Mir ist es etwas schwer gefallen in den Lesefluss zu kommen. Das liegt wohl daran, wie die Story aufgebaut ist. Die Sprache ist flüssig und gut lesbar. Zum Glück entwickelt sich mit zunehmender Personenzahl auch inhaltlich Einiges. Wahrscheinlich wird das Buch mit einem knappen Zeitfenster (2. Hälfte der 2010er Jahre) in Erinnerung bleiben. Das Zeitgeschehen wird, wenn, dann nur am Rande erwähnt. Mir missfällt sehr der sich durchziehende Drogenkonsum. (Ist das Pflicht, wenn ein Buch in Metropolen wie Berlin, Frankfurt, Lissabon spielt?) Das kann ich nicht nachvollziehen und scheint mir gewaltig übertrieben. Dann werden von Menschen, die sonst sehr viel auf ihr Äußeres, Gesundheit und Fitness achten, Sachen konsumiert, die einfach nur abstoßend sind, z. B. einen ganzen Abend lang Wodka Red Bull. Die Herkunft der Protagonisten aus wohlhabenden Elternhäusern lässt diese nie an Existenzängste denken. Und die Hauptfiguren sind ebenfalls erfolgreich. Wo und mit wem läuft das nächste Ding? Das scheinen die Zeitfragen zu sein. Am Ende droht vielleicht noch die Verspießerung. Das kann ich mir vorstellen, sollte die Möglichkeit für eine Fortsetzung in vielleicht 10 bis 15 Jahren. bieten. Der Autor könnte dann beweisen, was hier noch nicht bis in die Tiefe gelungen ist: den Figuren mehr Charisma und Leben geben.
norbert_gillmann
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Bewertung zu "Onno Viets und der weiße Hirsch" von Frank Schulz
Keiner der von mir zu diesem Buch gelesenen Rezensionen kann ich uneingeschränkt zustimmen.
Dafür hat die Darstellung der Titelfigur zu wenig Tiefgang. Die Person bleibt vollkommen an der Oberfläche. Gefühle scheint sie Person keine zu kennen. Auf das berufliche Umfeld (Bibliothek) wird kaum eingegangen, alles wird nur angerissen und die alltägliche Langeweile des T. Singer wird Tag für Tag ausgestellt. Das seelische Befinden hätte herausgearbeitet werden können, vielleicht als innerer Monolog. So wiederholt sich alles immer wieder.
Viele Beschreibungen, die in der ersten Hälfte des Buches zu finden sind, mögen für die norwegischen Leser*innen interessant sein, doch für mich war das zu viel des Guten.
Wilhelm Genazino hat ähnliche, z. T. auch bedauernswerte, Figuren geschaffen, doch diese hatten alles das, was ich hier vermisse.
Bewertung zu "Reise an den Rand des Universums" von Urs Widmer
Bewertung zu "Förster, mein Förster" von Frank Goosen
Wow! Hier wieder ein richtiger Knaller von Frank Goosen.
Obwohl der Schriftsteller Förster (die Männer reden sich ausschließlich mit Nachnamen an) im Mittelpunkt steht, geht es hier um ein Ensemble an etwa Gleichaltrigen. Das sind z.B. ein Lehrer, ehem. Polizist, Caféhausbesitzer und Autoschrauber, eine Bildhauerin, eine Fotografin, eine Schauspielerin, die verwirrte Seniorin Frau Strobel, Teenager und der Hamster Edward Cullen (sehr guter Einfall). Die Geschichte läuft auf einer gleichbleibenden zeitlichen Schiene (von wenigen Rückblicken in die Kindheit abgesehen) und lässt sich wunderbar verfolgen. Sehr verständlich und mit viel Witz geschrieben liest sich das Buch so, wie es im dritten Teil sozusagen als Roadmovie Fahrt aufnimmt.
Die Lebensmitte um die Fünfzig wird hier dargestellt, wenig problematisiert oder verklärt. Selten wird nach Erklärungen gesucht, da nicht groß ausgeholt wird ist mehr die aktulle Positionsbestimmung von Bedeutung.
Sehr schön die Begebenheit als Förster bei seiner Nachbarin, Frau Strobel eine Badreinigung nach verstopfter Toilette vornimmt und sich beide auf diesem Weg näher kennenlernen. So wird per Zufall der dritte Teil und die Zusammenführung der Damenband aus den fünfziger Jahren arrangiert.
Förster wird Opa (jedoch ohne Vater zu sein) und macht sich so seine Vorstellungen.
Grandios geschildert wie er in Berlin zu einer Autorenlesung eingeladen wurde und diese zum besonderen Nichtereignis wird.
Ist Frank Goosen der Anti-Genazino?
Ein wunderbares Buch das ich allen empfehlen möchte.
Eigentlich werden in diesem Buch zwei Erzählungen miteinander verwoben. Wäre kein Roman entstanden, hätte die Möglichkeit einer Vorgeschichte (der gescheiterte Glaziologe) und einer Folgegeschichte (der enttäusche Expeditionsleiter) in den dritten Erzählstrang, der in der Ungewissheit endet, münden können.
Trojanow hat sich für eine andere Form entschieden, die sein Anliegen verdeutlicht, jedoch nicht so konsequent verfolgt wie dies möglich gewesen wäre.
Er hatte sich etwas von der Seele schreiben müssen, deshalb ist diesem Buch nicht soviel Leidenschaft zu bescheinigen wie dies in früheren Werken der Fall ist.