sozusagen-berlin
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In dem Roman von Jean-Baptiste Andrea geht um Shell, einen 12-jährigem Sohn eines Tankstellenbetreibers im Nirgendwo. Shell ist anders - besonders. Er hat Lernschwierigkeiten und kommt deshalb in der Schule nicht so richtig mit. Dafür sieht er die Welt mit ganz eigenen, wundervollen Augen und entdeckt hinter den Dingen manchmal eine ungewollt komische Kausalität.
Eines Tages erfährt Shell, der nicht mehr zur Schule geht, weil es nichts bringt und die Sonderschule zu weit entfernt ist, dass seine ältere Schwester ihn abholen will, um sich um ihn zu kümmern und ihm eine gute Ausbildung zu verschaffen. Doch das will Shell nicht. Überhaupt nicht. Und darum haut er ab... In seinem selbstgewählten Exil trifft er auf das Mädchen Vivianne, die seine Königin wird und durch die er das lernt, was er sich so sehnlich wünscht: das Erwachsenwerden.
Es hat mich berührt, wie es dem Autor gelingt, die Welt von Shell in Worte zu fassen und ihr einen ganz eigenen, liebevollen Klang zu geben. Allerdings hat mich die Geschichte mit Vivianne, sein einsames und karges Exil ohne Essen und Trinken und auch das Ende des Romans nicht ganz überzeugen können.
In „Vater Unser“ geht es um Eva Gruber, die sich unter dem Vorwand eine Kindergartenklasse ermordet zu haben, in eine psychiatrische Anstalt einweisen lässt, in der auch ihr magersüchtiger Bruder Bernhard ist. Allerdings ist Eva selbst nicht ganz „normal“: fernab von jeglichem Empathievermögen und gesellschaftlich adäquatem Verhalten manipuliert sie ihre Mitmenschen zugunsten ihrer eigenen Zwecke. Gleichzeitig ist sie zutiefst fragil, verängstigt und hilfsbedürftig, sodass man sie beim Lesen oft gerne mal in den Arm nehmen würde.
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Das Buch ist in drei Teile aufgeteilt: Den Vater, den Sohn indem Heiligen Geist. Dies verwundert etwas, weil diese Trias gerade nicht Bestandteil des Vater Unser, sondern des christlichen Credos ist. .
Mal abgesehen von dieser Kleinigkeit ist der Titel sehr gut gewählt, geht es doch um den namenlosen Vater von Eva und Bernhard und wie er offensichtlich der Grund dafür ist, dass es beiden Kindern nicht gut geht.
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Was mir an dem Roman gut gefallen hat, war die Irreführung der Leserin. Die Aussagen Evas sind so widersprüchlich und der Erzählfaden derart inkonsistent, dass man häufig den Überblick verliert und sich vor allem ständig fragt, was hier noch Realität und was nur Wahn und Phantasie ist. Allerdings empfand ich es als unglaublich frustrierend, dass all die Fragen, die das Buch in Bezug auf die beiden Geschwister aufwirft komplett im Dunkeln bleiben. Am Ende bietet sich vage eine Interpretation an, doch auch die ist ungewiss. Deswegen hat mich das Buch, auf das ich mich eigentlich sehr gefreut habe, leider etwas enttäuscht zurückgelassen.
Bewertung zu "Mein Vaterland! Warum ich ein Neonazi war" von Christian E. Weißgerber
Bewertung zu "Wenn man den Himmel umdreht, ist er ein Meer" von Tabea Hertzog
In dem Roman geht es um Gene, der seine Frau im Zuge einer OP verloren hat und nun versucht, sein Leben alleine in den Griff zu bekommen. Die Tochter und Enkelin kümmern sich, auch langjährige Freunde stehen ihm unterstützend zur Seite. Und doch fühlt sich Gene verlassen. Er weiß bei vielen Gelegenheiten nicht, was er tun soll, weil er sich immer auf seine Frau verlassen konnte. Die nun fehlt. In seinem Kummer überlegt er, ob seine Frau und er eine glückliche Ehe hatten, ein zufriedenes Leben, etwas erreicht haben, auf das sie mit Stolz zurückblicken können.
Es ist ein stilles und einfühlsames Porträt, das mich sehr für den älteren Herren eingenommen hat, während mir seine Tochter oder auch der beste Freund recht unsympathisch waren. Es werden im Laufe der Handlung viele wichtige Fragen gestellt, die selbst zum Nachdenken anregen und einem die Schwierigkeit des Älterwerdens näher bringen.
Und obwohl mich das Buch thematisch sehr angesprochen hat, fehlte leider etwas, um mich völlig davon zu überzeugen. Ich weiß nicht, ob es an der Sprache bzw. der Übersetzung lag oder ob ich mir doch noch ein wenig mehr Handlung gewünscht hätte. Ich musste mich daher immer etwas dazu durchringen, das Buch weiterzulesen.