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annepei

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Rezensionen und Bewertungen

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Cover des Buches Geordnete Verhältnisse (ISBN: 9783446279551)

Bewertung zu "Geordnete Verhältnisse" von Lana Lux

Geordnete Verhältnisse
annepeivor 7 Tagen
Toxischste aller toxischen Beziehungen

Rezensionsexemplar | Lana Lux „Geordnete Verhältnisse“

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Philipp, der asexuelle und einzelgängerische Sohn einer Alkoholikerin ist schon seit der Grundschule mit Faina, einer bisexuellen eingewanderten Ukrainerin befreundet. Aufgrund eines Streits hat Faina die Freundschaft beendet, doch nach 3 Jahren steht Faina wieder vor Philips Tür, denn sie ist schwanger und obdachlos. Philipp nimmt sie natürlich auf … doch zu welchem Preis?

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Obwohl das Buch mich wirklich gefesselt hat und ich es super schnell weggelesen habe, war es mir irgendwie etwas too much. Die beiden Hauptfiguren Philipp und Faina wirken fast überladen. Natürlich ist Faina nicht nur eine bisexuelle eingewanderte jüdische Ukrainerin, sie ist auch noch bipolar, hat einen Fetisch und arbeitet(e) als Sexarbeiterin. Mit der Hälfte der Eigenschaften hätte die Geschichte genauso funktioniert, zumal die Sachen auch teilweise nur abschnittsweise angerissen werden. Ähnlich ist es mit den Nebenfiguren, oft tauchen sie kurz auf und verschwinden dann wieder. Dieser Eindruck entsteht auch, weil es schon hauptsächlich um Philipp und Faina geht. Ein Großteil der Geschichte ist aus der Ich-Perspektive von einem der beiden erzählt, wodurch man sehr nah an den beiden dran ist. Generell tue ich mich damit oft schwer, aber bei Phillip war es richtig unangenehm, weil er so egozentrisch, abwertend und aggressiv ist. Seine „Liebe“ zu Faina ist einfach nur kompromisslose Besessenheit, die nichts mit ihr als Person zu tun hat, sondern sie zu einem perfekten Accessoire in Philips Version eines Vorzeige-Lebens machen will. Er hat allerdings viele schreckliche Dinge erlebt und besonders am Anfang wird man mit der Frage konfrontiert, ob er einem nicht auch leid tun muss. Die Autorin weckt starke Emotionen mit diesem Text und hat mich am Ball gehalten, trotzdem kam mir die Geschichte konstruiert und teilweise auch übererklärt vor. Das Thema der toxischen Beziehung kommt aber sehr gut rüber und auch mal auf eine andere Art als man es schon aus diversen Geschichten kennt. Das Ende war dann konsequent und stärkt die Message des Buches nochmal. Ich hab das Buch gerne gelesen, glaube aber, dass es noch besser gewirkt hätte, wenn man sich auf weniger Aspekte stärker fokussiert hätte.

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🪴🪴🪴,5/ 5

Cover des Buches Lichtungen (ISBN: 9783608987706)

Bewertung zu "Lichtungen" von Iris Wolff

Lichtungen
annepeivor 2 Monaten
Zarte Geschichte übers Festhalten und Loslassen

Lev und Kato sind gemeinsam in einem rumänischen Dorf aufgewachsen und haben eine besondere Beziehung zu einander. Bis eines Tages die Grenzen offen sind und Kato Europa bereist – ohne Lev. Statt die Geschichte hier weiter zu erzählen, gehen wir in der Zeit zurück, lernen Levs Leben im sozialistischen Regime kennen, seine gespaltene Familie, seine ambivalenten Gefühle zu Kato und warum er Angst vorm Loslassen hat.

