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claudiatoman

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Rezensionen und Bewertungen

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Cover des Buches Doctor Sleep (ISBN: 9783453268555)

Bewertung zu "Doctor Sleep" von Stephen King

Doctor Sleep
claudiatomanvor 10 Jahren
Mr. King, the trouble you're getting me into...

Das ist schwierig. Ich liebe King-Romane seit ich denken kann, bin mit ihnen aufgewachsen, habe durch sie gelernt, was Geschichten ausmacht und hätte ich "ES" nie gelesen, mehrfach, wer weiß, ob ich derselbe Mensch geworden wäre, der ich bin. Der Club der Verlierer hat mich geprägt. Für immer. Und jetzt habe ich Doctor Sleep zugeklappt und suche so gut ich kann nach diesem Gefühl. Nach dieser Welt in mir. Aber sie ist nicht da. Es war einfach ein gutes Buch. Ab ins Regal, was kommt als Nächstes dran? Her damit! Keine Träne, keine Sehnsucht, nicht ein bisschen Wehmut.

Was schreibe ich also? Dass es ein wie immer gut geschriebener Roman ist. Dass darin sehr viel persönliche Aufarbeitung des Alkoholikers steckt, die sich nicht in Andeutungen hüllt sondern laut und deutlich wie bei den vielen erwähnten AA-Meetings "Mein Name ist Stephen, ich bin auch Alkoholiker" ruft. Dass die Spannung funktioniert und man das Buch kaum aus der Hand legen kann, sobald man die lange Introduktion geschafft hat. Dass es ums Erwachsenwerden, ums Trockenwerden und um Wut und Gerechtigkeit geht. Puh. Und dass eine Menge Anspielungen drin sind. Auf Shining natürlich. Auf Herr der Ringe, Harry Potter und sogar - wer hat es bemerkt? - aufs "Schweigen der Lämmer". Der neue King ist auch total up-to-date mit der modernen Technologie. Na ja. Fast. Und dass … Hm …

Jetzt wird es schwieriger. Ich bewundere den Mann so sehr. "On Writing" ist meine Bibel. "The Stand" mein Jahrhundertroman, wie fasse ich das jetzt in Worte? Was schreibe ich nicht? Ich schreibe nicht, dass dieses Buch nur halb so lang ist, wie es sein müsste. Eine Story wie diese, die eigentlich die gesamte Menschheitsgeschichte umfasst, die eine größere Cast hat als jeder Tarantino, die einen dermaßen klassischen Heldenreise-Plot in sich trägt, die muss auf etwas über 480 Seiten zu kurz kommen. Ich schreibe nicht, wie er mir fehlt, der detailreiche, geniale Figurenzeichner, der einen an der Hand durch Derry oder Castle Rock führt und dessen Darsteller immer liebevoll gezeichnete Unikate waren. Dass so jemand dermaßen blasse, leblose Stereotype wie John, Lucy oder Dave (allein die Namen, meine Güte!) schreiben und so viele geniale Typen wie Crow Daddy, Billy oder Concetta nur streifen kann, ist mir ein Rätsel. Und Azzie, mein Gott, wie viel mehr hätte es da gegeben … Wie viel zu erzählen. Wie viele Biografien zu erleben. Wie viele Köpfe zu besuchen. Wer zur Hölle braucht John? Aber das schreibe ich nicht. Ich schreibe auch nicht, dass die Haupthandlung, also der Kampf von Abra und Dan gegen die so herrlich aufgebaute Truppe von True Knot voll glücklicher Fügungen, hastiger Entscheidungen, Logikfehlern und viel zu hindernislos ist. Was war das für ein Battle in The Stand. In Needful Things? Was für ein Ende in ES? Was war das für ein Weg jedesmal. In Doctor Sleep habe ich zu keinem Zeitpunkt Zweifel am Ausgang. Ob ich Recht hatte, das verrate ich natürlich hier nicht und zugegeben, etwas hat mich im Showdown schon überrascht, immerhin. Auch was Wichtiges, durchaus. Aber die große Enthüllung, auf die zugesteuert wird das, that which was forgotten, das war mir schon seit der ersten Anspielung klar. Aber das zu schreiben wäre wirklich eine Frechheit. Also tu ich es nicht. Weil es hier um ein Denkmal geht und Denkmäler holt man nicht vom Sockel. Und weil es ja doch ein gutes Buch ist. Wirklich.

