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miro76

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Cover des Buches Mühlensommer (ISBN: 9783462004786)

Bewertung zu "Mühlensommer" von Martina Bogdahn

Mühlensommer
miro76vor 2 Tagen
Kurzmeinung: Ein Bauerhofleben wie es wirklich war - ungeschönt und ohne rosa Stadtkinderbrille! Ich fühle mich zu Hause in diesem Buch.
Heimkommen

Maria muss ihren Urlaub abbrechen, denn die Mutter ruft um Hilfe. Der Vater ist im Wald verunfallt und man weiß noch nichts Genaueres. Der Bruder und die Schwägerin sind nicht erreichbar und die Tiere müssen versorgt werden. 

Kurzhand lässt Maria ihre Töchter bei Freunden und eilt in ihr Heimatdorf, um auf dem Bauernhof nach dem Rechten zu sehen. Die demente Oma muss beschäftigt werden und die Schweine versorgt. Um die Kühe hat sich die Mutter noch gekümmert. Maria ist mit der Arbeit aufgewachsen und so geht ihr alles noch leicht von der Hand, obwohl sie nie, wirklich nie Bäuerin werden wollte. 

Aus dem Wochenende im Elternhaus werden Wochen und Maria beginnt sich zu erinnern. Sie erzählt von ihrer Kindheit, der engen Beziehung zu ihrem Bruder, die irgendwann auf der Strecke geblieben ist und wie es war, ständig arbeiten zu müssen, während andere auf Urlaub fuhren, oder ihre Ferien im Freibad verbrachten. 

Für mich war es eine große Freude, dieses Buch zu lesen, denn ich bin ebenfalls auf einem mittelständischen Bauernhof aufgewachsen. Auch wir mussten mit anpacken und ich habe mir oft gewünscht, nach der Schule einfach mal sofort die Hausübung machen zu können und auch ich wollte mehr Zeit im Freibad verbringen. Aber die Kühe melken sich nicht von selbst und der Vater war im Sommer immer auf den Feldern unterwegs. 

Doch Maria erzählt uns nicht nur von den Widrigkeiten des bäuerlichen Lebens. Sie erzählt uns auch von der Freiheit im Spiel der Kinder, die auch wir genossen haben. Und sie erzählt von dem arbeitsreichen, aber naturverbunden Leben der Eltern, die immer fleissig ihre eigenen Bedürfnisse hintangestellt haben. Was Martina Bogdan über Marias Vater schreibt, wirkt auf mich, als hätte sie meinen Vater beschrieben. 

Einzig den Erbstreit mit dem Bruder konnte ich nicht ganz nachvollziehen, denn Maria wollte den Hof nicht führen. Somit hat mir die Versöhnung und die Möglichkeit einer Zukunft am Ende sehr gut gefallen. 

Insgesamt war das Buch eine berührende Leseerfahrung für mich und ich wünsche dem Buch viele Leser*innen. Ich empfehle es den Landkindern, weil sie sich wiederfinden und den Stadtkinder, weil es ihnen die Illusionen nimmt und aufzeigt, wie schwierig das Leben am Land ist und wie wertvoll unsere Lebensmittel sind!

Cover des Buches Der Ozean am Ende der Straße (ISBN: 9783847900719)

Bewertung zu "Der Ozean am Ende der Straße" von Neil Gaiman

Der Ozean am Ende der Straße
miro76vor 6 Tagen
Kurzmeinung: Spannende Schauergeschichte untermalt mit großartigen Illustrationen. Konnte mich richtig fesseln!
Cover des Buches Nincshof (ISBN: 9783832168209)

Bewertung zu "Nincshof" von Johanna Sebauer

Nincshof
miro76vor 7 Tagen
Kurzmeinung: Leider nicht so unterhaltsam wie erwartet; einige Längen; das Ende hat mich allerdings wieder etwas versöhnt.
Cover des Buches Trophäe (ISBN: 9783552073883)

Bewertung zu "Trophäe" von Gaea Schoeters

Trophäe
miro76vor 9 Tagen
Kurzmeinung: Sprachgewaltiger Einblick in die Gedankenwelt eines Großwildjägers - fesselnd und abstossend zugleich. Ein Meisterwerk!
Jäger, jagen, Gejagte

Aufgrund des Klappentextes habe ich eine Weile überlegt, ob ich mich an dieses Buch wegen möchte und ich kann sagen, ich bereue es nicht. Dieses Buch ist definitiv ein Highlight in diesem Lesejahr. Es ist ein schriftstellerisches Meisterwerk!

