gudrunheller
- Mitglied seit 11.09.2015
- 3 Freund*innen
- 26 Bücher
- 16 Rezensionen
- 26 Bewertungen (Ø 4,65)
gudrunhellers Bücher
Zur BibliothekRezensionen und Bewertungen
Dies ist der vierte Roman, den ich von Benedict Wells lese - wenn es von seinen vier Büchern auch nicht dasjenige ist, das er zuletzt geschrieben hat. Und spätestens jetzt ist klar, um welches Thema Benedict Wells Gedanken immer wieder kreisen: Die Verwirklichung des eigenen Traums und des wahren Ichs, auch wenn es im vorliegenden Roman um das Finden dieses Ichs geht.
Francis Chancen auf ein glückliches Leben könnten schlechter nicht sein. Der Stiefvater hat die Familie bereits seit einiger Zeit verlassen und seine Mutter leidet unter Depressionen, die sie immer wieder in die Klinik zwingen. Geld ist ständig Mangelware und so leben die beiden in einem Trailerpark an der Ostküste der USA am Existenzminimum. Kein Wunder also, dass der Junge den Highschool-Abschluss nicht schafft und von einem besseren Leben träumt. Da kommt es ihm gerade recht, als er erfährt, dass er angeblich von einem Genie per Samenspende gezeugt wurde. Er ist der festen Meinung, dass er diesen Vater nur zu finden braucht, um seinem Leben die entscheidende Wende zu geben. Zusammen mit einem abgedrehten Mathe-Nerd namens Grover und einer Zufallsbekanntschaft aus der Klinik seiner Mutter startet er eine Reise quer durch Amerika auf der Suche nach seinem Vater. Was die drei noch nicht wissen: Nicht das Ziel der Reise wird alle drei entscheidend verändern, sondern die Reise selbst. So wie es das Leben tut, wenn man Ohren und Augen offen hält.
Eine spannende Geschichte über den Sprung hinein ins Erwachsenwerden - mal mit und mal ohne Happy-End.
...oder auch: "Turn your broken heart into art" (Meryl Streep) - fast möchte man meinen, dass das das Lebensmotto von Bruce Springsteen ist.
Hineingeboren in eine Familie mit einem depressiven Vater und einer überbehütenden Großmutter, der die Mutter die Erziehung des kleinen Bruces weitestgehend überlässt, wird die Grundlage für Depressionen gelegt, die den Rock´n´Roller zeit seines Lebens verfolgen werden. Musik wird zum Teil seiner Überlebensstrategie. Hier kann er sich ausleben, erfährt Bewunderung und Anerkennung, kann alles vergessen, was ihn belastet. Aber natürlich ist auch einem Top-Musiker wie ihm nicht alles von Anfang an zugeflogen. Man erfährt einiges über die harten Jahre des Anfangs und über das, was ihm letztendlich neben seiner Begabung den großen Erfolg einbringt: nämlich die leidenschaftliche Hingabe an seine Musik, die Hartnäckigkeit, mit der er auch nach Tiefschlägen an seiner Musik und einer Karriere als Musiker festhält - so wie er an seinen Freunden festhält, hat er sie einmal kennen- und schätzen gelernt.
Mal abgesehen von den teils drastischen Ausflügen in die Umgangssprache:
Well done, boss!
Im Mittelpunkt der Geschichte steht Robert Beck, früher aktiver Musiker in einer Band, der mittlerweile allerdings alle Ambitionen aufgegeben hat und sich mit dem Alltag eines Lebens als Lehrer abgefunden hat. Er erwartet nicht mehr allzu viel vom Leben und das Leben bietet ihm auch nicht mehr viel. Seinem ehemaligen Bandkollegen Charlie geht es nicht viel anders, nur dass er noch nicht mal den Halt durch ein einigermaßen geregeltes Berufsleben gefunden hat. Doch im Sommer 99 ist auf einmal alles anders. Beck lernt den musikalisch hoch begabten Schüler Rauli kennen und noch einmal brechen alle seine Hoffnungen wieder hervor, es als Musiker "zu schaffen". Das Leben nimmt plötzlich Tempo auf und wirbelt seinen Alltag völlig durcheinander. Beck verliebt sich ernsthaft und zusammen mit Charlie und Rauli begibt er sich auf den Trip seines Lebens, an dessen Ende für alle drei nichts mehr so sein wird wie zuvor.
Ein buntes, wildes Roadmovie über Träume und den Versuch, sie zu verwirklichen. Und wie von Zauberhand taucht immer wieder Bob Dylan auf als Sinnbild für den Kampf, die eigene Musik, den eigenen Traum zu leben. Besonders berührend für mich als Bob Dylan Fan natürlich die Szene, in der Beck ihm im Traum begegnet, ohne dass Beck weiß, um wen es sich handelt und in der ihm Dylan einige Weisheiten seines Lebens mit auf den Weg gibt.
Und zum Schluss gibt es auch noch ein kleines Happy-End...
Ein Buch, das nachdenklich macht und uns mahnt, unsere Träume nicht zu vergessen und um sie zu kämpfen, mögen wir sie vielleicht auch nicht verwirklichen können.
Und zum Schluss noch ein Zitat aus dem Buch:
"Wer ist der glücklichere Künstler? Der, der es nie probiert hat? Oder der, der es versucht hat und gescheitert ist?"
Besser als mit dieser Textstelle kann man das Thema des Buchs wohl nicht umschreiben.
