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Rezensionen und Bewertungen

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Cover des Buches Die Blutmauer (ISBN: 9783548288369)

Bewertung zu "Die Blutmauer" von Raimon Weber

Die Blutmauer
papercuts1vor 7 Jahren
Kurzmeinung: Reizvolles Setting, durchschnittlicher Plot: Ein Serienmörder in Potsdam nach dem Mauerfall.
Morden nach dem Mauerfall

DIE BLUTMAUER von Raimon Weber ist ein solider, mit brutalen Morder gespickter Krimi, dessen Reiz vor allem in seinem Setting besteht. Die zerfallende DDR als Hintergrund, sind knatternden Zweitakter und das toxische SED-Gefühl eigentlich spannender als der Fall selbst. Der kippt nach einer überraschenden Wende in ein überstürztes Ende ab, dem die Glaubwürdigkeit fehlt. Überhaupt ist das das vorherrschende Gefühl: eigentlich ein ganz guter Krimi, aber irgendetwas fehlt immer – mehr Details, mehr Gefühl, mehr Überraschungsmomente, mehr Dimension. Spannende Unterhaltung, unterm Strich aber Durchschnitt.

Cover des Buches Zorn – Kalter Rauch (ISBN: 9783839814192)

Bewertung zu "Zorn – Kalter Rauch" von Stephan Ludwig

Zorn – Kalter Rauch
papercuts1vor 8 Jahren
Starker Bösewicht, schwacher Fall

Der bisher schwächste Fall für Kommissar Zorn und seinen inzwischen zum Chef beförderten Sidekick Schröder. Dafür allerdings ein Bösewicht, der über lange Zeit in einem Kammerspiel mit seinem Opfer morbide Freude bereitet. Dabei geht es ungewöhnlich unblutig aber nichtsdestotrotz schon mal schaurig zu.

Die Freundschaft zwischen Zorn und Schröder wird diesmal durch ein Stimmungstief auf Seiten Zorns und durch die verschobene Hierarchie auf die Probe gestellt, und der Humor muss deshalb mal zur Seite treten.

Ein Glanzstück ist und bleibt die Performance von David Nathan. Dass der bei seiner derzeitigen Vielbeschäftigung als Deutschlands wohl beliebtester Sprecher nicht auch nur eine Sekunde abgeschliffen oder runtergespult rüberkommt, erstaunt mich immer wieder aufs Neue. Auch hier. Kaum einer kann leise und dennoch bedrohlich so wie er, um in der nächsten Sekunde zum Lachen zu bringen.

Ich werde Zorn & Schröder treu bleiben, aber fürs nächste Mal muss Ludwig sich in Sachen Krimihandlung wieder mehr einfallen lassen. Und ich frage mich, in welche Richtung er Zorn und Schröder sich jetzt noch entwickeln lassen kann. Das wird nicht einfach.

P.S: Das erste Zorn-Hörbuch in ungekürzter Version. Glückwunsch – geht doch! Das gibt einen Bonuspunkt.

Cover des Buches Ponderosa (ISBN: 9783551583468)

Bewertung zu "Ponderosa" von Michael Sieben

Ponderosa
papercuts1vor 8 Jahren
Kurzmeinung: Authentischer coming-of-age Roman mit Krimitouch.
Authentischer coming-of-age Roman mit Krimitouch.

PONDEROSA beginnt mit einem Zitat aus DAS ALSO IST MEIN LEBEN von Steven Chbosky, und schlägt damit direkt seine Hände in mein Hirn. DAS ALSO IST MEIN LEBEN ist nicht nur das Lieblingsbuch von Kris, der Hauptfigur aus PONDEROSA; es ist auch das Lieblingsbuch meiner 15jährigen Tochter, und ich kenne es deswegen natürlich auch.

Blick ins emotionale Teenager-Spektrum

Die aufkommenden Assoziationen stimmen, leichte Parallelen sind da: PONDEROSA ist ein Jugendroman, der ein Stück Erwachsenwerden vor ernstem Hintergrund darstellt. Es geht um Freundschaft, um Liebe. Es geht sogar um Leben und Tod. Ein ernstes Buch, das trotzdem Momente des Schmunzelns bereithält, zarte Augenblicke.

