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miss_amanogawa

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Eine wilde Zugfahrt - für Fans von Agatha Christie und Jeff VanderMeer

Wie genau beschreibt man ein Buch, dessen Geschichte so viel mehr enthält, als man auf den ersten Blick zu erkennen vermag?

Wie fasst man die Emotionen, das unbändige Staunen, die hemmungslose Faszination zusammen, die einen auf jeder Seite begleiten?


Mit dem HANDBUCH FÜR DEN VORSICHTIGEN REISENDEN DURCH DAS ÖDLAND gelingt der Autorin Sarah Brooks eine packende Mischung aus Steampunk-, Fantasy-, Science Fiction- und Mystery-Elementen.


Stellt euch eine Kombination aus Vander Meers AUSLÖSCHUNG und Agatha Christies ORIENTEXPRESS vor: eine Reise, quer durch unbekannte Gefilde, die Crew kennt den Ablauf und die Fahrgäste kennen nur Geschichten und Geheimnisse über diesen sagenumwobenden Transsibierien-Express, welcher als einziger das weite unbekannte durchstreift. Das Ödland. Ein Landstreifen zwischen China und Russland, voll unbekannter Flora und Fauna, gefährlicher Kreaturen und merkwürdiger Begebenheiten.

Die letzte Fahrt endete tödlich für alle Insassen, denn das Unbekannte fand seinen Weg an Bord. Die Abteile mussten versiegelt, die Fahrgäste geopfert werden. Die Kompanie erzählt, ein Fehler im Glas sei Schuld gewesen. Der Glaser verlor seine Reputation und bezahlte letztlich mit seinem Leben.


Doch warum fährt der Zug wieder? Warum wird die Gefahr erneut in Kauf genommen, das Fremde in die alte Welt einzuschleppen? Nun ja, die Kompanie hat schließlich einen Ruf zu verteidigen und ein Imperium am Leben zu erhalten.


Mit an Bord ist die Tochter des Glasers, unter dem Decknamen Maria. Sie weiß, dass ihr Vater nicht durch Überarbeitung gestorben ist, und will herausfinden, was wirklich die Ursache für die Katastrophe war.

Neben „Maria“ lernen wir weitere schrullig-liebenswürdige Charaktere kennen: Henry Grey, englischer Naturforscher, der ebenfalls seinen Ruf wiederherzustellen versucht. Weiwei, das Zugkind, geboren und aufgewachsen in den Abteilen des Transsibirien-Expresses und seither fester Bestandteil der Crew. Suzuki, den Kartographen des Zuges, dem Maria im Laufe der Handlung näher kommt.

Als ein ungebetener Gast das Leben von Weiwei auf den Kopf stellt und das Draußen in den Zug eindringt, ist nichts mehr so, wie es sonst war. Und das Ödland zeigt sich von seiner unzähmbaren und gleichzeitig neugierigen Seite.


Katja Eßbach vom NDR nennt es einen „Roman wie ein Fiebertraum“, ich nenne es eine einzigartige Gegenüberstellung von Mensch und Natur.

Zeitlich spielt der Roman im Jahr 1899, also kurz vor der Jahrtausendwende. Die Welt ist im Umbruch, der Zug ist ein Wunderwerk der Technik und Architektur: er beherbergt einen Gemüsegarten, Hühnerställe, ein ausgeklügeltes Wasserversorgungssystem. Er ist der Inbegriff der Zukunft. Das Ödland hingegen ist unberechenbar, unerforscht, fremd und bedrohlich. Niemand versteht dessen Gesetzmäßigkeiten. Gibt es überhaupt welche?

Wessen Kräfte sind größer: die des Ödlandes oder die des Zuges? Zivilisation gegen Natur. Moderne gegen unberührte Wildnis.

Ich war von der ersten Seite an verzaubert und gefesselt und lege dieses Buch euch allen ans Herz, wenn ihr ein besonderes Abenteuer erleben wollt. Willkommen an Bord!

Cover des Buches Die Hochzeit der Chani Kaufman (ISBN: 9783257244304)

Bewertung zu "Die Hochzeit der Chani Kaufman" von Eve Harris

miss_amanogawavor einem Monat
Mehr als nur ein Buch übers Heiraten

Dieses Buch ist so viel mehr als nur eine  Geschichte über zwei jüdische junge Erwachsene, die ihr gemeinsames Leben mit der Ehe besiegeln werden. Und das, obwohl sie sich kaum kennen, denn die Traditionen verlangen es nun einmal so, oder zumindest ihre Familien und Gemeinde.

