Eine namenlose Kleinstadt am Nord-Ostsee-Kanal... Hier ist Julia mit ihrem Biologe-Freund Chris vor kurzem aus Hamburg eingezogen. Julia ist Ende dreißig, Töpferin, stolze Besitzerin von einer alten Hündin und noch älteres Backsteinhauses. Sie hat sich in diesem „Sterbens bedrohten“ Stadt selbständig gemacht, betreibt einen Keramikladen, in dem sie eigene Kreationen verkaufen möchte, doch die meisten vermarktet sie eher übers Internet, wo sie sowieso fast den ganzen Tag unterwegs ist. Denn sie beschäftigt sich mit ihrem unerfüllten Kinderwunsch, liest viel Online-Berichte darüber, lässt sich von verschönerten Familienleben auf Instagram-Accounts suggerieren. Bis sie eines Tages einen Jungen begegnet und dabei bemerkt, dass die direkte Nachbarfamilie spurlos verschwunden ist...
Astrid, Anfang sechzig, Ärztin, Mutter von erwachsenen drei Kinder. Sie ist die Einheimische, kennt auch andere Zeiten von der Stadt, betreibt schon seit Jahrzehnten die einzige Hausarztpraxis des Örtchens. Ihr Mann Andreas war Geschichtslehrer, jetzt ist er Rentner und vertriebt die Zeit mit den politischen Nachrichten. Astrid, die gerade sich nicht mit Achtlosigkeit der Menschen beschäftigt, führt eigentlich ein ganz normales Leben, bis sie bei einer Nachtschicht vor einem Acker steht, das voll mit Privat-Briefen bedeckt war...
In diesem Roman passiert nicht viel, kann ich es sogar als Handlungsarm bezeichnen. Doch mit ihrer haargenauen Menschen Beobachtungen, realistischen Beschreibungen der Gedanken von den Charakteren, ihre präzise, klare Sprache und mit ihrem ruhigen Erzählton nimmt Bilkau einem sehr bildhaft auf ein norddeutsches Örtchen mit. Es ist ein ruhiger, dennoch kraftvoller und kluger Roman, welches ich gern gelesen hab. Allerdings muss ich eins erwähnen, und zwar: Das Buch hat ein extrem offenes Ende! Dies hat mich überhaupt nicht gestört, im Gegenteil! Ich war froh, dass ich mit meinen Gedanken allein gelassen wurde. Aber nun gibt es Menschen, die unbedingt wissen wollen, wie es zu Ende geht und meiner Meinung nach, ist dieses Buch für diese Leser*innen nicht geeignet. Denn ich kann mir ganz gut vorstellen, wie sehr man sich darüber ärgern kann. Ansonsten ist es ein gutes Buch, das ich weiterempfehlen kann.
esb07
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März 1985... Fernab von Moskau in einer namenlosen Stadt ertönt Chopins Trauermarsch aus den Radios. Ein Klassiker, welcher bei Beerdigungen gespielt wird, aber für die Einwohner der Stadt wie eine Vorwarnung klingt. „Ihr wisst, was bedeutet“, ruft Jankas Arbeitskollege, der gerade den Trauermarsch aus seinem Transistorradio gehört hat. Janka, Produktionsmitarbeiterin in einer Glühbirnenfabrik, Anfang zwanzig, alleinerziehende Mutter von einem dreijährigen Mädchen, hofft, dass diesmaliger Marsch mehr Licht für die Sowjetunion bringt. So setzt „Zukunftsmusik“ ein...
Die 21-jährige Janka wohnt mit ihrem Großmutter Warwara (60), ihre Mutter Maria (45) und ihre Tochter Kroschka (3) gemeinsam in einem Zimmer in ein Kommunalka. Ein ehemals prachtvolles Haus aus der Gründerzeit, welches jetzt unter sechs Bewohner geteilt wurde. Bad und Küche ist Gemeinschaftssache. Eine sozusagen „Zwangs-WG.“ in dem für die Mieter neun Quadratmeter gesetzlich zur Verfügung steht. Falls ein paar Zentimetern mehr benutzt wird als zugeteilt, muss man halt den Tisch zu Recht sägen, weiß Matwej Alexandrowitsch Bescheid, ein weiterer Bewohner der Kommunalka, an einem geheimen Institut tätig ist. Als Matwej zusammen mit Maria den Trauermarsch aus dem Küchenradio hört, ahnen die beiden nicht, was in einem Tag alles passieren wird...
