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thelauraverse

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Cover des Buches DAVE - Österreichischer Buchpreis 2021 (ISBN: 9783608964738)

Bewertung zu "DAVE - Österreichischer Buchpreis 2021" von Raphaela Edelbauer

DAVE - Österreichischer Buchpreis 2021
thelauraversevor 3 Jahren
Kurzmeinung: Intelligente, komplexe Zukunfts-Dystopie, die vor allem Um-die-Ecke-Denker*innen Spaß macht und einem ein wenig Durchhaltevermögen abfordert
Intelligente KI-Dystopie mit Spin

 Was gleich vorweggenommen werden muss: Ich bin nicht als ganz „unbeschriebenes Blatt“ an Raphaela Edelbauers neuen Roman „Dave“ herangegangen. Kurz bevor sich in unser aller Leben so vieles änderte, hatte ich bereits das Vergnügen, sie bei einer Lesung ihres Romans „Das flüssige Land“ zu treffen, wobei sie mir sehr sehr sympathisch war.

Diese Sympathie verspürte ich natürlich auch zu dem Zeitpunkt noch, als ich „Dave“ aufschlug und mit der Lektüre begann. Und ganz ehrlich – ohne diese Sympathie wäre ich insbesondere gegen Beginn der Handlung manchmal dazu geneigt gewesen, das Buch zu schließen und nicht mehr aufzumachen.

Eine Welle von Fachausdrücken überschwemmt einen, wenn man sich zunächst in die Welt von „Dave“ begibt. Vor allem für mich, die weder mit technischen noch philosophischen Theorien bislang viel am Hut gehabt hat, war das durchaus gewöhnungsbedürftig. Während wir als Leser:innen den Protagonisten Syz und seine Lebenswelt langsam kennenlernen, tauchen wir in eine Sprache ein, die nicht das Bedürfnis verspürt, ihre Fachsimpelei für uns „Noobs“ herunterzubrechen – im Gegenteil: Die Erzählinstanz genießt das Spiel mit Fremdwörtern und Spezialausdrücken geradezu übergießt uns mit ihrem gesammelten Wissen.

Allen, die nach dieser Beschreibung beschlossen haben, „Dave“ sicher nicht in die Hand zu nehmen, sei versichert, dass sich auch technische Laien wie ich mit der Zeit an diese Fachwortkaskaden gewöhnen und sie nur mehr als Hintergrundrauschen wahrnehmen. Obwohl ich zunächst den Impuls hatte, jedes Wort, das mir unbekannt war, zu recherchieren, habe ich davon schnell wieder abgelassen. Es ist gar nicht notwendig, alles sofort zu verstehen und mit den dahinterstehenden wissenschaftlichen Theorien zu verknüpfen – im Gegenteil. Es hat sogar einen ganz eigenen Reiz, sich von den Wörtern, die durchaus auch erfunden sein könnten, zu berieseln lassen, ohne ihnen sofort auf den Grund gehen zu müssen.

Ganz egal, wie man zu dieser Sprache steht – nach spätestens 50 bis 100 Seiten hatte mich die Geschichte von Syz völlig in den Bann gezogen. Der Protagonist, ein Programmierer unter zahllosen, die gemeinsam an der Verwirklichung einer künstlichen Intelligenz namens „Dave“ arbeiten, die die Lösung für alle menschengemachten Probleme darstellen soll, zeichnet sich zunächst durch eine große Anpassungsfähigkeit in die durchaus dystopische Gesellschaft aus. In dieser ist die verbliebene Menschheit unterteilt: Während die Oberschicht in den oberen Stockwerken vornehmlich geistiger Arbeit nachgeht, die nahezu ausschließlich in der Konzeption von „Dave“ besteht, malocht die Unterschicht im Untergrund, um den Status quo beibehalten zu können.

In Syz‘ Leben, das bislang relativ gleichförmig verlaufen ist, kommt erst dann Bewegung, als er – gerade er! – ausgewählt wird, eine essenzielle Rolle bei der Finalisierung von „Dave“ zu spielen. Der Preis, den er für diese ehrenvolle Aufgabe zahlen muss, sind vorrangig seine Erinnerungen, die er in einem etwas undurchschaubaren Prozess auf „Daves“ Speicher überträgt. Doch je länger er dieser Tätigkeit nachgeht, desto mehr verändern sich sowohl Syz als auch sein gesamtes Umfeld. Irgendetwas geht vor sich in der hermetisch von der Außenwelt abgeriegelten Welt, doch was hat es mit Syz zu tun und welchen Einfluss hat dies auf „Dave“?

Ohne das Ende vorwegzunehmen, sei gesagt, dass Raphaela Edelbauer ein großartiger Roman gelungen ist, der meine Corona-bedingte Zurückgezogenheit definitiv bereichert hat und meine Gedanken zu ungeahnten Experimenten abgelenkt hat.