Es bietet Einblicke in den jüdischen Alltag, Sorgen und Gedanken, Rituale, Traditionen. Und Sorgen, Ängste, Zweifel. Und das alles im Kontrast zweier Generationen - die Lehrenden und die Lernenden.


Was bedeutet es, verheiratet zu sein? Was bringt die Ehe mit sich? Welche Veränderungen oder Hindernisse? Blinder Gehorsam, Seite an Seite den Weg beschreiten? Sich selbst verlieren oder für sich selbst kämpfen?

Welche Erwartungen haben Unverheiratete? Was geben die Verheirateten ihren Kindern mit?

Und wer, wenn nicht unsere engsten Vertrauten, könnten uns beibringen, wie das Leben weitergeht?


Während des Lesens dieses bemerkenswerten Buchs merkte ich, wie froh ich doch bin, in einer Familie ohne bindende Traditionen, ohne feste Regeln aufgewachsen zu sein.

Doch zeitgleich faszinierten mich die intimen Einblicke in das Leben dieser jüdischen Familien, Frauen, Männer und Kinder gleichermaßen.

Ich freue mich sehr darauf, bald das  nächste Buch zu lesen!


Cover des Buches Dimmerwelt (ISBN: 9783758488733)

Bewertung zu "Dimmerwelt" von Alexander Lenz

miss_amanogawavor 3 Monaten
Kurzmeinung: 3,5/5
Dark Fantasy mit religiösen Zügen - endlich mal etwas Neues im Genre!

Das Worldbuilding ist recht einfach gehalten. Wir haben die Welt um Dimmerwelt mit seinen verschiedenen Territorien. Es ranken sich viele Mythen und Legenden um die Erschaffung der Welt. Alexander hat hier quasi eine ganz eigene Religion erschaffen, auf der Lakans Glaube beruht. Zusätzlich gibt es unzählige richtig coole Monster und Dämonen.

Die Beschreibung der düsteren Schauplätze erinnert mich tatsächlich an Spiele wie Bloodbourne oder Dark Souls (basierend auf meinen Kenntnissen als stille Beobachterin). Der Verlauf der Geschichte ist ähnlich vieler Adventure-RPGs und hat mich sofort in meiner Witcher-Zeit zurückversetzt: es gibt eine große Hauptquest, ergänzt durch mehrere kleine Nebenquests, die letzten Endes zur Aufklärung des eigentlichen Falls beitragen. Megagut!

Die Charaktere sind allesamt sehr sympathisch. Sie sind nicht starr, sondern wandlungsfähig und entwickeln sich während der Reise tatsächlich weiter.
Gerade die beiden Zwerge bringen den Lesenden sehr oft zum Schmunzeln oder Lachen.
Diese Balance zwischen Ernst und Humor erhält Alexander stets aufrecht. Es wird weder langweilig noch zu viel gekämpft.

Nichtsdestotrotz gibt es Punkte, die ich kritisch beäuge:

der Tonus ist nicht gleichbleibend. Es fließen umgangssprachliche Begriffe oder Sätze ein, die einen krassen Bruch erzeugen und mich sehr gestört haben. Mal erscheinen Lakan und die Zwerge sehr wortgewandt, im nächsten Moment könnte das Gespräch genauso gut in der Bahn stattgefunden haben ("Ah shit, (...)", "Ich will echt nicht wieder so fies eingefroren werden.", "Ich hoffe echt, dass...")

Vorurteile, die es leider Gottes überall gibt, werden hier von jetzt auf gleich aus der Welt geschafft, ohne großartige Anstrengung oder Überzeugungsarbeit. Mehr oder weniger durch Lakans Gutmütigkeit und Überzeugungskraft. Das ist einerseits toll, aber andererseits viel zu einfach gehalten.

