Utopische Erzählungen ... Bisher dachte ich immer, darin ginge es vornehmlich um Raumfahrer, die in fernen Galaxien auf grünhäutige Aliens treffen … Tatsächlich bin ich in der Titelgeschichte des Buches „Der lebende See“ von Slov ant Gali auf einen intergalaktischen Reisenden getroffen, aber mir sind in seinen Erzählungen auch eine Frau begegnet, die darum kämpft, gemeinsam mit ihrer Tochter ein normales, selbstbestimmtes Leben führen zu können, statt als „Verewiglichte“ in einer Cyberwelt zu existieren, Tannen, die sich dafür rächen, dass auf ihrem Lebensraum Waffenexperimente durchgeführt werden, ein Intellektueller, dem es gelingt, durch das Auflegen seiner linken Hand andere von seiner politischen Einstellung zu überzeugen und ein Zeitreisender, der auf seinem Trip in die Vergangenheit und vor allem zurück in die Gegenwart – wie soll es anders sein – sich selbst begegnet … und zwar gleich mehrfach! Fünfzehn Geschichten völlig unterschiedlichen Inhalts, jede für sich ein Lesevergnügen ganz eigener Art. Ich habe es nicht bereut, das Buch gekauft zu haben und mit Interesse erwarte ich das im Anhang bereits für Anfang kommenden Jahres angekündigte nächste Werk des Autors „Im Bann der Bienen“.
corinne1
- Mitglied seit 04.06.2013
- 8 Bücher
- 4 Rezensionen
- 8 Bewertungen (Ø 4,88)
corinne1s Bücher
Zur BibliothekRezensionen und Bewertungen
Bewertung zu "Querfeldein ist nicht immer geradeaus" von Gunda Jaron
Dieses auch optisch sehr ansprechende Buch nimmt den Leser mit auf eine Reise, die ihn – wie der Titel schon andeutet – nicht immer geradeaus führt. Kaum eine der über 40 Kurzgeschichten und Erzählungen endet so, wie der Anfang es vermuten lässt. Mal lässt Thomas Staufenbiel den Leser an augenzwinkernder Philosophie teilhaben, mal lässt er seine Protagonisten rückwärts durch die Zeit fallen oder auf dem Kopf stehend die Welt erklären. Die Geschichten Gunda Jarons sind dagegen von krimineller Hinterhältigkeit geprägt oder sie beschreiben den ganz alltäglichen Wahnsinn, der einem im Haushalt, bei der Jobsuche, als Heimwerkersgattin oder als Melone in einem Supermarkt begegnen kann … Insgesamt eine vielfarbige Mischung, die durch einen liebevoll gesponnenen roten Faden Struktur erhält, was das Buch aus der Masse anderer Geschichtensammlungen hervorhebt. Ein Buch, das man gerne zur Hand nimmt, um sich „zwischendurch“ immer mal wieder querfeldein in immer neue Szenarien entführen zu lassen.
Wer bislang um Gedichte zum Thema Liebe einen großen Bogen gemacht hat, weil er befürchtete, mit Herz/Schmerz- und Liebe/Triebe-Reimen nur so zugeschüttet zu werden, der wird bei der Lektüre von „Liebe m.b.H.“ angenehm überrascht sein. Der Rückseitentext dieses schön gestalteten Buches verspricht Gedichte über fast alles, was vorkommt zwischen Wiege und Sarg einer Beziehung, und so findet man mit einem Augenzwinkern Gereimtes über die erhoffte Annäherung beim ersten Rendezvous, die dadurch vereitelt wird, dass man sich eigentlich unter einem Regenschirm aneinanderkuscheln wollte – und nun scheint die Sonne … oder es werden ungereimte Betrachtungen über das angestellt, was eine Beziehung ausmacht, die sich bereits in der Phase „Nach der Balzzeit“ befindet. Abschied und Wiederkehr, Himmelhochjauchzen und Tieftraurigkeit, Aufblühen und Verwelken von Gefühlen – alles findet man in diesem Buch, mal aus männlicher Sicht, mal aus weiblicher Sicht geschrieben. Wunderbar hat mir dabei der Bogen gefallen, den die Autoren durch die Zusammenstellung ihrer Gedichte tatsächlich vom Beginn über alle Höhen und Tiefen bis hin zum Ende einer Beziehung schlagen, wie immer diese auch aussehen mag. Wer Liebeslyrik mag, die NICHT im Kitsch ertrinkt, dem wird dieses Buch gefallen.
Bewertung zu "Gemeinschaft der Glückssüchtigen" von Slov ant Gali
Dieses Buch war ein Überfall: Was sollte ich mit Überschriften anfangen wie „Wie ich trotz und wegen der DDR zu meinem ganz individuellen Kommunismus fand“? Schon allein das Wort „Kommunismus“. Etwas, das ich als nur mäßig politisch interessierter „Wessi“ bisher mit Begriffen wie Diktatur, Mangelwirtschaft, eingeschränkter Reisefreiheit und gegenseitiger Bespitzelung in einen Topf geworfen hatte. So erschloss sich mir durch „Gemeinschaft der Glückssüchtigen“ von Slov ant Gali Neuland. Ich erfuhr, dass nur dort, wo man Freiheit, Individualismus, erfüllte Bedürfnisse, allseitig gebildete Persönlichkeiten und vernünftig geplantes Wirtschaften und damit nachhaltigen Umweltschutz findet, „Kommunismus“ ist, egal wie es genannt wird.
Individueller Kommunismus? Das fand ich spannend und ich lernte, dass DDR eben nicht in erster Linie „Mauer“ war, sondern das Leben „dahinter“ verrückte Geschichten bot, die so unglaublich klingen, dass sie der Autor wohl nur deshalb aufzuschreiben wagte, weil er sie wirklich selbst erlebt hat.
Doch Slov ant Gali erzählt nicht nur aus seinem Leben als geborener „Ossi“, sondern zeigt vor allem auch auf, wie das, was er Kommunismus nennt, weltweit funktionieren könnte. Dazu bedient er sich farbiger Wortbilder: Mal lässt er Kohlenmonoxid aus dem Kachelofen strömen, mal Lenin bayerisch fensterln, mal tritt ein See vor lauter Badenden übers Ufer, mal kommt Robinson von der Insel. Und immer wieder geht es um das Internet, Downloads, Freiheit, Arbeit, die gern gemacht wird und welche, die trotzdem gemacht wird. Er entwickelt Ideen zum Verkehr der Zukunft und wie die Menschen privat zusammenleben.
Wenn mir auch manches noch utopisch vorkommt … dass man und wie man ohne die Gier nach „Alles meins“ besser und zufriedener – eben glücklicher – leben würde, kann ich mir jetzt besser vorstellen. Wenn das machbar ist, was der Autor da beschreibt – und er begründet ja, warum das meiste schon heute (bzw. erst heute) möglich ist – dann möchte ich sagen: Warum fangen wir nicht an damit? Wie genau die ersten Schritte dahin aussehen können, darüber würde ich gerne mal mit dem Autor diskutieren.
Über mich
- weiblich