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otegami

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Cover des Buches Der ehrliche Finder (ISBN: 9783103975642)

Bewertung zu "Der ehrliche Finder" von Lize Spit

Der ehrliche Finder
otegamivor 10 Tagen
Kurzmeinung: Aufwühlend!
Freundschaft und vieles mehr

Wie entsteht eine Freundschaft? Üblicherweise durch Gemeinsamkeiten! Und die haben der 9jährige Jimmy und der 11jährige Tristan im (fiktiven) Bovenmeer, Belgien  – beide machen eine schwere Zeit durch. Deshalb setzte die Lehrerin auch beide vor gut einem Jahr zusammen, als Tristan neu in der Klasse dazukommt.

Jimmys Vater hatte einen Monat vorher die Familie verlassen, mit ‚Dreck am Stecken‘, und er ruft auch nie an. Tristan hat eine Flucht aus dem Nordwesten des Kosovo hinter sich, mit viel Strapazen und dramatischen Szenen. 

Der große Unterschied bei den beiden: Tristan hat 7 Geschwister (das jüngste noch ein Säugling) – der starke Verbund der Familie ist intensiv zu spüren, am deutlichsten bei der Übernachtung bei ihnen!  Jimmy ist Einzelkind und seine Mutter  mit sich selbst beschäftigt. Er ist dadurch auch zum Eigenbrötler geworden und geht auf im Sammeln der Flippos (kleine bunte Plastikscheiben mit diversen Themen bedruckt, und in Chipstüten versteckt).

Wir lesen, wie Jimmy sich in dieser Freundschaft engagiert, aber auch wie unterschiedlich die Dorfgemeinschaft auf die geflüchtete Kosovo-Familie reagiert. Als diese den Ausweisungsbescheid bekommt, hecken Tristan und seine 12jährige Schwester Jetmira einen Plan aus, in dem Jimmy eine wichtige Rolle spielt. Sogar eine Prüfung muss er dafür vor beiden ablegen.

Von diesem Zeitpunkt konnte ich das Buch überhaupt nicht mehr aus der Hand legen, so spannend war es! Das Ende hat mich sehr aufgewühlt und es wird mich noch eine ganze Weile beschäftigen (noch dazu, weil dieser Roman von einer wahren Geschichte inspiriert wurde). Ich möchte dieses kurze, aber inhaltsschwere Werk – von Helga van Beuningen  übersetzt -   am liebsten allen ans Herz drücken. Ich kann es mir auch sehr gut als Schullektüre vorstellen, unsere Enkelkinder bekommen es auf jeden Fall bei nächster Gelegenheit als Geschenk. Wenn die Möglichkeit bestünde, würde ich auch gerne mehr als die möglichen 5 Rezensions-Sterne vergeben! 

Cover des Buches Seltsame Blüten (ISBN: 9783257072655)

Bewertung zu "Seltsame Blüten" von Donal Ryan

Seltsame Blüten
otegamivor 15 Tagen
Kurzmeinung: Ein Buch für Irlandfans!
Ein langgehütetes Geheimnis

Kann eine Familie wieder problemlos zum Alltag übergehen, wenn ein Mitglied (die Tochter) fünf Jahre einfach verschwunden war? Knockagowny ist ein Townland in der Grafschaft Longford und die Einwohnerzahl ist sehr übersichtlich – es kennt also jeder jeden. Für Paddy und Kit war es also sehr schwer, als die Tochter Moll über Nacht sang- und klanglos verschwand. 

Sie fuhren sogar bis nach Dublin, weil sie vom Busfahrer erfahren hatten, dass Moll mit dem Bus nach Nenagh gefahren war. Dort war sie umgestiegen in den Zug nach Dublin. Paddy und Kit leben in einem einfachen Cottage, das der Familie Jackman gehört. Paddy – eine Seele von einem Mann - arbeitet außerdem als Knecht für sie und packt an, wo er nur kann. (Sie sind somit abhängig von den Jackmans und könnten von heute auf morgen auf die Straße gesetzt werden.)

