alvy
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Rezensionen und Bewertungen
„don't judge a book by its cover“: Der Roman Americanah von Chimamanda Ngozi Adichie ist kein Buch, zu dem ich sozusagen aus dem Bauch geraus gegriffen hätte. In der FAS darüber gelesen und neugierig geworden. Gut so. Erzählt wird die Geschichte einer Nigerianerin, die nach Amerika auswandert, sich dortmühsam ein Leben aufbaut, erfolgreiche Bloggerin und Princeton-Stipendiatin wird, um schließlich nach Nigeria zurückgeht - und sich dieses Land als Heimat zurückerobern muss. Eingebettet ist die Geschichte ihrer Jugend- und Lebensliebe. Es werden dem Leser Vorurteile und Plattitüden im Zusammenleben von Schwarz und Weiss bzw. der Rassen, wie sich die pointiert bloggende Protagonistin ausdrücken würde, vor Augen gehalten. Und zwar ohne erhobenen Zeigefinger. Chimamanda Ngozi Adichie geht mit Amerika genauso hart ins Gericht wie mit Nigeria. „Ich wurde erst schwarz als ich nach Amerika kam“ und "Bei Rasse geht es nicht um Biologie, sondern um Soziologie" sind für mich zweifellos Schlüsselsätze des Buchs. Die eigene Unreflektiertheit im Zusammenleben, die Chimamanda Ngozi Adichie aufzeigt, ist verblüffend.
PS: ich musste bei der Lektüre an den Vortrag „Von Tod und Geburt der Gegenwartsliteratur im Internet“ der Literaturwissenschaftlerin Elisabeth Michelbach bei der re:publica 2014 denken. Sie kritisierte unter anderem die Vernachlässigung des Digitalen in der Gegenwartsliteratur. (http://re-publica.de/session/tod-und-geburt-gegenwartsliteratur-im-internet) „Americanah“ von Chimamanda Ngozi Adichie ist ein Gegenbeispiel. Grossartig. Und zum Denken anregend.
Ein neuer Paul Auster-Roman. Her damit - ich habe die meisten seiner Bücher gelesen, begonnen nit der "New York"-Trilogie. Und während der Lektüre kam mir folgender Gedanke. Ich mag Auster-Romane so wie Woody Allen-Filme - beiden haben eine klare Handschrift und immer wiederkehrende Motive. Sind es bei Woody Allen die am Tisch sitzenden Runden, die beim Plaudern in Geschichten entführen und die leichtfüssigen Bezüge zu grossen Denkern und intellektuellem Habitus, so sind es in den Auster-Büchern doch immer wieder eben Bücher, die im Zentrum stehen. Es geht oft um Literatur und Lesen - und das durchaus obsessiv. Das halte ich für insprierend. Austers zweite Leidenschaft, die ich herauslese, ist Baseball. Hier kann ich ihm weniger folgen. Sowohl bei "Sunset Park" als auch bei "Mr. Vertigo" sind dies jene Passagen, bei denen ich zum überlesen neige. Fatal, denn Auster entwickelt mit Hilfe des Sports durchaus zentrale Analogien. Davon abgesehen ist es grossartig in "Sunset Park" einzutauchen, in die Welt eines Getriebenen wie Vertriebenen. Der seinen Weg bitter konsequent zu Ende geht. Am Ende von "Sunset Park" steht für mich jedenfalls der Beschluss ein paar seiner ältern Bücher noch einmal zu lesen.