Lakan lässt mich sehr zwiegespalten zurück. Einerseits ist er eine treue Seele, ein überzeugter Gläubiger, mit dem Herz am rechten Fleck. Gleichzeitig scheint er mir auch stur, empfindlich, vielleicht auch engstirnig zu sein? Und zu überzeugt von seinen Fähigkeiten und seinem Einfluss auf andere. Als wäre er das eine Zahnrad, welches den gesamten Mechanismus am Laufen hält. Gerade weil die Geschichte aus seiner Sicht erzählt wird und wir wirklich jeden seiner Gedanken, seine Meinungen, Überlegungen und taktischen Schritte verfolgen, wirkt das Ganze recht überladen mit Emotionen, die noch dazu ausschweifend erklärt werden. Einerseits hilft dies dabei, dem Lesenden die Atmosphäre ein Stück näher zu bringen, mehr in die fiktive Umgebung eintauchen zu können, andererseits nimmt es der Situation die Spannung, weil der Fokus weg vom Geschehen und den Kämpfen hin zum Schauplatz und Lakans Gefühlswelt rutscht.
Das Ende war irgendwie unspektakulär und ich gehe stark davon aus, dass aufgrund dieser vielen Umschreibungen eine Menge bei mir einfach durchgerasselt ist. Ich konnte mich nur noch schwer auf die Handlung konzentrieren und war froh, als ich das Buch beendet habe.

Fakt ist, dass es sich bei DIMMERWELT um ein einzigartiges Konzept handelt, das ich so noch nicht gesehen habe. Hier spielt der Glaube eine wichtige Rolle im Leben des Helden. Er glaubt die Welt noch nicht endgültig verloren, er kämpft aus reiner Überzeugung gegen das Böse. Er liebt seine Welt, das Leben, seine Mitmenschen. Er glaubt an das Gute in ihnen. Diese Umstand ist wirklich erfrischend in der Dark-Fantasy-Welt. Egal, wie düster und brutal die Geschichte auch manchmal sein mag, Lakan trägt ein Licht in sich und will dieses Licht weiterreichen.
Ich habe die Reise durchaus genossen und unsere Helden ins Herz geschlossen, doch leider hat mir die sprachliche Umsetzung nicht zu 100% zugesagt.

Endlich geht es weiter mit dem Gemetzel!

Es sind schon einige Jahre ins Land gezogen seit Band 2 und wir erhalten umfassende Informationshäppchen als eine Art Rückblendenersatz.
Doch diese vielen Informationen blieben bei mir nicht richtig hängen und ich hatte zeitweise meine Probleme, mit all den Namen nicht durcheinander zu kommen.
Was für mich teilweise doch etwas zu analytisch-taktisch wurde - lag der Fokus der Geschichte in diesem Band doch auf dem Kriegsgeschehen und der Rückeroberung der Stadt Morisius - kann natürlich für andere Lesende genau das richtige sein.

Es wird recht taktisch, analytisch, sehr kämpferisch, aber auch einfallsreich brutal, obszön, abartig. Hier kommt jeder Liebhaber des Vergießens vom roten Lebenssaft voll auf seine Kosten!
Tobi ist wieder sehr einfallsreich, was das Ableben der zahlreichen Opfer im dritten Band der Ghulwald-Chroniken betrifft 😈

Das Buch besteht grob zusammengefasst zu 50% aus Hass, Folter und Gemetzel.
Die anderen 50% sind Kriegstaktik, viel Galgenhumor und liebevoll detailliert ausgearbeitete Charaktere.
Besonders die Kombination aus Conor und der Orkschamanin Krähe bildete ein wirklich tolles Team, dessen Reise ich gerne begleitet habe.
Ich wünsche mir sehr, dass Krähe im nächsten Band ebenfalls viele Auftritte haben wird.

Cover des Buches Happy Hour (ISBN: 9783446279490)

Bewertung zu "Happy Hour" von Marlowe Granados

miss_amanogawavor 4 Monaten
Kurzmeinung: Schillerndes Partyleben? Wohl eher: wie überstehe ich Partys, ohne Geld ausgeben zu müssen, damit ich mir das Taxi oder Essen leisten kann.
Glamour ohne den Glamour

Auf den ersten Blick scheinen Gala und Isa zwei planlose Partymäuse im New Yorker Partydschungel zu sein.

Doch je mehr wir über die zwei erfahren, je länger wir sie begleiten und Isas Gedankengänge mitlesen können, desto mehr kristallisiert sich die Tragik in ihrem Leben und ihrer Freundschaft heraus.


Isas Mutter starb vor zwei Jahren an Krebs. Um dem Kummer und ihrem Lebenskampf zu entfliehen, durchstreifte sie New York, reiste durch Spanien oder Frankreich und zog nach London.

