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ralf_boldt

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Cover des Buches Die Welten der Skiir - Prinzipat (ISBN: 9783864258671)

Bewertung zu "Die Welten der Skiir - Prinzipat" von Dirk van den Boom

Die Welten der Skiir - Prinzipat
ralf_boldtvor 7 Jahren
Kurzmeinung: Sehr gelungene deutsche SF. Genau die richtige Mischung
Sehr gelungene deutsche SF

Zweihundert Jahre nach der Invasion, der sogenannten Inobhutnahme, durch die Skiir, beginnt die Phase des Erwachens. Nach nur kurzer Gegenwehr war die Erde vom Imperium der insektoiden Wesen eingenommen worden und zweihundert Jahre lang indoktriniert und auf die Aufnahme in das komplexe Reich der Skiir vorbereitet worden. Menschliche Technik war auf den Stand des 20. Jahrhunderts zurückgesetzt und die Menschheit dezimiert worden. Raumschiffe im Orbit der Erde schirmten den Planeten vom Rest des Universums ab. Doch nun macht sich eine Delegation aus der Menschen bereit, ihre Stimme und vorerst nur die eine in der Versammlung der Skiir zu vertreten. Den Menschen wird schnell deutlich, dass das Reich der Skiir nicht so einig und glorreich ist, wie es immer dargestellt worden ist. Das beginnt mit der Gewaltenteilung in Prinzipat, Protektorat und Patronat. Jeder der drei Arme des Reichs ist nur auf eigenen Vorteil bedacht. Ränke werden geschmiedet, Völker werden manipuliert. Und die Menschen sind nun mittendrin und müssen Entscheidungen treffen, deren Tragweite sie nicht abschätzen können.
Ein auch für die Skiir unbekannter Angreifer nutzt die vermeintlich innere Schwäche des Skiir-Konglomerats und greift das Imperium an.
Dirk van den Boom erschafft mit den Welten der Skiir ein in sich stimmiges Universum, das einerseits sehr fremd erscheint, aber dem Leser auch bekannte Nuancen bietet. Die Charaktere sind sehr stimmig. Ihre Motivation ist nachvollziehbar und ihre jeweilige Entwicklung im Laufe der Handlung ebenso.
Der Handlungsfaden ist in sich schlüssig und verschiedene kleinere Spannungsbögen sorgen für großen Lesespaß. Der Autor beschreibt genügend läßt der Phantasie des Lesers genügend Spielraum. Die Handlung ist straff konzipiert, ruhige Passagen sind an den richtigen Stellen eingefügt.
Der Roman ist als erster Teil einer Trilogie absolut gelungen. Es wird genügend erklärt, um die Vergangenheit zu begreifen, aber man verliert sich nicht in endlosen Dialogen oder philosophischen Betrachtungen. Dennoch wird das Denken und Handeln der Skiir dem Leser sehr deutlich.
Dieser Roman macht Spaß und der Leser darf sich auf den nächsten Teil freuen.  

Cover des Buches Das Universum nach Landau (ISBN: 9783955560935)

Bewertung zu "Das Universum nach Landau" von Karsten Kruschel

Das Universum nach Landau
ralf_boldtvor 8 Jahren
Kurzmeinung: Hat der Mensch in der Zukunft noch einen Platz
Hat der Mensch in der Zukunft noch einen Platz

Schon auf dem Cover steht: Roman in Dokumenten und Novellen, was die Sache sehr genau trifft. Das Universum nach Landau ist ein Episodenroman. Wer sich mit dem Autor Kruschel schon beschäftigt hat, wird feststellen, dass einige der Stoffe bereits veröffentlicht worden waren. Aber die Texte sind mal mehr, mal wenige strak vom Autor überarbeitet worden und mit Auszügen aus fiktiven Mails und anderen Dokumenten zu einem neuen Bild zusammengefügt worden.