14 Tagen später tauchen der Pfarrer Coyne und Sergeant Crossley auf und erzählen, dass ein Mann (ein schwarzer!) in Nenagh aufgetaucht wäre und nach Moll suche. Sehr bezeichnend ist die letzte Frage des Pfarrers: „Paddy, wenn an seinen Behauptungen irgendetwas dran ist, wirst du dann in Erfahrung bringen, ob er wenigstens Katholik ist?“ Auch weitere Stellen im Buch („Paare lebten zusammen und bekämen Kinder, bevor sie heirateten, und Eheleute schrien nach Scheidung und Empfängnisverhütung, was auch immer das sein sollte, und allem nur erdenklichen und unerdenklichen Trara.“) zeugen von der strengen religiösen Einstellung der Gemeinde. 

Als Paddy diesen schwarzen Mann (Alexander) einfach aus Grenhams Gästehaus mitbringt, ändert sich das Leben dieser Familie total und mir ging das Herz auf, wie Paddy und Kit mit viel Herz und Toleranz mit dieser Umstellung umgingen. 

Das Ende des Buches bringt nochmal eine ganz neue Sicht auf die Geschichte und vor allem Klarheit. Nachdem unser Sohn 8 Jahre in Irland lebte, arbeitete und studierte, und ich durch unsere jährlichen Besuche eine besondere Beziehung zu diesem herrlichen Land habe, gefiel mir deswegen wahrscheinlich auch die Teile, die in Irland spielten, besser als der Teil, der in London spielt. 

Die Sprache fand ich wunderschön und es ist bestimmt nicht das letzte Buch, das ich von diesem Autor lese. Vier Sterne vergebe ich gerne und empfehle das Buch all denjenigen, die neugierig auf Land und Leute von Irland sind und sich auch nicht von der tiefen Religiosität abschrecken lassen! 

 

Cover des Buches Reichlich spät (ISBN: 9783969993255)

Bewertung zu "Reichlich spät" von Claire Keegan

Reichlich spät
otegamivor 22 Tagen
Kurzmeinung: Sehr kurz, aber inhaltsschwer!
‚Was Hänschen nicht lernt,…….‘

Können 48 Seiten überhaupt ein Buch sein? Ja, wenn sie nämlich von der Autorin Claire Keegan geschrieben wurden, von der ich auch schon die Vorgänger-Bücher gelesen habe und jeweils begeistert war! Da sitzt einfach jeder Satz!

Oberflächlich wird nur ein Tag, der 29. Juli, im Leben von Cathal in Dublin geschildert. Je tiefer wir jedoch in die Geschichte eintauchen, umso mehr lernen wir vom Charakter des Protagonisten kennen: z.B. sein negatives Einstellungsmuster gegenüber Frauen, dessen Ursache schon im Elternhaus begründet ist. (Sein Vater und seine Brüder waren kein positives Vorbild – bei der Szene am Familientisch stellten sich meine Nackenhaare auf! Wertschätzung ist etwas anderes!) 

Cathal blickt zurück auf die Beziehung mit Sabine: auf das Kennenlernen vor gut 2 Jahren, auf ihren Einzug vor ca. einem Monat und was ihn alles an ihrem Verhalten störte. Was eine harmonische Partnerschaft ausmacht, dass beiderseitiges Bemühen nötig ist – dieses Wissen fehlt ihm! 

Das Ende fand ich sehr stimmig (und freute mich mit Sabine)! Fünf Sterne vergebe ich gerne für das neueste Meisterwerk (mit dem äußerst passenden Cover) dieser Autorin und empfehle dieses Buch allen, die wie ich ein Faible für Beziehungspsychologie haben. 

Cover des Buches Das unsichtbare Band (ISBN: 9783423283984)

Bewertung zu "Das unsichtbare Band" von Haneen Al-Sayegh

Das unsichtbare Band
otegamivor 23 Tagen
Kurzmeinung: Ein Blick in eine völlig fremde Welt – in die Welt der strenggläubigen Drusen
Eine junge drusische Frau

Im Alter von 15 Jahren heiraten? Laut statistischem Bundesamt waren im Jahr 2022 in Deutschland Frauen bei ihrer ersten Heirat im Schnitt 32,6 Jahre alt und Männer 35,1 Jahre. Bei beiden Geschlechtern sei damit ein Höchststand erreicht worden. (Bei mir selbst war dieses Thema in diesem Alter noch sehr, sehr weit weg!) Anders jedoch im Libanon bei den Drusen: als Salem sich um die 15-jährige Amal bemüht, sind ihre Eltern hoch erfreut und forcieren sehr diese Heirat. Amal sieht in dieser Heirat eine Hoffnung, zu studieren. (Im Elternhaus wäre das unmöglich gewesen.) 