Was bleibt mir also noch zu schreiben? Doctor Sleep ist wie schon Joyland ein Roman für diejenigen King-Fans, denen "Es" oder "The Stand" oder gar "Dark Tower" zu episch und langatmig sind. Die selbst "Under the Dome" für zu geschwätzig halten? Die eine spannende, großteils rasante Geschichte mit einer originellen Idee lesen wollen. Vielleicht solche, die Duddits mochten? Die beiden Hauptfiguren Abra und Dan sind gut erzählt, besonders Abra hat ansatzweise auch eine kingsche Doppelbödigkeit, die ich mag, Dan, nun ja, ist kein Jack Torrance, aber wer sich für AA-Hintergründe und -Slogans interessiert, wird viel Material finden. Ein King-Roman wird nie ein schlechter Roman sein. Es wird ein guter Roman sein. Wirklich. Aber mir genügt das nicht. Ich will die Welt in mir. Ich will selbst in die Köpfe von Figuren rein, nicht von außen zusehen, wie sie gegenseitig in ihre Köpfe tauchen auf sehr widersprüchliche, die Logik oft biegende Art und Weise. Wem wie ich das Ende in "The Stand" zu rasch gekommen ist, wer fassungslos "ES" zugeklappt und dann erst bemerkt hat, dass aus Sommer Herbst geworden ist und wer Romane wie "Love", "Rose Madder", "Bag of Bones"oder "Misery" für ihre Figuren geliebt haben, werden nicht so recht glücklich werden, fürchte ich. Aber was schreib ich da? Das schreib ich nicht! Lest Doctor Sleep, hört ihr? So wahr ihr steamheads seid!

Cover des Buches Joyland (ISBN: 9783453268722)

Bewertung zu "Joyland" von Stephen King

Joyland
claudiatomanvor 11 Jahren
Kein Roman!


Ich tu mir etwas schwer mit dieser Rezension. Ich bin bekennende King-Süchtige, habe alles von ihm (bis auf sein Hauptwerk Der dunkle Turm, leider, immer noch, aus Zeitmangel) gelesen, und bis auf sehr wenige Ausnahmen (Puls und Wahn zum Beispiel) alles geliebt. Zumindest alle Romane. Und genau da hab ich jetzt ein Problem. Weil Joyland eigentlich kein Roman ist. Es ist eine zu lang geratene Novelle. Und die King-Novellen und -Kurzgeschichten sind zwar großartig an sich, aber es sind nicht die Texte, die ich liebe. Was vielleicht auch damit zu tun hat, dass ich generell keine Kurzgeschichtenleserin bin.

Wie ich darauf komme? Erstens ist es offensichtlich, ein King auf 350 Seiten? Eigentlich unmöglich. Zweitens die Perspektive. Durchgehend ein Ich-Erzähler. Untypisch für King-Romane. Insgesamt kaum ein Jahr, in dem die Handlung sich abspielt, mit Fokus auf wenige Monate. Und, schlussendlich, auch ein sehr abgespeckter Plot, ohne die üblichen King-Wucherungen, die ich so vergöttere.

Also, hat mir Joyland nicht gefallen? Doch, schon, einwandfreie vier Sterne, es ist für sich eine wunderbare, kleine Geschichte mit Sehnsuchtssetting und einer von anderen Rezensenten treffend erkannten "Altersweisheit." Das Problem ist eher, dass ich mir von "meinem" King einfach den Überhit erwarte, jedes Mal und umso mehr, wenn es um einen Vergnügungspark in den Siebzigern geht. Hey, das ist genau meine Story, habe ich gedacht, die hat er speziell für mich geschrieben. Aber dazu hätte Joyland plastischer sein müssen. Es gibt schon Momente, wo die gewohnte Kunst durchblitzt, aber weitestgehend bleibt es novellenartig nur an der obersten Schicht und vielleicht hier und da etwas Füllung, aber diese Tiefe, die man ein Leben lang nicht vergisst, die sich in Storys wie Es, Sie, In einer kleinen Stadt, The Stand, Das Bild, The Green Mile, Shining oder auch meinen jüngeren Lieblingen wie Love oder Der Anschlag auftut, von der ist Joyland weit entfernt. Und auch von so fesselnden Spektakeln wie Die Arena, Cujo oder Friedhof der Kuscheltiere. Dazu ist es viel zu sehr Milieu- und Locationstudie und zu wenig Spannungsroman. Für sich genommen, als 350-Seiten-Novelle, ist es schön, berührend, klug und erzählerisch gut gemacht. Für einen Roman fehlt mir das Fleisch. Nicht missverstehen, nicht der Horror. Ich habe nie wert auf den Horroraspekt in Kings Romanen gelegt, schließlich gehört Love zu meinen Lieblingsromanen von ihm. Aber die Intensität der Figuren und Szenen, die geht mir ab. Nicht umsonst werden ein Bill Denbrough, ein Stu Redman, eine Annie Wilkes, ein John Coffey, eine Rosie Daniels oder ein Jack Torrance mein Leben lang an meiner Seite sein. Und obwohl Joyland das Potential für tolle Figuren hat, schöpft es das nicht aus. Und darüber bin ich ein wenig enttäuscht.

