Man darf sich nicht von den elegant erzählten abstrusen Begebenheiten des Prologs täuschen lassen; der folgende Roman hat weder in Erzähltechnik, Stilistik noch kryptischer Absurdität etwas mit ihm gemein.
Abgesehen von seinen inhaltlichen Mängeln, zu denen ich als Hauptargument noch kommen werde, ist auch die verblüffend schwache technische Qualität des Erzähl- und Schreibstils nach dem Prolog bemerkenswert. Die Bilder sind fad und farblos, die Dialoge langsam, umständlich und ohne Würze und Konflikt. Die Figuren sind keine Menschen aus Fleisch und Blut, sondern Sprachorgane für den Plot und die Botschaften des Autors, womit wir auch schon bei den inhaltlichen Problemen wären.
Der Roman liest sich nicht wie ein literarisches Werk oder zumindest eine spirituelle Erfahrung, sondern wie eine Predigt. Es gibt keinen Zweifel über die moralischen Aspekte der Weltverbesserung: Hier gibt es die einfachen Leute, die zwar nicht strahlende Helden sind, aber auch nicht böse, sondern eben den Umständen der kapitalistischen Wirtschaftsweise ausgeliefert (ja, hierum geht es eigentlich in dem Roman), dort sind die Kapitalisten, die Hochfinanz, die übermächtigen Konzerne und die Politiker, die von ihnen bestochen werden. Die Botschaft Gottes, die unser Protagonist verlautbaren soll, lautet: Konzerne sind böse und für beinahe alles Übel und Leid auf der Welt verantwortlich. Aber auch das Wirtschafssystem an sich, das auf Profit statt auf Gemeinwohl ausgerichtet ist, ist böse. Die Menschen (damit sind eigentlich nur die Einwohner der westlichen Industrienationen gemeint) machen sich mitschuldig, weil sie nicht gegen das perverse System aufbegehren.
Der Roman gibt sich große Mühe, das klarzustellen. Dabei mutieren die Konzernvertreter und Finanzjongleure zu cartoonhaften Kapitalisten-Nazis, die einer sozialdarwinistischen Ideologie anhängen, in der der Stärkere den Schwächeren bzw. der Kapitalist die weniger Produktiven zermalmen darf. Die Konzernbosse sind allesamt unhöfliche, ungebildete Ekelpakete, die Morde in Auftrag geben lassen und wilde Orgien feiern (und außerdem Kennedy auf dem Gewissen haben). Auf der anderen Seite steht symbolisch der weise Medizinmann eines urtümlichen afrikanischen Naturvolks, über dessen Weisheit und Aufgeklärtheit unser Protagonist nicht genug reflektieren kann.
Nachdem unser Protagonist früher im Roman Gott mit dem theologischen Problem des Bösen konfrontiert und Gott logischerweise mit dem Argument des freien Willens kontert, endet der Roman mit einer großen Reinigung der menschlichen Seelen, in denen ihnen von Gott erst recht eine der allermenschlichsten Eigenschaften genommen wird (womöglich verpasse ich hier aber auch die Bedeutung im übertragenen Sinne). Aber immerhin stellt der Roman in Aussicht, dass diese Säuberung in Zusammenhang mit der Bildung einer Weltdemokratie zu einer ›demokratischen Verwaltung der globalen Ressourcen‹ führen wird. Was könnte da schon schiefgehen?
Fazit: Einseitiges Schwarz-Weiß-Bild einer der komplexesten Fragestellungen (nämlich wie man die Welt tatsächhlich nachhaltig verbessern kann), das sich nicht mit Graubereichen, subtilen Beobachtungen oder moralischen Konflikten aufhält, sondern uns den Feind der Menschheit klarmacht (Kapitalismus, Konzerne) und einen einfachen Ausweg daraus zeigt: Wir müssen bloß die Gier abschütteln.
(Wobei fairerweise gesagt werden muss, dass Knapp mit seinen letzten Zeilen wohl ein Caveat formuliert: Die Gier lauert immer noch.)