Ein Liebesroman mit politischen Dimensionen in Elbflorenz. Die Zutaten zu diesem Roman sind toll. Ein schöner Einfall, dass für eine beginnende Liebe die größte Hürde und die größte Möglichkeit des Scheiterns darin liegt, dass der männliche Held alles ist – und ein Nazi . Eine wunderschöne Konstellation von Menschen, Liebe und Leidenschaft in Sachsen. Die Schwächen sind, dass die Figuren sich nicht so sehr bewegen, noch nicht die Tiefe haben, dass die sie beherrschenden Konflikte richtig aus der Bahn schleudern. Trotzdem: Auch dank der flotten Schreibe durchaus ein lesenswertes Buch in 2017.
taniafolaji
- Mitglied seit 12.09.2014
- 2 Freund*innen
- 25 Bücher
- 21 Rezensionen
- 22 Bewertungen (Ø 4,86)
taniafolajis Bücher
Zur BibliothekRezensionen und Bewertungen
Nathan und Elizabeth, zwei amerikanische Studenten. Aus der Phase des Frisch-Verliebtseins scheint eine ernsthafte Beziehung zu werden. Ist es eine Liebesgeschichte? Oder weisen die Alpträume von Nathan in eine andere Richtung. Wie ich in der Kurzbewertung schon ausführte: Anne Heerlein hat zwei liebenswerte Charaktere entwickelt, beschreibt sie gut. Allein, weiß ich nach langer Zeit im buch immer noch nicht, welcher Art die Geschichte ist, oder ob es ein Problem gibt. Will sagen: Das Genre ist nicht genau aufgesetzt. Die wechselnden Erzählperspektiven haben mich auch immer wieder rausgehauen aus dem Geschehen, denn Nathan und Elizabeth sprechen fast identisch, zudem kommen noch öfter Wechsel in der Erzählzeit, die ich überflüssig fand. Schade, denn aus diesen liebenswerten Figuren kann man einiges machen, aber: eine Geschichte, oder worum es geht, muss früher präsentiert werden.
Mehr Feminismus, ein schöner Titel, aber das Traurige ist: Die Forderung nach Mehr Feminismus bleibt erschreckend aktuell. In diesem Manifest, dem ein Essay vorangestellt ist, beobachtet das Kinder-Ich Adichies Frauen, Mütter und Tanten. Sie nutzt einen entlarvenden Blick, der so kindlich nicht ist - und sie geht zum Beispiel der Frage nach, was es bedeutet, ein weibliches Ideal zu sein, die Frau zu sein, die alle bewundern, aber nicht beneiden. Adichie entzaubert Verhaltensweisen. Meine Meinung: In dem Buch Mehr Feminismus, dreht sich alles um das weibliche Sein, es geht um zugewiesene Rollen im Leben einer Frau - und darum, was sie draus macht. Und die gradlinige, schnörkellose Sprache tut dem Buch auch gut.
Bewertung zu "In der Zukunft sind wir alle tot" von Stefanie Sargnagel
Tragisch und komisch erzählt Stefanie Sargnagel von einer sich verändernden Welt, in der das Recht auf Glück und Wahlmöglichkeiten nicht mehr selbstverständlich sind. In ihren Call-Center-Geschichten sitzen schlecht bezahlte Menschen da und sollen freundlich am besten gestern helfen. Die Refugee-McMoments haben die Fluchtwelle aus dem Sommer 2015 zur Handlung, und das aus einer Sicht, die ich noch nicht so gelesen habe. St. Sargnagel bewältigt eigentlich triste Handlung mit Lakonie, Witz und Querdenkertum - hat mich an K. Valentin erinnert - und es war mir eine große Freude. Die vollständige Besprechung https://taniafolaji.com/2016/07/02/ja-sterben-muss-man-so-gelesen-bei-stefanie-sargnagel/