Galas Mutter starb, als sie noch ein Baby war.

Elternlos, aber auf unterschiedliche Weise.

Beide mussten früh Eigenverantwortung übernehmen. Ob diese Tatsache die beiden so zusammengeschweißt hat?


Isa wirkt sehr erwachsen und abgeklärt, und kümmert sich fast schon mütterlich um Gala. 

Die hingegen wirkt eher kindlich naiv und bevorzugt es, umsorgt zu werden, statt Fürsorge zu zeigen.


Die beiden bilden einen unglaublich starken Kontrast zueinander, Konflikte sind vorprogrammiert, und doch bildet diese schwesterngleiche Verbindung einen Stützpfeiler in ihrem chaotischen Leben in New York. Nur mit Handgepäck und Klamotten zum Verkauf ausgestattet, von der Hand in den Mund verdienend, während sie das Nachtleben unsicher machen, um Drinks zu ergattern, Geld zu sparen und das ein oder andere über New York, dessen Vielfalt, die Menschen und das Leben zu lernen.


Diese tagebuchgleiche Erzählung steckt voller Überraschungen und kluger Anekdoten und Anmerkungen zum Leben, zu Beziehungen und dem Alltagsrassismus und -sexismus.

Es geht hier nicht vordergründig um das schillernde Partyleben, sondern dessen Fassade, um die flüchtigen Bekanntschaften, die für den Moment unterhaltsam sein mögen, doch langfristig keinen Mehrwert bieten; um das Erwachsenwerden und den Weg zur eigenen Meinung, zu wissen, was man will und was man nicht will. 


Ich habe mich wirklich gut unterhalten gefühlt und finde, dass man in Isa eine starke, unabhängige junge Frau findet.

Cover des Buches Das Trio (ISBN: 9783630877648)

Bewertung zu "Das Trio" von Johanna Hedman

miss_amanogawavor 5 Monaten
Elite auf Dinnsuche

Thora, August und Hugo: ein trio infernale. Tosender Gefühlssturm, Unsicherheit, Abhängigkeit, Liebe, Hass, Verzweiflung , Verwirrung. Gleichgültigkeit. Koexistenz und Schweigen, das mehr sagt, als tausend Worte.

Stockholm, Berlin, London, New York, wohin sie das Leben auch immer leitet, sie finden letztlich immer zueinander.

Dieses Buch erzählt von der Sphäre, in welcher wir in unseren 20ern schweben. Wir haben noch nichts Ganzes und nichts Halbes im Leben gefunden. Wir fühlen uns zu alt für Kindergartenfreundschaften und zu jung für ernsthafte Bindungen. Wir wollen frei sein in Denken und Handeln, doch gleichzeitig gesehen und gehört werden, ernst genommen werden. Als Individuum anerkannt werden. Nicht nur Produkt unserer Eltern sein.

Doch während Thora und August Mitglieder einer höheren Kaste sind, der elitären Schicht Schwedens, kraxelt Hugo diesen mächtigen Felsen wie eine hilfsbedürftige Gämse empor, in der Hoffnung Anschluss zu finden, sich selbst in dieser unbekannten Welt zu finden.


Mir waren leider Gottes alle dieser versnobten Futzis dermaßen unsympathisch. Ich fühlte mich direkt an die Life and Death Brigade aus Gilmore Girls erinnert. Studierende, die mit Hilfe von Mamas und Papas Geld einen exklusiven, kultivierten Lebensstil genießen können. Dann noch die Freundschaft-Plus-Beziehung zwischen Thora und August. Würg.

Und doch bahnt sich ein interessanter Perspektivwechsel an, als Hugo - der Außenseiter - von dieser Beziehung angezogen wird und geradezu obsessiv die Nähe zu den beide  sucht, Teil von ihrem Leben wird.

Im weiteren Verlauf ändert sich der Ton, die Handlung gewinnt an Tiefe und erhält philosophische Klänge, welche mich ebenfalls zum Nachdenken anregten - vermutlich, weil ich mich bis vor kurzem in der abgebildeten Altersspanne befand. Und so beendete ich das Buch mich selbst, mein Leben, mein Handeln und Denken reflektierend, verständnisvoll und doch weiterhin abgeneigt dem Trio gegenüber.

