Bei mir war es der Titel, der mich neugierig gemacht hat: "Das flüssige Land". Was würde mich da wohl erwarten? Ich verrate euch: Es war so viel mehr, als ich erwartet hatte.
Nachdem Ruths Eltern bei einem Autounfall ums Leben kommen, reist sie das erste Mal in ihre eigentliche Heimat Groß-Einland, um ihren Eltern den Abschied zu bescheren, den sie verdient haben. Sie will eine Beisetzung begleitet von Geschichten derer Kindheit und Jugend, eine Zeit von der Ruth nur Bruchstücke kennt. Jahre später findet sich Ruth noch immer in der kleinen Gemeinde, ist angestellte einer Gräfin, die Groß-Einland monarchisch regiert und soll ein Füllmittel entwickeln, dass den Hohlraum unter der Stadt füllen und die Vergangenheit unter sich begraben soll. Doch Ruth verstrickt sich in den Geschichten der Vergangenheit, die manche schnellstmöglich vergessen haben wollen, die Wichtigkeit des Füllmittels stellt sich nun hinten an. Und Groß-Einland sinkt weiter.
Eine unglaublich packende Geschichte, die durch den Schreibstil der Autorin zu einem Meisterwerk wird.
Raphaela Edelbauer schafft es wie nur wenige vor ihr, unglaubliche Bilder zu erschaffen. Ihre Wortwahl und wie sie diese in eine Geschichte verpackt ist einfach atemberaubend! Man taucht in eine Welt ab, die einem vollkommen surreal erscheint, die aber trotzdem irgendwie real ist.
Vollkommen überraschend war, dass dieses Buch überhaupt nicht vorhersehbar war. Was für mich teils positiv, teils negativ war. Zum einen war die Geschichte einmal etwas vollkommen anderes: man konnte sich selber nicht dadurch spoilern, dass man den Plot schon in 3.000 anderen Büchern gelesen hat. ;) Zum anderen hat die Autorin am Ende des Buches, Spannungen, die im Laufe der Geschichte aufgebaut wurden durch Nichtigkeiten zerstört. Trotzdem oder vielleicht sogar dadurch hat mich das Buch sehr zum Nachdenken gebracht, weil die Geschichte Gedankengänge und Handlungsstränge besitzt, die in unserer Gesellschaft selten in Büchern stehen und die einfach mal eine ein wenig andere Sicht auf unsere Welt ermöglichen.
Witzig finde ich außerdem, dass ich das Buch jetzt nicht eindeutig einer Kategorie zuordnen könnte. Irgendwie hat es ein bisschen was von allem und dann doch wieder ein bisschen was von nichts.
"Das flüssige Land" - ein Buch, dass zum Nachdenken anregt und Abwechslung schafft in einer Welt der immer gleich ablaufenden Erzählungen.