Die Meinungen werden sicher auseinander gehen. Irgendwer erwähnte, dass Joyland nichts für richtige King-Fans ist. Dem stimme ich zu. Nur wurde das auch über Love gesagt und da habe ich nicht zugestimmt. Ich denke, es ist nicht hundertprozentig für diejenigen Fans, denen Es, The Stand oder selbst Der dunkle Turm zu kurz waren. Die gern in ein Universum eintauchen und mit einem Dutzend verschiedener Figuren mitleben wollen. Für Fans seiner Kurzgeschichten oder von Wahn und sogar vom Anschlag sehe ich dagegen großes Potential für Begeisterung, weil King in Joyland sicher als großer, gereifter Erzähler auftritt, der kein Spektakel mehr braucht, um menschliche Gefühle und Entwicklungen zu zeigen. Für Fans von den Horror-Spektakelbüchern: Finger weg!

Cover des Buches Die Mondspielerin (ISBN: 9783426501351)

Bewertung zu "Die Mondspielerin" von Nina George

Die Mondspielerin
claudiatomanvor 11 Jahren
Wundervoll! Voller Wunder.

Ar Mor. Jede Auster war wie das Meer. Jenes Meer, das jeder im Herzen trug, weit und frei, wild oder sanft, zartblau oder schwarz.


Ich finde, dieser Satz aus der "Mondspielerin" beschreibt das Buch am Besten. Auch Nina Georges Roman ist so eine Auster. Wenn ich vorher gewusst hätte, wie tief das Meer ist, das sich mit Mariannes Herz vor dem schwimmenden Leser auftut, ich wäre schon viel früher gesprungen, um mich an ihrer Seite auf die Suche nach dem Inneren der Liebe zu begeben.

Denn Marianne springt. Vom Pont Neuf. Weil sie ihr Leben nicht erträgt, das Leben an der Seite von Lothar. Sein Leben, das sie lebt. Aber sie wird gerettet und findet im Krankenhaus eine Fliese, die als Untersetzer dient. Darauf ist ein Hafen mit einem zierlichen roten Schiff gemalt. Die "Mariann". Und mit kaum mehr als dieser Fliese in der Hand flüchtet Marianne nach Kerdruc, dem Ort in der Bretagne mit dem Hafen. Und der Auberge.

Gemeinsam mit Marianne erlebt, erfühlt und erschmeckt man sich von da an das Leben. Erst findet sie einen roten Kater. Dann Arbeit als Köchin. Dann Freunde und dann die Liebe. Vor allem aber findet sie sich selbst. Mitten in den keltischen Mythen der Bretonen, zwischen liebevollen und an der Liebe doch so sehr scheiternden Figuren wirkt Marianne als "Heilerin" für so manches. Eine gute Hexe öffnet ihr Herz und ein empfindsamer Maler füllt es mit Dingen, die sie nicht gekannt hat. Sieht sie mit seinen Augen so wie sie nie gesehen wurde.

Ich habe jeden Moment dieser Reise genossen. So viel Lust, in die Bretagne zu reisen, mehr über Megalithen zu erfahren, die alten Sagen von Merlin wiederzulesen, Moules zu essen, Butterkuchen zu backen oder das Meer anzuschreien. Ich kann die Geschichte nicht anders nennen als sinnlich. Alle Sinne werden berührt. Nie habe ich besser beschrieben gesehen, wie eine Auster schmeckt oder wie sich Liebe und Tod anfühlen. So nah war ich selten an einer Protagonistin dran und habe mich durch sie in mich verliebt. Oder in das Leben.