Es wird das Leben der Menschheit in einer Zukunft des schon bekannten Galdäa-Kosmos beschrieben. Und hier vor allem das Überleben auf für den Menschen eigentlich fast unbewohnbaren Welten. Der Mensch versucht dabei, immer ein Stück der Heimat, vor allem seiner Sitten und Gebräuche in die neuen Welten hinüberzuretten. Das gelingt bisweilen, aber meist wird festgestellt, dass man sich anpassen, ja bisweilen massiv verändern muss. Und dies nicht nur mental, sondern auch körperlich. Richtig. Technik spielt zumeist keine oder nur eine untergeordnete Rolle im neuesten Werk von Karten Kruschel. Der Mensch und das Menschsein sind ihm wichtiger. Die Technik sollte einfach funktionieren. Doch manchmal nutzt der Mensch eine Technologie, die er nicht begreift und deren Folgen er nicht abschätzen kann. Dies wird ihm schließlich auch zum Verhängnis. Ob die ganze Menschheit in der Milchstraße betroffen ist, lässt Kruschel offen.

Das Universum nach Landau, wobei Landau, wohl ein Wissenschaftler und Erfinder, überhaupt keine relevante Rolle im Roman spielt, ist sehr unterhaltsam und kurzweilig zu lesen. Stilistisch zeigt Karsten Kruschel wieder einmal, dass er mit der deutschen Sprache richtig gut umgehen kann. Er schweift dabei nicht aus, sondern formuliert präzise, genau passend zur Handlung. Seine Charaktere sind glaubhaft, auch wenn sie sich schon manchmal sehr weit vom heutigen Menschen aus gesehen weiterentwickelt haben. Aber der Roman ist nicht nur unterhaltsam, sondern wirft die Frage nach dem Weg des Menschen in eine uns unbekannte Zukunft auf. Kruschel ist aber nicht der Oberlehrer mit erhobenen Zeigefinger, sondern stellt diese Fragen einfach und der Leser kann sich dann seine eigenen Gedanken dazu machen.

Fazit: Beste Science-Fiction!

Cover des Buches Der Bahnhof von Plön (ISBN: 9783954625307)

Bewertung zu "Der Bahnhof von Plön" von Christopher Ecker

Der Bahnhof von Plön
ralf_boldtvor 8 Jahren
Kurzmeinung: Überraschend und verstörend.
Überraschend und verstörend.

Phineas, der Protagonist des Romans- der Autor verrät uns den Namen sehr spät – übernimmt für den „Lotsen“ seltsame Aufgaben, die so genau beschrieben werden, dass der Leser mitleiden muss.
Unmengen an Alkohol und Zigaretten trösten ihn über die Tristes des Alltags hinweg. Er lebt unter kärglichen Bedingungen mit einem Brückentroll (sic!) in einer kleinen Wohnung. Einst scheint es glanzvollere Zeiten gegeben zu haben, lange her in einer scheinbar nicht in unsere Zeitlinie gehörigen Vergangenheit. An Orten, die nicht zu unserer Welt gehört zu haben.
Phineas schreibt davon, dass er Lehrer sei. Aber niemals unterrichtet er eine Klasse. Es scheinen aus seiner Zeit und seiner Herkunft noch weitere Wesen auf der heutigen Erde zu leben. Mal ihm gegenüber neutral, mal unterstützend oder auch feindlich gesonnen. In den ruhmreichen Zeiten scheint er der Sohn eines Herrschers gewesen zu sein. Eines Herrschers über eine uns fremde Welt.
Phineas scheint besondere Fähigkeiten zu haben oder gehabt zu haben. Er benutzt die U-Bahnlinien von Paris, New York und Amsterdam, um schließlich an der Ostsee zu landen. Sein Gefühl von Raum und Zeit ist nicht das unsere.
Die Gefolgschaft des Lotsen setzt Phineas immer wieder fest, um ihn zu operieren oder unter Medikamente zu setzen, wobei nicht ersichtlich ist, ob dies geschieht, um ihm zu helfen oder zu schaden. Die Rolle des Lotsen bleibt undurchsichtig.
Die Handlung des Romans scheint nicht linear zu sein. Verschiedenste Ebenen zeigen den Protogonisten zu unterschiedlichen Zeitpunkten seines Lebens. Es ist auch nicht ersichtlich, ob die Informationen immer der Wahrheit entsprechen oder auch nur real sind. Vielleicht bildet sich Phineas auch nur alles ein, ohne zu wissen, was seine Realität ist. Personen und Handlungen sind bisweilen zu bizarr, um real zu sein, doch vielleicht gibt es die Wirklichkeit, in der der Protagonist zu leben glaubt, wirklich neben der unseren. Seine Herkunft wird nicht geklärt. Ist er der Angehörige eines mächtigen Volkes, das einst die Erde bewohnt hat und dessen Existenz nicht mehr nachweisbar ist. Oder sind es für uns fremde Wesen, die auf der Erde von einer fernen Welt oder auch Zeit gelandet sind. Oder ist es wahr, dass Phineas in einer Zeitkapsel überwintert hat? Der Autor überlässt es dem Leser, die Wahrheit heraus zu finden.
Dabei birgt das Buch sprachlich und stilistisch viele Schätze, ohne völlig verkopft abzuheben. Schöne Metaphern und eine bildhafte Sprache wechseln sich mit der nüchternen Beschreibung grauenvoller Vorgänge ab.
Das Buch fesselt den Leser. Nein, es saugt den Leser auf und läßt ihn erst mit dem letzten Satz, der uns in die richtige unsere Realität bringt, los. Ist das wirklich so oder läßt uns das der Autor nur glauben? Wer weiß…