Am Beispiel des 15jährigen Kris durchforstet Michael Sieben die Gefühlswelt eines Teenagers, der nach außen so cool und oberflächlich erscheint, wie das in diesem Alter nunmal üblich ist. Unsicherheit, Verwirrung, Gedankenlosigkeit, Draufgängertum und Schmetterlinge im Bauch geben sich die Hand. In seiner stellenweisen Flappsigkeit errinnert PONDEROSA eher an TSCHICK, im Miteinander der Buchhelden manchmal auch an VORSTADTKROKODILE. Obwohl die Vibes oft ähnlich sind, erreicht PONDEROSA nie die psychischen Abgründen aus DAS ALSO IST MEIN LEBEN – zum Glück!

Freundschaft und Liebe mit Krimi-Rahmen

PONDEROSA macht trotz dieser Vergleiche nämlich sein eigenes Ding. So webt Michael Sieben eine Krimihandlung in die Geschichte hinein. Gleich zu Beginn wird klar: Etwas Schlimmes ist passiert. Blaulicht. Blut auf dem Shirt. Kris hat etwas Furchtbares erlebt, offenbar schwere Schuld auf sich geladen. Was? Das erfahren wir erstmal nicht. Dafür muss man das Buch durchlesen.

Also Rückblende. Der Klappentext verrät die grobe Handlung: Kris, sein bester Freund Juri, und die gemeinsame Freundin Josie bilden ein Dreiergespann. Die Dinge werden kompliziert, als Kris Gefühle für Josie entwickelt, und Spannungen zwischen ihm und Juri auftreten. Außerdem ist Josies Nachbar verschwunden, und als die drei beginnen nachzuforschen, wird vor allem Kris in eine nach und nach gefährlich werdende Sache reingezogen.

Am Rande spielen sich weitere kleine und größere Erdbewegungen ab. Josies Mutter hat Probleme mit Alkohol. Zwei kleinkriminelle Bullies aus der Schule machen Kris das Leben schwer. Und dann ist da die von allen in der Klasse gemiedene “Tonne”, die sich angeblich ritzt oder den Finger in den Hals steckt oder beides, und die Kris plötzlich anspricht.

Michael Sieben trifft den richtigen Teenie-Ton

Kris hat also viel auf der Platte, und durch seine Ich-Perspektive erleben wir PONDEROSA. Seine Gedanken, seine Gespräche mit Juri und Josie, das gemeinsame Abhängen auf der Ponderosa oder im “Knochenhaus” schildert Michael Sieben im jugendlichen Erzählton und trifft dabei die richtigen Akkorde. Das ist lässig und authentisch, behält aber den Kopf sehr deutlich über FACK JU GÖHTE-Niveau. Kris’ Handlungen sind typisch unüberlegt für dieses Alter. Seine unsortierte Empfindlichkeit und die äußere Coolness glaubhaft.

Michael Sieben sorgt für Abwechslung, indem er mit den Zeiten spielt. Die Handlung spielt in der Vergangenheit. Einige Erinnerungen von Kris schildert er aber immer wieder im dramatischen Präsenz. Das sorgt für die Intensität des Augenblicks. Wenn Kris neben Josie steht, rutscht uns das Herz mit in die Hose und schlägt heftig in der Brust.

Vom Pageturner-Start zum coming-of-age Ende

Was PONDEROSA zum Pageturner macht, ist natürlich der Anfang. Man will unbedingt wissen, was jetzt eigentlich passiert ist. Ob jemand ums Leben gekommen ist. Geht das gut aus oder böse?

Darauf muss man bis zu den letzten Seiten warten. Und selbst da gibt es noch mal eine Überraschung. Am Schluss stellt sich der “Kriminalfall” um den verschwundenen Münze als nicht ganz so spannend heraus wie angenommen, aber was er auslöst und als Konsequenz hinterlässt, bedeutet für Kris einen gewaltigen Schubs in Richtung Erwachsenwerden.

Fazit:

Ein Jugendroman mit Krimi-Touch, der sich um einen 15jährigen und dessen Beziehungsgeflechte zu Gleichaltrigen dreht. Freundschaft ist ein zentrales Thema. Liebe kommt mit ins Spiel. Ein bisschen geht es auch darum, das Jugendliche hinter ihrer Fassade ganz anders sind, als die Schublade, in die sie von anderen gesteckt werden. Ein Stück ist PONDEROSA auch coming-of-age Roman.

