Vorab: Ich bin wahrscheinlich eines der seltenen Exemplare, das von der vermeintlichen Vorlage dieses Romans keinen blassen Schimmer hatte und erst durch Google diesbezüglich schlauer geworden ist. Insofern bin ich nicht in der Lage zu vergleichen wie nah Emma Cline mit ihrer Geschichte an den realen Vorkommnissen dran ist. Fakt ist: Es gibt viele Parallelen zwischen Roman und Realität.
Der Einstieg in die Geschichte fiel mir sehr schwer. Für die ersten 50 Seiten habe ich 3 Tage gebraucht. Emma Clines Schreibstil ist leider so gar nicht meins. Dieser blumige Schreibstil hat mich wahnsinnig gemacht. Eine an den Haaren herbeigezogene Metapher jagt die nächste. Ich kann nicht beurteilen, ob das an der Übersetzung liegt oder im Original auch so schwülstig klingt. Fakt ist: Es nervt. Ich weiß nicht wie viele Vergleiche ich in diesem Roman gelesen habe. Zwei Beispiele: „(…) vorbei an den Motorrädern, die groß und schwer wie Kühe vor dem Haupthaus standen.“ (S. 131) und „Die Anordnung der Eichenblätter über mir verdichtete sich in glashausartiger Klarheit.“ (S. 131) Natürlich sind beide Formulierungen auch ein Zeichen für die Kreativität der Autorin und mancher Lesen wird diese besondere Kreatitivät auch zu schätzen wissen. Mein Fall ist sie jedenfalls nicht.
Trotzdem habe ich weitergelesen, denn irgendetwas musste doch dran sein an diesem viel besprochenen, hochgelobten Roman. Und ja, auch ich habe trotz des gewöhnungsbedürftigen Schreibstils Gefallen daran gefunden, weil Emma Cline eine überzeugende Charakterstudie eines Teenie-Mädchens, das sich nach Beachtung sehnt, abliefert. Es ist faszinierend wie authentisch die Autorin, die aufgrund ihres jungen Alters die 60er Jahre gar nicht selbst erlebt hat, die Atmosphäre dieser Jahre wiedergibt. Dass sie sich gut in einen Teenager und dessen Befindlichkeiten hineinversetzen kann, liegt da schon näher, da ihre eigene Teenagerzeit gar nicht so lange zurückliegt.
Die Geschichte nimmt nur langsam Fahrt auf. Neben der Haupthandlung, in der die junge Evie Bekanntschaft mit Mitgliedern einer Sekte macht, gibt es eine Rahmenhandlung, in der die gealterte, ca. 40-Jährige Evie im Mittelpunkt steht. Auf diese Rahmenhandlung hätte ich auch verzichten können, da sie die eigentliche spannende Handlung eher entschleunigt und nicht unbedingt zu mehr Erkenntnissen beiträgt.
Schade finde ich, dass das Thema „Sekte“ eher oberflächlich behandelt wird. Ich hätte mir gewünscht, dass hier noch stärker auf die Hintergründe eingegangen wird. Aber da die Geschichte aus der Sicht eines Mädchens, dass die Handlungen der Sekte nicht reflektiert, erzählt wird, war das vermutlich schwer umsetzbar. Emma Cline legt ihren Fokus auf die Protagonistin und deren Entwicklung. Es geht darum die Beweggründe eines Mädchens nachzuvollziehen, die für Außenstehende so offensichtlich in ihr Unglück rennt.
Mein Fazit:
„The Girls“ erzählt die spannende Geschichte eines jungen Mädchens, das sich nach Beachtung sehnt und diese in einer Sekte findet. Obwohl ich mit Emma Clines blumigen Schreibstil zu kämpfen hatte, bin ich froh, diesen Roman zu Ende gelesen zu haben, da die Story an sich definitiv originell und lesenswert ist.