Cover des Buches Hauptsache gesund!: Science-Fiction-Geschichten zum MediKonOne 2016 (ISBN: 9783957650573)

Bewertung zu "Hauptsache gesund!: Science-Fiction-Geschichten zum MediKonOne 2016" von Ralf Boldt

Hauptsache gesund!: Science-Fiction-Geschichten zum MediKonOne 2016
ralf_boldtvor 8 Jahren
Cover des Buches Hauptsache gesund!: Science-Fiction-Geschichten zum MediKonOne 2016 (ISBN: 9783739640617)

Bewertung zu "Hauptsache gesund!: Science-Fiction-Geschichten zum MediKonOne 2016" von Ralf Boldt

Hauptsache gesund!: Science-Fiction-Geschichten zum MediKonOne 2016
ralf_boldtvor 8 Jahren
Cover des Buches Score (ISBN: 9783813506433)

Bewertung zu "Score" von Martin Burckhardt

Score
ralf_boldtvor 8 Jahren
Kurzmeinung: Eine Gesellschaft auf Basis eines Punktesystems
Eine Gesellschaft auf Basis eines Punktesystems

Deutschland im Jahr 2039. Die Gesellschaft ist nicht die, die wie heute kennen. Die Firma Nollet hat die Aufgaben der Staatsmacht übernommen. Nollet war eine Spielefirma und ist nun für das soziale Zusammenleben und die Volkswirtschaft zuständig. Für den täglichen Umgang mit Menschen ist ein Punktesystem eingeführt worden: Der Score. Interaktionen werden belohnt oder bestraft. Ein Lächeln bringt Punkte, eine negative Anmache führt zu Verlusten. Nollet entwickelt die Parameter des Lebens in dieser sorgenfreien Welt, die sich selbst organisiert. Eine komplette Vernetzung sorgt für die Verfügbarkeit von Informationen zu jeder Zeit, an jedem Ort. Diese heile Welt ist von der Zone umgeben, in der die Menschen leben, die nicht in der digitalen vernetzten Welt leben worden. Gewalt, Haß und Terror herrschen hier. Der große Krieg zeigt hier noch sein grausames Gesicht.
Der Protagonist Damien ist glücklicher Bestandteil der heilen Welt. Dich aus dieser wird er durch den Selbstmord eines Kollegen herausgeworfen. Er betritt die Zone und sieht die Schattenseiten des Lebens.
Die Welt, die der Autor in diesem Roman entwirft, ist in sich schlüssig, wenn auch die Idee, dass eine Spielefirma die Regierungsgewalt übernimmt und mehr noch das gesamte soziale Leben bestimmen soll, eine auf dem ersten Blick schräg wirken mag. Lässt sich der Leser darauf ein, so wird er von vielen Ideen, die auch heute schon denkbar sind, fasziniert. Die beschriebene Technologie ist nachvollziehbar und in sich stimmig. Vieles gibt es heute schon oder ist für die nahe Zukunft vorstellbar. In dieser von Nollet durchkonstruierte Welt geschieht das unvorstellbare: Ein Selbstmord. Das haben die System nicht vorhergesehen und dadurch nicht verhindern können. Damien wird mit dem „echten“ Leben konfrontiert, was ihn zunächst aus der Bahn wirft. Dann akzeptiert er aber die neue Situation und versucht, den Fall aufzuklären. Er erfährt Dinge, die an den Grundfesten seines Daseins rütteln.
Das Setting ist gut beschrieben und glaubhaft. Die Story wird aber leider nach zu kurzer Zeit zu vorhersehbar, was der Spannung abträglich ist. Die Charaktere wirken zu blass und der Autor verspielt viel Potential, das in der Handlung stecken würde. Das enttäuscht ein wenig.
Der Roman ist dennoch sehr unterhaltsam und bereitet Vergnügen beim Lesen.
Der Autor (Informationen der Verlagsseite):
Martin Burckhardt, geboren 1957, lebt in Berlin. Er war Verleger, ist Audio-Künstler, Essayist, Kulturtheoretiker und Programmierer. Als solcher gestaltete er das viel beachtete interaktive »Mystery Game« TwinKomplex. Zuletzt erschienen: "Eine kleine Geschichte der großen Gedanken. Wie die Philosophie die Welt erfand" und "Digitale Renaissance. Manifest für eine neue Welt". "Score" ist Burckhardts erster Roman.

