fcbfrosch
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Tana French ist für mich immer ein Garant spannender Lesestunden, daher erwartete ich ihren neuesten Thriller mit großer Vorfreude. Als ich dann diverse Rezensionen über dieses Buch las, konnte ich es kaum glauben: Selbst eingefleischte Tana French Fans schienen absolut keinen Gefallen an 'Geheimer Ort' finden zu können. Ich weiß, dass sich an French die Geister scheiden, aber dass selbst diejenigen, die ihren Schreibstil und ihre Geschichten toll finden, teilweise enttäuscht das St. Kilda Internat verlassen, erstaunte mich.
Meine Sorgen waren unbegründet. Ich wollte das Buch nicht aus der Hand legen, wie das immer so ist bei French-Büchern und mir. Ich mag einfach diesen Schreibstil, dieses Schaffen dichter Atmosphäre, diese aufmerksame Art soziale Dynamiken wahrzunehmen und dem Leser anschaulich in Geschichten einzustricken. Sofort stürzte ich mit Stephen Moran, dem Ermittler, den man im letzten Fall kurz begegnete, in diesen Fall, der seit einem Jahr ungelöst im Mord-Dezernat herumlag. Auf dem Schulgelände des St. Kilda ist ein Junge ermordet worden, doch Detective Conway konnte damals keinen Mörder dingfest machen. Erst als Moran eine Karte zugesteckt wird - ausgerechnet von der Tochter von Frank Mackey, der ihm in seinem letzten lesbaren Fall einen Gefallen tat -, auf der jemand meint, den Mörder zu kennen, können Conway und Moran ein Jahr später erneut ermitteln. Zwei 'verfeindete' Mädchengruppen stehen sich gegenüber und jede der 8 könnte es gewesen sein. Conway und Moran ermitteln mit mehr oder weniger viel Feingefühl in diesem Minenfeld an pubertären Auswüchsen und Lügen, Intrigen und Hirngespinsten.
Was mir am Ende des Buches klar wird: Der Fall wird innerhalb eines Tages gelöst. Das fällt kaum auf, da man als Leser hin und herspaziert zwischen dem aktuellen Ermittlungsgeschehen und den Befragungen, aber auch den Geschehnissen, die zum Mord geführt haben. Mit jugendlichen Worten wird sich der 4er-Gruppe von Holly, Julia, Rebecca und Selena genähert, auf ihre Bedürfnisse, ihre jugendlichen Empfindungen und das Leben in diesem Internat eingegangen. Natürlich weicht dieser teilweise flapsige Schreibstil von dem ab, was man von French kennt, aber Wortwahl ist ja bekanntlich Kunst. Auch dass Stephen Moran noch recht jung ist, hört man der Erzählung an, denn immerhin ist er der Wortführer für den Leser. Viele haben sich über den Schreibstil beschwert, es würden nur so viele Dialoge geführt. Aus meiner Sicht ist das eine tolle Möglichkeit - und bessere fielen mir auch nicht ein - sich den Intrigen pubertierender Mädchen zu nähern und was heißt eigentlich viele Dialoge. Vielleicht sind für manchen diese intreganten Wesenszüge fremd und können nicht nachvollzogen werden, aber aus meiner Sicht kommt das dem, was ich selbst als Jugendliche erlebte, doch recht nahe. French beschreibt die Atmosphäre genauso dicht wie eh und je, es scheint, als könnte man einfach in die Zeilen hineingreifen und stünde mit den anderen in dem Zypressenwäldchen. Als könnte man die Luft riechen, dieses Hochgefühl spüren, das sie haben, als sie sich abends aus dem Internat schleichen, als könnte man das goldene, zauberhafte Mondlicht sehen, das so viel beleuchtet, und Emotionen sichtbar macht, die für andere unsichtbar bleiben würden.
French beschreibt in diesem Thriller mit sehr viel Fingerspitzengefühl die Zauberhaftigkeit der ersten Momente, der ersten großen Liebe, des ersten Jungen, der sich einem Mädchen öffnet, dem ersten 'Für immer', das jemand fühlt. Die Jugendzeit ist einfach eine sehr emotionsgeladene und nicht immer rational. Und dem kommt French mit diesem Thriller sehr, sehr nahe.
'Geheimer Ort' war für mich ein Genuss und steht aus meiner Sicht seinen Vorgänger-Büchern in nichts nach.
Bewertung zu "Die Kunst des Feldspiels" von Chad Harbach
Bewertung zu "Ein allzu braves Mädchen" von Andrea Sawatzki
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- 05.04.1989
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