Für die Spannung sorgt ein Cliffhanger-Anfang, der das gesamte Buch braucht, um am Ende aufgelöst zu werden. Für die Gefühle sorgt die handfeste Schreibe von Michael Sieben. Man kauft ihm ab, wie er in die Haut von Kris schlüpft. Als erwachsener Leser, und vermutlich auch als Teenager. Dazu muss ich meine Tochter befragen. Die liest PONDEROSA nämlich gerade.

Bewertung: 9 von 10 Punkten

Cover des Buches Das Atlantis-Virus (ISBN: 9783453534766)

Bewertung zu "Das Atlantis-Virus" von A. G. Riddle

Das Atlantis-Virus
papercuts1vor 8 Jahren
Sci-Fi-Abenteuer-Mystery-Mix mit hohem Abstrusitäten-Faktor

Teil 1 der Atlantis-Trilogie, DAS ATLANTIS GEN, konnte mich ja trotz einiger Schwächen mit seinem frechen Abenteuer-Science-Mystery-Faktor für sich einnehmen. Bei einem Erstling verzeiht man Kinderkrankheiten. Welpenschutz. Jetzt, in Teil 2, erwarte ich mehr.

Der Text: Sorgsamer bereinigt

Zunächst das Positive: Riddle’s Schreibstil wirkt flüssiger, und der gesamte Text macht diesmal einen sorgfältig editierten Eindruck. Riddle hat deutlich zu seiner Schreibe gefunden, und jemand hat das Ganze poliert. Keine hakeligen Stellen, nicht so viel Redundanz wie in DAS ATLANTIS GEN.

Riddle: sichtlich begeistert

Als zweiten Pluspunkt möchte ich Riddle’s überall durchscheinenden Enthusiasmus für seinen von Wissenschaft, Geschichte und gleichzeitig Science Fiction befeuerten Abenteuer-Mix nennen. Man spürt beim Lesen, dass der Autor Spaß hatte, diesen wilden Ritt auf Papier zu bringen und dem Leser dabei faszinierende Bröckchen aus Medizin, Religionsgeschichte, Weltraumfahrt und so manch anderem hinzuwerfen.

…aber leider reicht das nicht

Trotzdem: Damit hört das Positive schon auf. Denn auch wenn der Schreibstil flüssiger ist, bleibt er dennoch flach und floskelhaft, die Dialoge oft wie vom Reißbrett. Riddle versucht kurz und knapp zu schreiben, und das ist gut für die Pace, wirkt aber alles sehr flach.

Figuren ohne Dimensionen

Das Gleiche gilt für die Figuren. Bis auf Kate und David, die leider auch weiterhin sehr eindimensional bleiben, haben die anderen Charaktere kaum Konturen, wirken austauschbar. Stirbt einer davon, vergisst man ihn gleich wieder. Da Riddle aber andererseits viel Zeit auf die Interaktionen verwendet, nervt das. So wird ein sich durchs halbe Buch ziehende Rätsel um den ‘Maulwurf’ in einer Gruppe zu einer lästigen Länge.

Mehr pseudo als wissenschaftlich

Flach bleibt leider auch der wissenschaftliche und historische Anspruch. Riddle reißt alles Mögliche an, weckt Interesse, lässt einen aufhorchen – um dann nicht nachzuliefern und sich das Ganze in simplen, teils hanebüchenen Szenarien auflösen zu lassen. Dabei spielt allzu oft nicht nachzuvollziehender Zufall eine Rolle. Oder aber eine Figur, die eigentlich schon die ganze Zeit alles wusste, sich aber nicht erinnern konnte. Bis ihr dann plötzlich zum rechten Zeitpunkt alles wieder einfällt…

Okay, jetzt werde ich ein bisschen streng. Aber das passiert, wenn man mit einer Steigerung rechnet und statt dessen weniger bekommt als vorher. Zwar muss ich Riddle zugute halten, dass er viel Kawumm, einige Tote und auch noch Wiedererweckte einstreut und die Romanze zwischen unseren beiden Helden konsequent weiterführt. Das reicht aber nicht, um über die Abstrusität der ganzen Veranstaltung hinweg zu trösten. Wenn man Autismus-Forschung mit atlantischen Viren, religiösen Kultanhängern und Zeitreisen mischt, kann eben manchmal ein Cocktail herauskommen, der toll aussieht, einem dann aber um die Ohren fliegt. Oder vielmehr ohne Wirkung verpufft.

