elmidi
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elmidis Bücher
Zur BibliothekRezensionen und Bewertungen
Gustaf Skördeman liefert mit Ü50 sein erstes Debüt und das gleich auf einem hohen sprachlichen Debüt.
Agneta erschießt auf Anruf nach jahrzehntelanger Ehe ihren Mann, einfach so, ohne Vorwarnung und ohne Gefühlsregung. Danach begibt sie sich auf die Flucht, warum und wohin ist lange nicht klar. Die Kommisarin Sara Nowak kennt die Familie seit ihrer Kindheit, und ermittelt aus eigenem Interesse. Dabei stößt sie auf dunkle Geheimnisse in der Familie, welche weit in die Zeiten des Kalten Krieges zurück reichen.
Ich hab das Buch in einem Zug durchgelesen - besonders am Anfang konnte ich nicht aufhören. Die Geschichte ist nicht geprägt von sonderlich symphatischen Personen - ehrlich gesagt bin ich mit keiner wirklich warm geworden. Viel eher gepackt hat mich der Rückgriff auf die Zeiten des Kalten Krieges. Ich bin mir gar nicht sicher, ob Leute, die diese Zeit nicht erlebt haben, so sehr mitgehen können - denn viel erklärt dazu wird nicht. Vielleicht muss man also Ü50 sein - wie der Autor auch. Dieser liefert oft sprachlich scharfe und präzisse Kommentare - über diese Zeit, die damalige Politik und manchmal auch auf das eigene Alter. Für mich schon allein deshalb lesenswert. An Spannung fehlt es aber auch nicht - jetzige und ehemalige Geheimdienste kommen auf den Plan, mit undurchsichtigen Absichten. Und wer welche Rolle damals hatte, bleibt ebenso verschwommen. Erst am Ende klärt sich etwas, ohne einen richtigen Cliffhanger zu produzieren.
Ich bin auf jeden Fall gespannt, wie es weitergeht, denn es soll ja eine Trilogie werden.
Dieser historische Roman führt uns zurück in die Jahre kurz nach der Jahrhundertwende zum 20sten Jahrhundert und spielt hauptsächlich in Stuttgart. Hier treffen wir auf Judith, die Tochter des Schokoladenfabrikanten Rothmann. Judith ist mit ihren 21 Jahren schon erwachsen und da ihre Mutter am Gardasee weilt, um ihre seelische Genesung zur fördern, muss sie die Aufsicht über ihre Brüder, die Zwillinge Karl und Anton, übernehmen, die nicht müde werden, Streiche zu verüben. Die weitere zentrale Figur in diesem Roman ist Victor, frisch entlassen aus der Haft in der Anstalt Ehrenbreitstein in Koblenz und nun in Stuttgart zu neuen Ufern unterwegs. Die führen ihn die Schokoladenfabrik, wo er bald zum technischen Leiter aufsteigt. Judith indess soll gegen ihren Willen mit dem Bankiersohn verheiratet werden ...
Der Roman folgt eigentlich altbekannten Wegen und ist doch spritzig erzählt. Ganz besonders haben mich die Schokoladenautomaten faszieniert, von deren Kontruktion und Aussehen viel berichtet wird. Und auch die Schilderungen des Lebens am Gardasee haben meine Sehnsucht nach diesen Orten geweckt. Und so hatte ich das Buch trotz der über 400 Seiten in wenigen Tagen durch und mich dabei nicht gelangweilt. Kurzweilig sind die Personen, die allesamt zum Leben erweckt wurden mit all ihren Sorgen und Nöten, aber auch schönen Erlebnissen. Das alte Stuttgart mit seinen Dienstboten in Herrenhäusern, gefallenen Mädchen und den neuen Fabriken und Arbeitern dort haben sehr lebendig vor mir gestanden. Am Ende des Buches findet sich im Anhang die dahinterliegende gut recherchierte Geschichte.
Gerne gelesen und einiges dazugelernt, mit einer allerdings vorhersehbaren Handlung kann ich das Buch als leichte, solide und unanstrengende Unterhaltung weiter empfehlen.
