Manche mögen’s echt heiß. Wenn ein Kriminalroman, dann mit der ersten Leiche gleich im ersten Kapitel! Es gibt jedoch merkwürdige Ausnahmen. Im Krimi von Susanne Mathies erscheint die Leiche erst in der zweiten Hälfte des Buches. Und zwar ganz unerwartet. Man könnte sogar vermuten, dass der Leichnam sofort verschwindet, ehe die Polizei zum Tatort kommt. Aber er bleibt zurück, auch ausnahmsweise, weil es in der Geschichte, die die Autorin so kurzweilig erzählt, so einige spontane Erscheinungen und Verschwindens-Aktionen gibt.
Die Personen der Handlung kommen und gehen. Die sind da und gleich wieder weg, als ob sie niemals existierten. Und plötzlich sind sie wieder da. Ein buntes Karussell! So auch das Schicksal der Hauptperson, Jacques Steiner, das ab einem bestimmten Moment beginnt, wahnsinnige Kreise zu drehen. Jacques begegnet einigen heiklen Umständen seines Lebens und entgeht ihnen unverletzt, ganz unbewusst. Nach langer erfolgreicher Arbeit in einer Logistik-Firma wird er mit sofortiger Wirkung gekündigt. Und gleich danach wird er bei einem großem Zürcher Unternehmen angestellt. Pech gehabt, Glück gehabt. Sein erstes Gespräch mit dem Chef der Firma beginnt damit, dass der Vorgesetzte einen Mitarbeiter blitzschnell feuert. „So schnell war sicher noch nie jemandem gekündigt worden...“ Der einzige Trost für Jacques Steiner: Diesmal war nicht er das Opfer. Umgekehrt: Er bekommt eine wichtige Ausgabe, seine eigene Berufsrolle in den elektronischen Lager-Verfahren flott zu konzipieren. Es wäre nicht schlecht, aber ihm sind keine Einzelheiten der Firmenverfahren bekannt. Ein Kollege verspricht Jacques Hilfe – und verschwindet. Natürlich spurlos. Ein Hauch von einer Spur führt dazu, das Jacques aufs Gleis fällt, beinahe unter die Räder eines Zuges. Er hat keine Zeit fürs Leiden, weil er dringend zu einem extraordinären Meeting mit den Vertretern der gleichhandelnden Firmen fahren muss, wo er seine Firma vertritt, obwohl er von ihrem Profil keine Ahnung hat. Der Einsteiger ist bereit zu einer klaren Niederlage, besteht jedoch dieses Ringen, und zwar ganz geschickt. Sofort muss Jacques dem Vorstand über seinen märchenhaften Sieg berichten, aber keiner hört ihm zu, weil in diesem Moment eine brisante Nachricht kommt, dass die Firma von einem Hacker erpresst wird und praktisch lahm gelegt ist. Immer wieder verändert alles sich mit der kleinsten Bewegung, wie ein Bild im Kaleidoskop.
Das könnte ein Kabarett-Stück sein, aber die erscheinende Leiche, die die kaleidoskopischen Veränderungen krönt, ist seriös. Noch seriöser ist die Tatsache, dass auf der Stelle dieses ermordeten Mannes Jacques Steiner selbst sein sollte. Schluss mit witzigem Burlesque, jetzt läuft er auf der scharfen Messerklinge. Gelingt es ihm, den weiteren Attentaten zu entgehen? Alle Geheimnisse seines wahnsinnig gewordenen Lebens zu lösen? Die Antwort erfährt der Leser in einem unerwarteten Finale.