Ich kann diesen Roman nicht einfach nur empfehlen. Das wäre nicht genug. Aber vielleicht hilft es, an den Geschmack von Austern, gutem Wein, frischem Weißbrot, den Geruch von Salz, Honig und altem Holz, die Farbe von einem bunten Gemüsegarten im Sonnenlicht, den Klang eines Akkordeons in der Nacht und den Gedanken an Feen und Hexen zu erinnern. So ist "Die Mondspielerin."

Cover des Buches Blinde Vögel (ISBN: 9783805250450)

Bewertung zu "Blinde Vögel" von Ursula Poznanski

Blinde Vögel
claudiatomanvor 11 Jahren
Achtung! Nicht lesen! Hochspannung!

Menschen, Facebooker, Buchkäufer, Leser, ich bitte euch, lasst die Finger von diesem Buch! Es ist einfach zu gut. Ihr würdet bloß einen ganzen Tag im Bett verbringen, so wie ich, und euch die Lippen vor Spannung und Ratlosigkeit blutig beißen. Wer will das schon? Bis zum entsetzlich spannenden Showdown hat man keine Ahnung, wer die Leute aus der Facebook-Lyrikgruppe killt und warum. Und dann, wenn man es weiß, sträuben sich einem unschön die Haare. Das muss zu einem Bad Hair Day führen, unausweichlich. Dazu noch ein Ermittlerduo, zwischen dem es dauernd knistert wie kurz vorm Gewitter. Und Figuren, die man nicht mehr aus seinem Kopf bekommt, mit ihren verdammten Rosen von Hebbel. Also bitte, hört auf mich, lest es nicht, Frau Poznanski hat es auf gemeinste Art und Weise auf eure Zeit und eure Nerven abgesehen. Haltet euch bloß von den Blinden Vögeln fern und bitte, seid vorsichtig, was ihr auf Facebook postet. Ihr könntet die Nächsten sein!

Cover des Buches Fünf (ISBN: 9783805250313)

Bewertung zu "Fünf" von Ursula Poznanski

Fünf
claudiatomanvor 12 Jahren
Rezension zu "Fünf" von Ursula Poznanski

Ursula Poznanski ist meine Heldin! Nachdem sie mit "Erebos" und "Seaculum" zwei wunderbare Jugendthriller geschrieben hat, ist "Fünf" nun ihr Debüt im Erwachsenengenre. Und was für eines! Ich habe im Vorfeld Stimmen gehört, die meinten "nach Erebos und Saeculum ist man ein wenig enttäuscht" oder "ich hätte es besser erwartet", Stimmen, bei denen ich mich frage: Besser? Wie?

Beatrice Kaspary und ihr Kollege Florin Wenninger ermitteln in einem Mordfall. Eine Frau, die mit gefesselten Händen von einem Felsvorsprung gestoßen wurde. Auf ihren Fußsohlen: Tätowierte Zahlen. Bald finden sie sich mitten im gefinkelten Spiel eines Mörders, der sie mit GPS-Geräten auf Fährten schickt, um grausame Fundstücke - sogenannte Caches - zu suchen. Geocaching in seiner grausamsten Variante. Doch wer steckt dahinter und welchen Zusammenhang gibt es? Immer tiefer wird Beatrice selbst in das Spiel hineingezogen. Nur warum?