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Iris Wolf kenne ich bereits von dem grandiosen „Die Unschärfe der Welt“ und habe mich daher schon auf die extrem poetische Sprache, das mosaikartige Erzählen und das Lesen zwischen den Zeilen gefreut. Neu hingegen ist, dass die Kapitel in der Zeit rückwärts gehen. Am Anfang fühlt man sich dadurch etwas verloren in der Geschichte, weil die Basis zu fehlen scheint. Je weiter man jedoch voranschreitet bzw. in der Zeit zurückgeht, desto mehr Bedeutung erhält alles (auch nachträglich) und man wird mit einem Aha-Effekt belohnt, wenn sich wieder 2 Teile zusammen fügen. Die Geschichte braucht also viel Aufmerksamkeit, aber die sollte man ihr sowieso widmen, da vieles nicht konkret ausgesprochen wird und man es sich aus den Aussparungen erschließen muss. Levs Beziehung zu Kato wird z.B. nie in eine eindeutige Schublade gesteckt, was ich sehr angenehm fand. Es geht auch viel um Identität und inwiefern sie von Zugehörigkeit, Herkunft und Sprache abhängt und wie unsere Entscheidungen dazu beitragen. An diesen Problemen wird außerdem das Leben in Rumänien und unter dem Ceausescu Regime gezeigt. Alle Figuren haben eigene Strategien, mit den Repressalien durch das System umzugehen. Während Lev sich größtenteils fügt und trotz allem mehrere Gelegenheiten zu gehen verstreichen lässt, fragt man sich, was ihn eigentlich hält. Wie nicht anders zu erwarten, gibt uns das Buch darauf keine klare Antwort, bietet aber viel Interpretationsspielraum und das Ende hat für mich einen guten Bogen zum Anfang gespannt. Iris Wolff hat nicht nur nicht enttäuscht, sondern meine Erwartungen sogar noch übertroffen, ich habe mir wieder viele Zitate angestrichen und die Figuren sowie ihr Schicksal haben mich wirklich berührt.

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🌳🌳🌳🌳,5/5

Cover des Buches Nightbitch (ISBN: 9783608986877)

Bewertung zu "Nightbitch" von Rachel Yoder

Nightbitch
annepeivor 5 Monaten
Lieber Hund als Mutter im 21. Jh.

Rezensionsexemplar | Rachel Yoder „Nightbitch“

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Vater, Mutter, Sohn und jeder hat seine klare Rolle – der Vater ist nur am Wochenende da und verdient das Geld, die Mutter hat ihren Job aufgegeben, um mit dem Sohn zuhause zu bleiben. Doch während die Mutter immer mehr Frust in sich hineinfrisst, stellt sie eine Veränderung ihres Körpers und Verhaltens fest. Die Mutter wird zu Nightbitch.

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Die negativen Seiten der Mutterschaft werden aktuell häufig in Büchern thematisiert, trotzdem schafft es, „Nightbitch“ mit seinem magischen Realismus etwas Neues reinzubringen. In fast essayistischen Beschreibungen werden wir über die Situation Müttern in den USA aufgeklärt und wie entfremdet unser moderner Begriff von Mutterschaft ist. Ihren Frust kann sie jedoch nicht kommunizieren, weil in der Gesellschaft dafür kein Platz ist und von Müttern absolute Selbstaufgabe erwartet wird. All die heruntergeschluckte Wut bricht sich schließlich durch die stückweise Verwandlung in einen Hund die Bahn nach außen. Diesen Zustand, in dem sie endlich ihre Aggression und natürlichen Bedürfnisse ausleben kann, nennt sie Nightbitch. Dadurch beginnt sie, sich selbst besser zu fühlen und auch auf die Beziehung zu ihrem Sohn und ihren Mann hat es positive Auswirkungen. Jedoch kollidiert ihr Verhalten mit den Erwartungen ihrer Mitmenschen (allerdings nicht so stark, wie man denken würde). Auch die Bedeutung von Selbstverwirklichung und der Beziehung zu anderen Frauen spielt eine groß Rolle. Während die Mutter sich von ihren Künstler-Freundinnen nicht ernst genommen fühlt, schaut sie selbst auf die anderen Vollzeit-Mütter herab. Frauen wirken hier als Teil der eigenen Unterdrückung, weshalb Nightbitch aus dem Frausein ausbrechen muss. Ich mochte die Idee der Geschichte und welche Denkanstöße sie in Richtung natürliche Mutterrolle gibt. Allerdings fand ich das Ende inkonsequent – alle Probleme schienen auf einmal gelöst, obwohl vorher 300 Seiten lang beschrieben wird, warum es keine einfachen Lösungen gibt. Das hat das Leseerlebnis für mich nachträglich getrübt und die Geschichte ad absurdum geführt. Ansonsten empfehle ich das Buch, wenn man kein Problem mit magischem Realismus hat.