Mit viel Gefühl fürs Detail und mit präziser, klarer Sprache nimmt Katerina Poladjans ihre Leser*innen in das späte Sowjetunion mit. Wir begleiten ihre Figuren abwechselnd, manchmal Vergangenheit blickend an dem Todestag von Tschernenko. Sehr atmosphärisch erzählt uns aus dem Alltag der Kommunalka-Mitbewohner. Es wird gekocht, gelacht, getuschelt, geredet, geliebt, geboren und wir Leser sind mittendrin. Poladjans katapultiert uns zwar fast dreißig Jahren zurück, aber stimmt einen auch, Grund der heutigen Ereignisse, nachdenklich. Ein kurzer, sehr kluger und hoffnungsvoller Roman, welches ich nur noch weiterempfehlen kann.
TW: Sexualgewalt, Drogensucht, Prostitution
Oakland, Kalifornien. Hier wohnt die siebzehn Jährige Kiara und ihr älterer Bruder Marcus in einer heruntergekommenen Wohnanlage, in der Crack-süchtige Nachbarin ihr Kind vernachlässigt und im Pool Exkrementen schwimmen. Kiaras und Marcus Vater lebt nicht mehr, ihre Mutter sitzt im Gefängnis, deren einziger Verwandter, der Onkel Ty, wurde auf einem Tag zu den anderen als Rapper berühmt und will mit den Geschwistern nicht zu tun haben. Die beiden überleben die Tage ohne staatliche oder private Hilfe irgendwie, bis eine Mieterhöhung aufgehängt wird, die sie nicht bezahlen können. Wo Marcus seine Tage in einem Tonstudio verbringt und genau wie sein Onkel auf ein Durchbruch als Rapper hofft, sucht die minderjährige Kiara ohne Highschool-Abschluss und Lebenslauf unermüdet einen Job, ohne Erfolg. In der Hoffnung, dass sie ihr Bruder und vernachlässigten zehnjährigen Nachbarsjungen Trevor, der Kiara wie eigenen Bruder liebt und sorgt, aus der Dilemma zu helfen, geht sie den einen einzigen Weg: Prostitution. Bis sie eines Tages einen Polizisten als Freier hat...
Was aus Kiara, Marcus und Trevor wird, muss jeder selber lesen. Doch eins kann ich schon erwähnen: Es erwartet euch eine harte Kost! Denn man kann diese Geschichte nicht als ohne lesen. Mich hat es als Mutter gegen meine Grenzen gestoßen. Ich war wütend auf eine Mutter, die ihre Kinder dermaßen schwierige Situation gebracht hat. Ich war tief traurig um ein siebzehn jähriges Mädchen, die ihr Körper als Geldmaschine betrachten musste, um zu überleben. Ich war bestürzt über die realistische Erzählung von mittellosen schwarzen Menschen in einem Weltmachtland wie USA.
Die gerade mal 20 Jahre alte Autorin hat dieses Buch “Für Oakland und seine Mädchen” gewidmet und damit gibt sie eine Stimme für die Schwarze, an den Rand der Gesellschaft gedrängte Frauen. Schonungslos, teilweise unter die Haut drängend, zeigt sie uns die pechschwarze Seite vom sonnendurchflutetem Kalifornien. Einziger Kritikpunkt an diesem Debütroman ist die harte Sprache, welche nicht jedermanns Sache ist, und die Wiederholungen, denn ich habe einige Sätze markiert, die ich im Laufe des Buches oft lesen musste. Ansonsten wer sich mit der Thematik einlassen kann, ist es ein sehr wichtiger Roman, welcher uns zu wachschütteln versucht.