Bewertung zu "[BOUND FOR GLORY BY GUTHRIE, WOODY]PAPERBACK" von Woody Guthrie
Die Lebensgeschichte des Woody Guthrie, von ihm selbst geschrieben, ist wie ein Road Movie durch das Amerika vor dem zweiten Weltkrieg. Guthrie schildert die unglaublich ärmlichen Zustände, unter denen ein erheblicher Teil der Bevölkerung leidet und die sie zwingt, von einem Ort zum anderen zu ziehen, immer auf der Suche nach einem Job, mit dem das nächste Essen finanziert werden kann. Guthrie selbst ist ein Teil dieser Menschen. Schon früh verliert er seine Schwester und seine Mutter und ist auf sich allein gestellt. Es ist unfassbar, welche positive Lebensenergie er entwickelt, vielleicht auch, weil er schon früh sein Talent erkennt, Songs für seine Gitarre zu schreiben, in denen er die Realität der einfachen Leute beschreibt. So kommt es, dass er in den 19 Jahren bis zu seiner Erkrankung 1954 insgesamt 1.000 Lieder verfasst - ein Kulturgut, auf das Amerikanische Sänger noch heute zurückgreifen.
Geschrieben in Amerikanisch, gespickt mit Slang-Wörtern. Das Buch erhebt nicht den Anspruch, literarisch wertvoll zu sein, aber es ist das Leben pur und daher auf jeden Fall lesenswert.
Das eigentlich erste Buch von Benedict Wells, das er im Alter von 19 Jahren schrieb und das erst nach "Becks letzter Sommer" veröffentlicht wurde und nun als Neuauflage erschienen ist.
Es geht um einen jungen Mann, der versucht, in Berlin nach seinem Abi als Schriftsteller Fuß zu fassen, daran aber scheitert. Er lebt in chaotischen Verhältnissen mit nur wenig Kontakt zur Außenwelt. Nur seine beiden Freunde Gustav und Frank geben ihm Halt. Gegenüber seiner Außenwelt, insbesondere seiner Familie, aber auch sich selbst, hat er eine Lügenwelt aufgebaut, die letztendlich in sich zusammenbricht. Er erkennt, dass seine Flucht in die Isolation und sein Schreiben nichts anderes als eine Flucht vor sich selbst war.
Auch wenn dieses Buch noch ein ganzes Stück weit weg von der Klasse seines Werks "Vom Ende der Einsamkeit" entfernt ist, so ist doch auch hier schon sein späterer Stil zu erkennen: Tiefsinnig und hintergründig, hier sogar mit komischen Elementen gemischt. Es macht Spaß es zu lesen, auch und vielleicht gerade weil einem das Lachen manchmal im Hals stecken bleibt.
Bewertung zu "Im Strom der Gezeiten: Nordsee-Gedichte" von Gudrun Heller
Wer jemals einen Urlaub an der Nordseeküste hoch oben im Norden Deutschlands verbracht hat, weiß um die beeindruckende Weite der Landschaft und dem ganz besonderen Farbenspiel des Lichts, das zu jeder Tageszeit anders zu sein scheint. Die Gedichte spiegeln diese faszinierenden Eindrücke wieder und das, was sie im Betrachter auslösen.
23 Gedichte, erschienen als E-Book, aber auch als gebundene Version erhältlich über die Website www.gudrunheller.wix.com/autorin (schaut unter dem Punkt Neuerscheinungen nach).
Das E-Book kann u.a. über Amazon.de bezogen werden.
Bewertung zu "Vom Ende der Einsamkeit" von Benedict Wells
Früher als Kind und Jugendliche ist mir das öfter passiert: Man nimmt ein Buch in die Hand und kann es nicht mehr weg legen, bis es zu Ende gelesen ist - wobei man sich gleichzeitig wünscht, es möge nie zu Ende gelesen sein.
Nun hat es mich also mal wieder erwischt und ich bin dem Lesefieber erlegen.
Zum Inhalt:
Es geht um drei Geschwister, die als Kind ihre Eltern bei einem Unfall verlieren und auf das Internat gehen müssen. Jeder von ihnen verarbeitet dieses tragische Ende der Kindheit anders, aber bei jedem verbleiben Wunden, die erst im Laufe des Erwachsenwerdens vernarben und den Werdegang jedes einzelnen von ihnen erheblich beeinflussen. Den roten Faden durch die Geschichte bildet dabei eins der Geschwister, Jules, und sein Kampf um seine große Liebe Alva, die ebenfalls mit traumatischen Ereignissen aus ihrer Kindheit zu kämpfen hat.
Mit einer wunderbaren Sprache bringt der Autor dem Leser jede der Figuren nahe, entwickelt sie konsequent und baut eine Spannung auf, der man sich wirklich kaum entziehen kann. Und so nebenbei tauchen Sätze auf, die einen umhauen und die man so leicht nicht wieder vergisst. Hier nur vier Beispiele:
"Eine schwierige Kindheit ist wie ein unsichtbarer Feind: Man weiß nie, wann er zuschlagen wird."
"Es gab Dinge, die ich nicht sagen, sondern nur schreiben konnte. Denn wenn ich redete, dann dachte ich, und wenn ich schrieb, dann fühlte ich."
"Ich zog dem Schicksal die Maske vom Gesicht und fand darunter nur den Zufall."
"...und erst spät habe ich verstanden, dass in Wahrheit nur ich selbst der Architekt meiner Existenz bin. Ich bin es, wenn ich zulasse, dass meine Vergangenheit mich beeinflusst, und ich bin es umgekehrt genauso, wenn ich mich ihr wiedersetze."
Bewertung zu "Side by side with Bob Dylan" von Gudrun Heller
Über mich
- weiblich
- 26.04.2018
- http://www.gudrunheller.wix.com/autorin