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🐕🐕🐕🐕 / 5

 

Cover des Buches Du bist so schön, sogar der Tod erblasst (ISBN: 9783446275836)

Bewertung zu "Du bist so schön, sogar der Tod erblasst" von Akwaeke Emezi

Du bist so schön, sogar der Tod erblasst
annepeivor 10 Monaten
Liebesroman mit Ambitionen, der aber zu wenig liefert

Rezensionsexemplar | Akwaeke Emezi „Du bist so schön, sogar der Tod erblasst“

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Die Künstlerin Feyi hat vor 5 Jahren einen schlimmen Verlust erlitten und öffnet sich erst allmählich wieder dem Leben. Als sie anfängt, Nasir zu daten, lädt er sie über den Sommer auf seine Heimatinsel in der Karibik ein. Dort eröffnet sich Feyi eine Traumwelt voller Luxus und sie trifft jemanden, der zum ersten Mal seit 5 Jahren ihr Herz erreichen kann. Doch es ist die eine Person, in die sie sich definitiv nicht verlieben sollte …

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Liebesromane findet man auf meinem Kanal ziemlich selten und auch zu diesem habe ich nur gegriffen, weil er als ungewöhnlich und neuartig beworben wurde. Aber man, war ich beim Lesen hin und her gerissen. Das Buch ließ sich angenehm und schnell wegsnacken, was aber auch einfach an dem bodenständigen und niedrigschwelligen Schreibstil. Außerdem habe ich immer wieder Passagen geskipped, in denen luxuriöses Essen, luxuriöse Häuser und das Äußere von Personen, die natürlich alle aussehen wie Götter, beschrieben wurde. Ich hatte wirklich meine Probleme mit dieser oberflächlichen Glamour-Welt, auch wenn ich denke, dass diese nicht zufällig gewählt wurde. Es wirkt, als konnte Feyi nur in dieser Illusion, die sich so stark wie möglich von ihrem früheren Leben unterscheidet, einen Neuanfang wagen. Aber mich hat es trotzdem genervt, dieser ganze Glitzer lenkt nur von dem eigentlich Wesentlichen ab, den Beziehungen zwischen den Personen. Es werden interessante moralische Fragen aufgeworfen, u.a. Was darf Liebe? Sollte man seine Gefühle hinter die anderer zurückstellen? Kann man ein Trauma überwinden? Aber oft wurden diese Fragen nicht so in den Fokus genommen, wie ich es mir gewünscht hätte, weil schon wieder die nächste Mahlzeit oder Feyis Frisur beschrieben wird. Es wird auch sehr viel und offen über Sexualität geredet, was gut zu dieser Fokussierung auf Äußerlichkeiten gepasst hat, aber auch sehr ungezwungen und dadurch erfrischend wirkt. Weswegen ich umso weniger verstehe, wieso  die Liebesgeschichte an sich dann doch so kitschig und Klischee-behaftet sein musste. Das Buch war doch angetreten, um etwas anders zu machen. Das ist in meinen Augen leider nur teilweise gelungen.

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🏝️🏝️🏝️/5

 

Cover des Buches Babel (ISBN: 9783847901433)

Bewertung zu "Babel" von Rebecca F. Kuang

Babel
annepeivor einem Jahr
Gelungene Dark Academia

1836: Ein kantonesischer Junge überlebt als einziger seiner Familie die Cholera, wird von einem Professor nach England geholt und Robin Swift genannt. Robin ist begabt und sein Leben ist darauf ausgerichtet, in Babel, dem Oxforder Übersetzer Institut aufgenommen zu werden und die Magie des Silberwerkens zu erlernen. In Babel trifft er zum ersten Mal auf Menschen, die ein ähnliches Schicksal haben wie er, aber ihm wird auch klar, auf wessen Rücken die goldenen Füße des Empires stehen.