Wir blicken zurück in Amals Familiengeschichte und erkennen dabei ein strenges Patriachat und folglich wenden die weiblichen Familienmitglieder viele Tricks an, damit sie ein Minimum an Freiheiten gewinnen. Und so steht auch die Ehe von Amal und Salem unter keinem guten Stern – es ist ein Deal: Sex gegen Studium! (Dieses verfolgt Amal jedoch sehr strebsam.)  

Salems Kinderwunsch wird durchgedrückt auf Biegen und Brechen und die Leserinnen fühlen wahrscheinlich alle mit Amal, welche Strapazen sie auf sich nehmen muss. Nach der Geburt von Rahma, einer wunderhübschen Tochter, versinkt Amal in eine chronische Depression. Auch das Schicksal ihrer 6 Jahre älteren Schwester, die immer ein Vorbild für Amal war, schmerzt: sie gerät in den Würgegriff einer religiösen Paranoia. 

Das Ende des Buches ist etwas fürs Herz und sehr poetisch. (Man merkt, dass die Autorin schon Gedichtbände veröffentlich hat.)  Jedoch ist die Geschichte von Amal 100%ig in den Augen von strenggläubigen Drusen ein Beweis dafür, dass die Regel ‚eine Frau darf nicht allein mit einem fremden Mann im Auto fahren‘ seine Richtigkeit hat. 

Ich fand die Informationen über die Drusen (insbesondere der Glaube an Reinkarnation) sehr interessant, hätte mir jedoch noch mehr Details (z.B. Kleidung oder Essen) gewünscht! Leider fand ich auch einige Widersprüche bei Amals Gedanken und Worten. Bei der Geschichte vermute ich sehr viel Autobiographisches! 4 Sterne vergebe ich an dieses Buch, das von Hamed Abdel-Samad übersetzt wurde, und der wie die Autorin in Beirut und Berlin wohnt. 

 

 

 

Cover des Buches Zwischen uns und morgen (ISBN: 9783257072891)

Bewertung zu "Zwischen uns und morgen" von Peter Zantingh

Zwischen uns und morgen
otegamivor einem Monat
Kurzmeinung: viel Klimabewusstsein und für mich viele offene Fragen
Eine gut sechseinhalbstündige Zugfahrt

Warum nimmt Robin nur diese lange Zugfahrt vom Utrechter Hauptbahnhof bis nach Baden-Württemberg auf sich, noch dazu mit einem Zweijährigen? Um seine Beziehung zu retten?

Wir fahren mit den beiden, müssen - bedingt durch die Flutkatastrophe im Ahrtal - eine großzügige Umleitung in Kauf nehmen, erleben einen chaotischen Umstieg in Köln, bei dem nur 28 Minuten mit einem überdrehten Kleinkind zum Wickeln und Stillen des Hungers zur Verfügung stehen. 

Vor allem nehmen wir an Robins Erinnerungen teil: an seine Zeit als überzeugter Klimaaktivist und das Kennenlernen von Tess in einer Menschenkette und auch beider familiärer Hintergründe. Einen großen Raum nimmt die Entscheidungsfindung ein, ob in diese Welt, in der jeder Sommer mit einem eigenen Katastrophen-Cocktail serviert wird, überhaupt noch Kinder gesetzt werden dürfen.  Wunderschön (und überzeugend) fand ich dazu den Satz: „Es wird einfacher, an die Zukunft zu glauben, wenn man sie jeden Morgen aus dem Bett holt.“

Dieser Roman lässt mich ratlos zurück: Wo war z.B. Mat, der zweijährige Sohn bei manchen Situationen im Zug, dann auch beim Laufen von Robin und Tess zum Hotel. Was ist Fiktion und was ist Wirklichkeit? Drei Sterne kann ich aus diesem Grund leider nur geben!

