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valls

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Rezensionen und Bewertungen

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Cover des Buches Mord im Orientexpress (ISBN: 9783455002553)

Bewertung zu "Mord im Orientexpress" von Agatha Christie

Mord im Orientexpress
vallsvor 8 Monaten
Kurzmeinung: Nicht schlecht geschrieben, aber obwohl man das Ende nicht erwartet hat, war es nicht sonderlich schockierend und fühlte sich konstruiert an
Cover des Buches The Big Five for Life (ISBN: 9783423280198)

Bewertung zu "The Big Five for Life" von John Strelecky

The Big Five for Life
vallsvor 8 Monaten
Kurzmeinung: Ein Buch, das einem die Wichtigkeit aufzeigt, wirklich das Leben zu leben, das man sich wünscht. Leider wirkte die Story etwas blass.
Wenn jeder Moment deines Lebens ein Abschnitt in deinem persönlichen Museum werden würde, wie würdest du es leben?

Ein Buch, das einem Weisheiten nahegebracht hat, die einem eigentlich schon bewusst sind, aber die wegen ihrer vermeintlichen Einfachheit und wegen ihres Idealismus oft verdrängt werden.

Die Erkenntnisse des Buches sind logisch und einleuchtend, trotzdem werden sie mit Modellen und Beispielen untermauert, die einem noch genauer die Realitätsnähe vermitteln und einen so mehr überzeugen.

Nicht nur für Führungskräfte, sondern eigentlich für jeden geeignet, der sich fragt, was der Sinn seines Lebens ist, ob jung oder alt und wie er diesen mit seinem (zukünftigen) Beruf vereinbaren kann.

Aber auch grundsätzliche Lebensphilosophien, die einfach nur auf die Business-Welt übertragen und anders genannt/beschrieben werden, kommen hier vor, wie zum Beispiel das Thema Karma und dass positive Taten/Energie eine Hebelwirkung haben und mehr zu einem zurückkommt als man investiert hat.

Leider war die Story, die das eigentliche Konzept begleitete, obwohl sie grundsätzlich berührend war, etwas blass. Die Charaktere, allen voran der Protagonist, wirkten größtenteils nicht wirklich greifbar und dreidimensional mit Ecken und Kanten. Das liegt vermutlich aber an der Kürze des Buches und daran, dass der Fokus eher auf den Konzepten liegt. Ich glaube aber, dass es so schlauer gewesen wäre, einen Ratgeber zu schreiben, damit man nicht beiden Genres halbherzig, sondern einem voll und ganz gerecht wird. Auch wirkten die Szenen und die Dialoge teilweise etwas unnatürlich. Es fehlten mir einfach die Schattenseiten von allem. Nicht alles ist nur gut. Auch nicht in Thomas Unternehmen. Das machte die Geschichte manchmal etwas unglaubwürdig, wenngleich ich grundsätzlich schon an die Bedeutung von einfachen Praktiken für den Erfolg glaube.

Cool fand ich die Story mit dem Berg und der exzentrischen Verwandten. Das war originell. Sonst hatte ich leider an einigen Stellen das Gefühl, dass bei all dem TamTam, das um Thomas‘ Weisheiten gemacht wurde, am Ende nicht der große Aha-Effekt kam, den man erwartet hatte.

Insgesamt aber ein Buch, das es wert ist, gelesen zu werden und einen zum Nachdenken über das eigene Leben anregt. Auch besonders lesenswert für Leute, die ihr eigenes Unternehmen gründen wollen oder vor der Aufgabe stehen, Menschen zu führen wie Thomas Derale in dem Buch. 

Cover des Buches Das Flüstern der Raben - Ansuz (ISBN: 9783038800477)

Bewertung zu "Das Flüstern der Raben - Ansuz" von Malene Sølvsten

Das Flüstern der Raben - Ansuz
vallsvor 8 Monaten
Kurzmeinung: Ein wirklich großartiges Buch mit ein paar Schwächen
Die Sterne kannten ihre Stätte noch nicht – Völuspa

Ich habe das Buch geschenkt bekommen und es landete erst einmal für lange Zeit in meinem Regal, da ich erstens generell keine Zeit und Ruhe zum Lesen hatte und ich relativ skeptisch war, dass mir die Geschichte zusagen würde. Die Länge von 800 Seiten haben mich auch nicht gerade motiviert.

Jetzt, da ich mit dem Buch durch bin, kann ich nur sagen, dass ich immer wieder froh bin, Büchern eine Chance zu geben, da man oft sehr positiv überrascht wird. Die 800 Seiten sind ab etwa einem Drittel des Buches nur so dahingeflogen, weil immer etwas passiert ist und der Schreibstil sehr einfach gehalten war (im positiven Sinne). Insgesamt gebe ich dem Buch 4,5 Sterne und erzähle euch nun, wie diese Bewertung zustande kommt.

Die Story:

Nach einem zugegebenermaßen etwas klischeehaften und oftmals etwas unlogischen Anfang, bei dem ich meine anfänglichen Befürchtungen schon bestätigt gesehen habe, ging es steil bergauf.

Am Anfang hat mich gestört, dass Anne, ohne wirklich etwas dafür zu tun, plötzlich Freunde findet, die sich ihr förmlich aufzwingen, obwohl sie aufgrund ihrer Kindheit mehr als abweisend ist. Alles kam einfach zu gelegen. Auch der Job beim Frank´s, gerade als sie einen braucht. Das fand ich ziemlich unrealistisch, auch wenn es sich im weiteren Verlauf des Buches zumindest teilweise erklären lässt. Dass Nebencharaktere Anne entweder hassen oder sofort mögen, war ebenfalls realitätsfern, dafür gab es später jedoch eine Erklärung. Hier gab es aber auch ein paar logische Unstimmigkeiten, weil einige Personen davon ausgenommen waren.