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Dark Academia Romane schießen aus dem Boden wie Pilze, doch nicht selten hat man sich nur das atmosphärische Setting und die düstere Atmosphäre geliehen, aber die elementare Gesellschaftskritik unter den Tisch fallen lassen. Nicht so „Babel“, das uns gemeinsam mit Robin erst von dem Tempel der Gelehrtheit verzaubert und dann mit dem Offenbaren von Rassismus, Sexismus und Kolonialismus auf den Boden der Tatsachen zurückholt. Der genügsame Robin macht hier im Laufe des Buches wirklich eine enorme Wandlung durch, die jedoch durch seine Erlebnisse glaubhaft bleibt. Und trotzdem kann man seine Entwicklung nicht immer gutheißen. Zuerst freuen wir uns, wenn er an Selbstbewusstsein gewinnt und beginnt, sich aufzulehnen, doch ab wann wird der Held zum Bösen? Ab wann heiligt ein guter Zweck nicht mehr die Mittel? Kann man als Unterdrückter überhaupt selbst eine Änderung der Verhältnisse bewirken? Das Buch wirft viele interessante Fragen auf und ich werde mich am Ende nicht nur an die schöne Kulisse erinnern.

Die Fantasy-Anteile der Geschichte bleiben relativ gering und beschränken sich auf die Fähigkeit, durch das Übersetzen einzelner Worte (limitiert) Magie wirken zu können. Das System ist gut durchdacht und die Liebe zu Sprache wird auch an dem Unterricht in Babel und dem angenehm anspruchsvollen Ausdruck der Autorin klar. „Babel“ ist ein ambitioniertes Buch und stolpert manchmal über seine eigenes Streben, so viel Wissen über Ungerechtigkeiten wie möglich zu vermitteln. Manchmal wäre weniger mehr gewesen, aber insgesamt haben mich die Ideen überzeugt und ich empfand das Lesen als Genuss.

Cover des Buches Morgen, morgen und wieder morgen (ISBN: 9783847901297)

Bewertung zu "Morgen, morgen und wieder morgen" von Gabrielle Zevin

Morgen, morgen und wieder morgen
annepeivor einem Jahr
Liebe kann so viel mehr sein

Sam und Sadie kennen sich schon, seit sie sich im Krankenhaus beim gemeinsamen videospielen angefreundet haben. Jahre später sind sie ehrgeizige Studenten an den Elite-Universitäten New Yorks und beschließen mit Sams Mitbewohner Marx eine Spiele-Firma zu gründen. Bereits ihr erstes Spiel wird ein voller Erfolg, doch damit sind sie noch längst nicht am Ziel.


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Dieses Buch hat mir unter anderem (aber nicht nur) deshalb so viel bedeutet, weil ich noch nichts gelesen habe, dass sich so mit Gaming auseinandersetzt. Ich habe seit ich lesen kann auch immer Videospiele gespielt, im Gegensatz zu den Verhältnissen im Roman war es für mich aber oft eine Einzelgänger- statt eine soziale Beschäftigung. Einfach weil nicht so viele Mädchen gespielt haben und wenn, dann redeten sie nicht so darüber. Der (vor allem früher noch) herrschende Sexismus in der Gaming Industrie fließt ebenfalls ins Buch ein, aber auch dass sich jetzt vieles bessert. Aber neben Sadie hat auch Sam hat mit Umständen in seinem Leben zu kämpfen, die ihn gegen seinen Willen einschränken. Beide haben den fast ununterdrückbaren Drang sich zu beweisen und etwas Großes zu schaffen. Dabei wirken sie beim Lesen nicht immer sympathisch, aber immer nachvollziehbar. Vielleicht muss man auch selbstbezogen sein, um eine Vision umzusetzen. Neben dem Spiele entwickeln, geht es aber aber auch oft um das Spielen selbst und ich hätte nicht gedacht, dass man beides so gut in einem Text beschreiben könnte. Die Autorin probiert hier auch erzählerisch einiges aus und lässt sich manchmal für einzelne Szenen unendlich viel Zeit, während dann wieder Monate und Jahre schnell abgehandelt werden. Für mich hätte das Buch trotzdem noch ewig gehen können. Es fängt eine bestimmte Ära und Branche ein und lässt mich beim Lesen trotzdem das Klima der ganzen USA atmen. Das meine ich im positiven, es wird nicht mit Klischees bearbeitet und auf die Charaktere und ihre Beziehungen können keine Schablonen gelegt werden. Unheimlich erfrischend eine romantische Bindung mal nicht als Nonplusultra, sondern als eine gleichwertige unter vielen möglichen Bindungen zu finden. Ich bin eigentlich nicht verschwenderisch mit diesem Urteil, aber ich glaube, hierbei handelt es sich um ein Jahreshighlight. Ich weiß, es haben sowieso schon alle gelesen, aber lies du (ja genau, du) es bitte auch noch!


