In seinem sehr sorgfältig geschriebenen Erstling "Wenzel" schildert Christoph Schwyzer das Leben eines Suchenden, der in der Unentschiedenheit sein Heil sucht. Endlich eilt Wenzel das Schicksal zur Hilfe und er wird fristlos entlassen. Kann er seinen lange ersehnten Wunsch Schriftsteller zu werden verwirklichen?
Mit der Figur Wenzel beschreibt Christoph Schwyzer die Freuden und Tücken der gängigen Lebensformen: Das Leben als Pendler, die Arbeit im Grossraumbüro und das Single-Dasein. Und dies tut er gekonnt. So reichen dem Autor wenige Worte und die ganze Atmosphäre einer Bahnhofshalle ist da: "Auf dem Bahnsteig standen die Kolonnen der Wartenden. Werktag für Werktag zu derselben Uhrzeit dieselben Menschen auf demselben Bahnsteig an fast derselben Stelle. "
Wenzel reibt sich am Zeitgeist, droht unterzugehen und sich selbst auf ein Rädchen im unerbittlich tickenden Uhrwerk zu reduzieren. Dieser Bedrohung hält Schwyzer eher Unscheinbares entgegen: etwa der Besuch in einer Buchhandlung, ein Gespräch mit dem Nachbarn oder Spaziergänge. Doch gerade diese unspektakulären Begebenheiten geben dem Protagonisten schliesslich die Kraft sein Leben in die Hand zu nehmen.
Eine Besonderheit sind Wenzels eindringliche Selbstgespräche. Seine Gedankengänge zeugen von grosser Betroffenheit und verflüchtigen sich nie in belangloser Ironie: "Je stiller ich lebe, desto lauter tickt es in mir." In jenen Momenten gelingt dem Debütanten ein Erzählton, der sich abhebt vom Hauptstrom der Gegenwartsliteratur.
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ursus026
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Rezension zu "Wenzel" von Christoph Schwyzer
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