Gaea Schoeters entführt uns nach Afrika an die Seite von Hunter White - Spekulant, Immobilienmagnat und Hobbyjäger. Endlich kann er sich seinen Traum erfüllen und die Big Five vollmachen. Er hat eine Lizenz erstanden und kann ein Spitzmaulnashorn schießen. Die Trophäe will er seiner Frau zum Hochzeitstag überreichen. 

Doch alles kommt anders als gewünscht. Wilderer schnappen ihm sein Tier vor der Nase weg und die Erregung der begonnenen Jagd lässt einen schalen, unbefriedigten Beigeschmack zurück. Überraschend bietet ihm sein Freund und Jagdveranstalter Van Heeren eine ganz spezielle Trophäe an. Er stellt ihm die Big Six vor. 

Sehr geschickt geht die Autorin an dieses Dilemma heran. Van Heeren und Hunter sind knallharte Geschäftsleute. Sie sind skrupellos und äußerst manipulativ. In ihren Argumenten spielt die Autorin so gekonnt mit den Facetten der Wahrheit, dass man als Leser*in fast bereit ist, sämtliche Werte über Bord zu werfen. Ich fühlte mich beinahe manipuliert bei der Lektüre und kann mir gut vorstellen, wie eine Diskussion mit Hunter verlaufen würde. Er schafft es wirklich alles schön zu reden; wohl auch ein bisschen für sein Gewissen. Er ist sich ja sicher, einer von den Guten zu sein. 

So verliert sich Hunter in einer Jagd, bei der er eigentlich nicht gewinnen kann. Heimgesucht wird er dabei von Erinnerungen an seinen Großvater, der ihn schon früh in die Jagd und deren Grausamkeiten eingeführt hat. So erfahren wir, wie aus Hunter der Mann wurde, der schließlich in Afrika jagt. 

Beeindruckend fand ich auch, dass mir dieser Jäger nicht von Grund auf unsympathisch war. Er hat durchaus brauchbare Ansichten, zeigt Respekt vor der Natur und der Tierwelt und weiß zu schätzen, was ihm da geschenkt wird bzw. was er nehmen darf. Doch schlußendlich nützt ihm das alles nichts. Er überschreitet eine Grenze, die er besser nicht überschritten hätte. Doch diese Erkenntnis kommt zu spät. 

Dieser Roman ist eine schriftstellerische Meisterleistung. Ich habe noch nie ein Buch gelesen, das so geschickt mit den Grauschattierungen von Gut und Böse spielt, so gekonnte die Wahrheit verdreht und unsere koloniale Denkweise so behände in die Irre führt. Großer Applaus von meiner Seite! Ich empfehle, sich den Abgründen dieses Romans unbedingt zu stellen! 

Cover des Buches James (ISBN: 9783446279483)

Bewertung zu "James" von Percival Everett

James
miro76vor 11 Tagen
Kurzmeinung: Ein Klassiker neu erzählt, brilliert dabei mit eindringlicher Aktualität! LESENSWERT!!!
Die Abenteuer des ehemaligen Sklaven Jim

Percival Everett wagt sich mutig an den Stoff von Huckleberry Finn. Doch diese Geschichte erzählt uns der Sklave Jim, der vor dem Verkauf flieht, um später seine Familie freizukaufen. 

Jim ist ein schlauer Bursche und so lernen wir mit ihm die Sklavensprache kennen, denn die Weißen müssen sich unbedingt überlegen fühlen. Sie dürfen nicht wissen, dass die Sklaven einwandfreies Englisch sprechen. Da wollen sie sich lieber ein bisschen bemühen, das Genuschel zu verstehen, dass den Ohren der Weißen vorbehalten ist. 