Fazit

Sauberer geschrieben, mit reichlich Action-Momenten und dem schon in Teil 1, DAS ATLANTIS GEN begonnenen Mix aus Abenteuer-Science-Fiction-Mystery, kann dieser zweite Teil der Atlantis-Trilogie dennoch nicht überzeugen. Alles ist nur angerissen, zu flach, zu substanzlos, und die Logik schlägt aus der Luft gegriffene Purzelbäume. Wer Tempo über Anspruch stellt und Abenteuer-Action über einen schlüssigen Plot, der mag DAS ATLANTIS VIRUS genießen. Auch, wenn man merkt, dass der Autor für seine Sache brennt: Mir ist das einfach zu abstrus. Den dritten Teil der Trilogie kann dann ruhig jemand anders lesen.

Cover des Buches Die dunkle Seite (ISBN: 9783844511109)

Bewertung zu "Die dunkle Seite" von Frank Schätzing

Die dunkle Seite
papercuts1vor 8 Jahren
Kurzmeinung: Die dunkle Seite des Golfkriegs: Söldner und dreckige Diamanten. Furios gelesen von Stefan Kaminski!
Söldner, Golfkrieg, Mord in Köln: Schätzing reloaded!

Zum Hörbuch:

Seit der Kölner Autor Frank Schätzing mit DER SCHWARM zum Bestsellerautor wurde, werden seine davor bereits erschienenen Bücher nach und nach noch einmal neu aufgelegt. Und finden neue Leser. Oder Hörer – wie auch DIE DUNKLE SEITE, der ursprünglich schon 1997 veröffentlicht wurde.

Steht Schätzing drauf. Ist Schätzing drin.

Das Verwirrspiel um eine Mordserie in Köln, die ihren Anfang im Golfkrieg nahm, ist ein typischer Schätzing: Auch hier nimmt sich der Autor eines Themas an (Kriegssöldner), wühlt sich tief hinein und packt seine Recherchen in eine raumgreifende Geschichte mit Kölner Kolorit. Schätzing knüpft viele Fäden an viele Personen, bettet die Geschichte in ein brisantes Stück Zeitgeschichte, baut ein wenig zimperliches Krimi-Szenario ein und lässt sich bei all dem nicht hetzen.

Das hat dann auch die typischen Schätzing-Vorteile und Nachteile. Einerseits ist das Thema Golfkrieg, Söldner und was das mit den Menschen macht hoch interessant und offenbar bestens recherchiert – andererseits führt das zu den typischen Längen im Plot und zu kaum verhüllten Moralpredigten (was mich manchmal an Michael Crichton erinnert).

Die Figuren: Tolle Typen und schwierige Zeitgenossen

Bei den Charakteren gelingen Schätzing markante Typen (mein Highlight: der türkischstämmige Kölner Kommissar Menemenci), doch es sind ein paar Figuren zu viel, so dass er ihre persönlichen Geschichten teils nur streifen kann und sie zugunsten von Detektivin Vera in den Hintergrund verbannen muss. Das ist ein bisschen schade.

Eine Nebenfigur bezeugt Schätzings Talent, Entwicklungen vorauszuahnen: Er lässt eine junge Frau geradezu süchtig nach einem Computerspiel werden, das nichts anderes ist als eine simulierte digitale Realität: ‘Second Life’ vorausgeahnt, und zwar bis ins Detail. Da kommt der Journalist in Schätzing durch, der, dicht am Zeitgeist, seine Fiktionen eng an der Realität aufbaut und schon mal den Nagel auf den Kopf trifft. Chapeau.

Vera Gemini: Die Heldin verspielt Sympathien

Aber kommen wir zurück zu Vera Gemini: Ausgerechnet die Hauptfigur ist nicht diejenige, die Schätzing am besten gelungen ist. Vera ist sperrig, etwas klischeehaft, über lange Strecken geradezu nervig, und man versteht ihr Handeln teils nicht. Spät im Buch erfahren wir etwas Wichtiges über sie, das vieles erklärt. Zu spät für meinen Geschmack. An diesem Punkt hat so mancher Leser das Buch vor Ärger über Vera vielleicht schon abgebrochen.