Zu Beginn eine Journalistin, die in einem Schiffsrumpf Geld, ein Babytragetuch und den Ausweis einer Hilfsorganisation findet, der auf den Namen Ayan ausgestellt ist. ... Es ist die Geschichte von Ayan und Samir, erzählt aus mehreren Richtungen, denn die Autorin bedient sich der Reportage, dem Bericht und dem Essay, vernachlässigt aber dabei die Fabel um die beiden Menschen nicht, die anfangs Liebende sind, dann Eltern werden ... und einfach so auseinandergerissen werden. Schicksal und ein unverdient grausames dazu. Ich fand Auf See ein gut komponiertes, exzellent recherchiertes Buch um eine Liebe, die nicht stattfinden kann. Einfach so. Aus vielen Gründen, aber keiner dieser Gründe liegt bei Ayan und Samir. Wenn ich mir etwas wünschen dürfte, dann eine große Verbreitung und angemessene Wahrnehmung für dieses wohlabgewogene Buch. Und nicht zuletzt. Das Cover ist wunderschön. Die vollständige Rezension auf https://taniafolaji.com/2016/05/31/auf-see-von-michaela-maria-mueller/
Bewertung zu "Am Ende bleiben die Zedern" von Pierre Jarawan
http://taniafolaji.com/2016/03/29/am-ende-bleiben-die-zedern/
Bewertung zu "Die Erfindung der deutschen Grammatik" von Rasha Abbas
Rasha Abbas hat mit der Erfindung der deutschen Grammatik ein fulminantes, lesenswerte
Elektrobuch vorgelegt, in dem sich Erzählungen, Beobachtungen und Situationen wie Perlen auf einer Schnur aneinanderreihen.
Das AutorenIch sieht ihren Antrag auf Asyl als ein Computerspiel und jede zermürbende Phase des Prozederes nicht als Hürde, sondern als Test für das nächste Level eines Adventure-Games. Wer gewillt ist, sich darauf einzulassen, dem bietet dieses EBuch NICHT die bekannte, zur Zeit sehr abgefragte Sicht eines Flüchtlings, sondern humorvolle Erzählungen. Rasha Abbas dreht den Spieß um, sie beobachtet Deutschland und deren Einwohner, Sitten und Gebräuche genau, während sie versucht, sich zurecht zu finden. Diese Außensicht, wie sieht Deutschland eigentlich für den aus, der neu ist, ist erfrischend.
In der Kurzgeschichte Sag niemals Jobcenter fällt der Icherzählerin auf, dass sie die vielen skurrilen Beschreibungen, die über native Deutsche im Umlauf sind, gar nicht nachprüfen kann, weil sie in Berlin-Neukölln lebt. Sie kann über Deutsche schlichtweg nichts sagen. Was sich auf einer Fahrt zum Jobcenter ändert. Nachdem das muntere AutorenIch in der S7 nach Ahrensfelde in eine Faszinationsstarre verfällt – “… während mein Blick staunend über die Unmengen an blondem Haar wanderte. So viel Blond in einer derartigen Dichte, an einem Ort geballt, …. Das sind sie also, die Deutschen. Endlich! …” – wird geklärt, warum man niemals Jobcenter sagen sollte. Lieber Arbeitszentrum. Oder Crew. Alltagsrassismus beißt sich an Lakonie die Zähne aus.
Die vollständige Rezension auf http://taniafolaji.com/2016/03/15/rasha-abbas-und-die-erfindung-der-deutschen-grammatik-geschichten/
Bewertung zu "König der verkrachten Existenzen: Best of" von Arthur Cravan
Anekdoten, Briefe, Liebe - darum geht es in dem EBuch König der verkrachten Existenzen. Ich mochte die Liebesbriefe am liebsten, die Arthur Cravan, Preisboxer, Prä-Dadaist und dann ziemlich schnell - ziemlich tot (1918), seiner großen Liebe Mina Loy schrieb. In diesem lesenswerten Buch finden sich auch Anekdoten über Oscar Wilde oder Andre Gide, am meisten mochte ich aber seine Liebesbriefe an Mina Loy. Es ist, als würde der Preisboxer, Dichter, Hoteldieb, großmäulige Herausgeber einer Literaturzeitschrift, die er von einem Gemüsekarren herunter verkaufte, den Mond anheulen.
Schön zu lesen, wie A. Cravans Leben seinen Fixpunkt findet, sein Wohlbefinden ist abhängig von - IHR. Cravan schreibt die Briefe 1917, es finden sich kaum Bezüge zu Weltkrieg. Und dann endet es tragisch.