Jim kann außerdem lesen und schreiben, was auf keinen Fall jemand merken darf. Damit würde er sein Leben riskieren. 

Auf seiner Flucht begleitet ihn der junge Huck, der ebenfalls geflohen ist. Er hat seinen Tod vorgetäuscht, um seinem gewalttätigen Vater zu entkommen. Das bringt den geflohenen Jim nur noch mehr in Gefahr, denn wer könnte verdächtiger sein, als ein entflohener Sklave. 

Während bei Mark Twain die Reise auf dem Mississippi ein einziges großes Abenteuer ist, ist sie hier geprägt von Todesangst, Verstecken und Flucht. Mal spielt ihnen das Schicksal in die Hände, mal legt es ihnen Steine in den Weg. 

Heftig fand ich, mit welcher Selbstverständlichkeit Weiße Besitzansprüche an einen Schwarzen stellen, der nur mit einem Jungen unterwegs ist. Und ebenfalls, wie selbstverständlich alle Weißen davon ausgehen, dass die Schwarzen dumm, schmutzig und nicht wertvoller als Vieh sind. Die Schrecken der Sklaverei werden hier eindringlich dargestellt und hallen lange nach. Vor allem die Zuchtfarm am Ende, gab mir schwer zu denken. Die Grausamkeit der Aufseher und Besitzer ist wirklich schwer zu ertragen und leider gibt es immer noch viele Menschen, die sich erhabener fühlen, weil ihre Haut heller ist, als die anderer Leute. 

Mutig hat sich der Autor an diesen klassischen Stoff gewagt und hat einen modernen historischen Roman daraus gemacht. Es ist gleichsam ein Entwicklungsroman, denn aus dem Sklaven Jim, der immer schon etwas schlauer war, wird ein selbstbestimmter zorniger Mann namens James, der sich nicht mehr unterjochen lässt und von nun an seinen Weg beschreitet. Mir hat das Buch hervorragend gefallen und somit gibt es eine uneingeschränkte Leseempfehlung!

Cover des Buches Paare (ISBN: 9783608966121)

Bewertung zu "Paare" von Maggie Millner

Paare
miro76vor 16 Tagen
Kurzmeinung: Liebe und Leiden - ein ewiges Thema lyrisch aufbereitet. Stilistisch top, inhaltlich darf man sich viel vorstellen.
"Liebe ist nicht alles"

"Ich möchte deshalb in Gedichtform erklären,

      dass die Liebe für mich einer der primären

Antriebe zur Selbsterkenntnis war. Sie ist immer noch das, 

      was den ganzen Rest erträglich macht." (S. 110)


Alle paar Jahre mal versuche ich einen Ausflug in die Lyrik, um wiederholt zu erkennen, dass ich mich nicht optimal darauf einlassen kann. Da ich mir dessen bewusst bin, gebe ich nur ungern eine Bewertung ab. 

Hier finden wir eine Analyse des Liebeslebens einer jungen Frau, die ihren Mann für eine andere Frau verlassen hat. Sie hatte sich wohl etwas eingeengt gefühlt in ihrer ersten Beziehung, doch die totale Freiheit macht sie erst recht nicht glücklich. Sie erkennt, dass sie nicht polyamourös leben kann und hofft auf Exklusivität. In ihrem Leiden beginnt sie ihrer vorherigen Beziehung nachzutrauern. Ganz normales Verhalten also, hat wohl fast jede*r von uns schon gemacht. 

Es folgt eine Phase der Harmonie, vor allem um Weihnachten, doch bereits zu Silvester erkennt sie, dass diese Beziehung das neue Jahr nicht überstehen wird. 

Irgendwie ist alles ziemlich tragisch hier. Die Protagonistin leidet, reflektiert und leidet weiter. Doch am Ende hat sie sich selbst besser kennengelernt und schafft es, gestärkt aus dem Drama hervorzutreten. Ein Heldenepos also?

Sprachlich konnte mich dieses Epos absolut begeistern und auch der Übersetzerin Eva Bonné ist mit Hochachtung zu begegnen. Das war bestimmt eine schwere Geburt! 

