Vielen Dank an den wundervollen Butze Verlag, der mir ein kostenloses Rezensionsexemplar überlassen hat, was meine ehrliche und begeisterte Meinung nicht beeinflusst hat.
Zum Inhalt:
Die Inhaltsangabe des Verlages lässt schon darauf schließen, dass hier viele Erzählstränge zusammengeführt werden.
Juno, die sich an einem scheinbar ganz normalen Morgen plötzlich nicht mehr auf der Erde, sondern auf einem fremden Planeten befindet und dort freundlich aufgenommen wird, ist eine der Hauptpersonen und ein absoluter Liebling von mir.
Jeanne, die auf unserer Welt im tiefen Mittelalter erst nur eine kurze Rolle spielt und deren Geschichte ich hier nicht weiter erzählen mag.
Die Führerin des Planeten Brïn stirbt und mit ihr steht die Heimat der jungen Kamika vor einer großen Herausforderung.
Brïn und Terra (unsere Erde) sind sich in mancherlei Hinsicht ähnlich und doch so verschieden, so herrscht auf Brïn Magie, die selbstverständlich da ist und sich wunderbar in die Welt einfügt.
Aufbau, Schreibstil und Charaktere:
Erfrischenderweise ist die ganze Geschichte in der dritten Person geschrieben. Ich habe absolut nichts gegen die „Ich-Perspektive“, aber in der letzten Zeit habe ich beinahe nur noch Bücher in dieser Erzählweise gelesen.
So passt es gut, dass die vielen einzelnen Geschichten erzählt werden, ohne dass es unglaubwürdig wird. Es ist manchmal schwer zu unterscheiden, wer jetzt wie wichtig ist, wer ist eigentlich ein Nebencharakter und wer nicht? Die Hauptpersonen sind auf jeden Fall Juno und Kamika, aber auch die anderen gewinnt man lieb. Oder man hasst sie. Beides ist möglich und selten hatte ich so sehr das Gefühl, dass ich jede Person wirklich kennenlerne. Großes Lob an die Autorin, die überwiegende Zahl der vielen Protagonisten sind wirklich gut ausgearbeitet und deren Geschichten sind nicht zu überladen, so dass man wirklich gut folgen kann.
Meine Lieblingsperson ist auf jeden Fall Juno. Glaube ich. Sie ist irgendwas zwischen liebenswert, manchmal ein wenig bockig, stark, aufbrausend, zuckersüß, ängstlich und heldenhaft. Alles ist möglich und mich hat sie immer wieder überrascht.
Aber auch Kamika begeistert mit ihrer Heldeninnenart. Manchmal konnte ich sie nicht so recht greifen und wenn sie sich, für mich als Leser etwas zurückgezogen hat, fiel es mir schwer mich in sie hineinzufühlen. Aber macht nicht genau das ein gutes Buch aus? Dass man den gleichen Charakter lieben und hassen und verwundert über ihn den Kopf schütteln darf? Ach und mal kräftig in den Arm nehmen, das hätte ich auch so manches Mal gerne gemacht.
Aber was schwärme ich, auch die anderen kommen gut daher, selbst die Bösewichte hatten etwas, der Thriller über den Mörder hat sich wunderbar eingefügt in das sonst eher fantastische Setting.
Spannungsbogen:
Ich bin ein bisschen zwiegespalten: Das erste Drittel zog sich ein wenig, vielleicht auch, weil so wahnsinnig viele neue Personen vorgestellt wurden und man sich erst einmal in die Geschichte einfinden musste. Andererseits fiel es mir trotzdem schwer, das Buch aus der Hand zu legen, weil die Autorin einfach wahnsinnig gut schreibt und beschreibt.
Schlussendlich blieb die Spannung, auch wenn sich das eine oder andere zwischendurch auflöste, bis zum Schluss. Echte Langeweile kam nicht auf. Im Gegenteil, dadurch dass die Autorin so viele Geschichten mit einander verwoben hat, wäre ich eher noch neugierig, was eigentlich aus denjenigen geworden ist, die nur kurz dabei waren, oder wie die Geschichten weitergehen, die am Ende des Buches doch erst am Anfang waren.
Kritik:
Einige bemängelten ein wenig die „flapsige“ Art zu reden. Mir hat das nichts ausgemacht, jedoch wurden etwas oft Synonyme verwendet. Ich finde, man braucht nicht die Personen mit dem zu bezeichnen, was sie sind „die Shi“, „die Lyre“, der Name tut es auch.
Ansonsten habe ich, bis auf den etwas langen Anfang, nichts zu bemängeln.
Was macht Brïn anders:
Zugegeben: Fantasy ist nicht mein bevorzugtes Genre und doch war ich von Anfang an neugierig auf Brïn, wenn auch etwas skeptisch, obwohl ich nur Gutes gehört habe. Aber ich muss meine Meinung revidieren: Brïn besticht dadurch, dass die Welt unserer so ähnlich und nicht mit einer Million Wesen, die alle genauestens beschrieben werden, überladen ist. Wenn etwas über den Planeten geschrieben wird, dann spricht einer der Bewohner darüber oder wir erfahren durch Junos Lektüre „Kinobes Ratgeber für Neuankömmlinge“ etwas über diese Welt. Sehr charmant gelöst!
Außerdem, und das ist für mich ein nicht unerheblicher Punkt gewesen: Auf Brïn ist es ganz normal, dass Frauen Frauen und Männer Männer und Frauen Männer und Männer Frauen lieben. Herrlich. Ein dickes Plus dafür!
Fazit:
Ein großartiges Buch! Es sind kleine Schwächen vorhanden, die bei der Komplexität und der Länge für mich so wenig ausmachen, dass ich gerne 5 leuchtende Sterne vergebe.