Cover des Buches Mama Odessa (ISBN: 9783462004861)

Bewertung zu "Mama Odessa" von Maxim Biller

Mama Odessa
otegamivor einem Monat
Kurzmeinung: Jüdisch-russische Familiengeschichte – eine Herausforderung
Mit Odessa im Herzen

Aljona und Gena Grinbaum mit ihrem 10-jährigen Mischa nehmen 1971 die Chance wahr – dank Henry Kissinger – aus Odessa auszureisen. Sie ließen Mutters Vater Jaakow Gaikowitsch  Katschmorian, der wunderschöne Bilder nach Fotos von Mischa malte, zurück und haben doch immer Sehnsucht nach ihm und Odessa. Hamburg, Bieberstraße 7 im Grindelviertel wird ihre neue Heimat. 

Erzählt von Mischa, lernen wir auch die neuen Nachbarn kennen: z.B. Frau Ould oder ‚die böse, verlogene, arme, traurige, hinterhältige Martha‘ mit ihrer tragischen Geschichte ihrer Mutter. Wir lesen vom Zerfall der Familie nach 30 Jahren und den Umzug des Vaters nach Othmarschen mit ‚seiner Natzihure‘, sowie eingestreute Kurzgeschichten seiner Mutter und Anekdoten aus Verlagen. (Bei Letzteren hatte der Roman eindeutig autobiographische Züge des Autors.) 

Gefallen haben mir die Erinnerungen an Odessa und die historischen Fakten, die ich noch nicht kannte und die kraftvolle und lebhafte Sprache. Mit dem eigenbrötlerischen Ich-Erzähler Mischa und seinen Frauengeschichten konnte ich jedoch nicht viel anfangen! Vier Sterne gibt es deshalb von mir! 

 

Cover des Buches Trophäe (ISBN: 9783552073883)

Bewertung zu "Trophäe" von Gaea Schoeters

Trophäe
otegamivor einem Monat
Kurzmeinung: Ein Roman, der unter die Haut geht!
Jagdtrieb

Ein Hobby/eine Leidenschaft (Jagen), das ich nicht teile, ein Typ von Mann (Hunter White), um den ich schon immer einen großen Bogen im realen Leben gemacht habe, ein Vorhaben (tödliche Jagd auf einen Menschen), das ich widerwärtig finde. Und doch war ich fasziniert von diesem Buch! Warum?

Die niederländische Autorin schenkte mir einen Blick in eine mir unbekannte Welt in Afrika und auf Gebräuche + Gedankengänge, die mir fremd sind. Um sie nachvollziehen zu können, müsste man ‚in ihren Schuhen laufen‘, unter ihren Lebensumständen leben und die Geschichte dieses afrikanischen Stammes haben. 

Die Rückblicke auf Hunters Vergangenheit mit der dominanten Rolle des Großvaters halfen mir, manches bei Hunter nachvollziehen zu können. Auch sein Faible für die Jagd und seine Begeisterung für die Schönheit der afrikanischen Landschaft. (S183: „Das hier ist der Glanz aus der Zeit vor der Zivilisation. Ein Mikrokosmos in einem vollkommen natürlichen Gleichgewicht. Unberührt. Unversehrt. Das hier ist das Afrika seines Großvaters, das Afrika aus den Abenteuerbüchern seiner Jugend………….) 

Äußerst interessant fand ich die Informationen, die fast nebenbei gestreut waren: ‚Nur wer gejagt wird, sieht nach hinten‘, wie die Unfähigkeit des Laufkäfers von den Skorpion-Jägern genutzt wird oder die knallroten ‚Neuntöter‘, die ihre eigenen Trophäenzimmer halten. 

Gut, an etlichen Stellen stellten sich meine Nackenhaare auf, gewaltig schlucken musste ich auch bei manchen Szenen, einiges kam mir auch sehr übertrieben vor, aber mir hat das Buch (übersetzt von Lisa Mensing) gefallen! Es war schließlich kein Sachbuch, sondern ein Roman, der unterhalten sollte. Und das hat er! Bestens! 5 Sterne bekommt er deshalb von mir und eine große Leseempfehlung!