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🎮🎮🎮🎮🎮/ 5

Cover des Buches Wasserzeiten (ISBN: 9783716028193)

Bewertung zu "Wasserzeiten" von Kristine Bilkau

Wasserzeiten
annepeivor einem Jahr
Schwimmen – mehr als ein Sport

Rezensionsexemplar | Kristine Bilkau „Wasserzeiten“ .
Nachdem die Autorin bisher für ihre Romane bekannt ist, hat sie nun einen Essayband vorgelegt, in dem sie sich mit ihrer Liebe zum Schwimmen auseinandersetzt.
Ich lese wenig Non Fiction – für dieses Buch habe ich mich entschieden, weil ich seit 2023 ein neues Kapitel in meiner eigenen Biografie des Schwimmens (und Kristine Bilkau beweist, dass alle, die schwimmen können, eine individuelle haben) aufgeschlagen habe und wieder einmal die Woche ins Schwimmbad gehe. Mehrfach beschreibt die Autorin dieses Gefühl, wie der Stress des Alltags beim Schwimmen Bahn für Bahn von ihr abfällt, sie sich sozusagen „freischwimmt“. Mal abgesehen davon, dass es natürlich auch sportlich/gesundheitlich sinnvoll ist, versucht die Autorin zu ergründen, warum das Schwimmen so einen positiven Effekt auf uns hat. Dabei versucht sie sich dem Thema von verschiedensten Seiten zu nähern, angefangen beim Erlernen, über die verschiedenen Lokalitäten (Natur, Bad, Pool), Schwimmen bei niedrigen Temperaturen, bis zur Geschichte des Schwimmens – besonders des Schwimmens als Frau. In all diesen Punkten schwingt zwischen den Zeilen auch mit, dass Schwimmen (lernen sowie regelmäßig tun) nach wie vor ein Privileg ist und damit auch politisch. Ich fand es gut, dass die Autorin auch dieser Komponente ein Kapitel widmet, denn das ist etwas, dass wir oft vergessen. Ich hab in dem Buch zwar einige Dinge erfahren, die ich noch nicht wusste und die Autorin gibt auch interessante Hinweise zur Verarbeitung in der Literatur, insgesamt richtet sich das Buch doch eindeutig an Liebhaber des Themas (was schon allein der Preis von 16€ für 124 Seiten klar macht). Die Hälfte des Lesespaßes besteht darin, dass man sich an Orte an, Momente in und Menschen mit denen man geschwommen ist, erinnert. Denn das ist ein Teil des Zaubers des Schwimmens: Es ist abgehoben vom Alltag und dadurch bildet es Meilensteine im eigenen Lebenslauf. Dieses Buch zu lesen, kann ich also hauptsächlich Menschen empfehlen, die sich bereits für das Thema interessieren. Mal wieder eine Runde schwimmen zu gehen, kann ich hingegen allen empfehlen. ;) .
4 / 5

Cover des Buches Schwerer als das Licht (ISBN: 9783896677358)

Bewertung zu "Schwerer als das Licht" von Tanja Raich

Schwerer als das Licht
annepeivor einem Jahr
Kurzmeinung: Unzugängliche Robinsonade mit vielen symbolischen Elementen, die zum Grübeln einlädt.
Dystopische Robinsonade

Die namenlose Erzählerin schlägt sich allein im Dschungel einer Südseeinsel durch. Gefahr droht nicht nur von einem feindseligen Stamm im Norden, sondern auch vom Verfall der Insel und damit der Nahrungsquellen. Doch wie konnte die Erzählerin überhaupt in diese Lage kommen?

