Die Verstrickungen, wer warum hinter wem her ist, sind dabei großes Kino. Man könnte kurz innehalten und sich das ganze Schlamassel in Ruhe ansehen, doch selbst bei dem hohen Tempo kommt die teils tragische, teils komische Seite der einzelnen Szenen gut heraus, an anderen Stellen spürt man aber auch immer wieder ernste Töne zwischen den Zeilen, leise, aber vorhanden.

Was Winslow auch sehr großartig inszeniert, ist der Zauber um die Legende Bobby Z und das, was sich dahinter verbirgt. Und es ist auch hier die sehr bekannte, aber irre unterhaltsam erzählte Geschichte von einer Niete, die zum Helden wird, wobei recht schnell klar wird, dass die Niete gar keine Niete ist und das Potential hat, selbst zur Legende zu werden, ja die eigentliche Legende sogar locker in die Tasche zu stecken vermag.

Fazit: Eine sehr coole, temporeiche Interpretation einer Doppelgänger-Geschichte. Die große Jagd auf Bobby Z macht Laune, zerschießt so einige Brustkörbe und hat neben sehr harten auch ein paar zarte Seiten. Schönes, schönes Kino!


Bewertung: 4,56 Punkte = 5 Sterne
Stil: 4/5 | Idee: 5/5 | Umsetzung: 5/5 | Figuren: 5/5 | Plot-Entwicklung: 4/5
Tempo: 5/5 | Tiefe: 4/5 | Komplexität: 4/5 | Lesespaß: 5/5 | = 4,56 Punkte


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Cover des Buches Messertanz (ISBN: 9783426516744)

Bewertung zu "Messertanz" von Katja Bohnet

Messertanz
WortGestaltvor 8 Jahren
Thriller nach Maß, eigenständig und großartig erzählt

Dass man es bei diesem Thriller mit einem sprachlich geschickten Werk zu tun bekommen könnte, ahnt man schon, wenn man sich das kurze Interview mit der Autorin durchliest, das der Verlag vor der Veröffentlichung des Buches auf seiner Homepage online stellte. Die Antworten, die Katja Bohnet auf Fragen wie „Neben der Arbeit als Schriftstellerin – was wären alternative Berufe für Sie? Und warum?“, „Welches Buch sollte jeder einmal gelesen haben?“ oder „Was ist ihre Lebensphilosophie?“ gibt, lauten „Privatier. Keine Ahnung, was das ist, aber es klingt gut.“, „Ein lustiges Taschenbuch. Im eigentlichen und übertragenen Sinn.“ und „Ein Leben ohne eine Philosophie scheint mir schon anspruchsvoll genug.“ und lassen Individualismus erkennen. Das bei einem Thriller zu finden, ist nicht mehr leicht, aber genau das hat „Messertanz“, etwas individuelles.

Der Klappentext wird dem Buch dabei kaum gerecht, fast verheimlicht er, dass hier mehr auf den Leser wartet, als die „verstümmelte Leiche“, die dort angepriesen wird. Auch das „eigenwillige Ermittlerteam“ und die Spur in die „Vergangenheit der Ermittler“ klingen erstmal nach Triggerbegriffen, die eben in so einen Thriller-Klappentext gehören, um ihn zu verkaufen. Was ja prinzipiell auch gut ist, dieses Buch sollte dringend gekauft werden. Aber „Messertanz“ ist eindeutig mehr als Stangenware und das kaschiert der Klappentext ein wenig.

Die bereits erwähnte, verstümmelte Leiche, die die Handlung eröffnet, hört auf den Namen Alla Kusmin. Ein russischer Name, wie dem LKA-Ermittler Viktor Saizew gleich auffällt, der mit seiner Kollegin Rosa Lopez den Leichenfundort untersucht. Er wurde selbst in St. Petersburg geboren und ist Anfang der 1990er Jahre mit seiner Großmutter Mila nach Berlin gekommen. Wie viele andere Spätaussiedler verschlug es sie in den Stadtteil Marzahn. Dort liegt nun auch die ermordete Alla Kusmin in ihrer Wohnung. Die Tochter Tonja reagiert wenig bestürzt über die Nachricht des gewaltsamen Ablebens ihrer Mutter. Und noch in der gleichen Nacht wird sie ein weiteres Mal mit blutiger Gewalt konfrontiert, als ein junger Mann, Foma Lassarev, auf der Straße von einem Unbekannten niedergestochen wird. Es soll nicht der letzte Mordversuch in diesem Thriller bleiben. Und dann ist da noch Lew Petrow, ein gutaussehender Geschäftsmann aus Russland, galant, charmant, raffiniert. Regelmäßig pendelt er von Berlin nach St. Petersburg nach Moskau. Er ist wichtig. Er hat zu tun. Er macht große Geschäfte mit wertvollem Gut. Unbezahlbar ist in seiner Welt nichts.