Cover des Buches Wellness (ISBN: 9783492072144)

Bewertung zu "Wellness" von Nathan Hill

Wellness
otegamivor 2 Monaten
Kurzmeinung: Ein Leckerbissen für Psychologie-Interessierte und -Begeisterte!
Elizabeth und Jack und die Entwicklung ihrer Beziehung

Nach Chicago in ein neues Leben geflüchtet, treffen Elizabeth und Jack in der Künstlerszene bald aufeinander und verlieben sich im Jahr 1993. Das wäre bei einem Märchen auch das Ende. 

‚Wellness‘ erzählt jedoch von realem Leben und so treffen wir die beiden Protagonisten 20 Jahre später: sie sind inzwischen verheiratet, haben einen 8-jährigen Sohn und eine Hypothek für eine Traum-Eigentumswohnung. Routine hat sich leider in der Beziehung eingeschlichen und besonders Elizabeth fühlt sich immer öfters genervt. Auch rächt es sich, dass beide ihre Elternhäuser nicht aufgearbeitet und dem anderen – wenn überhaupt – nur geschönt erzählt haben, denn das Elternhaus prägt!  

Wir lesen von ihren beruflichen Herausforderungen: erfahren durch Elizabeths Job sehr viel über die Wirkung von Placebos und durch Jacks viel über Kunst, besonders Fotografie. 

Das ist aber weit noch nicht alles: der Marshmallow-Test, das notwendige Abbrennen der Prärie, ‚Hyperaktive Partnerbindungsstörung‘, Ausbeutungs-Plünderung als Familien-Gen, die Algorithmen bei Facebook, das nervige Verhalten einer ‚Opferrollen‘-Mutter (und auch das einer Supermutter) und vieles mehr sind noch Themen.  (Bei Gesundheitsarmband-Tragenden werde ich in Zukunft immer an das von Jack denken, das ihm durch die aufgezeichneten Geräusche etwas verriet, das ihm so gar nicht gefiel.)

Es gab viele Szenen, die mir gewaltig unter die Haut gingen (z.B. der Streit zwischen Elizabeth und Jack in Benjamins Wohnung), Sätze, die mich begeisterten (‚Vielleicht hieß wahre Liebe eben, das sich entfaltende Chaos zu umarmen‘ oder ‚Aber die Ehe verheißt Beständigkeit, Gewissheit: Du wirst für immer geliebt werden.‘) und es ist ein Buch, für das man sich Zeit nehmen sollte – es lädt auch sehr zum Austausch mit dem Partner ein! 

736 Seiten und keine Minute kam Langeweile auf, so gekonnt präsentierte der Autor seinen Blick auf die amerikanische Gesellschaft und auf Ehen im mittleren Alter. Für Psychologie-Interessierte ist das Buch außerdem ein Leckerbissen! 5 Sterne vergebe ich und spreche eine große Leseempfehlung aus! 

Cover des Buches Glänzende Aussicht (ISBN: 9783455016789)

Bewertung zu "Glänzende Aussicht" von Fang Fang

Glänzende Aussicht
otegamivor 2 Monaten
Kurzmeinung: Informativ und aufschlussreich, aber auch verstörend – nichts für empfindsame Gemüter!
Eindrucksvolle chinesische Familiengeschichte

Nein, inniges, harmonisches Familienleben stellen wir uns alle miteinander anders vor als in ‚Glänzende Aussicht‘ geschildert! Auch der Vergleich ‚wie ein Rudel Wölfe‘ hinkt, weil man nämlich damit den Wölfen unrecht tut! (Sie gehen liebevoll miteinander um, haben z.B. richtig zärtliche Begrüßungs-Zeremonien.) Einzig die Hierarchie ist eine Gemeinsamkeit!

Erzählt wird uns diese chinesische Familiengeschichte von Bruder acht, der 1961 am 16. Tag seines kurzen Lebens starb, seitdem das Leben seiner Familie aus seinem Grab unter dem Fenster der Baracke beobachtet und kommentiert (und von ihr beneidet wird). 

