Ich liebe Bücher aus denen man etwas lernen kann während man eigentlich einfach nur eine Geschichte verfolgt. Es ist die Geschichte von Eugenie, die der Hörer hier erzählt bekommt, übrigens von einer unglaublich tollen Sprechstimme. So fällt es leicht zuzuhören und sich ganz auf die Geschichte zu konzentrieren.
Eugenie kommt aus dem Senegal und damit fängt es an, dass man vieles in diesem Buch lernen kann. Zum Beispiel habe ich gelernt, dass in anderen Ländern junge Frauen, die auf eigenen finanziellen Füßen stehen und sich etwas Geld verdienen, um ein eigenes Studium zu finanzieren, durchaus von ihren Füßen gerissen und zum Wohle der Familie zwangsverheiratet werden können. In Eugenies Fall besteht die Familie aus ihrem Vater, der mit immer schlechter werdenden Geschäften immer häufiger zur Flasche greift und zwei Brüdern, die ihr Studium von den Eltern bezahlt bekommen und die man auf jeden Fall weiter studieren lassen möchte.
Doch damit fängt die Geschichte von Eugenie erst an. Sie ist nämlich eigentlich schon vergeben, sehr lange lebt sie Ihre Liebe im Verborgenen aus, trifft sich heimlich mit ihrer Geliebten, denn Homosexualität ist in ihrem Heimatland unter Strafe gestellt. Am meisten hat mich allerdings erschüttert, dass Ihre eigene Familie, sobald sie dies erfährt, ihr Geheimnis preis und ihre Tochter damit den Hasstiraden von ehemaligen Freunden preisgibt.
Eugenie gelingt die Flucht nach Deutschland, verbunden mit der Hoffnung hier Fuß fassen zu können, endlich offen leben zu können, doch auch hier werden ihr jede Menge Steine in den Weg gelegt. Wer sich, so wie ich, noch nie detailliert mit dem Asylrecht und dem Antragsverfahren beschäftigt hat, ist schockiert über die menschenverachtenden Methoden, die dieses System ausmachen. Einige Details, die im Buch genannt werden, mögen inzwischen überholt sein, dennoch wird das System auch heute noch nicht besonders einfach und menschenfreundlich sein.
Es gibt auch Randgeschichten neben der Hauptgeschichte, wie von einer Familie, die jahrelang im Duldungsstatus im Land lebt und nie weiß wie lange sie noch bleiben dürfen oder ob sie in ein Land zurückgeschickt werden, das die Kinder gar nicht kennen und dessen Sprache sie gar nicht beherrschen. Damit wird die vielschichtige und schwierige Situation von Asyl-AntragstellerInnen aus unterschiedlichen Perspektiven dargestellt und einige der Fallstricke oder „Sonder-Bleiberechtsmöglichkeiten“ werden vorgestellt.
Zum Glück lernt Eugenie auch Menschen kennen, die Ihr helfen in diesem Paragraphen- und Antrags-Chaos nicht unterzugehen. So lernt sie ein wenig Deutsch und bekommt auch einen Eindruck von der Stadt, außerhalb der sie in einer alten Kaserne untergebracht ist.
Die Geschichte ist wachrüttelnd und sehr wichtig in einer Welt in der über „Aufnahmequoten“ und „Obergrenzen“ diskutiert wird. Die Autorin, Maria Braig, hat es geschafft eine spannende Geschichte zu schreiben, man fiebert mit der Protagonistin und hofft auf das Beste für sie, und nebenbei über ein so wichtiges Thema aufzuklären.