Die Geschichte, die sich daraus entspinnt, hat erfreulich wenig mit einem oberflächlichen Metzelei-Thriller zu tun, sondern birgt die sehr gewandt erzählte Geschichte mehrerer Leben, die sich kreuzen, die sich schneiden, die sich zerstören und sich Schaden zufügen, teilweise unwissend, teilweise kalt kalkuliert. Es ist eine Geschichte, die mehr thematisiert als man auf den ersten Blick ahnt, die tiefer geht in das, was man Familie nennt, die verschiedene Extreme dieses großen Wortes auslotet, die Nuancen und Schattierungen unterschiedlicher Exemplare von Müttern, Vätern, Söhnen und Töchtern, Enkeln, Eltern, Ehepartnern und Geschwistern kontrastiert. Das alles erzählt Katja Bohnet aber ohne Sentimentalität und baut damit eine sehr eindringliche Szenerie auf, in der die Gegensätze kaum größer sein könnten, wenn es darum geht, was Familien Menschen bedeuten und was sie mit ihnen anrichten können, wie groß Liebe, Sehnsucht und Hass sein und wozu sie Menschen treiben können.

Spannend fand ich dabei nicht nur die Erzählstruktur mit dem Wechsel zwischen verschiedenen Handlungssträngen, sondern auch die Zeichnung der Figuren und der Stimmung, die sie transportieren. Ich habe an den Figuren fast eine Art Silhouette aus Empfindungen wahrgenommen, an den Ermittlern Rosa und Viktor, die eine durch eine schwere Schuld fast gebückt, der andere ein Hüne wie Obelix, der ins Wanken gerät und dessen Fall einem Erdbeben für seine Mitmenschen gleichkommt. Das alles produziert zu großen Stücken die starke Erzählstimme der Autorin, eine mehr als tolle Sprache, sehr klar, sehr präzise, ohne ausgediente Dialoge oder aufbauschende Phrasen. Und mit einem Hauch Lakonie, der an manchen Stellen den Ernst der Lage zu entschärfen wusste, der mir die Figuren noch näher brachte und sie glaubwürdig in diesen wirklich kranken und sehr perfiden Plan einpasste, von dem der Täter getrieben wurde. An ein, zwei Stellen muckte mein Kopf kurz auf, wollte sich über ein paar Zufälle zu viel beschweren, aber auch dafür hatte das Buch die passende Antwort bereit: „Es gibt keine Zufälle (…) . Nur Schicksal.“ (Zitat aus "Messertanz", S. 272)

Fazit: „Messertanz“ hat eine arg gut eigenständige Erzählstimme, eine eigenständige Atmosphäre und eigenständige Figuren. Ein Thriller nach Maß. Und ein wirklich perfider Plot! Ich würde lieber gestern als heute den nächsten Roman von Katja Bohnet lesen wollen. Ganz gleich, worum es ginge.

Bewertung: 4,22 Punkte = 4 Sterne
Stil: 4/5 | Idee: 5/5 | Umsetzung: 4/5 | Figuren: 5/5 | Plot-Entwicklung: 4/5
Tempo: 4/5 | Tiefe: 4/5 | Komplexität: 4/5 | Lesespaß: 4/5 = 4,22 Punkte

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Cover des Buches Leichendieb (ISBN: 9783608501186)

Bewertung zu "Leichendieb" von Patrícia Melo

Leichendieb
WortGestaltvor 8 Jahren
Cover des Buches Flavia de Luce 4 - Vorhang auf für eine Leiche (ISBN: 9783442379019)

Bewertung zu "Flavia de Luce 4 - Vorhang auf für eine Leiche" von Alan Bradley

Flavia de Luce 4 - Vorhang auf für eine Leiche
WortGestaltvor 8 Jahren
Cover des Buches Schwarzer Schmetterling (ISBN: 9783426511664)

Bewertung zu "Schwarzer Schmetterling" von Bernard Minier

Schwarzer Schmetterling
WortGestaltvor 8 Jahren
Cover des Buches Umweg zur Hölle (ISBN: 9783895812309)

Bewertung zu "Umweg zur Hölle" von Jörg Fauser

Umweg zur Hölle
WortGestaltvor 8 Jahren
Kurzmeinung: Der komplexe Plot und die phänomenale Figurenzeichnung machen „Umweg zur Hölle“ zu einem Ganoven-Thriller mit einem ausgebufften Pokerface.
Lässiger Humor und raffinierte Intelligenz