Um Tinte und Siegel geht es sehr viel in diesem neuen Fantasyroman aus Großbritannien.
Al MacBharrais ist einer von fünf Siegelmagieern auf der Welt und auch mit einem Fluch belegt. Seine Stimme bringt Menschen dazu, ihn zu hassen, weshalb er die ganze Zeit mittels einer HandyApp kommunizieren muss. Und dann sterben auch noch seine Schüler, dabei hatte er doch gehofft, einen Nachfolger ausbilden zu können. Mit in seiner Druckerei arbeitet auch Nadja, eine Schlachtenseherin und ein Kobold kommt auch noch dazu. Ein sehr symphatisches und auch witziges Team, mit dem Al einem Geheimnis auf den Grund kommt, welches das empfindliche Gleichgewicht zwischen der Welt, wie wir sie kennen und den magischen Gefilden ins Wanken bringt.
"Tinte & Siegel" ist ein toller und origeneller Reihenauftakt aus Großbritannien rund um den Siegelmagier Al MacBharrais. In Sachen Originalität und Witz ist dieser Roman sehr klasse und er liest sich flüssig runter. Was mir fehlte war ein Spannungsbogen, irgendwie blieb alles zwar interessant, aber dümpelte mittelspannend daher. Auf jeden Fall aber bin ich gespannt, wie es weitergeht, denn die Personen und Persönlichkeiten im Buch sind mir ans Herz gewachsen!
"American spy" hat einen sehr originellen Anfangssatz: ""Ich öffnete den Safe unter meinem Schreibtisch, schnappte mir meine alte Dienstwaffe und schlich lautlos und elegant zur Schlafzimmertür - bis ich auf einen Legostein trat und den Rest des Weges humpeln musste" .
Marie ist eine alleinerziehende Mutter von Zwillingen, zwei aufgeweckten Jungs. Nachdem ein Einbrecher nach ihrem Leben trachtet, flieht sie mit ihren Kindern zu ihrer Mutter. Und hier beginnt sie einen Brief an die beiden zu schreiben, die nichts über ihre Herkunft und ihren Vater wissen.
Dieser Brief bereitet dem Thriller einen doch sehr langen etwas zähen Anfang, in dem es viel über Maries Schwester Helen und über die kaputte Ehe der Eltern geht. Der Vater hat es trotz seiner Hautfarbe in der Polizei nach oben geschafft und Marie ist stolz auf ihren Anfang beim FBI, denn sie hat den gleichen Ehrgeiz. Hier wird sie jedoch in einen dubiosen Einsatz durch das CIA nach Burkina Faso geschickt. Im Buch beginnt ungefähr ab S. 100 die Spannung - eben genau durch diesen Auftrag - zu steigen.
Ich bin durch die ersten 100 Seiten etwas ratlos durch gedümpelt - direkt am Anfang ein rätselhafter Einbruch - aber dann ging es in der Zeit erst mal weit zurück und furchtbar viel um Familie. Danach aber lohnte sich das Lesen wieder sehr. Über Burkina Faso weiß ich fast nichts und schon gar nicht über Thomas Sankara, der sich dort in den 80er Jahren an die Macht brachte. Ein linksgerichteter Revoluzzer, den man im Laufe des Buches etwas besser kennenlernt. Und Marie muss sich in diesem Land mit einem zweifelhaften Auftrag in den höchsten Kreisen und unter Lebensgefahr behaupten.
Ein Buch, das sich trotz des langen Anfangs lohnt zu lesen!
Dieses Buch spielt in zwei Zeitebenen - in der einen geht es um Ivy, sie lebt in den 1940er Jahren in Großbritannien bei ihrer Großmutter Mae. Ihre guten deutschen (und japanischen) Sprachkenntnisse führen dazu, dass sie im britischen Abhördienst gebraucht wird, um den deutschen Funkverkehr abzuhören. Doch London wird von deutschen Bombern angefriffen und Ivy ist traumatischen Erlebnissen ausgesetzt.