Cover des Buches Das Mädchen mit dem Porzellangesicht (ISBN: 9783608966350)

Bewertung zu "Das Mädchen mit dem Porzellangesicht" von Simone Keil

miss_amanogawavor 6 Monaten
Ein Märchen für Erwachsene, mit viel verschenktem Potenzial

Ich bin insgesamt doch sehr enttäuscht von der Geschichte.

So märchenhaft die Szenerie und die Sprache auch sind, alles in allem sind der Verlauf, die ständigen Szenenwechsel, die Auftritte und damit leider einhergehende Nichtigkeit der Charaktere eine einzig verwirrende Kreation im Stile von "Die Mechanik des Herzens" und "Alice Madness Returns". Dem Ganzen wohnt ein Zauber inne, der es nie gänzlich schafft, sich zu entfalten. Sehr viel Herzblut, philosophische Ansätze, das lese ich schon heraus, doch berühren konnte mich die Geschichte nur wenig. Keiner der Charaktere war für mich richtig greifbar, ich konnte keine tiefergehende Beziehung aufbauen - auch nicht zu Miyo, die wir doch auf dieser gefährlichen und abenteuerlichen Reise begleiten, deren Ende für mich so nichtig war, dass es mir doch ein wenig das Herz gebrochen hat, denn es steckt eine Menge Potenzial in diesem Stil und dieser Dark-Fantasy- Steampunk-Szenerie.

Wer ist Mr. Fairweather? Was hat er mit all den Körperteilen der Kinder vor? Will er seine Puppensammlung zum Leben erwecken? Was wird letzten Endes aus Miyos Freunden, die sie notgedrungen verlassen musste? Ein kurzes Wiedersehen gab es ja, aber dann? Es bleiben so viele Fragen offen.

Pluspunkte gibt es von meiner Seite für die intensive Auseinandersetzung mit dem Thema Erwachsenwerden, Emotionen, Depressionen, und wie diese die Beziehung zu unseren Mitmenschen beeinflussen. Und dass Emotionslosigkeit niemanden schützt, besonders nicht uns selbst.

Cover des Buches Klytämnestra (ISBN: 9783442316991)

Bewertung zu "Klytämnestra" von Costanza Casati

miss_amanogawavor 6 Monaten
Ein starkes historisch-feministisches Debüt

Klytämnestra wächst mit vielen Freiheiten auf. Sie darf als Frau kämpfen, sie darf ihre Meinung frei äußern, sie darf ihr Leben genießen. Und das als Frau. Doch mit den ersten Werbern aus dem Ausland und Aussichten auf lukrative Hochzeitsarrangements lernt Klytämnestra schnell, dass Freiheit nicht ewig währt und ein kostbares Privileg in ihrem Land ist. Ihren ersten Mann wählt sie aus freien Stücken und bekommt ein Kind. Doch irgendwo lauert immer ein Wolf, den es nach dem dürstet, was bereits ein anderer besitzt. Ihr eigener Vater, ihre geliebte Mutter wissen um die Attentatspläne des tyrannischen Agamemnon auf ihren Ehemann. Unternommen wird nichts, Klytämnestras Glück liegt in Scherben und sie ist gezwungen, an der Seite eines Mannes, den sie verabscheut, in ein fremdes Königreich einzukehren, fernab ihrer geliebten Geschwister.

Obwohl sie ihrer Mutter das Versprechen gibt, niemals ihre Rachegelüste überhand nehmen zu lassen - die Löwin ist gerade erst erwacht. Und ihre Rache wird wie ein Sturm über die Verräter rollen...


"Klytämnestra" ist weitaus mehr als eine  Neuinterpretation um die Orestes-Tragödie.

Diese Geschichte ist eines von vielen Schicksalen unendlich vieler starker Frauen, die sich anpassen und kämpfen müssen, um in einer männerdominierten Welt zu überleben.

"Klytämnestra" ist eine Hymne an alle Frauen, die ihre Freiheit durch gesellschaftlich auferlegte Rollenbilder einbüßen müssen.

An alle Frauen, die von Männern unterdrückt, ignoriert, unterschätzt, ausgelacht und misshandelt werden.

An alle Frauen, die ihre innere Löwin zähmen müssen, obwohl ihr Herz lauter denn je nach Rache schreit.

An alle Frauen, die von religiösen Fanatikern ausgebeutet werden.