Dennoch fand ich es streckenweise anstrengend zu lesen. Inhaltlich bleibt vieles nur angedeutet, die Lücken animieren zur Imagination, was aber gut transportiert wird sind Emotionen. Das ist wohl der Erzählform geschuldet. Die Lyrik ist wohl eher die Sprache des Herzens. Als Prosaleserin bin ich es gewohnt, den Fokus auf den Handlungsverlauf zu legen. Das scheint mir hier verkehrt. Vielleicht sollte man den Text eher wie ein Bild betrachten und die einzelnen Gefühle zu einem stimmigen Bild der Person wachsen lassen. 

Paare ist definitiv gut geschrieben, aber so richtig gut gefallen hat es mir nicht. Ich werde wohl wieder eine paar Jahre verstreichen lassen, bevor ich mich ein weiteres Mal in die Welt der Lyrik begebe. 


Cover des Buches Acqua alta (ISBN: 9783866487086)

Bewertung zu "Acqua alta" von Isabelle Autissier

Acqua alta
miro76vor 25 Tagen
Kurzmeinung: Der Untergang Venedigs und der Familie Malegatt - anders als erwartet, aber interessant und informativ!
Der Untergang Venedigs

Guido Malegatti hat das Hochwasser überlebt, dass Venedig zum Einsturz brachte. Aber schlauer hat ihn das nicht gemacht, denn er denkt sofort nach seiner Trauerrunde darüber nach, wie sich aus den Ruinen Profit ziehen lassen könnte. 

Seine Frau Maria Alba, Sprössling einer großen Familie und Nachfahrin von Dogen hat es nicht so gut getroffen. Über ihr ist das Haus eingestürzt . Sie war ein echtes Kind der Serenissima, der Stadt mit ihrer erhabenen Geschichte und divenhaften Schönheit verfallen. Sie hätte den Verlust ihrer Heimat sowieso nicht verkraftet. 

Und deren Tochter Léa ist vermisst. 

Zwei Jahre zuvor beginnen die Probleme Venedigs bereits die Familie zu spalten. Guido, der Wirtschaftsstadtrat, ist ein Emporkömmling und ausnahmslos an Wohlstand und Profit interessiert. Er hat schnell gelernt zu intrigieren, wenn es um die Erreichung seiner Ziele geht. Nur seine Tochter weiß er nicht zu bändigen. Als Umweltschützerin sind ihr die Folgen von Klimawandel und Massentourismus für Venedig bekannt und sie kämpft dagegen. Wenn es sein muss auch mit harten Bandagen. 

Isabelle Autissier hat mit der Familie Malegatti ein Abbild der Gesellschaft Venedigs geschaffen. Maria Alba steht für Geschichte und Erhalt, Guido für die wirtschaftlichen Interessen und Léa für die Umwelt. So beginnt der Konflikt in der Familie und wird erst in die Welt getragen, als Léa ihren Vaterfeind und ihre untätige Mutter verlässt. 

Dass die Ozeanriesen die Grundfesten Venedigs angreifen, ist mittlerweile wohl allen bekannt. Doch dass auch das Sperrwerk M.O.S.E. für die Lagune nicht unproblematisch ist, habe ich durch diesen Roman gelernt. Venedig ist ein fragiles Konstrukt und ich fand es spannend zu erfahren, wie Léa das Ausmaß der Bedrohung klar wird und sie beginnt ihr Leben der Stadt zu verschreiben. Ihre Ideen und Aktionen werden immer wagemutiger und mit Unbehagen folgen wir ihr in die Radikalisierung. 

Ich habe diesen Roman mit großem Interesse gelesen und bin begeistert, wie spannend der Konflikt um Venedig oder Veniceland, wie es hier augenzwinkernd auch heißt, aufbereitet wird. Die Zerrissenheit zwischen den wirtschaftlichen Interessen des Massentourismus und dem Erhalt der Schönheit und Erhabenheit der Serenissima lässt mich wieder einmal aufhorchen und stimmt mich traurig, ob der Untätigkeit unserer Machthaber. 