Seine sieben Brüder, zwei Schwestern und die Eltern leben in einem Ortsteil von Wuhan in einer der Henan-Baracken auf 13 qm und die Züge Peking-Kanton, die durchschnittlich alle sieben Minuten vorbeifahren, ‚scheinen an der Dachtraufe entlangzuschleifen‘. Streit, Schnaps, Demütigungen und Prügeleien sind an der Tagesordnung! Schon als 5-Jähriger muss auch der Jüngste seinen Beitrag zum Überleben der Familie leisten. Dazu – eingangs als Kontrast – die gewonnenen Lebensweisheiten von Bruder sieben! 

Wir dürfen die Lebensläufe der Kinder verfolgen und werden auch mit der gesellschaftlichen Entwicklung Chinas im ausgehenden 20. Jahrhunderts konfrontiert, wie z.B. die blutigen Kämpfe der Dockgangs und die Landverschickung. Sehr hilf- und aufschlussreich waren dazu das Nachwort und die Fußnoten. 

‚Glänzende Aussicht‘ (übersetzt von Michael Kahn-Ackermann) war das 1. Buch von Fang-Fang und erschien 1987 in China (wurde da als bedeutendes Werk des ‚neuen Realismus‘ gefeiert), bei uns leider erst Anfang Februar 2024. Damit habe ich alle vier von ihr, bei uns, erschienenen Werke gelesen und wieder viel Neues über China erfahren. Ja, es sind teilweise heftige und schockierende Szenen (und deshalb rate ich empfindsamen Gemütern von dieser Lektüre ab). All jenen, die Interesse an anderen, fremden Kulturen haben, empfehle ich es wärmstens. Fünf Sterne gebe ich dafür! 

Cover des Buches Lil (ISBN: 9783406813757)

Bewertung zu "Lil" von Markus Gasser

Lil
otegamivor 2 Monaten
Kurzmeinung: Nicht nur ein Rache-Roman, sondern wesentlich vielseitiger und vor allem sehr vergnüglich
‚Wenn ich Dir zu anstrengend bin, bist Du zu schwach für mich!‘

Mein Motto ist wohl ‚Die beste ‚Rache‘ ist ein zufriedenes Leben‘, aber der Rachefeldzug von Lillian Cutting, Lil genannt, bereitete mir trotzdem großes Vergnügen!

Erzählt bekommen wir die Geschichte von Sarah, die durch einen im Jahr 2017 gefundenen Brief von Lil - in einer Notsituation 1880 geschrieben - den letzten Anstoß für diesen Roman bekam. 

Und so tauchen wir ab in das Jahr 1880, in dem Lil, seit 3 Jahren verwitwet, von ihrem Sohn übelst mitgespielt wird. Und damit begegnete ich wieder einem Phänomen, dem ich schon öfters begegnet bin, dass harmonische Elternhäuser manchmal Kinder haben, wo ich echt überlege, wie sie zu denen kamen. 

Den geschilderten Rachefeldzug fand ich genial! (Bei den letzten Kapiteln konnte ich das Buch gar nicht mehr aus der Hand legen vor lauter Spannung!) 

Ja, der Autor übertreibt bei seinen Schilderungen, karikiert auch die ‚feine Gesellschaft‘ von New York, von der er richtige Namen leicht verfremdet verwendet, und natürlich den Psychiater. Mich amüsierte das köstlich! Parallelen zur Gegenwart gibt es auch immer wieder und Literaturinteressierte erkennen etliche Anspielungen auf Weltliteratur – einfach ein Genuss!

Mich begeisterte aber auch die Vielseitigkeit: Rache, Ehe- und Familienstrukturen, Umgang mit persönlichen Tiefschlägen, Loyalität, wirtschaftliches Denken…….und vieles mehr. Ich vergebe begeisterte 5 Sterne und spreche eine große Empfehlung aus! 

Über mich

Glück ist kein Geschenk der Götter, sondern die Frucht innerer Einstellung. (Erich Fromm)
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