Ich habe viele Thriller gelesen und etwa neunzig Prozent derer, in denen es um einen Serienmörder geht, funktionieren nach Stickmuster zwei-glatt-zwei-verkehrt. Selbstverständlich psychologisch fundiert mittels Serienmörderfachliteratur. Ursula Poznanskis Roman ist der erste seit langem (seit Fitzeks Seelenbrecher und Dorns Trigger, würde ich mich fast zu sagen trauen), der gleichermaßen spannend, überraschend und trotzdem komplett nachvollziehbar ist. Eine so gute Tätermotivation habe ich selten gelesen und allein dafür gebührt der Autorin ein Orden für Verdienste um das Genre Psychothriller. Und der Weg zum Finale ist wirklich spannend. Ich weiß nicht, wie sie es jedes Mal macht. Nicht durch spektakuläre Cliffhanger, nicht durch rasant wechselnde Perspektiven (zum Großteil bleibt sie bei der Ermittlerin Beatrice Kaspary), aber nach und nach entsteht ein unwiderstehlicher Lesesog. Und das Genialste dabei: Etwa zur Hälfte des Romans war ich mir sicher, den Täter und sein Motiv zu kennen. Dann von meinem Irrtum völlig irritiert. Und am Ende, ja, am Ende folgt die große Überraschung. Allein mit diesem Schachzug hat der Thriller mich gewonnen (und mit Moon River, aber das ist eine andere Sache). Chapeau!

Aber um noch einen draufzusetzen (sonst wär sie wohl nicht Ursula Poznanski), das Tüpfelchen auf dem letzten i ihres Namens, den man sich bitte spätestens jetzt gefälligst buchstabierfähig zu merken hat, ist dieses Buch auch noch verdammt gut geschrieben. Geradlinig, klar, flüssig, durchdacht, mit guten Dialogen, Figuren, die Fleisch haben, die Typen sind, ohne zu Archetypen zu werden, die sämtlich lebendig wirken (na gut, bis sie eben tot sind) und nicht zwanghaft versuchen, ohne Klischees auszukommen. Ich mag das. Es sind echte Menschen, keine geplotteten.

Wenn man mir jetzt damit droht, mir wie einst Van Gogh ein Ohr abzusäbeln, wenn ich nicht etwas zu bekritteln finde, muss ich wohl damit beginnen, Sternennächte in Öl zu malen. Da gibt es nichts zu bekritteln! Liebe Frau Poznanski: TFTH!!!

Cover des Buches Das Lächeln der Kriegerin (ISBN: 9783356012354)

Bewertung zu "Das Lächeln der Kriegerin" von Philipp Bobrowski

Das Lächeln der Kriegerin
claudiatomanvor 12 Jahren
Rezension zu "Das Lächeln der Kriegerin" von Philipp Bobrowski

"Manchmal scheint es keinen richtigen Weg zu geben. Dann bleibt dir nur, dich mit Herz und Verstand für den besseren zu entscheiden."

Das Mädchen, dessen Entwicklung im Mittelpunkt dieses Romans steht, muss lernen, dass alles seinen Preis hat. Lothiel, die fünfzehnjährige Tochter von Adar und Naneth, gerät mitten in der Unschuld ihrer Kindheit in den großen Krieg um Laindor, als sie Rochon, Bote aus der Grenzfeste, verwundet in der Nähe des Hofes ihrer Eltern findet. Mutig übernimmt sie selbst dessen Auftrag, die Botschaft über den Angriff des Feindes zur Königin zu bringen. Und wächst dabei über sich hinaus.
Was diesen Roman aus der Masse der Fantasyliteratur hervorhebt, ist mit Sicherheit die immer im Raum stehende Frage nach Recht und Unrecht. Ein junges Mädchen sieht sich mit der Notwendigkeit konfrontiert, durch die Zwänge des Krieges zur Mörderin zu werden. Doch ist diese Notwendigkeit nicht etwas, das sie fraglos akzeptiert. Denn auch in den Gesichtern der Feinde stecken Menschen, auch im Bedürfnis, eigene Verluste zu rächen, steckt der Zweifel daran, ob einem das das Recht gibt, anderen Verluste zuzufügen. Der Autor macht das durch die Augen Lothiels wunderbar deutlich, lässt sie mal lächelnd im Blutdurst zur Kriegerin werden und im nächsten Moment über die eigenen Taten erschrecken. Das alles gelingt ihm mit einer flüssigen, geradlinigen und trotzdem äußerst gewählten Sprache. Die vielen Figuren überfordern nie, weil man die immer in Beziehung zur Hauptfigur Lothiel kennenlernt und sehr schnell sehr plastisch vor Augen hat, ebenso wie das Land Laindor.
Was ich kritisch anmerken würde ist, dass sich die Geschichte ruhig mehr Zeit nehmen dürfte. Besonders in der ersten Hälfte geht es mir persönlich oft zu schnell und einfach, da hätte es ruhig noch Hindernisse und Irrtümer geben dürfen, an denen die Heldin wachsen kann. Ab der Mitte finde ich das ausgeglichener, da hat die Geschichte mehr Raum. Arminas, die Königsstadt, ist liebevoll beschrieben und es ist angenehm anders, mal sowohl weibliche als auch männliche Helden Seite an Seite kämpfen zu sehen. Insgesamt hätte der Roman aber ruhig um ein gutes Drittel länger sein dürfen. Aber abgesehen davon habe ich mich blendend unterhalten, in Rochon auch eine neue Fantasylieblingsfigur gefunden und bin sehr gespannt auf weitere Romane von Philipp Bobrowski.