Am Schluss gibt Schätzing Gas

Was Schätzing gut kann, auch hier, ist die Verknüpfung der vielen losen Fäden. Man kann zwar immer mehr voraussehen, worauf es hinausläuft, und die große Wendung ist letztlich nur die Bestätigung eines Verdachts, aber das ist immer noch spannend genug. Der Showdown ist wirklich gelungen.

Zum Sprecher:

Schon beim Prolog in der irakischen Wüste entfaltet Kaminski seine ganze Sprechergewalt: Die Stimmen sind so unterschiedlich, so echt, so stark geschauspielert, dass DIE DUNKLE SEITE sich fast wie ein Hörspiel anhört. Kaminski keucht, brüllt, knarzt, ätzt, schnauft – das ist voller Körpereinsatz, und er saß bei den Aufnahmen bestimmt wieder schweißgebadet am Mikro. Was Kaminski manchmal passiert – dass er zu theatralisch wird, den Stimmen mehr Raum gibt als der Geschichte selbst – das passiert ihm hier nicht. Für mich einer seiner besten Einsätze. Seine Performance macht das Buch besser, als es ist.

Fazit

Ein wieder aufgelegter Schätzing von 1997, mit den typischen Stärken und ein bisschen mehr ausgeprägten Schwächen. Ein brisantes Thema (Söldner im Golfkrieg), grausige Szenen, weit ausholende Zusammenhänge und ein reichhaltiges Ensemble sind die Pluspunkte. Auf der Negativseite gibt es Längen, eine anstrengende Hauptfigur und eine gewisse Vorhersehbarkeit.
Nicht so stark wie DER SCHWARM oder TOD UND TEUFEL, aber durchaus die Neuauflage wert. Erst recht, wenn Stefan Kaminski durch die ungekürzte (!) Lesung braust wie ein entfesselter Wüstensturm.


Cover des Buches Das Atlantis-Gen (ISBN: 9783453534759)

Bewertung zu "Das Atlantis-Gen" von A. G. Riddle

Das Atlantis-Gen
papercuts1vor 9 Jahren
Kurzmeinung: Wilde Science-Mystery mit einigen Schwächen, aber spannend.
Science-Mystery-Abenteuer mit Schwächen, aber mit Spannung

Yup. Die Inhaltsangabe hört sich spannend an. Und ziemlich irre. Und genau das trifft es: A.G. Riddle’s Science-Mystery-Abenteuer ist ein unterhaltsamer, teils hanebüchener aber packender Ritt durch Wissenschaft, Medizin, Legenden, Mythen, Agenten-Adventure, Liebesgeschichte und Apokalypse.

Verwegen verworrene Grundidee

Versuchen wir den roten Faden zu fassen: Eine Wissenschaftlerin mit dem Spezialgebiet Autismus und ein Agent einer geheimen Anti-Terror-Einheit kämpfen gegen den Konzern/Kult der Immari an, welche aus Angst vor der Rückkehr der Atlantis-Bewohner dabei sind, einen Großteil der Menschheit auszurotten. Das Ziel: Nur die Starken sollen überleben. Die mit dem Atlantis-Gen.

Es ist ein Rennen gegen die Zeit, das sich in DAS ATLANTIS-GEN durch etliche Länder Asiens, die Antarktis und viele unterirdische Kammern durchspielt und in dem als klassische Fieslinge Nazis mit ihren abartigen Experimenten eine wichtige Rolle spielen. Teils hat das das Feeling eines Indiana Jones-Films, nur, dass statt Harrison Ford der Geheimagent David Vale den Tag zu retten versucht. Die Frau an seiner Seite ist Dr. Kate Warner, Autismus-Expertin mit einer Vergangenheit, die rätselhafter ist, als es zunächst den Anschein hat.