Cover des Buches Zeitfuge (ISBN: 9783453316782)

Bewertung zu "Zeitfuge" von Michael J. Sullivan

Zeitfuge
ralf_boldtvor 8 Jahren
Kurzmeinung: Zeitreiseroman, in dem die Zeitreise an sich keine wichtige Rolle spielt
Zeitreiseroman, in dem die Zeitreise an sich keine wichtige Rolle spielt

Der Protagonist Ellis Roger bekommt eine Krebsdiagnose. Dies verheimlicht er jedoch seiner Frau Peggy, da ihre Beziehung einen Status der Nicht-Kommunikation erreicht hat. Aus der Schmuckschatulle seiner Frau nimmt er sich ein Paar Diamantohrringe und trifft sich mit seinem alten freund Warren in deren Stammlokal. Sie reden wie immer über Gott und die Welt, wobei die beiden Freunde sehr unterschiedlich sind. Ellis Roger ist ein MIT-Absolvent und relativ erfolgreich, während Warren es nicht so weit gebracht hat. Ellis gibt Warren ein paar Papiere „für den Fall, dass es funktioniert“, geht nach Hause, steigt in seine selbstgebaute Zeitmaschine und will sich zweihundert Jahre in die Zukunft versetzen, damit dort seine Krankheit geheilt werden kann. Die Zeitreise funktioniert auch, doch kommt Ellis nicht zwei Jahrhunderte später an und die Welt ist auch nicht so, wie er es sich vorgestellt hat. Gleich nach seiner Ankunft wird er Zeuge eines Mordes. Der kurze Zeit später eintreffende „Ermittler“ hält Ellis, der sofort als nicht in die Gegenwart passend identifiziert wird, zunächst für den Mörder, da es in dieser Gesellschaft der Zukunft seit langer Zeit kein Verbrechen mehr gegeben hat. Ellis hat seine Unschuld beweisen und macht sich mit dem Menschen der Zukunft auf die Suche nach dem Mörder. Er lernt dabei eine Welt kennen, die sich gesellschaftlich sehr weit von der seinen (und damit auch des Lesers) entwickelt hat. Hunger, Elend, Krankheiten und Kriege gibt es nicht mehr. Und auch keine unterschiedlichen Geschlechter. Doch die Struktur dieser Welt ist nicht so stabil wie sie sein sollte. Spätestens als ein alter Bekannter in diesem System erscheint, droht das Ende der Zivilisation.
In Zeitfuge ist die Zeitreise an sich ebenso wie bei H.G. Wells Zeitmaschine nicht das zentrale Thema. Das Teil funktioniert einfach und gut ist. Darauf weist der Autor bereits in seinem Vorwort hin. Dies wirkt ein wenig befremdlich und dozentenhaft. Als ob der geneigte SF-Leser das nicht von alleine bemerkt hätte. Der Roman beginnt sehr vielversprechend und mit einer guten Dynamik in der Handlung. Die Welt der Zukunft ist spannend formuliert. Die Technik ist entsprechend fortgeschritten und wird als selbstverständlich beschrieben. Die Menschen nutzen sie einfach. Die Zivilisation ist sehr fortgeschritten und das ist ebenfalls sehr einfallsreich erzählt. Der Autor berichtet über eine mögliche Zukunft, die durch das Erscheinen des Zeitreisenden beeinflusst, ja gefährdet wird. Das Ganze ist fundiert und funktioniert sehr gut. Die Beziehung des religiösen Ellis zu seinem neuen Freund in der Zukunft wird sehr schön beschrieben. Die verbotene Anziehungskraft und der Wunsch nach Liebe und Geborgenheit gibt dem Roman einige wirklich lebenswerte und wohl so noch nicht beschriebene Momente. An einigen Stellen vergibt der Autor dennoch Chancen, denkt nicht konsequent zu Ende. Wobei das Ende offen gestaltet ist und im Nachwort wird die Option einer Fortsetzung offen ausgesprochen.
Der Roman ist schnell und unterhaltsam, macht an den richtigen Stellen nachdenklich und bietet viel Stoff zur Diskussion. An einigen Stellen ist das Thema Religion anfangs zwar etwas zu präsent, doch der Autor besinnt sich dann auf eine nicht theologisch ausgerichtete Betrachtung der Gesellschaft. Der Roman hat einige sehr starke Momente. Hier ist das Gespräch von Ellis mit Sol zu nennen. Sol ist die älteste einzige Frau auf der Erde und hat ganz eigene Vorstellungen von Gott.
Zeitfuge lebt von der Konfrontation der nach außen heilen Welt der Zukunft und der verwerflichen Moral der uns bekannten Gegenwart. Das Ganze ist spannend verpackt und erzählt. Was will der geneigte Leser mehr?