 Acqua Alta ist ein Roman, der Aufmerksam macht, berührt und den Finger in eine bekannte Wunde legt!

Cover des Buches Schneesturm (ISBN: 9783596708994)

Bewertung zu "Schneesturm" von Tríona Walsh

Schneesturm
miro76vor einem Monat
Kurzmeinung: Spannender Krimi, cooles Setting, überraschende Wendungen und ein etwas überbordender Showdown. Unblutig und unterhaltsam!
Von der Außenwelt getrennt.

Cara freut sich sehr, endlich alle ihre Jugendfreunde wiederzusehen. Zehn Jahre ist es her, dass drei von ihnen, die Insel verlassen haben, nach dem ein schreckliches Unglück über sie hereingebrochen ist. Nach Cillians Tod sind nur Maura und Daithi mit Cara auf der Insel geblieben. 


Aus Seamus ist inzwischen ein halbwegs berühmter Drehbuchautor in Hollywood geworden und Ferdy und Sorcha leben relativ erfolgreich in London. Obwohl eigentlich niemand genau sagen kann, womit Ferdy sein Geld verdient. Irgendwas mit Gigs und Bands oder so. 


Der Abend startet vielversprechend. Es wird getrunken und gelacht und an früher gedacht. Nur Maura taucht nicht auf. Erst wundert sich niemand, denn sie war immer schon chaotisch, doch dann treibt eine Leiche in einem natürlichen Becken im Meer und Cara, die Inselpolizistin wird verständigt. 


Der Schneesturm tobt mittlerweile mit voller Kraft und so ist die irische Insel vom Festland völlig abgeschnitten. Keine Fähre und kein Hubschrauber kann Inishmore erreichen. Cara ist auf sich gestellt und versucht zu ermitteln, denn ihr ist klar, dass auch der Mörder die Insel nicht verlassen kann. Schnell ist zu erkennen, dass Cara keine Professionalistin ist. Als "Streifenpolizistin" auf einer Insel, wo jeder jeden kennt, hat sie es eher mit Lausbubenstreichen zu tun, denn mit Kapitalverbrechen. Sie versucht ihr Bestes und folgt den Brotkrumen, die für sie hinterlassen wurden. Sie stolpert durch ihren ganz persönlichen Albtraum. Sie hat ihre beste Freundin verloren, wird ebenfalls verfolgt und kann ihren Freunden nicht mehr trauen. Schritt für Schritt nähert sich sich einer Wahrheit, die für sie schwer zu verkraften ist. 


Mir hat das Setting und der Plot dieser Geschichte ausgezeichnet gefallen. Mir gefällt die Idee des Treffens nach zehn Jahren und der Feststellung, dass die Zeit nicht stehen geblieben ist. Die Freunde sind nicht mehr die Menschen, die sie damals waren und es ist nicht sicher, dass man auch diese Menschen mag. Der Schneesturm hätte vielleicht ein bisschen mehr ins Licht gerückt werden können. Die Wetterkapriolen beeinflussen das Leben auf der Insel eigentlich nur insofern, dass niemand kommen und gehen kann. So wird das ganz zu einem gelungenem Kammerspiel, wo niemand mehr weiß, wem er trauen kann und sich alle irgendwie anfeinden oder nervös beäugen. 


Nur den großen Showdown hätte ich nicht gebraucht. Die Auflösung war spannend, manches konnte man erahnen, manches war wirklich überraschend und ich fühlte mich bei der Lektüre durchwegs gut unterhalten. Ich fand die laienhaften Ermittlungen von Cara erfrischend sympathisch und schlußendlich hat sie ihr Ziel erreicht. Ein professioneller Ermittler hätte mir hier im gälischen Inishmore gar nicht so gut gefallen. 


Guten Gewissens empfehle ich dieses Buch allen, die nur hin und wieder einen Krimi lesen. Wer einen echten Kommissar erwartet, sollte vielleicht besser zu einer Reihe greifen. 