Wissenschaftlerin und Agent gegen uralten Kult

Diese zwei sind ein Fixpunkt der Geschichte und helfen über so manch hanebüchene (Un)logik, aufkommende Verwirrung und auch ein paar Längen hinweg. Arg nachdrücklich wird immer wieder die Sache mit den Atlantern erklärt, zu viel wird durch die Gänge unter der Erde geirrt, zu an den Haaren herbeigezogen ist so manche Verbindung. Insgesamt wirkt der Text zu wenig lektoriert: Es hätte mutiger gekürzt, korrigiert, in die Spur gebracht werden können. Da tut es gut, in Kate eine (meist) sympathische Frauenfigur zu haben, und in David den Ritter in James Bond-Montur. Sie tragen die Story und halten einen auch über Schlaglöcher hinweg bei der Stange.

Mit Schwächen, aber trotzdem spannend

DAS ATLANTIS GEN ist so ein Buch, bei dem man sich nach den ersten 100 Seiten entscheiden muss: Will man einen wissenschaftlich fundierten, logisch aufgebauten, anspruchsvollen Science-Thriller? Oder will man ein wildes Mystery-Abenteuer voller waghalsiger Ideen, die öfters abstrus sind, aber irgendwie doch Spaß machen? Letztere Bedürfnisse bedient DAS ATLANTIS GEN bestens. Wenn man nicht zu genau hinguckt, mit dem ein oder anderen Klischee kein Problem hat und auf wüste Verschwörungstheorien mit pseudowissenschaftlichem Hintergrund abfährt, ist A.G. Riddles Achterbahn zur Apokalypse genau das Richtige.

Und am Schluss, als der Super-Gau trotz aller Verhinderungsversuche von Kate und David bevorsteht, möchte man natürlich trotz aller Ungereimtheiten unbedingt wissen, wie es weitergeht.

Cover des Buches Unter Verdacht (ISBN: 9783453437678)

Bewertung zu "Unter Verdacht" von Robert Crais

Unter Verdacht
papercuts1vor 9 Jahren
Kurzmeinung: Netter Mensch-Hund-Krimi mit Herz, aber ohne Überraschungen
Netter Mensch-Hund-Krimi

Man nehme ‘Mein Partner mit der kalten Schnauze’, subtrahiere den Comedy-Aspekt, addiere das physische und psychische Trauma zweier ‘Kriegsversehrter’ – und heraus kommt Robert Crais Cop-und-Hund-Thriller ‘Unter Verdacht’.

Der Einstieg ist packend: Aus Sicht von Maggie, einem auf Sprengstoffe trainierten Militärhund, erleben wir einen dramatischen Einsatz in Afghanistan. Er endet blutig und lässt das Tier in Trauer und mit Narben zurück.

Switch nach Los Angeles, wo Streifencop Scott James durch ein ähnliches Trauma muss. Auch er überlebt nur knapp, mit körperlichen Defiziten, Schuldgefühlen und einer Gedächtnislücke.

Hund und Cop: eine gegenseitige Rettung

Klar, dass diese zwei sich suchen und finden: Scott wechselt halbwegs wiederhergestellt zur Hundestaffel. Seine Motive sind allerdings zweifelhaft. Selbst kein ‘Hundemensch’, will er einfach nur vermeiden, nochmal für einen menschlichen Partner verantwortlich zu sein. Während er einen langen Weg der Annäherung an Hündin Maggie beginnt, interessiert ihn im Hintergrund eigentlich nur eins: Den Täter zu finden, der seine Partnerin erschoss und ihn zu einem Wrack machte.

Der Thrillerplot ist Durchschnittsware

Die Verschwörung, die im Klappentext angedeutet wird, ist für geübte Thrillerleser keine Herausforderung. Viel klassische Ermittlungsarbeit im Sinne von Recherche, Befragung und Akten wälzen bieten ein kleines Puzzle, aber wenig Höhepunkte. Ein bisschen psychologischer Hokuspokus in Form von Hypnosetherapie kommt hinzu, der praktischerweise neue kleine Erinnerungsfetzen aus Scott’s Gedächtnis hervorzieht. Stück für Stück kristallisiert sich ein teils vorhersehbarer Schluss heraus. Der erwartete Auge-in-Auge Showdown findet statt, ist allerdings spannend, unterhaltsam und mit den passenden Emotionen unterlegt. Auch wenn das angekündigte Rache-Element eher handzahm ausfällt.

