In ihrem Debut „Seraphimzorn“ entwirft M. A. Thorn eine Welt, in der zwei Gruppen von Engelswesen (Ishim und Elohim) leben. Seit Jahrhunderten besteht ein Konflikt zwischen diesen beiden Wesen, den sie auch in unsere Welt (aus der Sicht der Engelwesen „Midjungard“) hineintragen. In beiden Gruppen gibt es besonders mächtige Vertreter, die auch von ihresgleichen gefürchtet und gejagt werden. Bei den Elohim die Daeva, bei den Ishim die Nirya.
Der Protagonist Blake ist ein Daeva, der durch den Jäger Alvaren seine Familie verloren hat. Da dieser nach Midjungard geflohen ist, sucht Blake dort nach ihm. Um an Informationen zu kommen, arbeitet er dafür für einen Orden, der ihn allerdings hinhält und ihn ständig auf gefährliche Missionen schickt. Bei einer dieser Missionen lernt Blake die Ishim Sylvara kennen, die eigentlich zu seinen Gegnern gehört, ihn jedoch heilt. Sylvara wiederum befindet sich selbst auf der Flucht und beschließt – sehr zum Leidwesen von Blake – in ihm einen sicheren Beschützer gefunden zu haben.
M. A. Thorn beweist mit diesem Debut eine reichhaltige Fantasie. Innerhalb des Romans gibt es viele verschiedene Konflikte. Manche lösen sich auf, andere bleiben als Mysterium im Hintergrund. Da der Roman der Auftakt einer Trilogie ist, ist letzteres natürlich in Ordnung. Gleichzeitig ist der Roman so in sich abgeschlossen, dass man diese Geheimnisse auch stehen lassen kann. Dennoch habe ich mir mitunter etwas mehr Fokus gewünscht. Zwischendurch kam in mir der Eindruck auf, durch die vielen Wirrungen geht etwas der rote Faden verloren.
Auch die Figuren sind unterschiedlich gezeichnet. Während Blake eher mürrisch ist, ist Noe aufgeweckt und zuvorkommend. Während Rae zurückhaltend ist, setzt ihre Schwester Azura alles auf eine Karte und geht dabei mit dem Kopf durch die Wand. Die allermeisten Figuren mochte ich mit ihren Ecken und Kanten gerne, manche mehr, andere weniger. Einzig mit der Hauptfigur Sylvara bin ich nicht so richtig warm geworden. Sie ist mir im Verlaufe des Romans zu passiv geblieben und für mich hat das, was ich in Szenen von ihr erlebt habe, auch nicht ganz dem Bild entsprochen, das die anderen Figuren von ihr zeichnen. Sie wird oft als hilfsbereit, warmherzig und gutmütig beschrieben, davon bekommt man für meinen Geschmack allerdings zu wenig mit.
In den Roman einzusteigen, erwies sich als etwas holprig, da die Autorin eine eher ungewöhnliche Form des Multipersonalen Erzählens gewählt hat: im Roman wird oft zwischen den Figuren gesprungen, ohne dass diese Sprünge markiert wären. Innerhalb einer Szene sind wir so mal im Kopf von Blake, im nächsten in dem von Rae, dann bei Azura, zwischendurch wieder bei Blake und irgendwann bei Sylvara. Ich persönlich konnte mich relativ schnell auf diesen Stil einlassen, kann mir aber vorstellen, dass das nicht jedem*r zusagt.
Im Laufe des Romans nehmen die abrupten Wechsel ab und wir verbleiben jeweils länger bei der einen oder anderen Figur. Allerdings häufen sich nach hinten raus auch die Rückblenden. Hier hätte mir eine Konzentration auf einige Stellen, die dann szenisch dargestellt werden, besser gefallen.
Achtung Spoiler:
Ein größerer Aspekt, der mich gestört hat, und der letztlich auch ausschlaggebend war, dass ich nur 3 statt 4 Sterne vergebe, war die Darstellung der Beziehung zwischen Blake und Sylvara. Leider verhalten sich beide zueinander sehr übergriffig. Sylvara schnüffelt in Blakes Schubladen und zerrt versteckte Familienfotos hervor, Blake entscheidet über Sylvaras Kopf hinweg, wohin er sie in Sicherheit bringen will, sie reden über drei Viertel des Buches mit anderen über die Vergangenheit/Probleme des jeweils anderen, aber nie miteinander darüber – kurzum: auf mich wirkt der Grundstein der Beziehung sehr ungesund und das wurde auch im Laufe des Romanes zumindest in meinen Augen nicht genug aufgearbeitet, damit ich ihnen ihre Liebesbeziehung abnehmen kann.
Fazit
Seraphimzorn hat einige sehr gute Ansätze. Die Autorin beweist einen reichen Schatz an Fantasie. Leider hat die Beziehung der Hauptfiguren für mich nicht funktioniert und da die einen sehr breiten Raum im Roman einnimmt, schlug das Pendel zwischen 3 und 4 Sternen letztlich zur 3 hinunter, könnte man Zwischenschritte vergeben, wäre ich vermutlich bei 3,35.