Bewertung zu "Handbuch für den vorsichtigen Reisenden durch das Ödland" von Sarah Brooks
miss_amanogawavor 25 TagenWie genau beschreibt man ein Buch, dessen Geschichte so viel mehr enthält, als man auf den ersten Blick zu erkennen vermag?
Wie fasst man die Emotionen, das unbändige Staunen, die hemmungslose Faszination zusammen, die einen auf jeder Seite begleiten?
Mit dem HANDBUCH FÜR DEN VORSICHTIGEN REISENDEN DURCH DAS ÖDLAND gelingt der Autorin Sarah Brooks eine packende Mischung aus Steampunk-, Fantasy-, Science Fiction- und Mystery-Elementen.
Stellt euch eine Kombination aus Vander Meers AUSLÖSCHUNG und Agatha Christies ORIENTEXPRESS vor: eine Reise, quer durch unbekannte Gefilde, die Crew kennt den Ablauf und die Fahrgäste kennen nur Geschichten und Geheimnisse über diesen sagenumwobenden Transsibierien-Express, welcher als einziger das weite unbekannte durchstreift. Das Ödland. Ein Landstreifen zwischen China und Russland, voll unbekannter Flora und Fauna, gefährlicher Kreaturen und merkwürdiger Begebenheiten.
Die letzte Fahrt endete tödlich für alle Insassen, denn das Unbekannte fand seinen Weg an Bord. Die Abteile mussten versiegelt, die Fahrgäste geopfert werden. Die Kompanie erzählt, ein Fehler im Glas sei Schuld gewesen. Der Glaser verlor seine Reputation und bezahlte letztlich mit seinem Leben.
Doch warum fährt der Zug wieder? Warum wird die Gefahr erneut in Kauf genommen, das Fremde in die alte Welt einzuschleppen? Nun ja, die Kompanie hat schließlich einen Ruf zu verteidigen und ein Imperium am Leben zu erhalten.
Mit an Bord ist die Tochter des Glasers, unter dem Decknamen Maria. Sie weiß, dass ihr Vater nicht durch Überarbeitung gestorben ist, und will herausfinden, was wirklich die Ursache für die Katastrophe war.
Neben „Maria“ lernen wir weitere schrullig-liebenswürdige Charaktere kennen: Henry Grey, englischer Naturforscher, der ebenfalls seinen Ruf wiederherzustellen versucht. Weiwei, das Zugkind, geboren und aufgewachsen in den Abteilen des Transsibirien-Expresses und seither fester Bestandteil der Crew. Suzuki, den Kartographen des Zuges, dem Maria im Laufe der Handlung näher kommt.
Als ein ungebetener Gast das Leben von Weiwei auf den Kopf stellt und das Draußen in den Zug eindringt, ist nichts mehr so, wie es sonst war. Und das Ödland zeigt sich von seiner unzähmbaren und gleichzeitig neugierigen Seite.
Katja Eßbach vom NDR nennt es einen „Roman wie ein Fiebertraum“, ich nenne es eine einzigartige Gegenüberstellung von Mensch und Natur.
Zeitlich spielt der Roman im Jahr 1899, also kurz vor der Jahrtausendwende. Die Welt ist im Umbruch, der Zug ist ein Wunderwerk der Technik und Architektur: er beherbergt einen Gemüsegarten, Hühnerställe, ein ausgeklügeltes Wasserversorgungssystem. Er ist der Inbegriff der Zukunft. Das Ödland hingegen ist unberechenbar, unerforscht, fremd und bedrohlich. Niemand versteht dessen Gesetzmäßigkeiten. Gibt es überhaupt welche?
Wessen Kräfte sind größer: die des Ödlandes oder die des Zuges? Zivilisation gegen Natur. Moderne gegen unberührte Wildnis.
Ich war von der ersten Seite an verzaubert und gefesselt und lege dieses Buch euch allen ans Herz, wenn ihr ein besonderes Abenteuer erleben wollt. Willkommen an Bord!