Auf dieses Buch aufmerksam geworden bin ich durch die zahlreichen sehr positiven Buchbesprechungen in den sozialen Medien. Da ich mit Schach überhaupt nichts anfangen kann, hätte ich um diesen Roman sonst wahrscheinlich einen großen Bogen gemacht. Und, um das gleich vorwegzunehmen, hätte mich dadurch um einen echten Lesegenuss gebracht. Für alle, die dieselben Befürchtungen haben, sei gesagt: Die Hauptfiguren spielen zwar Schach, aber man braucht absolut keine Vorkenntnisse, das Spiel an sich ist nebensächlich.
Die Geschichte beginnt mit einem alten Mann, der vorgestellt wird. Er ist seit einiger Zeit Witwer und weiß ohne seine Frau nicht so recht, wie er seinen Tag bewältigen soll. Er lebt nach einem festen Zeitplan. Ein Teil dessen ist, dass er mit seinem Schachbrett und einer Thermoskanne mit Tee in den Park geht, um dort gegen seine verstorbene Frau imaginäre Schachpartien zu spielen. Eines Tages begegnet er dort dem 9-jährigen Janne, der auf einer Skateranlage übt. Der Junge ist neugierig und geht auf den alten Mann, der sich ihm als „Oldman“ vorstellt, zu. Seine alleinerziehende Mutter Malu arbeitet in einem Café und ist oft mit der Erziehung Jannes überfordert. In der Schule gilt er als schwierig, oft muss Malu zur Lehrerin kommen und sich deren Beschwerden anhören. Erst als Janne und Oldman sich annähern, und Janne beginnt, das Schachspiel zu erlernen, wird er ruhiger. Doch eines Tages ist Oldman nicht an seinem Platz im Park.
Diese Geschichte hat mich sehr berührt. Es geht hier nicht nur um die Einsamkeit eines alten Witwers oder um die Probleme einer alleinerziehenden Mutter und deren Sohn. Dieses Buch ist viel mehr. Die Autorin vermittelt ihren Lesern, wie wichtig Freundschaft und Familie sind, ohne jemals belehrend zu wirken. Sie erzählt aus verschiedenen Perspektiven, wie sich die Protagonisten nach und nach annähern. Auch aus Oldmans Vergangenheit, die eine nicht unerhebliche Rolle spielt, erfährt der Leser einiges. Das Ende hielt für mich noch eine echte Überraschung bereit und ließ mich das Buch mit einem Lächeln im Gesicht zuklappen.
Nicht unerwähnt lassen möchte ich die sehr hübsche Gestaltung des Buches: Eingestreut in die Geschichte sind kleine Illustrationen von Vivien Thiessen, die sehr gut zu der Handlung passen. Auch die Gestaltung des Covers in einem hellen Grün mit roter Schrift hat mir ausgesprochen gut gefallen. Es zeigt einen alten Mann und einen Jungen, die nebeneinander hergehen, eingerahmt in Kastanienblätter.