Cover des Buches Highway to Hel (ISBN: 9783948887582)

Bewertung zu "Highway to Hel" von Ulrike Serowy

miss_amanogawavor 6 Monaten
Roadtrip ins Totenreich

Max ist Dauerstudent. Ein wenig verpeilt, aber sehr liebenswürdig. Und arbeitet nebenbei als "Guardian Angel" - als Totenwächter. Für den Fall, dass die Toten doch nicht tot sind. Hochmodern über Bildschirme.

Claire ist - oder besser gesagt war - tot. Denn während Max ihren Leichnam bewacht, geschieht das Unmögliche: Claire erwacht tatsächlich wieder zum Leben. Und muss natürlich schnellstmöglich aus ihrem Grab befreit werden, sonst stirbt sie gleich ein zweites Mal.

Jedoch... stirbt Claire wirklich mehrmals. Und wacht kurz darauf wieder auf.

Um diesem Mysterium auf die Spur zu kommen, reisen Max und Claire von Wuppertal nach Köln, Berlin und schließlich nach Island, ins Reich der Totengöttin Hel, um Claires geteilte Seele wieder zusammenzufügen und der Sterberei ein Ende zu setzen.


Zuallererst möchte ich den lockeren Schreibstil der Autorin hervorheben, der diesen Roadtrip zu einem wahren Lesevergnügen macht. Die Mischung aus zeitgenössischer Leichtigkeit, gespickt mit viel dunklem Humor, und harten   mythologischen Fakten macht diese Geschichte so einzigartig und extrem unterhaltsam. Ulrike schafft es, mit ihren Beschreibungen der Landschaften einen wahren Kinofilm in meinem Kopf laufen zu lassen.


Dann die Charaktere: Max ist ein wirklich äußerst liebenswerter Kerl. Ein typischer Bummelstudent, der nur die besten Absichten hat und niemandem auf die Füße treten will. Claire hingegen ist dermaßen unsympathisch und verzogen, dass mir wirklich schleierhaft war, weshalb Max Gefühle für sie entwickelt. Aber gut, schließlich hat er ihre Rückkehr ins Leben beobachtet und sie aus ihrem Grab befreit. Er ist verantwortungsvoll, das muss man ihm lassen.

Claires Eltern, ihr Onkel, das Medium in Berlin, der isländische Magieexperte, der dämliche und herzlose Kollege von Max, der im Auftrag von Claires Eltern die beiden Ausreißer verfolgt - das sind Randfiguren, welche die Handlung vorantreiben. Ich muss gestehen, dass die Handvoll Persönchen schnell aus meinem Gedächtnis verschwunden sind. So schnell wie sie auftauchen, so schnell sind sie auch wieder irrelevant geworden. Für mich lag der Fokus ganz klar auf Claires und Max' Abenteuer.


Der Abschluss dieser Reise war vollgepackt mit äußerst klugen und humorvollen Kommentaren, einiger  Situationskomik, aber auch mythologischer Ernsthaftigkeit - das endgültige Ende des Buches war mir jedoch zu glatt, zu "Friede, Freude, Eierkuchen", und das nach nur drei Tagen, die Max und Claire miteinander verbracht haben? Aber der Kerngedanke der Geschichte - Carpe Diem, genieße das Leben, sei präsent im Hier und Jetzt, denn es kann jederzeit vorbei sein - der schwingt nach dem Lesen noch lange nach und macht diese Geschichte zu one of a kind. Und: wenn jemand bereit ist, dir bis ins Totenreich zu folgen, dann halte ihn fest. Denn das ist der ultimative Beweis für seine Treue und Hingabe.

Ich wünsche mir übrigens eine ARD-Produktion hiervon. Highway to Hel bietet die perfekte Vorlage für einen richtig geilen Film!

Cover des Buches Ist es nicht schön hier (ISBN: 9783351050818)

Bewertung zu "Ist es nicht schön hier" von Te-Ping Chen

miss_amanogawavor 7 Monaten
Bis auf zwei Geschichten durchweg empfehlenswert

Eine wilde Mischung aus Gesellschaftskritik, Absurdität und Futuristik. Bis auf zwei Ausnahmen, sind alle Geschichten packend, skurril, beängstigend und augenöffnend. Dem Lesenden wird hier ein völlig anderer Blickwinkel auf das Leben und seine Werte geboten, verglichen mit dem fortschrittlichen Westen.

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  • 30.07.1996

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