Ein drastisches Buch. Ein schmerzhaftes Buch. Ein Buch, dass in aller Nüchternheit die Selbstverständlichkeit und Brutalität des amerikanischen Rassismus des 20. Jahrhundert erzählt, fiktional aber basierend auf wahren Begebenheiten. Wie abstoßend können Menschen sein, wieviel Menschenverachtung kann in ihnen stecken. Und wieviel davon ist über Jahrhunderte so „normalisiert“ worden, dass es auch aus den Köpfen späterer Generationen schwer zu entfernen ist. Traurig und wichtig.
rkuehne
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Zur BibliothekRezensionen und Bewertungen
Bewertung zu "Die weitreichenden Folgen des Fleischkonsums" von Funny van Dannen
Die Anekdoten des Funny van Dannen sind skurril, absurd und bisweilen auch lustig. Als wöchentliche Kolumne in einer Zeitung mag das funktionieren, als Buch zum hintereinanderweglesen eher nicht so. Auch wenn die Themen sich abwechseln wiederholt sich doch die Absurdität und das erschöpft sich dann leider. Ein gutes Buch, um es aufs Klo zu legen.
Ich hab es 350 Seiten lang probiert, aber es hat mich überhaupt nicht in seinen Bann gezogen. Es war mitunter unterhaltsam, meistens plätscherte es für mich aber nur so mit zu vielen Nebenbaustellen dahin, so dass ich immer wieder lange Lesepausen hatte, weil ich nicht motiviert war, weiterzulesen. Deswegen Abbruch nach einem Drittel.
Ich hab eine ziemliche Weile gebraucht, um in Jana Hensels Text hereinzufinden, war zwischendurch so desinteressiert, dass ich fast abgebrochen hätte. Doch dann hat sie es doch noch geschafft, mich mit ihrer Liebesgeschichte, die eigentlich eine Geschichte über jüdische Identität ist, doch noch zu fesseln und sehr nachdenklich zu machen.
Die Drogenbiographie des von mir in Jugendjahren (und v.a. wegen Soloalbum) sehr verehrten Stuckrad-Barre ist das eine, sie ist erschreckend, dramatisch, mitunter ausweglos und man sieht hilflos zu, wie ein Mensch, etwa ein meinem Alter von seinen Damönen beherrscht wird. Was aber an diesem Buch wirklich bemerkenswert ist, ist die Rolle von Udo Lindenberg. Koryphäe der deutschsprachigen Rockmusik, seit jeher von Stuckrad-Barre verehrt, dann kritisiert als dieser sich als Musikkritiker profilieren wollte und dennoch erkennt Lindenberg immer wieder, wann der stark abhängige Schriftsteller Hilfe braucht und gibt ihm alles was er braucht. Seien es Arztbesuche, Therapien, Aufgaben im Lindenberg-Kosmos. Das ist wirklich beeindruckend, diese Menschlichkeit und Größe von Lindenberg zu erleben.
Bewertung zu "Die sanfte Gleichgültigkeit der Welt" von Peter Stamm
Kennt ihr das, wenn ihr so gar keinen Zugriff auf einen Text bekommt. So ging es mir, mit Peter Stamms „Die sanfte Gleichgültigkeit…“. Ich würde nicht behaupten wollen, dass das ein schlechtes Buch ist, keinesfalls. Aber die Geschichte um Christoph, der sich mit Lena trifft und ihr und uns parallel von Magdalena erzählt, die er vor 20 Jahren kannte und die ihr quasi gleichte, das Leben führte, was Lena nun auch führt, hat mich immer wieder verwirrt und nie hab ich so richtig gewusst, in welchem Lena-Leben wir nun waren. Das hat mir einfach keinen Spaß gemacht.
Ich hab von Ronald Reng noch nie was Schlechtes gelesen. Seine Enke-Biografie gehört zu dem Besten, was ich je über Depressionen gelesen und gelernt hab und auch seine anderen Bücher und Texte sind immer richtig gut. Journalistisch wertvoll, distanziert, lehrreich und doch nah. Stark. Spoiler: Auch „Warum wir laufen“ ist natürlich ein gutes Buch.
Allerdings hab ich mich ein bisschen schwer getan reinzukommen. Ich bin selbst Läufer und eben Reng-Fan und hatte deshalb sicher auch recht hohe Erwartungen und hab „Warum wir Laufen“ anfangs zu oft mit Murakamis großartigem „Wovon ich rede, wenn ich vom Laufen rede“ verglichen. Das hatte mich von anfang an unglaublich inspiriert und motiviert. Bei Reng hab ich wahnsinnig spannende Laufmenschen (Dieter Baumann, Teresa Enke, Thomas Hitzlsperger) ganz anders und neu kennengelernt, das war toll, aber in den Beinen hat es noch nicht gejuckt. Bis dann, im letzten Drittel, die Trainingstheorie vom „schwarzen Loch“ immer mehr Thema wurde. Dann hatte er auch mich und ich konnte mein zufriedenes Urteil fällen. Ein gutes Buch! Läufer lest das. Nichtläufer lest es auch, vielleicht werdet ihr zum Läufer.
Die Idee ist schön. Das Feld ist der Friedhof des Städtchens Paulstadt und Seethaler lässt in vielen einzelnen Geschichten die dort begrabenen Menschen ihre Geschichte, ihre Wahrheit erzählen. Das ist mal traurig, mal schön, mal anrührend und mal widersprüchlich. Die Geschichten der Toten konfrontieren auch immer wieder mit dem Ende, was mal mehr und mal weniger plötzlich über uns hereinbrechen kann und dennoch fehlte mir ein wenig der rote Faden. Ich hab immer mal wieder gern in dem Buch gelesen, aber ein wirkliches Gesamtbild, was mich dauerhaft festgehalten hätten, hat sich mir nicht ergeben.
Bewertung zu "Alles ist noch zu wenig" von Katja Schönherr
Auch Katja Schönherrs zweiter Roman ist beeindruckend. Gelang es „Marta und Arthur“ vor allem über eine drückende (An-)Spannung zu überzeugen, so ist es in „Alles ist noch zu wenig“ die schiere Ausweglosigkeit in der sich die ganz alltäglichen Protagonisten befinden und – wenn sie schon keinen Ausweg finden – versuchen sich irgendwie durchzulavieren. Im Zentrum der Geschichte steht Carsten, ein Mann Mitte 50 und gefangen im Spannungsfeld zwischen seiner nach einem Sturz verletzten Mutter, seiner Ex-Frau, seiner Geliebten, seiner Tochter, seinem Bruder, seinen Vorgesetzten und eigentlich will er nur seine Ruhe haben, nur die erlaubt man ihm nicht. Und keiner meint es dabei böse, jeder hat gute Gründe dafür, was die Situation umso angespannter macht. Katja Schönherr zeichnet hier – mitten in der sächsischen Provinz – ein beeindruckendes Bild vom fehlenden Zusammenhalt in unserer heutigen Gesellschaft.
Es bleibt dabei, ich verehre Sibylle Berg für so viele Dinge die sie ist und macht. Dieser Teil ihres Frühwerks aus den 90er-Jahren hingegen war nur bedingt vergnügungssteuerpflichtig. In vielen einzelnen Anekdoten und Sichtweisen ständig wechselnder Figuren zeichnet Berg ein düsteres, tragisches Gesellschaftsbild, was sich mitunter unterhaltsam, mitunter schmerzhaft liest. Und am Ende geht man mit einem Gefühl raus, was irgendwie indifferent und trostlos ist. Alle sind schlecht, jeder auf seine Weise.
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