Elizabeth Zott... Vollblut Chemikerin und Wissenschaftlerin. Eine selbstbewusste Frau, die nicht durchschnittlich ist und es nie sein wird. Doch es ist Ende 50'er Anfang 60'er, wo Frauen zu Hause bleiben und Kinder großziehen und wenn überhaupt sie zur Arbeit gehen, nur als Sekretärin Anerkennung erhielten. Zott lässt sich nicht von Männer dominierten Welt kleinmachen und fängt als Labormitarbeiterin in Hastings Forschungsinstituts an zuarbeiten. Ein Institut, der gerade nicht mit seiner Gleichgerechtigkeit bekannt ist. Außer ihr Kollege, der Ruderprofi, Alleingänger, Nobelpreiskandidat Calvin Evans, der sich sofort in Elizabeth verliebt hat. Die beiden wurden ein Paar, trotz der Gesellschaftlicher-Druck um die Ehe, bleiben die unverheiratet und adoptieren einen Straßenhund. Nun wie in der Chemie, auch im Leben verändern sich die Zustände schnell und so findet sich Elizabeth Zott als alleinerziehende Mutter in einer TV-Kochshow vor der Kamera wieder...
Normalerweise halte ich mich von gehypten Romanen fern, denn erfahrungsmäßig funktioniert bei manchen Büchern das Marketing so gut, sodass ich mich am Ende meine verschwundene Lesezeit und um mein Geld bereue. Doch Ausnahmen zählen nicht und eins davon ist dieses Buch. Wohlverdienter Hype!
In einem lakonischen Stil, versüßt mit subtiler Ironie und herrlichem Humor, welches die Leser nicht nur zum Schmunzeln, sondern auch zum Schulterzucken bringt, nimmt Bonnie Garmus uns zurück in den 60'ern. Es geht hier um Rollenbild, Sexismus, Missbrauch, Lügen und Betrüge. Garmus Figuren haben alle ihre Art und Weise ein schweres Päckchen zutragen, doch ihr ganz besonderer Erzählstil macht es alles erträglicher, mitfühlender und spannender. Obwohl das Ende für „meinem Geschmack“ zu dramatisch war und ich in der Meinung bin, dass die Autorin diese etwas kitschige Finale nicht wirklich gebraucht hatte, war diese Geschichte trotzdem ein Lesegenuss für mich. Absolute Leseempfehlung von mir!!!
Elle... 50 Jahre alt, glücklich verheiratet, dreifache Mutter. Jedes Jahr verbringt sie ihren Urlaub mit der gesamten Familie in dem Sommerhaus von ihrer Mutter. Der Papierpalast, heißt das Feriendomizil, in dem sie als Kind und Jugendliche all die Sommerferien verbracht und ihren besten Freund Jonas kennen und lieben gelernt hat. Sie und Jonas verbindet nicht nur die rosa-roten Kindheitserinnerungen. Ein Geheimnis teilen die beiden, welches sie auch auseinander gerissen hat. Nun nach jahrelanger Funkstille trifft Elle Jonas wieder und nach einem Tag stellt sie nicht nur ihre Gefühle, sondern auch ihr Leben infrage. Soll sie den Rest ihres Lebens mit ihrem Mann und ihre Kinder oder doch mit ihrem besten Freund, in dem sie lebenslang verliebt ist, verbringen?
TW: Kindesmissbrauch, Sexualgewalt
„Ein starkes Debüt“ kündigt The Times. „Ergreifender Roman“ schreibt Daily Mirror. Als „Lesehighlight“ beurteilen die Rezenten und Dank viele positiven Lesestimmen ist dieses Buch seit zehn Wochen auf die Bestsellerliste des Spiegels. Ich dagegen hab fast einen Monat gebraucht um es zu Ende zu lesen und lande ich hinterher in einer tiefen Leseflaute.
Klar, die Geschmäcker sind verschieden und es ist auch gut so, sonst wäre ja die Welt langweilig, aber ehrlich gesagt was andere Leser*innen hier empfunden haben, ist mir ein Rätsel. Was ich beim Lesen gespürt hab, ist: neben Langeweile auch tiefe Wut.
