Ein Buch mit Potential, das aber leider nicht vollständig ausgeschöpft wurde.
Der Schreibstil ist flüssig und sehr bildhaft. Ich konnte mir alle Szenen gut vorstellen, ja nahezu riechen und fühlen. Die Seiten flogen nur so dahin und ich war ganz in der Geschichte gefangen.
Marias Kindheitserinnerungen zeichnen ein realistisches Bild vom Landleben und weckten bei mir auch einige Erinnerungen an meine eigene Kindheit in einem kleinen Dorf. Sehr gut fand ich, dass kein weiches, idyllisches Bild gezeigt wird, sondern auch die Schattenseiten beleuchtet werden. So finden sich einige Szenen, die teils schwer verdaulich sind (Achtung Tierleid). Es werden die unterschiedliche Grundeinstellung verschiedener Generationen, wie wenig ein Tierleben damals wert war im Vergleich zu heute, sowie wie Kinder als Arbeitskräfte gesehen wurden, aufgezeigt. Hier gelingt es der Autorin gekonnt, diese Themen mit einer leichten Note an Humor wieder aufzulockern. So viel Tiefgründigkeit hatte ich mir primär nicht erwartet und war positiv überrascht.
Die Vergangenheit ist in Form der Kindheitserinnerungen sehr präsent und nimmt einen Großteil des Geschriebenen ein. Vom “Mittelteil” der Jugend fehlte mir allerdings ein Einblick. Dieser wird nur in Halbsätzen kurz angesprochen. Auch die Gegenwart wird rasch abgehandelt. So werden viele Themen angeschnitten, die schlussendlich für mich nicht ganz zufriedenstellend im letzten Teil relativ rasch zu einem Ende gebracht werden. Die Anekdoten und Erinnerungen waren schön zu lesen und ich habe das Leseerlebnis genossen, aber es gibt doch deutliche Verbesserungspunkte. Ich hätte mir zum Beispiel einen abschließenden Epilog gewünscht, der die Geschichte abrundet. So blieben viele Fragen offen.