In den etwas härteren Kriminalromanen ist nicht selten die Hauptfigur der raue, einsame Wolf. Ich lese das zum Beispiel richtig gern. So ein hartgesottener Typ, raue Schale, rauer Kern, lakonisch in Wort und Tat und ein richtiger "lonesome cowboy", verlassen von der Welt, mit großer Gelassenheit unterwegs. Coole Sache. Besser kann es dann eigentlich nur noch werden, wenn eine Geschichte plötzlich mit zwei von diesen Typen aufwartet, wie in „Umweg zur Hölle“. Da gibt es nämlich Artie Wu und Quincy Durant und ja, das, was die beiden haben, würde heutzutage als echte Bromance durchgehen, eine Männerfreundschaft dicker als Blut und solider als so mancher Stahlträger. Und ohne großes Tamtam.

Es geht an die Westküste der USA, Malibu, Kalifornien Mitte der 1970er Jahre. Und es beginnt mit einem toten Pelikan. Der Aufhänger ist so schön, man hätte den ganzen Roman danach benennen können. Da joggt also Arthur Case Wu, ein an Körpergröße und Körperumfang sehr stattlicher Chinese jeden Morgen am Strand von Malibu, in einem blauen Trainingsanzug. Und stolpert doch tatsächlich an diesem einen Tag im Juni über einen toten Pelikan. Während Artie fällt und sich nur denkt „Scheiße“, sieht ein Spaziergänger ihn fallen und denkt sich „Da fällt der dicke Chinese“.

Aufmerksam wie der Spaziergänger ist, der jeden Morgen am Strand von Malibu mit seinen sechs Windhunden Gassi geht und übrigens Randall Piers heißt, eilt er dem gestürzten Artie Wu zu Hilfe und geleitet ihn und seinen verstauchten Knöchel in das nahegelegene Strandhaus von Arties Partner Quincy Durant, ein langer, magerer Typ, braungebrannt, aber kein Sunnyboy. Und dann kann die Show auch schon beginnen. Es entspinnt sich ein perfekter Gauner- und Ganoven-Thriller/Krimi mit vielen krummen Geschäften, dubiosen Gestalten, der Mafia und der CIA, Politikern, Folk-Sängerinnen, viel Korruption und dem ein oder anderen Auftragsmord. Großes Kino.

Herausragend waren für mich in "Umweg zur Hölle" die Komplexität des Plots und die Figurenzeichnung, beides ist so voller Feinheiten, Verstrickungen und Verbindungen erzählt, dass es ein wahres Fest ist. Ich konnte die Handlung nie weiter als bis zum nächsten Wort durchschauen. Es sind viele kleine Rädchen, die das Getriebe dieser Geschichte am Laufen halten und jedes einzelne scheint mit der Präzision eines Schweizer Uhrmachers gefertigt zu sein. Man darf sich ruhig jeden einzelnen Namen der zahlreichen Figuren merken, die im Laufe der Handlung auftauchen, jeder könnte später noch die eine entscheidende Rolle spielen.

Auch sprachlich ist Ross Thomas Roman ein schieres Vergnügen, die Dialoge sind lakonisch und pointiert, der Erzähltext passt dafür gerne auch mal kleine Details ab, sodass die Figuren mit kurzen und sorgfältig ausgewählten Anekdoten bestückt werden, die nicht selten ein Schmunzeln provozieren. Und alles, was in diesem Roman vor sich geht, geschieht mit einer lässig-entspannten Attitüde, keiner dreht durch, na ja, kaum einer, doch alle  haben ihre feste Rolle und erfüllen diese erhobenen Hauptes. Nicht zuletzt, weil sie sich oftmals für Drahtzieher halten, obwohl sie nur Marionetten sind.

In dieser Geschichte, in der es um viel Geld und Macht, aber auch um persönliche Motive geht, wird unendlich viel getrickst. Dieses Konstrukt ist dem Autor so gut gelungen, dass sich der Leser nie sicher sein kann, wer hier eigentlich mit offenen Karten spielt.

Fazit: Es ist diese Mischung aus lässigem Humor und raffinierter Intelligenz, die den ersten Fall von Artie Wu und Quincy Durant auszeichnet. Der komplexe Plot und die phänomenale Figurenzeichnung machen „Umweg zur Hölle“ zu einem Ganoven-Thriller mit einem ausgebufften Pokerface.

Bewertung: 4,56 Punkte = 5 Sterne
Stil: 5/5 | Idee: 5/5 | Umsetzung: 4/5 | Figuren: 5/5 | Plot-Entwicklung: 5/5
Tempo: 4/5 | Tiefe: 4/5 | Komplexität: 5/5 | Lesespaß: 4/5 | = 4,56 Punkte

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