Langeweile weil: die Autorin erzählt eine Geschichte wie ein Erklärungsfilm. Ich habe über 400 Seiten lang ihre Protagonistin überall und bei jeder Kleinigkeiten begleitet. Wenn ich jetzt ein Röntgenbild von Elle zusehen bekommen würde, würde ich sie sofort erkennen, so kleinkariert ist der Schreibstil. Für einige heißt es bildgewaltig, für mich ist es ein unnötig detaillierter Erzählstil. Wut weil: angefangen von Elles Großmutter, gefolgt von ihrer Mutter und von ihr, Frauen, Müttern, die selbstsüchtig sind und obwohl die als Kinder selber unter Verachtung gelitten haben, aber den gleichen Fehlern, bewusst oder nicht, bei deren Kinder weitermachen, verursachen bei mir extreme Gänsehaut! Wie kann eine Mutter selbst unter Kindesmissbrauch gelitten hat, nichts merkt, dass ihr Kind missbraucht wird??? Ich, als Frau, Mutter, Tante und Tochter konnte und wollte diese Thematik nicht akzeptieren, geschweige denn mit Elle und all die anderen oberflächlichen Charaktere mitfühlen.
Grunde genommen, es geht eigentlich um ein einziges Tag, indem Elle eine Entscheidung treffen muss. Ein Tag, was wie ein Jahrhundert wirkt, denn hoppelt man hier wie ein Hase zwischen die Zeiten. Mal habe ich über Elles Kindheit und Jugend erfahren, mal über ihre Oma, ihr Mutter und ihren Vater gelesen. Kaum konnte ich in die Geschehenen eintauchen, zack war ich wieder in der Gegenwart oder in der Vergangenheit. Vielleicht wollte die Autorin so die Spannung aufrecht halten, auf jedenfalls waren die Zeitsprünge für mich sehr ermüdend, sodass ich oft das Interesse an dieses Buch verloren und nach paar gelesen Seiten wieder weggepackt hab. Dazu kommt eine Sprache mit vielen derben Ausdrücken, welche, meiner Meinung nach, in einem Erotik-Roman perfekt passend waren, aber hier nichts zu suchend sind.
„Der Papierpalast“ hat schon viele Liebhaber*innen gewonnen, indem ich nicht mitzähle. Deswegen kann ich dieses Buch nicht weiterempfehlen. Was ich hier geschrieben habe, ist meine ehrliche Meinung und mein Empfinden beim Lesen, daher bitte nicht persönlich nehmen!
Bewertung zu "Der Duft der Blumen bei Nacht" von Leïla Slimani
Leïla Slimani...40 Jahre alt, französisch-marokkanische Schriftstellerin, geboren und gewachsen in Rabat/Marokko. Mit 18 Jahren ging sie nach Paris, studiert Medien und Politik und arbeitet als Journalistin. Sie ist einer der wichtigsten literarischen Stimmen Frankreichs und wurde sie mit ihrer Kurz-Psyche-Thriller „Dann schlaf auch du“ mit dem Prix Goncourt, der wichtigste französischer Literaturpreis, ausgezeichnet. Mit ihrem letztem autobiografischen Roman „Der Duft der Blumen bei Nacht“ nimmt sie uns nach Venedig, genauer gesagt in Punta della Dogana mit. Ein Museum, die wir mit Slimani eine Nacht lang barfuß besichtigen dürfen. Eine Nacht auf einer ungewohnten Umgebung, allein auf sich gestellt und in die Einsamkeit gehüllt, taucht sie in ihren Kindheitserinnerungen ein. Mit ihrer unverwechselbarer ruhige aber ausdrucksstarke Sprache gewährt sie uns sehr persönliche Einblicke. Sehr ehrlich, stellenweise tief berührend und immer wieder durch Selbstironie geschmückte Texte ein Lächeln verzaubernd, lässt Leïla Slimani über ihre Schultern gucken.
Wer, wie ich, die Bücher von Slimani liebt und schätzt und gern wissen möchte, wie sie die Geschichten schreibt, muss dieses Buch unbedingt lesen!
Akira Kido... Ende dreißig, verheiratet, Vater eines vierjährigen Sohnes und Scheidungsanwalt. Schon acht Jahre her, dass Kido seine Klientin Rie bei ihrer erster Scheidung unterstützt hat. Nun wendet sich Rie zum zweiten Mal an Kido, nur diesmal gibt es kein Trennung, sondern ein Todesfall. Ries zweite Ehemann, mit dem sie vier Jahre verheiratet war, stirbt plötzlich und nach seinem Tod erfährt Rie, dass ihr Mann nicht derjenige war, der sie geglaubt hat: sein Name, seine Vergangenheit, seine Personalakte, sein da-sein... alles ist gefälscht. Kido, selbst mit seinem Leben und mit seiner Ehe hadert, fängt an, den Fall recherchieren und deckt dabei ein komplexes System von Identitätstausch auf.
