Bewertung zu "Die Illusion des Getrenntseins" von Simon Van Booy
"Unsere Liebe zu dir wird immer größer sein als irgendeine Wahrheit."
Wie sind unsere Schicksale verknüpft? Ist es vielleicht nur eine Illusion, dass wir uns getrennt glauben?
Frankreich 1944.
Es ist Krieg. Martin, noch ein Baby, gelangt über verworrenen Pfade in die Familie, die ihn später aufziehen wird.
Von diesem Ereignis ausgehend spinnt Simon van Booy gekonnt die verschiedenen Schicksalspfäde verschiedener Personen, über zwei Kontinente, in Zeitsprüngen bis 2010, 6 Perspektiven.
Zentrales Thema ist dabei natürlich der Krieg, aber dem stellt van Booy seinen Feind gegenüber: Die Liebe, die Solidarität, die immer wieder vorkommt, auf allen Zeitebenen.
Simon van Booy überzeugt mit seinem unglaublich starken, teilweise zu stark emotionalisierenden Schreibstil und dennoch vermag das Buch es nicht, einen komplett einzunehmen. Sind es die vielen Perspektiven?
Auch kann man nicht wie bei Kurzgeschichten argumentieren, die Stärke liege in der Kürze. Denn anders als bei diesen werden hier nicht Ausschnitte, Wendepunkte von Leben zum Thema genommen, sondern ganze Lebensgeschichten. Aufgrund der kurzen Abschnitte, die den jeweiligen Personen nur gewidmet werden können, ist es jedoch deutlich schwieriger, sich in die Figuren hineinzuversetzen. Das Thema Krieg mit dem gesamten Rattenschwanz, den es nach sich zieht, ist vielleicht doch zu komplex, um ihm bei einer so großen Anzahl an Figuren auf nur 200 sparsam bedruckten Seiten gerecht zu werden. So sind die einzelnen Schicksale wie kleine Blitzlichter, die zwar Empathie hervorrufen, aber dann wieder verschwinden.
Insgesamt ein schönes, etwas zu glattes, zu "perfekt gewolltes" Buch, bei dem der Autor vielleicht selbst hätte weniger eitel sein sollen.