Der andere Erzählstrang spielt Ende des 19. Jhrdts. in Singapur. Erzählt wird die Geschichte der beiden Zwillinge Mae und Harriet, die aus einem Kinderheim direkt in die Fänge von David rutschen, der eine von ihnen heiraten soll. Die Lage entwickelt sich auf ein tragisches Ende zu.
Ich bin der Handlung in beiden Erzählsträngen gebannt gefolgt. Alle Personen standen lebendig vor mir, nicht auch zuletzt die exotische Landschaft. Vor allem die geschichtlichen Ereignisse, in die man in diesem Buch mit verwickelt wird, waren sehr präsent. Es war neu für mich, in einem Roman über den zweiten Weltkrieg aus der asiatischen Perspektive zu lesen.
Natürlich ist es ein Buch, das unterhalten soll und deshalb auch nicht allzusehr in die Tiefe geht. Und natürlich steht am Ende ein Happy End!. Großartige, mit viel Gefühl und Exotik gespickte Unterhaltung und einer etwas anderen Perspektive!
"Das Seltsamste an dieser seltsamen Reise war, dass ein Wort den Anstoss gab - und nicht einmal ein besonders klangvolles, sondern ein ganz normales, alltägliches, von Kairo bis Kalkutta weitverbreitetes Wort: bundook. In vielen Sprachen, einschließlich meiner eigenen, des Bengali oder Bangla, bedeutet bundook "Gewehr". "
So beginnt die Geschichte, in der Deen Datta eine Reise beginnt in seine alte Heimat, nach Kalkutta. Dort trifft er Piya, Rafi und sein Freund Tipu. Die Reise findet statt mitten in einem sich weltweit wandelnden Klima, Überschwemmungen und Feuer und unberechenbares Wetter sind der Hintergrund der Geschichte, immer präsent, aber doch irgendwie wie ohne Zusammenhang zu den Personen, die wir begleiten. Das sich ändernde Wetter treibt Menschen und Tiere vor sich her, und so landen wir wieder zurück in den USA und dann weiter nach Italien. Deen Datta ist das Zentrum der Handlung, durch seine Augen sehen wir. Er sammelt alte Bücher und Geschichten und eine ganz besonders begleitet ihn die ganze Zeit.
Dieser Roman ist absolut lesenswert. Er beschreibt die Stimmung in unserer Zeit völlig treffend, ist vielschichtig und tiefgründig. Mit Deen sucht man nach Zusämmenhängen zwischen Altem und Neuem, zwischen Flüchtlingen und Einheimischen, zwischen den Menschen und der sich wehrenden Erde. Ein Buch, das den Finger genau an die wunden Punkte legt!
Bewertung zu "Das Verschwinden der Erde" von Julia Phillips
Der Klappentext dieser ungewöhnlich erzählten Geschichte kündigt einen literarischen Thriller an. Gethrillt hat mich allerdings gar nichts, literarisch anspruchsvoll war es allerdings schon.
Julia Phillips Debüt nähert sich Kamtschatka und seinen EinwohnerInnen auf sehr ungewöhnliche Weise. Der Aufhänger im ersten Kapitel ist das Verschwinden zweier Schwestern. Was jetzt ein Thriller hätte werden können, drängt uns einen anderen Blickwinkel auf. Das erste Kapitel heißt schlicht "August" und die nächsten Kapitel gehen Monat für Monat weiter, in denen die Schwestern verschwunden bleiben und wir ein Stückchen des Lebens ganz unterschiedlicher Familien, Paare und einzelnen Menschen wie als Kurzgeschichte erzählt bekommen, nur um im nächsten Kapitel wieder bei jemand anderem zu landen. Bei jedem dieser insgesamt 26 Personen, immer im Mittelpunkt die Frauen, hat das Verschwinden der Mädchen irgendwelche Spuren hinterlassen. Am Ende des Buches gibt es Antworten, kurze zumindest.