Cover des Buches Schott (ISBN: 9783944771045)

Bewertung zu "Schott" von Axel Brandt

Schott
ralf_boldtvor 8 Jahren
Kurzmeinung: Humorie Dystopie. Ein Roman ohne genrespezifische Konventionen.
Humorige Dystopie. Ein Roman ohne genrespezifische Konventionen.

Schott ist Lehrer an einem Oldenburger Elitegymnasium. Natürlich hat er noch einen Vornamen (Johan), doch er wird nur Schott genannt. Oldenburg ist auch nicht das Oldenburg, das wir heute kennen. Die Welt ist auch nicht die, in der wir heute leben. Die Welt ist anders, Oldenburg ist anders und Schott auch. Denn er wacht eines morgens auf und hat Hörner auf dem Schädel.
Fünfzehn Jahre vor der aktuellen Handlung haben zwei Studentinnen eine Möglichkeit gefunden, Sonnenenergie verlustfrei und beliebig lange in einfachen Feuersteinen zu speichern und hatten damit unendlich viel Geld verdient, das sie in die Verbesserung der Gesellschaft investiert hatten. Die beiden Frauen waren Feministinnen und so bekam die Frauen die absolute Macht. Die Bewegung wurde gegründet und Männer hatten nicht mehr zu sagen. In diese Welt dringt das Böse ein, tötet, verletzt und läßt eben Hörner wachsen. Schott, der Antiheld per se, sieht sich genötigt bzw. wird getrieben, die Welt vor dem Bösen zu retten. Er ist dabei auch persönlich betroffen: Sein Zwillingsbruder löst sich auf.
Schott wird von der computergenerierten Frau seines Bruders und von einem aus Dinkel bestehenden Zwergin mehr oder weniger gut unterstützt…
Die eigentliche Handlung ist auch nicht das Wichtigste in diesem Roman, sondern die Ideen, die wortgewandt und mit einer eigenen Art von Humor vorgebracht werden. Der Autor bietet dem Leser eine Menge übernatürlicher, phantastischer Situationen und Figuren. Durch die Fülle und Geschwindigkeit bleibt nicht viel zum Nachdenken, denn die nächste skurrile Szene hat sich schon aufgebaut. Was den Personen geschieht ist unglaublich. Im wahrsten Sinne des Wortes. Doch der Autor vermag alles glaubhaft zu schildern. Seine klassische Bildung und die Kenntnis der griechischen und römischen Philosophie kann der Autor nicht verbergen, doch er integriert dies in die Handlung und wirkt nicht aufgesetzt oberlehrerhaft.
Schott taumelt durch die Handlung und geht nicht zielgerichtet vor, sondern ist ein Getriebener, dem alles eher zufällig geschieht. Das große Finale findet … Doch das soll nicht verraten werden. Der Roman vereint viele Facetten. Er versucht, das Zwischenmenschliche zu ergründen. Er beschäftigt sich mit dem Bösen an sich. Er ist eine Dystopie und hat doch einen heiteren Grundton. Er hat einen Antihelden, der zum Held wird. Er beschreibt eine Gesellschaftsform, die funktioniert, obwohl keiner der Personen wirklich dahintersteht. Der Roman beschreibt eine zukünftige Welt und hat seine Wurzeln in der Antike bei den alten Griechen und Römern. Er ist moderne Literatur und nährt sich von den großen Klassikern.
Wer Spaß an seltsamen Situationen hat, Wortwitz mag und keine Angst vor lateinischen Zitaten hat, sollte zu diesem Buch greifen. Es bietet eine Menge Lesespaß und viele Überraschungen. Der Roman ist wie eine Art Gehirnjogging. Man kann nicht aufhören und fühlt sich hinterher besser.