Vornweg: wer hier wegen der Thematik eine Kriminalgeschichte hofft, muss ich die diejenige enttäuschen. Es geht zwar um die Suche von der Herkunft von Ries verstorbenen Ehemann, doch die Story bietet viel mehr. Unter anderem thematisiert der Autor die Beziehungen zwischen Japaner und Koreaner, was ich sehr interessant fand. Allerdings dies oder andere Handlungen wurden nicht durchgehen in der Erzählung eingebaut. Man muss hier einiges zwischen den Zeilen lesen, dafür viel Geduld und Aufmerksamkeit mitbringen. Persönlich lese ich sehr gerne japanische Literatur, dementsprechend habe ich keine Schwierigkeiten mit den Dialogen oder mit den Namen. Doch wer bis jetzt ganz wenig oder gar keine Romane aus Japan gelesen hat, ist dieses Werk nicht als Einstiegsbuch geeignet. Denn der Schreibstil von Keiichirō Hirano ist recht sachlich, beinahe kühl, wodurch die einige Textabschnitte für uns Europäer befremdlich wirken können.
Trotz meine Kritikpunkte habe ich das Buch sehr gerne gelesen und kann es an die Japan und japanische Literatur Liebhaber nur ans Herzlegen.
Die Bibliothekarin Lou wurde von ihrer Institut nach Norden des Kanadas auf eine Flussinsel geschickt, um dort in für staatlichen Bibliothek geerbten Haus die Bücher katalogisieren. In einem Haus ohne jegliche Zivilisation und dazu gehörende Bär, deren Existenz sie erst auf dem Insel erfährt, wurde sie allein auf sich gestellt. Lou, die normalerweise eher unterwürfig und zurückhaltend lebt, musste sie sich nicht nur im rauen Natur zurechtfinden, sondern auch um den Bären kümmern. Einen Sommer lang lebt Lou und der Bär zusammen, nähern sie sich Stück für Stück an und als sie den Insel verlässt, ist sie nicht mehr die selbe Lou, die sie vor Monaten war...
Bereits in 1976 erschien „Bär“ von Marian Engel- die 1985 im Alter von 52 gestorben ist- wurde damals mit dem „General Gouverneurs Award“, dem wichtigsten literarischen Preis Kanadas, ausgezeichnet und bis heute einer der wichtigsten Romanen Kanadas gilt. Ich muss zugeben: bis diese Neuentdeckung vom BTB Verlag, war das Buch mir unbekannt und ob ich was verpasst habe, bin mir nicht so sicher. Denn ich habe es zwar gern gelesen, aber einige Schilderungen waren für mich doch etwas bizarr. Im Nachwort heißt es, dass die bestimmte Szene hier ganz bewusst geschriebenen worden, um realistisch zu wirken, also nichts mit Fantasie oder mit Fanatismus zu tun. Und ja.. Marian Engel hat wirklich ein lebensechten Schreibstil, denn Bär ist ein Bär, der gern mal Maden aß, auf seinem Hinterlassenschaft saß, furzt und rülpst und ich hatte das Gefühl, all das zu riechen. In eine feministische Geschichte solche Bemerkungen sein muss, ist Geschmackssache, über die man ewig diskutieren kann. Was mich allerdings wirklich gestört hat, ist: Bezeichnung der indigenen Völkern mit dem I-Wort. Das kann sein, dass dieses Buch fast 50 Jahre alt ist, meiner Meinung nach, suchen in einer Story wo es um die Selbstfindung von einer Frau geht, rassistische Wörter nichts.
„Bär“ ist ein starker Roman über eine Frau, die selbst unterdrückt und durch Einsamkeit in der Natur und durch einen Bär ihr anderes „ich“ entdeckt hat. Ein Buch, welches durchaus lesbar ist, aber von meiner Seite ist nicht unbedingt ein wichtiges literarisches Werk, dass man unbedingt lesen muss.
Kangal: Der in Anatolien/Türkei verbreiteter Herdenschutzhund. Wachsam, Ausgeglichen, Selbstbewusst, treu und ohne jegliche Aggressivität. Doch wenn es um Schutz von seiner Herde geht, kann er sehr bedrohlich sein.