Am Ende des Buches habe ich auch wieder gerne weitergelesen. Irgendwo in der Mitte war es mir einfach zu viel, zu viele Personen, kein roter Faden und ich hab mich irgendwie verloren und fremd zwischen all diesen vielen Leuten gefühlt. Eher so, wie zu Besuch in Kamtschatka, und man muss in kurzer Zeit ganz viele Leute besuchen, die man alle nicht kennt. Auf diese Weise bleibt aber auch ein Eindruck vom Leben dort, vom Konflikt zwischen Männern und Frauen, zwischen Russen und Ureinwohnern, zwischen Kindern und Erwachsenen, den Menschen und der Regierung und nicht zuletzt der Landschaft.
In dieser Zeit, in der gerade sowieso mal alles anders ist, passt es, sich auf eine anders erzählte, in einer ganz anderen Region der Erde spielende Handlung einzulassen. Man sollte allerdings ein bisschen Durchhaltevermögen und ein gutes Namensgedächtnis mitbringen.
Was für ein tolles Buch!
Wer Action braucht und atemlose Cliffhanger am Ende jeden Kapitels ist hier falsch!
Hier sind es die Worte, die in aller Langsamkeit und Gründlichkeit das Bild einer grandiosen Landschaft auf den Örar-Inseln malen. Hier tritt der junge Pfarrer Kummel mit seiner Frau und einer Tochter seine erste Pfarrersstelle an. Seine Frömmigkeit trifft auf Antworten in dieser Landschaft, er findet die richtigen Worte und das richtige Verständnis für die BewohnerInnen dieser Inseln, die ihn schließlich in ihr Herz schließen. Aber nichts bleibt so, wie es ist, ganz unvorhergesehen wendet sich das Leben radikal.
Fürs Lesen sollte man Zeit mitbringen und die richtigen Schwingungen, vielleicht auch nicht kirchenfeindlich sein, am besten sogar evangelisch. Aber dann findet man in diesem Buch einen wahren Schatz an Gedanken und Bildern, die einem ein Lächeln ins Gesicht zaubern, aber auch genausogut Tränen.
Vakuum ist aus der Feder eines deutschen Science fiction Autors, die Handlung spielt aber größtenteils - wenn nicht im Weltraum - in den USA.
Auf die Erde kommt eine große Bedrohung zu und die USA entscheiden sich, eine Art Weltraumarche zu bauen, die amerikanische BürgerInnen mitsamt deren Kultur für alle Zeiten eine Zukunft sichern soll - wenn auch nicht mehr auf amerikanischen Boden. Die amerikazentrische Sicht hat mich sehr irritiert und anfangs auch eher abgeschreckt, sie wird bis zum Ende durchgehalten, aber eben nicht pathetisch, sondern nüchtern bis in alle unschönen Ecken beleuchtet.
Vor diesem Hintergrund gibt es eine Reihe von hauptsächlich WissenschaftlerInnen, die sich mit den Phänomen und technischen Problemlösungen, aber auch zunehmend mit ihren persönlichen Problemen auseinandersetzen müssen. Denn immer näher kommt die endgültige Trennung von der Erde.
Immer wieder werden aber auch rückwärtserzählende Handlungsstränge miteingebaut, die am Ende fast die spannendsten darstellen.
Insgesamt wirken die in den Raum gestellte nahende Katasthrope wie auch die in die Tat umgesetzte Bau der Arche oft an den Haaren herbeigezogen, ebenso wie die immer chaotischer werdende weltpolitische Ordnung, in der Atombomben keine untergeordnete Rolle spielen. Es ist eben doch kein richtiger Wissenschaftsroman, sondern einfach ein Science Fiction Buch, das es mit der ganz korrekten Darstellung von Dingen nicht so ganz genau nehmen muss - in diesem Sinne spinnt der Autor eine spannende Was-Wäre-Wenn-Geschichte, auf die man sich einlassen kann. Ich habe jedenfalls das Hörbuch in einem Rutsch gehört und einige Gedankengänge werden mir noch lange nachhängen. Beruhigend ist es immerhin, dass es so ja gar nicht passieren kann ...