Cover des Buches Die Alchemie der Unsterblichkeit (ISBN: 9783442474837)

Bewertung zu "Die Alchemie der Unsterblichkeit" von Kerstin Pflieger

Die Alchemie der Unsterblichkeit
claudiatomanvor 13 Jahren
Rezension zu "Die Alchemie der Unsterblichkeit" von Kerstin Pflieger

Die Alchemie der Unsterblichkeit ist ein wunderbar erfrischender neuer Roman. Und das meine ich im positivsten Sinn des Wortes. Atmosphärisch dicht, in liebevoll ausgewähltem Setting mit charismatischen Figuren und ohne die handelsüblichen Klischees. Da dürfen Vampire auch sehr menschenähnliche Gefühle haben, Werwölfe sympathische Kraftprotze sein und da darf der Ermittler, Icherios Ceihn, über weite Strecken tollpatschig die falschen Entscheidungen treffen. Die Kombination aus Fantasy, historischem Rahmen und klassischem Detektivroman ist ganz nach meinem Geschmack und so ist es mir leicht gefallen, in Kerstin Pfliegers Geschichte einzutauchen und mit Icherios auf die Suche nach dem alchemistischen Mörder zu gehen. Ich muss gestehen, dass ich auch sehr früh erraten habe, wer es ist und am Ende richtig lag. Das ist eine Berufskrankheit, ich glaube, es hat selten einen Krimi gegeben, bei dem ich nicht früh richtig geraten hätte. Aber im Gegensatz zu anderen Fällen tut das hier dem Vergnügen keinen Abbruch, denn Kerstin Pflieger führt die Fäden trotzdem sehr spät zusammen und man rätselt lange, welches Motiv der Täter nun tatsächlich hat und fragt sich, ob es Icherios gelingen wird, ihm rechtzeitig auf die Schliche zu kommen. Mein einziger Kritikpunkt ist einer, den ich oft habe: Es hätte ruhig ausführlicher sein dürfen. :-) Ich hätte gerne mehr über die Alchemie und das Lunalion erfahren, über die Arbeitsweise der Kanzlei, wäre länger in Sohons herrlicher Bibliothek verweilt und hätte mich für die Dorfgeschichte interessiert. Vor allem was die Hintergründe angeht, wäre ich an vielen Stellen für längere Ausführungen zu haben gewesen, weiß aber auch, dass das möglicherweise die sehr rasante Geschichte verlangsamen würde und vielen Lesern auch nicht so liegt. Ich kann den Roman jedem empfehlen, der nach neuen Geschichten mit Persönlichkeit Ausschau hält, sich in Sleepy Hollow wie zuhause fühlt und spannende Unterhaltung mit fantastischen Elementen und viel Charme sucht. Eine große Entdeckung!

Cover des Buches Hundert Jahre ungeküsst (ISBN: 9783401064895)

Bewertung zu "Hundert Jahre ungeküsst" von Gabriella Engelmann

Hundert Jahre ungeküsst
claudiatomanvor 13 Jahren
Cover des Buches Brenntage (ISBN: 9783406612657)

Bewertung zu "Brenntage" von Michael Stavarič

Brenntage
claudiatomanvor 13 Jahren
Rezension zu "Brenntage" von Michael Stavaric