Cover des Buches Die Mathematik der Liebe (ISBN: 9783104035475)

Bewertung zu "Die Mathematik der Liebe" von Hannah Fry

Die Mathematik der Liebe
ralf_boldtvor 8 Jahren
Kurzmeinung: Liebe mathematisch beschreiben. Geht das?
Liebe mathematisch beschreiben. Geht das?

Der Titel des Buches mag schon für viele befremdlich klingen. Was hat die Liebe mit Mathematik zu tun? Ist nicht gerade das Zwischenmenschliche – und dazu gehört eben auch die Liebe – gerade nicht mit mathematischen Werkzeugen beschreibbar?
Bereits im Vorwort bekennt die Autorin, dass sie keine Spezialistin in Sachen Liebe ist. Aber wer ist das schon? Sie ist Mathematikerin und möchte dieser aus ihrer Sicht zu Unrecht als langweilig verurteilten Wissenschaft neuen Schwung geben. Die Liebe zeige genügend Muster, dass mathematische Modelle durchaus anwendbar seien.
Die Autorin führt uns mit einigen kleinen Gedankenspielen wie der Gleichung von Frank Drake, behutsam in die Welt der Mathematik ein und auch der letzte Skeptiker, der das Fach in der Schule gehasst hat, wird bemerken, dass Mathematik spannend und auch unterhaltsam sein kann, wenn man den richtigen Lehrer mit der richtigen Herangehensweise hat.
Das Buch bringt dem Leser in einfacher Sprache und mit einer gut dosierten Prise Humor Mathematik für den Alltag näher. Die Liebe (und alles, was dazu gehört) ist dabei nur ein ausgewähltes Thema von vielen im Alltag: Herangehensweise und Formeln sind für viele andere Bereiche umsetzbar.
Doch zurück zur Liebe, den Beziehungen und dem ganzen Rest. Klassische Fragen, wie oder wen man auf Partys ansprechen soll, wie die Fragen bei Dating-Portalen funktionieren, werden anschaulich mit den dahinter stehenden Algorithmen erklärt. Der Einsatz von Optimierungsalgorithmen sorgt in einem Beispiel für die Platzierung von Gästen einer Hochzeitsfeier.
Wer immer schon mal wissen wollte, wie die Kompatibilität zwischen Singles funktionieren könnte, ist mit diesem Buch gut beraten. Wenn man denn nicht alles bierernst nimmt und enttäuscht ist, wenn die Traumfrau oder der Traummann mathematisch die beste Wahl ist, man aber mit ihr oder ihm nun so gar nicht klar kommt.
Ob die Beispiele, die zeigen sollen, dass Mathematik im täglichen Leben eine große Rolle spielt, glücklich ausgewählt sind, mag jeder für sich selbst entscheiden.
Die Art und Weise, mit der die Mathematik vom Problem zur Formel beschrieben wird, ist einfach und nachvollziehbar. Einige Grafiken lockern den Text auf.
Das Buch ist in einer verständlichen und gut lesbaren Sprache verfasst und motiviert sicher den einen oder anderen, sich mehr mit der „alltäglichen“ Mathematik zu befassen und vielleicht noch andere Bücher zur Hand zu nehmen.

