... seine Knochen sind wie eherne Röhren; seine Gebeine sind wie eiserne Stäbe ... (Hiob 40:15)
Der Behemoth ist ein eher unbekanntes Geschöpf der Bibel. Vielleicht ist es eher bekannt als Namensgeber eines Raumhafens in der SC-Serie "The Expanse".
Und wenn man diese Namensgleichheit kennt, hat man das Gefühl schnell im Buch heimisch zu sein. Denn die Atmosphäre jener Serie ähnelt dem Buch zeitweise sehr. Aber dazu später.
Worum geht es? Erde, Mars und Mond schicken jeweils ein Generationenraumschiff zum gleichen Ziel, an dem eine bewohnbare Welt erwartet wird. Doch schon ein Jahrhundert nach dem Abflug haben sich die Schiffe und ihre verschiedenen Gesellschaftsordnungen weit voneinander entfernt. Vom totalitären, chinesisch geprägten System ist der Sprung zur kapitalistischen Mangelwirtschaft in einem beschädigten System weit. Und dann taucht ein extraterrestrisches Schiff auf. Und keines der drei Generationenschiffe kann auf die Rohstoffe des Schiffes verzichten. Der Konflikt ist unvermeidlich.
Doch der Konflikt ist es nicht, was dieses Buch ausmacht. Schon wie bei "Terra", dem letzten SF-Roman von T.S.Orgel, ist das Buch geprägt vom Realismus. So paradox das auch bei einem SF-Roman klingen mag. Doch die Autoren haben unzweifelhaft viel Zeit in die Recherche gesteckt. Offensichtlich natürlich in technische Details. Was immer auch erwähnt wird, klingt plausibel. Was immer man nachprüft, sieht richtig aus. Das ist beileibe nicht immer so in SF-Romanen.
Der Realismus setzt sich aber auch im Inhalt fort. Gerade die Struktur der chinesisch geprägten Gesellschaft ist zuweilen schmerzhaft realistisch. Stellenweise ist es nicht vergnüglich zu lesen, wohin sich eine Gesellschaft dieser Art entwickeln kann. Es macht aber nicht fröhlicher, das kapitalistische Gegenstück zu betrachten. Hier bleibt vielleicht das kleine Manko des Romanes, dass das dritte Schiff mit seiner wiederum anderen Gesellschaft über große Teile des Buches nicht vorkommt.
Zurück zu Atmosphäre des Buches. So bekannt einem das Leben der Menschen auf den Generationenschiffen vorkommen mag, so fremdartig ist es auf dem Alienschiff, welches ein Mensch spontan Behemoth tauft.
Und nicht nur einmal hat man das Gefühl in jener TV-Serie zu stecken. Das ist kein Makel, denn die Serie war in vielen Dingen ähnlich positiv zu bewerten wie der vorliegende Roman.
Der Mensch, verletzlich und klein, ausgesetzt einer fremden, übermächtigen, außerirdischen Macht. Eine Situation die Angst macht. Die einen dazu bringen möchte, sich den Helm vom Kopf zu reissen, um der Situation endgültig zu entkommen. Die Autoren schaffen es, diesen Horror gut zu dosieren und ihn doch stets im Hintergrund zu behalten. Man möchte als Leser nicht auf diesem fremden Schiff sein, so sehr man auch Interesse an den Vorgängen dort hat.
Was bleibt nach dem Lesen des Buches?
Das Gefühl, nicht in die Weiten des Alls aufbrechen zu wollen. Wer weiss, was ausser der Behemoth noch alles auf uns wartet. Das Gefühl, auf die Entwicklungen der Gesellschaftssystem achten zu müssen, weil sie sich in Richtungen entwickeln, die bedenklich sind.
Der Respekt vor den Autoren, wieder mal ein wunderbares Buch vorgelegt zu haben.
Und das zufriedene Gefühl, ein paar Stunden gut unterhalten worden zu sein.
Vielen Dank an die Autoren.