Cover des Buches Über die Berechnung des Rauminhalts I (ISBN: 9783751809122)

Bewertung zu "Über die Berechnung des Rauminhalts I" von Solvej Balle

Über die Berechnung des Rauminhalts I
miro76vor einem Monat
Kurzmeinung: Immer wieder der 18. November und fast immer verläuft er gleich. Tara hätte ihre Zeitlosigkeit gefühlt besser nutzen können.
Cover des Buches Notizen zu einer Hinrichtung (ISBN: 9783351051211)

Bewertung zu "Notizen zu einer Hinrichtung" von Danya Kukafka

Notizen zu einer Hinrichtung
miro76vor einem Monat
Kurzmeinung: Die letzten Stunden eines Mörders und wie er auf die Frauen in seinem Umfeld eingewirkt hat. Extrem beklemmend und extrem spannend!
Eine Rückschau

Ansel Packer wird sterben. In 12 Stunden wird dieses Leben ausgelöscht. Für manche wäre es besser gewesen, er hätte nie gelebt, den Ansel hat mehrere Frauen ermordet. 

Wir begeleiten Ansel auf seinem letzen Weg und lernen ihn in diesen letzten Stunden kennen. Fast bis zum Schluss hofft er, seinem Schicksal entgehen zu können. Er schmiedet immer noch Pläne, obwohl er nur noch wenige Stunden hat, weil er nicht sterben möchte. Er möchte verstanden werden. 

Doch die Frauen, deren Leben er genommen hat, wollten auch nicht sterben. 

Dieses Szenario ist beklemmend, doch viel schwieriger fand ich die erste Rückschau. Wir lesen von Ansels Mutter und ihrem Leben auf einer abgeschiedenen Farm. In äußerst prekären Verhältnissen hat sie versucht Ansel großzuziehen. Doch mit den Jahren verschlimmert sich alles. Das Geld wird knapper, der Mann wird brutaler, der Hunger größer und es kommt ein zweites Kind. Die immer noch sehr junge Mutter sieht keinen Ausweg. Sie verlässt ihre Kinder und überlässt sie der Fürsorge. 

Die nächste Rückschau kommt aus einer Pflegefamilie und ein Mädchen, das sich mit Ansel anfreunden möchte erzählt uns Episoden aus seiner Kindheit. Diese Mädchen wird ihn später verhaften, denn sie schafft den Absprung und wird Kommissarin. 

Die dritte Rückschau kommt von der Zwillingsschwester seines letzten Opfers. Jenny lebte mehrere Jahre mit Ansel zusammen. Dass dies nicht die beste Entscheidung ihres Lebens war, wird schnell klar, denn Ansel ist manipulativ und völlig frei von Empathie. An seiner Seite verkümmert man. Es soll Jahre dauern, bis sie sich von ihm befreit. 

Danya Kulkolka zeichnet mit diesem Roman ein Psychogramm eines Serienmörders. Das Bild setzt sich zusammen aus den Gedanken, die ihn in seinen letzten Stunden beschäftigen und den Erinnerungen von Frauen, die ihn auf seinem Weg begleiteten. Der Roman ist nicht ganz einfach zu verdauen. Gerade die ersten Kapitel fand ich extrem berührend, denn von Liebe und Luft kann man eben keine Kinder ernähren. Vom Trailerpark abgesprungen auf eine heruntergekommene Farm in der Einöde hat die Mutter keinen großen Sprung gemacht. Sie ist ganz klassisch vom Regen in die Traufe gefallen, musste das allerdings erst erkennen. Sie versucht Ansel eine gute Mutter zu sein und versucht, die guten Stunden hervorzuheben, doch sie muss sich irgendwann eingestehen, dass die rosarote Brille nicht hilft. 

Mit Lavender kann ich nur Mitleid haben, denn ihr Leben ist von Anfang an verwirkt. Doch die anderen Frauen sind stark und gehen ihre Wege trotz Schwierigkeiten und Hemmnissen. 

Diese Buch hat nicht richtig beeindruckt. Es ist beklemmend, wirkt lange nach und gibt wirklich zu denken. Es spielt mit Gut und Böse, verwischt die Grenzen und hält uns weinen Spiegel vor, was die Neugierde auf Sensationen anbelangt. Von mir gibt es eine uneingeschränkte Leseempfehlung! 

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