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Es ist die Manifestation des Paradieses: eine Südsee-Insel mit Sandstrand, exotischer Flora und Fauna und genug Nahrung in Form von Kokosnüssen und Mangos. Oft wird im Buch die Natur beschrieben und man kann nicht umhin, sich manchmal selbst dorthin zu wünschen. Doch das Paradies stellt sich für die Erzählerin bald als wahre Hölle heraus. Sie lebt in ständiger Angst vor einem Stamm im Norden und die Pflanzen der Insel wachsen nicht mehr und die Insel beginnt zu zerfallen. Doch sind diese Bedrohungen überhaupt real? Oft wirkt die Protagonistin paranoid und in ihren Beschreibungen verschwimmen Realität, Träume und Sagen. Oder ist all das nur eine Metapher für eine zerbrechende Beziehung, Angststörung oder Depression der Protagonistin? Bei dem lyrischen Erzählstil scheint nichts wirklich sicher. Im Laufe des Buches erfährt man zwar ein wenig über die Vergangenheit der Protagonistin, aber eindeutige Antworten sucht man vergeblich. Ein weiteres Thema, das einen großen Raum einnimmt, ist der Konflikt zwischen Mensch und Natur. Der Mensch scheint immer versucht (zu seinem Vorteil) in die Natur einzugreifen und zu zerstören, doch auch die Natur ist nicht wehrlos. Teilweise wirkt es, als befinden sich die Natur, die Protagonistin und der andere Stamm in einem erbarmungslosen Stellungskrieg. In dieser düsteren fast märchenhaften Geschichte ist man auf seine eigenen Gedanken zurückgeworfen und sollte nicht davor zurückscheuen, selbst zu interpretieren. Wer daran Spaß hat, dem kann ich diese atmosphärische Geschichte sehr empfehlen. Vielen Dank an Tanja Raich und den Blessing Verlag für das Rezensionsexemplar.

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🥀🥀🥀,5 / 5

Cover des Buches Ein mörderisches Erbe: Band 2 (Im Auftrag Ihrer Majestät-Reihe Staffel 3) (ISBN: B09MYJ9BC1)

Bewertung zu "Ein mörderisches Erbe: Band 2 (Im Auftrag Ihrer Majestät-Reihe Staffel 3)" von Rhys Bowen

Ein mörderisches Erbe: Band 2 (Im Auftrag Ihrer Majestät-Reihe Staffel 3)
annepeivor 2 Jahren
Cover des Buches Idaho (ISBN: 9783446258532)

Bewertung zu "Idaho" von Emily Ruskovich

Idaho
annepeivor 6 Jahren
"Wie schnell doch das Leben eines anderen durch die Risse hereinsickert, von denen wir nicht wissen"

"Wie leicht wir uns doch auflösen. Wie schnell doch das Leben eines anderen durch die Risse hereinsickert, von denen wir nicht wissen, dass sie existieren, bevor dieses Fremde in uns eingedrungen ist. Wir sind durchlässiger, als uns bewusst ist." (S. 348)
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An einem heißen Sommertag im Wald wird durch einen Mord eine idyllische Familie für immer zerstört. Die Tat hat Auswirkungen auf verschiedenste Personen, die alle versuchen, das Ereignis zu verstehen oder zu vergessen.
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Das zweifellos beste an dieser Geschichte ist der Erzählstil der Autorin. Man merkt der Sprache zwar an, dass sie gewollt poetisch ist, aber sie verfehlt ihre Wirkung trotzdem nicht. Es wird die ganze Zeit so eine bedrückende Atmosphäre geschaffen und das von mir sehr geschätzte Setting im Wald tat sein übriges. Zudem taucht der Leser in jede Szene und in jedes Gefühl vollkommen ein. 
Man muss sich trotz des rätselhaften Mordes allerdings klar sein, dass dies kein Krimi oder Thriller ist, es wird nichts aufgeklärt, man weiß am Ende genau so viel wie am Anfang. 
Stattdessen begleitet der Leser in diesem Buch Personen, die mit dem Verbrechen in Verbindung stehen und sieht, wie sie davor und danach leben und lieben und wie sie mit Ereignissen umgehen, die sie nicht verstehen können. Auch der Leser versteht die Geschehnisse nicht, wie man auch im Leben selten versteht, warum schlimme Dinge passieren, aber trotzdem damit leben muss. "Idaho" kokettiert mit der Illusion, wenn man nur erst alles wüsste, könnte man besser damit umgehen. Doch am Ende müssen alle Figuren einsehen, dass sie weder verstehen, noch vergessen können.
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Bewertung: 4 von 5 Bäume

Über mich

  • 01.10.1993

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Jugendbücher, Fantasy, Literatur, Unterhaltung

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