Bewertung zu "Der Mann, der nie Glück hatte" von Matthias Matting
Ich bin nicht sicher, was ich mir von „Der Mann, der nie Glück hatte“ genau erwartet habe, aber diese Geschichte eines wegen akuter Suizidgefahr in eine Therapieeinrichtung eingewiesenen Patienten hat mich ehrlich – und positiv – überrascht.
Martin hat wirklich kein Glück im Leben. Schon bei seiner Geburt geht vieles schief, und das Päckchen, das er zu tragen hat, wird im Laufe seines Lebens immer schwerer. Allen ihm Nahestehenden widerfährt Schlimmes, bis er zu der Auffassung gelangt, dass es für alle Beteiligten am besten ist, wenn er keine engen Bindungen mehr aufbaut. Und als er schlieβlich von diesem Beschluss abweicht, wird alles nur noch schlimmer. Letztlich bleibt ihm nur noch die Wahl zwischen dem Selbstmord in der Besenkammer eines Hotels und der Bitte um ärztliche Hilfe.
Zu meinem Amüsement stellte ich fest, dass der Autor Wissenschaftler ist und ansonsten Bücher schreibt, in denen er erläutert, warum die meisten Krimimorde unrealistisch sind, denn realistisch ist „Der Mann, der“ ganz sicher – und ganz sicher beabsichtigt – nicht zu nennen. Dinge können verschwinden und auftauchen, Tote ihre Ansichten kundtun und Kürbismänner um den Gnadentod bitten. Liebevoll gezeichnete Nebenfiguren – von Mitpatienten, die es unerwartet faustdick hinter den Ohren haben, bis hin zu einem eher ungewöhnlichen Rathaus in einer deutschen Kleinstadt – runden das Paket ab.
Nie ist hundertprozentig sicher, was wirklich geschieht und was sich nur im Kopf des Protagonisten abspielt oder in der Erinnerung verklärt wird. Darin, dass eben nicht alles restlos erklärt wird, dass der Verfasser vom Leser erwartet, die Prämisse, dass es mehr Dinge zwischen Himmel und Erden gibt, als sich mit der Schulweisheit erfassen lassen, für die Dauer der Lektüre zu akzeptieren, liegt der Reiz dieses ungewöhnlichen Buches.