Was mich nach Ende der Lektüre am meisten beschäftigt hat, war die Frage, ob nicht irgendwie jede Erinnerung an Kindheit so voller Gespenster, Märchen und gezeichnet von Zauber ist wie der Roman von Michael Stavarič. Man schwebt als Leser dieser Geschichte permanent in einer Art Zwischenwelt, die einem in bestimmter Weise vertraut ist, weil man ähnliche Gefühle erlebt, wenn man an die Wälder, Rituale und phantastische Ereignisse der eigenen Kinderwelt zurückdenkt. Anekdotenhaft und aus einer rückblickenden Position aus entfaltet der Autor das Porträt eines abgeschotteten und seltsam trostlosen Dorfes, in dem Zeit und Realität keine Rolle zu spielen scheinen. Voll ist dieses Dorf von mystischen Geschichten, Monstern, Soldaten, wilden Tieren und dem Feuer der Brenntage, die einmal im Jahr zur Entrümpelung der Häuser (und der Seelen?) stattfinden. Fasziniert wird man mit dem Icherzähler in den Strudel dieser geisterhaft anmutenden Kulisse hineingezogen und sucht wie die Kinder im Dorf nach einem Ausweg. Doch zwischen dem Dorf und der Außenwelt scheint es nur undurchdringliche Wälder und Schluchten zu geben, dafür wurzelt es tief hinunter in die Erde, in die stillgelegten Bergwerksminen, die der Ursprung aller Geschichten, aller Ereignisse und aller Menschenleben zu sein scheint. Und deren Ende. Aber lest selbst! Wer sich vertrauensvoll an der Hand nehmen lässt, dem steht eine sprachlich außergewöhnliche, fast musikalische Reise zurück in die Kindheit bevor, gefüllt mit einer Vielzahl liebevollster Details und magischer Geheimnisse.

Cover des Buches Hello Kitty muss sterben (ISBN: 9783630873398)

Bewertung zu "Hello Kitty muss sterben" von Angela S. Choi

Hello Kitty muss sterben
claudiatomanvor 13 Jahren
Rezension zu "Hello Kitty muss sterben" von Angela S. Choi

Congee, chinesische Reissuppe, das ist "eine sättigende Mahlzeit nach einer anstrengenden Nacht, in der man Gottes Werk verrichtet hat." Und "Hai" ist das kantonesische Wort für "ja", wenn man die Tonhöhe senkt. Hebt man sie, heißt es "Fotze". Ein chinesisches Mädchen sagt oft "Hai", denn ein braves chinesisches Mädchen hat wie eine "Hello Kitty" zu sein. Niedlich aber ohne Mund, um Widerspruch zu üben, und ohne Augenbrauen, um böse zu schauen.
Fiona Yu ist eine junge chinesische Frau Ende Zwanzig, die immer noch bei ihren Eltern in San Francisco lebt und permanent zwischen diesen gegensätzlichen Kulturen hin und her rudert, um irgendwie an der Oberfläche ihres Lebens als Firmenanwältin zu bleiben. Dafür hat sie eine sonderbare Vorliebe für Serienmörder, trägt teure Kleidung und trifft zu Beginn des Romans, nach dem absolut hinreißend tragikomischen Versuch, ihr Jungfernhäutchen händisch zu entfernen, ihren Schulfreund Sean wieder. Und ein wildes, böses, zutiefst unkonventionelles Abenteuer beginnt.
Angela S. Chois Debüt ist so grell und verstörend wie Titel und Cover, es ist eine Abrechnung mit verlogener Moral, sowohl jener der amerikanischen wie auch jener der chinesischen Tradition. Choi spricht einem gleichzeitig aus der Seele und erschreckt einen, weil man auf seine verborgenen bösen Gedanken aufmerksam gemacht wird. Man bekommt ein Bedürfnis, das Innerste mit Listerine auszuspülen oder in heißem Wasser abzukochen.
Ich empfehle diesen Roman allen weiblichen "Dexter" Fans, die mehr Sarkasmus vertragen können, allen, denen Kathy Lette zu harmlos und Banana Yoshimoto zu brav ist und allen Frauen, die Münder und Augenbrauen haben.

Über mich

Weder dick noch dünn, immer nah am Chaos, Hang zu Sammelticks, Katzenticks und von Natur aus ohne jegliche Begabung für folgende Tätigkeiten: Aufzucht und Pflege von Grünzeug, Sportliche Tätigkeiten, die mit einer Bergaufbewegung zu tun haben, Tanz in jeglicher Form und Haushaltstätigkeiten wie kochen, aufräumen oder Fenster putzen. Ansonsten recht pflegeleicht und äußerst harmoniesüchtig.

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