Cover des Buches Die Maschinen (ISBN: 9783453316362)

Bewertung zu "Die Maschinen" von Ann Leckie

Die Maschinen
ralf_boldtvor 9 Jahren
Kurzmeinung: Leider nur nette Unterhaltung
Leider nur nette Unterhaltung

In einer nicht näher definierten Zukunft wird das Schicksal von Breq geschildert. Sie ist kein normaler Mensch, sondern die letzten Hilfseinheit eines Truppentransporters. Diese Raumschiffe sind eine Künstliche Intelligenz und können beliebig viele Inkarnationen steuern oder autonom handeln lassen. Nicht nur die Technik hat sich weiter entwickelt und interstellare Raumfahrt mittels Stasiseinlagerung der Menschen ermöglicht, sondern auch die Gesellschaft und damit die Sprache. Die Menschen unterscheiden nicht mehr nach Geschlechtern, sondern nutzen nur die weibliche Form in der Ansprache. In der Kommunikation mit anderen Spezies, die dies nicht tun, ergeben sich bisweilen dadurch Missverständnisse. Breq ist auf der Suche nach einer letzten ultimativen Waffe, um einen Auftrag, den sie nicht zu verstehen vermag, zu erfüllen. Sie rettet einer ehemalige Raumfahrerin, die seit tausend Jahren als verschollen galt, das Leben und nimmt sie mit auf der Suche nach der Waffe und dem Kampf gegen die Herrscherin der Menschheit.
Der Roman wirft den Leser mitten ins Geschehen und erst nach und nach bekommt er die notwendigen Informationen und kann sich dadurch orientieren. Das Zusammenleben der Menschen hat sich geändert. Das Militär und seine Karrieremöglichkeiten sind wichtig für die großen Familien, die Häuser, die die Macht innehaben. Es sind wieder feudalistische Strukturen mit Adoptionen und Gönnerhaftigkeit. Abgrenzung ist ein wichtiger Faktor. Die Abgrenzung der Menschen von anderen Spezies, aber auch die Abgrenzung der Herrschenden zu den Bürgern innerhalb der Menschheit. Dies wird durch Kleidung und auch das Tragen von Handschuhen gezeigt. Zeremonielle Einladungen zum Tee sind ein Aspekt dieser Gesellschaft. Man wird anderen Menschen vorgestellt, wichtige Kontakte gilt es zu knüpfen, um Macht zu erlangen und zu erhalten.
Diese Beschreibung der Kultur ist eine Stärke des Romans. Ann Leckie nimmt sich dafür sehr viel Zeit und Raum. Ihr gelingt es, die Gesellschaft realistisch und in sich schlüssig zu schildern. Die Charaktere bleiben dabei immer etwas blass und die Handlungsweisen hölzern. Dies gilt nicht nur für die Protagonisten, sondern auch für die Nebenfiguren, die nie wirklich zum Leben erwachen.
Nach einem furiosen und geheimnisvollen, spannenden Start des Romans, fällt der Mittelteil stark ab. Es wird viel geredet und diskutiert, ohne dass die Handlung vorankommt. Der Schluss ist dann wieder straffer. Kürzungen hätten dem Buch an einigen Stellen sicher gutgetan. Die Autorin hat hinsichtlich neuer Technologien einige nette Ideen, kann diese aber nicht wirklich bildlich, plausibel und begreifbar schildern. Da „Die Maschinen“ als erster Band einer Trilogie geplant ist, bleiben die körperlichen Modifikationen von Breq (absichtlich?) verschwommen und unklar.
Positiv ist das Vorwort des Übersetzers und überhaupt die Übersetzung an sich zu erwähnen. Es war sicher nicht einfach, die Genderisierung aus dem Original ins Deutsche zu übertragen.
Der Klappentext ist hingegen ziemlicher Nonsens und hat wenig mit dem Buch zu tun. Breq ist keine Kämpferin, sie sinnt nicht auf Rache, sie ist in dem Sinn keine Maschine und die Herrscherin des Imperiums ist nicht ihr Schöpfer. Sie sucht keine Freiheit…
Schaut man sich dann an, welche Preise der Roman bekommen hat, wird man beim Lesen doch etwas enttäuscht. Der ganz große Wurf ist er nicht, dafür gibt es zu viele Kritikpunkte. Mehr als nette Unterhaltung vermag er nicht zu bieten.

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