Sicht aus der Hundeperspektive

Interessanter als der Plot an sich ist die wachsende Beziehung zwischen Cop und Hund. Zumal Crais immer wieder zur Erzählperspektive von Maggie wechselt. Ihre Instinkte, ihre Geruchswelt, ihre Trauer um den alten Rudelführer und langsame Akzeptanz des neuen sind – besonders für Hundefreunde – das Salz in der Suppe dieser Geschichte. Wie sich Mensch und Tier gegenseitig heilen, birgt einen hohen emotionalen Faktor. Dabei hält sich Crais mit Vermenschlichung allerdings zurück: Ohne wissenschaftlich oder anspruchsvoll zu klingen, hält er sich an unkomplizierte, natürliche Beschreibungen von Maggie’s Wahrnehmungswelt. Auf der anderen Seite zeigt er Scott als bodenständigen Typen ohne Gefühlsduselei, der sich zunächst eher pflichtbewusst als freiwillig auf den vierbeinigen Partner einlässt.

Leichter Stil

Sprachlich gesehen bleibt das alles sehr auf dem Teppich. Crais macht keine Klimmzüge, wirft weder mit Metaphern noch technischen Begriffen um sich. Sein Stil ist sachlich und eher karg, aus Scott’s Sicht bodenständig kumpelhaft. Was dazu führt, dass man ‘Unter Verdacht’ gut und gerne auch bei an die 40 Grad Außentemperatur an einem Tag runterlesen kann.

Fazit:

Ein netter Mensch-Hund-Krimi, der nach packendem Einstieg ein eher mäßiges, dafür aber menschelndes Tempo einschlägt. Für einen echten Thriller bleibt die Intensität nicht hoch genug. Die Story selbst hält den Leser bei der Stange, bietet aber keine großen Überraschungen. Richtig actionreich und spannend wird es erst wieder zum Showdown. Dazwischen gibt es die Geschichte einer Heilung: Mensch und Hund kommen sich näher, lecken gegenseitig ihre Wunden. Dass diese Annäherung immer wieder aus Hundesicht geschrieben ist, gibt der durchschnittlichen Geschichte ihren besonderen Touch.

Cover des Buches Altes Land (ISBN: 9783837130898)

Bewertung zu "Altes Land" von Dörte Hansen

Altes Land
papercuts1vor 9 Jahren
Zwei Flüchtlinge, zwei Leben, ein alter Hof, eine erdige Stimme

Eine Geschichte über zwei zwei Frauen, die fliehen und lange brauchen um anzukommen. Ein Roman mit zwei Seiten: Die eine wie eine knorrige alte Geschichte über Land und Leute, aus dem Munde einer barschen, weisen Großmutter erzählt; die andere feinsinnige, spöttische Beobachtung moderner Stadtmütter zwischen musikalischer Früherziehung und Bio-Feinkost.

Zwei Frauen, zwei Flüchtlinge

Da haben wir als erstes Vera, die wir 1945 als kleines Mädchen bei der Ankunft auf dem Hof im ‘Alten Land’ begegnen. Verlaust und ausgehungert nach einer Flucht durch den Schnee, wo das kleine Geschwisterchen am Wegesrand erfroren zurückgeblieben ist. Mit einer Mutter, die sich mit der Hofbesitzerin, ihrer Schwiegermutter, in einen Krieg stürzt und schließlich verschwindet. Vera bleibt zurück, bei der alten Ida und dem im Krieg schwer traumatisierten Ziehvater.

Der zweite Flüchtling ist Veras Nichte Anne, ehemalige Musikstudentin, gelernte Schreinerin. Auch sie strandet auf dem Hof, hinter sich eine gescheiterte Ehe, die sowieso nie Wurzeln hatte, erst recht nicht im hippen Hamburger Stadteil Ottensen. Im Schlepptauch: ihr Sohn, ein zartes Stadtkind, das im ‘Alten Land’ allmählich erblüht.

Zaghafte Annäherung

Durch die Zeit hindurch, umgeben von kommenden und gehenden Begleitfiguren, deren Nähe immer nur flüchtig anmutet, driften diese zwei Frauen aufeinander zu wie zwei Schiffbrüchige. Verbunden von dem Gefühl von Heimatlosigkeit, von Verlust und fehlendem Vertrauen, fällt beiden eine Bindung schwer. Sich selbst zu kennen, zu sich zu stehen und sich zu werten ist für beide eine Herausforderung. Unzuverlässige, schwierige Mütter haben sie beide geprägt.