Cravan und Loy heiraten, kurz darauf ertrinkt Cravan vermutlich im Pazifischen Ozean. Die Tochter von Arthur Cravan und Mina Loy wurde erst nach seinem Verschwinden/Tod geboren. Die vollständige Rezension auf http://taniafolaji.com/
Bewertung zu "Der beste Suizid ist immer noch sich tot zu leben: Erzählungen" von Candy Bukowski
Im Besten Suizid haben Gefühle, Erleben und Erinnerungen über die Liebe, wegen der Liebe absoluten Vorrang. Braucht das Ich das Außen? Ja. Oft. Aber nicht immer. Kann es schiefgehen? Natürlich. Aber nicht in den E-Erzählungen von C. Bukowski, ich mag den Titel und die Short-Stories. Mein unbestrittener Liebling ist die Geschichte von den Treuepunkten am Straßenstrich. Es ist, als würde ich eine Kiezreise unternehmen, durch das Hamburger Bahnhofsviertel flanieren, der Hansaplatz wird nett als eine ältere Dame, stark geschminkt, der viel gelebtes Leben unter dem Rock hervorschaut, beschrieben. Verwerfungen. Arm trifft auf Linksbürgertum, Heroin quert die Straße. Im Penny-Markt riecht es nach Armut, ich meine, dass trifft auf viele Penny- und Penny-ähnlicher Geschäfte zu, und am stärksten riecht der Mangel am Pfandflaschenautomaten. Genau das sind die Beobachtungen, die dieses E-Book für mich äußerst lesenswert machten. Im Besten Suizid versammeln sich Typen, Gestalten und Orte, die immer liebevoll, manchmal fast mit mütterlicher Nachsicht beobachtet werden. Großer Vorteil beim U-BahnLesen ist dass die Stories nicht chronologisch gelesen werden brauchen. Mein Fazit: Der BESTE SUIZID ist immer noch sich TOT zu LEBEN macht unbedingten Spaß, ABER: ich würde es Menschen, die sich augenblicklich in einer akuten Liebeskummerkrise befinden, auf keinen Fall empfehlen. Allen anderen schon. Da fällt mir jetzt gerade auf: Wenn das -B- in Leben durch ein -S- ersetzt würde, funktioniert der Titel trotzdem. Hat Spaß gemacht.
Wer allein ist// sagt Gottfried Benn, ist auch im Geheimnis, immer steht er in der Bilder Flut// ihrer Zeugung,ihrer Keimnis// selbst die Schatten tragen ihre Glut.//
Das und noch mehr trifft auf Sprachlosigkeiten zu, ein kleiner Band mit E-Erzählungen von Florian Tietgen. Scheitern inbegriffen, auch in der Liebe, nein, Korrektur: Scheitern in der Liebe ist der Normalfall bei Florian Tietgen. Die Geschichten schaffen eine zusätzlich nett melancholische Stimmung inmitten von Herbstlicht, fallenden Blättern und sich entzaubernden Bäumen. Die Stimmung in fast allen Kurzgeschichten ist getragen, die Beobachtungen sind präzise, weil der Autor wie eine Katze auf weichen Samtpfoten schreibt. Sprachlosigkeiten ist kein Buch der großen Konflikte, das ist kein Buch, das mit der Tragik eines gewaltigen Erdbebens in das Leben der Helden einbricht. Es sind Geschichten von Menschen hinter Wohnungstüren, so wie Du und Ich. In Film aufgelöst wäre Sprachlosigkeiten ein Werk, dass die Naheinstellung bevorzugt, sich von der menschlichen Pore angezogen fühlt.
Manchmal hatte ich das Gefühl, dass die Protagonisten alle mehr erleiden als erleben, aber mein Gott, ist ja auch meist so; das Leben kann auf Parallelstraßen an uns vorüberziehen, ohne dass wir tätig handelnd einschreiten, nicht wie das dramatische Individuum, das die Frucht seiner Taten stets selbst pflückt, aber doch … ein wenig Aktion, nicht nur Reaktion ist ja auch nicht verkehrt; aber das ist, wie gesagt eben ein Eindruck von mir.
Ein lesenswerter Band von Kurzgeschichten! Die vollständige Rezension gibt es bei http://taniafolaji.com/2015/10/29/der-herbst-und-das-bunte-sterben/