Kangal1210: Deckname von einer jungen Türkin. Engagiert, Entschlossen, Zielbewusst, Mutig. Wenn es um hart auf hart kommt, beinahe furchtlos. Beinahe..
Schon seit Jahren spüren Dilek, ihr Freund Tekin und deren Freunde die Veränderungen in der Türkei. Nach dem Putschversuch in 2016 war es dann endgültig vorbei mit der Meinungsfreiheit. Wer gegen die Regierung kritisch äußert, kriegt seine Strafe. Dilek ist Kangal1210. Kangal1210 ist eine oppositionelle und aktiv auf dem verbotenen Sozialnetzwerken. Als ihre lesbische Freundin ins Gefängnis landet, fürchtet Dilek um ihr Leben. Sie steigt in das erst beste Flugzeug und flüchtet nach Deutschland. In Frankfurt besucht sie ihre Cousine Ayla, die früher wie ihre Schwester war. Doch die Zeiten, die beiden jede Sommerferien zusammen gebracht haben, sind vorbei und wenn noch der Politik dazwischen kommt, gehen nicht nur Meinungen auseinander...
Unerschrocken, manchmal knallhart, doch überwiegend nüchtern und zynisch erzählt Schentke über die jungen Türken, die in der heutigen Türkei und in Deutschland leben. Wenn man als türkeistämmige Mensch im Ausland dortigen Ereignisse folgt, versteht man alles nicht so recht. Man achtet zwar schon was und mit wem man redet, aber die Auswirkung ist halt nicht wirklich wie in der Türkei. Mir ist die Thematik bekannt, daher kann ich es auch eins beurteilen, und zwar: Die Autorin trifft hier den exakten Ton von einige türkische Bürger*innen sowohl im Inland und Ausland erleben. Doch meine Meinung nach konnte die Autorin aus diesem Thema mehr herausholen. Denn das Buch hat gerade mal 200 Seiten und die Kapitel sind zu kurz, um aus drei Perspektiven erzählten Story gefühlsvoll hineintauchen zu können. Mir hat hier die Tiefe gefehlt. Nichtsdestotrotz... es ist eine sehr mutige Geschichte, besonders für diejenigen, die diese Thematik nicht kennen, sehr interessant und Meinungsbildend sein kann.
Schon zwei Jahre her, dass ich McConaghy's Debütroman „Zugvögel“ mit großer Begeisterung gelesen hab, daher war meine Erwartung zu hoch und hab mich mit Fingerspitzen an das Buch herangetastet. Doch meine Sorgen waren umsonst, denn die australische Autorin bleibt an ihre Passion treu und erzählt wieder über die Natur, Tierwelt und menschliche Psychologie.
Diesmal nimmt Charlotte McConaghy uns mit Ihrer Protagonistin Inti Flynn in das schottische Hochland. Die junge Biologin und ihr Team lieben und leben mit den Wölfen und wollen nur eins: Die wilden Tiere wiederanzusiedeln und damit auch Jahrzehnt zerstörten Landschaft retten. Doch die Highlander teilen deren Begeisterung nicht und äußern sie sich nicht nur öffentlich skeptisch, sondern stellen die bei jeder Gelegenheit Intis Taten auf die Goldwaage. Obwohl Inti innerlich sehr sensibel ist, gibt sich nicht klein. Bis einer der Dorfbewohner tot aufgefunden wird...
Wer hier eine Geschichte nur über Wölfe erwartet, täuscht sie sich! Denn die junge Autorin hat viele Themen, wie Gewalt an Frauen, Macht und Machtlosigkeit, Klimawandel aufgegriffen. Natürlich geht es im großen um die Wölfe -was allerdings sehr lehrreich ist-, aber es geht auch um die Liebe. Liebe an die Natur, Geschwisterliebe, Liebe zu einem Mann. Sehr umfangreiche Story, sodass man beim Lesen keine Langeweile spürt.
Obwohl „Wo die Wölfe sind“ sprachlich nicht an den „Zugvögel“ heranreicht, ist Charlotte McConaghy trotzdem ein spannendes, bildgewaltiges Roman gelungen, welches mich sehr berührt und nachdenklich zurückgelassen hat. Absolut lesenswert!