Es sind Frauen mit Fehlern, nicht leicht zu nehmen, mit Stacheln und darunter verborgener Unsicherheit. Es braucht eine ganze Geschichte, bis sie sich treffen und aufeinander zugehen. Als sie es tun, in kleinen Schritten, fühlt es sich an wie ein sich schließender Kreis.

Erdige Lyrik

In punktgenau poetischer Sprache, ebenso harsch wie klingend, portraitiert Dörte Hansen diese zwei Frauen und ihre Umgebung. Mit wenigen markanten Sätzen lässt sie Figuren aufleuchten, fängt das ‘Alte Land’ in erdbraun und kirschrot ein. Der alte Hof wird in Hansens Händen zur eigenen Figur, kalt und abweisend zu Beginn, zum Schluss eine sichere Basis, eine Möglichkeit von Heimat und Willkommen.

Eine Stimme wie das Alte Land

Vom rauen Wind gegerbt und ohne Blatt vor dem Mund ist diese Sprache, und die perfekte stimmliche Ergänzung dazu ist Sprecherin und Schauspielerin Hannelore Hoger. Nicht nur beherrscht sie das Plattdeutsch und den Hamburger Akzent. Es ist – neben ihrer dunkel gefärbten Stimme – auch ihre Erzählweise: Sie lässt den Worten Zeit, um zu wirken. Übers Knie gebrochen wird hier nicht ein einziger Satz. Ungeduldige Hörer mag diese etwas altmodisch wirkende Vortragsweise nerven. Diejenigen mit Geduld und Sinn für langsamen Genuß werden finden, das Text und Lesung sich in Harmonie begegnen.

Fazit

Ein Roman über das Fliehen, Suchen und Ankommen. Über Heimat und Heimatlosigkeit, tatsächliche und gefühlte. Eine Geschichte von Einsamkeit, Familie und Freundschaft. Und eine norddeutsche Landschaftsmalerei, gepinselt in den Tönen seines Grund und Bodens.

Ein Hörbuch für stille Abende mit Zeit und Raum zum Zuhören. Leider gekürzt, und vielleicht kommt daher der Eindruck, manche Passagen huschten unpassend schnell vorbei in dieser Geschichte, die sich nicht zur Hetze eignet. Man würde gerne über die volle Länge verweilen.

Cover des Buches A Spool of Blue Thread (ISBN: 9780701189525)

Bewertung zu "A Spool of Blue Thread" von Anne Tyler

A Spool of Blue Thread
papercuts1vor 9 Jahren
Familien-Kaleidoskop von der Expertin

Typisch Anne Tyler: Mit kräftigen Pinselstrichen und feinen Tupfern lässt sie uns an mehreren Generationen einer Familie teilhaben. Erste Liebe, zeitliche Konventionen, Elterndasein, Geschwisterrivalität und die Tücken des Altwerdens. Sie spannt einen Bogen, der in seiner nicht linearen Struktur etwas gestückelt wirkt, und zumindest eine Passage davon zieht die Mitte in die Länge. Es ist nicht ihr bester Familienroman (das ist immer noch DINNER IM HEIMWEHRESTAURANT), aber immer noch ein guter in bewährter Anne Tyler-Manier.

Cover des Buches The Gemini Effect (ISBN: 9781477820452)

Bewertung zu "The Gemini Effect" von Chuck Grossart

The Gemini Effect
papercuts1vor 9 Jahren
Mutanten-Katastrophenthriller für's Grobe

Spannung, Eskalation und schaudrige Unterhaltung bekommen bei THE GEMINI EFFECT eindeutig Vorzug vor Tiefgang, Detailreichtum, wissenschaftlichem Anspruch und runden Figuren. Das Ende vollführt eine waghalsige Kehrtwende, von der man nicht weiß, ob man sie äußerst clever oder unpassend finden soll. Phil Gigante liest das alles unheilschwanger, mit zackigen Militärstimmen und genau einer weichen, weiblichen Stimme vor.

Für Tage, an denen man zu müde, zu krank oder zu abgelenkt ist, um etwas Komplexes zu hören, aber trotzdem etwas braucht, das einen mit Spannung auf den Füßen hält. Unrund, aber unterhaltsam.

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