Ich mag Gedichtbände sehr gern. Zum Beispiel lese ich sehr, sehr gern Clara Louise und Courtney Peppernell und genau die Art von Poesie sagt mir sehr zu. Die Verse müssen sich auf gar keinen Fall reimen, aber der Klang und der Lesefluss ist mir sehr wichtig. Wenn ich ein Gedicht lese, dann möchte ich dieses Gefühl von Schönheit der Worte und Sprache verspüren. Das können auch manchmal einfach Aneinanderreihungen von bedeutungsvollen Sätzen oder seltenen Wörtern sein. Aber vor allem möchte ich dabei einfach etwas „Poetisches“ verspüren, etwas wo ich sage: „Das hätte ich besser niemals ausdrücken können“.
Genau diese Gefühle fehlen mir leider bei den Gedichten in dieser Sammlung. Ich weiß, dass es hier um sehr persönliche Themen geht (bei Clara Louise z.B. auch, aber sie verpackt ihre Emotionen und Themen irgendwie „metaphorischer“) und dass die Dichterin/Autorin damit eben auch ihre Erlebnisse verarbeitet. Und das respektier ich sehr und ich denke, Menschen mit ähnlichen Gefühlen oder Erlebnissen werden sich da dann auch wiederfinden. Aber wieso mich keins der Gedicht abholt, war einfach, dass sie sich für mich nicht wie Gedichte lasen. Vielmehr wie Texte an sich oder Briefe oder sogar teilweise Nachrichten an jemanden. Etwas, das man runterschreibt, wenn man seine Gedanken, die man gerade hat, schnell herunter schreibt, ohne eine gewisse Melodie dabei zu erschaffen oder über andere Ausdruckweisen nachzudenken.
Ich finde für mich persönlich keine Melodie, keine Rhythmen in den Gedichten – kurze und lange Verse sind wahllos vermischt.
Es gibt tatsächlich Verse, die sich z.B. wiederholen und durch den Band durchziehen, wie z.B. „weißt du?“ oder „kennst du das“ – d.h. es sind Stilmittel vorhanden, aber das Stilmittel der Wiederholung reicht mir da nicht, um ein Gefühl von Poesie zu erzeugen.
Bei dem Gedicht Zu Viel als Beispiel: wir finden als Stilmittel:
Frage, Frage, Frage,
Wiederholungen von „ich hasse“. Da ist dann eine Idee, aber die ist mir einfach zu lieblos, zu „einfach“ – Stellen wie „dieses weg-Gefühl“ sind mir zu kreativlos. Diesem Gefühl kein besseres Wort zuzuordnen bei einem Gedicht oder ein Bild zum Beispiel stört mich als Leserin einfach und hinterlässt diesen Geschmack von: schnell runterschreiben.
Bei dem Gedicht Krise - dort heißt es: „ich habe am wenigsten Berufserfahrung“ in einem Vers – dies ist mir viel zu unlyrisch, da bin ich einfach klassisch. Ich meine damit keine Goethe Verse, aber die Gedichte hintereinander lesen sich für mich nicht wie Lyrik – bis auf den Fakt, dass man sie an den Versen, also den gesetzten Absätzen erkennt, würde ich, wenn jemand dies vorliest eher denken, dass jemand ein Tagebuch verfasst oder manchmal sogar eine emotionale Whatsapp, in der man versucht die Gefühle schnell auszudrücken.
Ich habe ein weiteres Beispiel dafür, was ich damit meine, dass mir ein Rhythmus fehlt. „So viele Menschen sind von ihm zerfressen UND leben nur noch dafür…“ – eine von unendlich vielen Stellen, an denen ich keine Poesie fühle, sondern eher eine andere Textform. Taktischer wäre: „So viele Menschen vom Hass zerfressen.
Leben nur noch…“, wenn man damit ansatzweise versteht, was ich meine.
„Ganz egal, ob das Paradies für dich eine tropische Insel ist, mit endlosen Sandstränden, und du einfach in der Sonne liegen willst, Ob du deine Freizeit einem höheren Zeil widmest und ehrenamtlich arbeitetest. Bau dir dein eigeneres Paradies. Erschaffe dir deine eigene Utopie eines vollkommenen Ortes und genieße die Zeit dort.“ – Solche Stellen hören sich mehr nach Ratgeber, als Poesie oder Lyrik an, finde ich. Auch ein „oder“ hat mir beim Lesefluss gefehlt, „egal ob…, oder…“, und solche Stellen sind mir oft aufgefallen. Letztlich sind mir die Texte einfach zu unausgepfeilt.
Oft dachte ich mir, die Stelle müsste knackiger sein; wieder ein Beispiel: „Sie sagen ich sei Gift, ich weiß nicht, OBS so ist…“, aber die Verse danach sind dann sowieso wieder unmelodisch.
Oder „Ich bin eigentlich nicht der Typ Mensch, der betet“ als Gedichtanfang? Scheint mir so krass lang.
„Du kannst nicht jeden verprügeln,
Der mich dumm anmacht“ – ist mir zu „unschön“ für ein Gedicht. Es liest sich, als hätte man das gerade seinem Freund geschrieben oder gesagt. Genau wie die Wortwahl „soziale Ungeschicklichkeit“ oder „gehe nicht andauernd aus oder feiern“ das sind alles Beispiele für eigentlich fast alle Verse, bei denen ich einfach keine „Magie“ spüre, die ich sonst bei passender Sprache empfinde.
Die Idee von kintsugi kenne ich auch schon lange aus Pinterest Bildern und Zitaten – daraus hätte man viel machen können, es bleibt aber so berichtartig.
Letztlich fehlt mir einfach dieser Wow-Effekt. Dass ich mir denke: wie kann man etwas so Schönes ausdrücken/zu Papier bringen. Wo ich sage: ooooh, das ist Poesie, das bewegt, das ist Kunst. Das habe ich leider bei den Texten nicht, auch wenn mir das mit der Hintergrundgeschichte leid tut – aber ich möchte bei meinen Rezensionen einfach nur ehrlich bleiben.