Cover des Buches David (ISBN: 9783426304808)

Bewertung zu "David" von Judith W. Taschler

David
thelauraversevor 3 Jahren
Cover des Buches Der Lateinschüler (ISBN: 9783518376935)

Bewertung zu "Der Lateinschüler" von Hermann Hesse

Der Lateinschüler
thelauraversevor 3 Jahren
Cover des Buches Warten auf Godot (ISBN: 9783518220405)

Bewertung zu "Warten auf Godot" von Samuel Beckett

Warten auf Godot
thelauraversevor 3 Jahren
Cover des Buches Monster (ISBN: 9783036961071)

Bewertung zu "Monster" von Yishai Sarid

Monster
thelauraversevor 3 Jahren
Cover des Buches Bluthölle (Ein Hunter-und-Garcia-Thriller 11) (ISBN: 9783548291925)

Bewertung zu "Bluthölle (Ein Hunter-und-Garcia-Thriller 11)" von Chris Carter

Bluthölle (Ein Hunter-und-Garcia-Thriller 11)
thelauraversevor 3 Jahren
Cover des Buches Erinnerung eines Mädchens (ISBN: 9783518427927)

Bewertung zu "Erinnerung eines Mädchens" von Annie Ernaux

Erinnerung eines Mädchens
thelauraversevor 4 Jahren
Cover des Buches Die Klavierspielerin (ISBN: 9783499158124)

Bewertung zu "Die Klavierspielerin" von Elfriede Jelinek

Die Klavierspielerin
thelauraversevor 4 Jahren
Cover des Buches Die Marschallin (ISBN: 9783406754821)

Bewertung zu "Die Marschallin" von Zora del Buono

Die Marschallin
thelauraversevor 4 Jahren
Starke Frauenbiographie

Ob die Infantin (von Helena Adler), die Ambassadorin (von Sebastian Janata) oder schließlich Zora del Buonos „Marschallin“ – in den aktuellen Neuerscheinungen tummeln sich zahlreiche starke Frauen. Die „Marschallin“ hat sich im gleichnamigen Roman, der soeben bei C.H. Beck erschienen ist, ihren militärisch angehauchten Titel jedoch nicht selbst erkämpft, sondern erlangt ihn innerhalb ihrer Familie einerseits durch matriarchalische Strenge und Durchsetzungsfähigkeit, andererseits durch ihre besondere Affinität zu Josip Broz Tito, der während seiner Regierungszeit als „Marschall von Jugoslawien“ bezeichnet wurde.

Die Lebensgeschichte dieser „Marschallin“, die interessanterweise denselben Namen wie ihre Enkelin trägt, die sich als Autorin mit dem Leben und Wirken ihrer Vorfahrin auseinandersetzt, ist von einem ständigen Kämpfen geprägt. Vom Aufwachsen im Isonzo-Tal, das von den Massakern des Ersten Weltkriegs noch geprägt ist, bis hin zum Aufblühen der kommunistischen Bewegung im sich dem Faschismus zuneigenden Italien – Zora Del Buono (die von ihrer Enkelin auch mit der „roten Zora“ aus dem Jugendbuch in Beziehung gesetzt wird) lebte ein durchwegs politisches Leben, das sie sowohl vor Gewissenskonflikte als auch schicksalsträchtige Entscheidungen stellte. Während der Lektüre fallen immer wieder die Namen von Persönlichkeiten, deren Einfluss auch heute noch spürbar ist: neben Antonio Gramsci und Adolf Loos auch der „Marschall“ selbst, der sich von Zoras Mann, einem der führenden Radiologen der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts sogar behandeln lässt.

Inwieweit Zora del Buono auf die Geschichte ihrer Familie und somit ihre eigene Geschichte Einfluss genommen hat, ist nicht vollständig klar. Das historische Panoptikum, das vor allem in den 1930er und 40er Jahren im italienischen Bari stattfindet, beruht vorrangig auf Erzählungen, die seitdem in der Familie kursieren und wird durch die Recherche der Autorin gestützt. Obwohl die Rolle einiger Familienmitglieder ein wenig verändert wurde, bleibt ein spannender Blick zurück in eine historische Zeit, deren Erzählungen oft von Männern dominiert werden, in dem der unbezwingbare Will einer Frau, die sich nicht unterkriegen lässt, und ihre Errungenschaften in den Vordergrund gestellt werden.

Die Erzählweise des Romans ist Geschmackssache – in chronologischer Reihenfolge werden Episoden aus Zora Del Buonos Leben erzählt, meist von Figuren, die ihr nahestehen, selten von ihr selbst. Diese abrupt beginnenden und endenden Erzählungen verlangen vom Leser / von der Leserin einiges an Konzentration und Kombinationsgabe, um mit den Ereignissen, die dazwischen liegen, Schritt zu halten. Mir persönlich hat der zweite Teil des Romans deutlich besser gefallen, in dem die Protagonistin als alte Frau gezeigt wird, die müde auf ihr Leben zurückblickt und darüber nachdenkt – in Form eines inneren Monologs. Wäre dieser Teil des Buches nicht gewesen, wäre ich etwas enttäuscht gewesen.

Prinzipiell ist „Die Marschallin“ eine spannende Leseerfahrung für all jene, die sich für nicht-heroisierende Biographien von starken Frauen interessieren und dabei auch ein wenig historischen Kontext nicht scheuen, der die Lektüre bereichert.

Cover des Buches Die Menschenfabrik (ISBN: 9783455005813)

Bewertung zu "Die Menschenfabrik" von Oskar Panizza

Die Menschenfabrik
thelauraversevor 4 Jahren

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