Auch die ständigen Beschreibungen von der Schönheit der Charaktere haben mich gestört. 

Beim plötzlichen Auftauchen von Varnar in gefährlichen Situationen aus dem Nichts wurde nie erklärt, wie er wusste, wo Anne war (später kennt man den Grund) und Anne hat auch in den jeweiligen Situationen nie nachgefragt. Jeder normale Mensch würde sich wundern.

Sehr unlogisch fand ich auch, dass dem Diner, in dem einige Szenen des Buches spielen, nicht direkt die Gäste ausbleiben, nachdem im Hinterhof jemand ermordet wird und dass der gesamte Bereich nicht abgesperrt wird, da auch im Folgenden immer wieder etwas in diesem dunklen Hinterhof passiert, weil sich natürlich immer wieder irgendwer dorthin begibt wie in einem schlechten Horrorfilm.

Jetzt kommen wir aber zu den positiven Seiten des Buches, die eindeutig überwiegen.

Zusammenfassend kann man sagen, dass man sich erst einlesen muss, bis man das Buch und seine Hauptprotagonistin zu mögen anfängt, dann ist man aber voll dabei und fiebert mit.

Ich war nie ein großer Fan von Skandinavien, Büchern, die dort spielen und habe mich nie wirklich mit der nordischen Mythologie auseinandergesetzt. Dieses Buch hat es allerdings wirklich geschafft, mein Interesse zu wecken und mich mit seinem nordischen Charme einzulullen.

Das Gesamtbild hat gestimmt. Die Autorin hat die Mythologie gekonnt mit den landschaftlichen Charakteristiken des Landes und den Charakteren verwoben, sodass beim Lesen eine fast greifbare Atmosphäre entstand und Dänemark plötzlich als super spannendes und mystisches Land erschien. Auch die dänischen Namen haben absolut gepasst z.B. "Svidur".

Die Buchwelt und die Einfälle der Autorin waren super originell. Es gab einige lokale Fixpunkte wie zum Beispiel die Schenke "Bootsmann", Annes vermachtes Haus Odinshöhe, die Schule und Frank´s Diner, an denen sich die Geschichte hauptsächlich abspielte. Das Setting des Bootsmanns fand ich super spannend und originell beschrieben, wie er am Kliff thront und die Tatsache, dass er trotz seiner Abgeschiedenheit immer gut besucht und sogar berühmt war, unterstrich die etwas magische Atmosphäre des Buches. Man konnte sich alles bildlich vorstellen.

Da es viele verschiedene Charaktere gab, ist immer etwas passiert, daher wollte man immer weiterlesen. 

Ein großer persönlicher Pluspunkt war, dass ich oftmals auf eine falsche Fährte gelockt wurde. Natürlich entwickelt jeder Leser unterschiedliche Theorien, aber mehrere meiner Vermutungen vom Anfang stellten sich später als falsch heraus, unter anderem, wer Annes Vater ist und was genau Mathias und Od für Wesen sind. Es war nicht alles offensichtlich. Das hat die Spannung gesteigert, weil man hin und her gerätselt hat und unbedingt herausfinden wollte, was Mathias ist. Bei Luna und ihren Eltern war es dagegen einigermaßen vorhersehbar. Auch, dass es zwei Mörder gab, hat noch mal zusätzlich Verwirrung gestiftet.

Auch was den zweiten Mörder angeht, hatte ich zuerst eine andere Vermutung als später. Allerdings habe ich ab ungefähr der Hälfte des Buches geahnt,  wer es stattdessen sein könnte und lag am Ende richtig. Das ist aber sehr individuell und sicher hat es den einen oder anderen überrascht. Ich achte immer sehr stark auf Hinweise, die Autoren streuen und viele überlesen diese aber. Die Autorin hat meiner Meinung nach zumindest nicht zu viel verraten.

Auch der Showdown war noch mal richtig spannend … ich sage nur, Elias Ampulle. 

Einige Fragen sind nach wie vor offen geblieben und man hat selbst versucht, die Charaktere mit der Mythologie in Einklang zu bringen. Sind Anne und Serén wie die Raben Odins Hugin und Munin? Was wird Anne in Hrafnheim erwarten? Wie werden Anne und ihre Mutter Thora aufeinander reagieren und wird es zwischen diesen beiden willensstarken Charakteren zu Konflikten kommen?

Zu den Charakteren:

Ein fettes Lob an dieser Stelle. Die meisten Charaktere waren sehr dreidimensional und gut ausgestaltet, sodass man sie schnell liebgewonnen hat. Besonders Mathias und Luna mochte ich, aber auch andere Charaktere, die einem zuerst auf die Nerven gingen und eher eindimensional und einfach gestrickt wirkten wie Elias, zeigten im Verlauf des Buches sehr viel Tiefe und ein gewisses Etwas.

Ein weiterer wirklich großer Pluspunkt ist, dass die Charaktere sehr divers sind, ohne dass es zu gewollt rüberkommt, als müsste man eine Quote erfüllen. Das trägt dazu bei, dass sie sehr originell und wenig klischeehaft wirken. Beispiele sind Lunas Eltern, Rebecca fast weißhaarig und Ben dunkelhäutig und mehrere Sprachen sprechend. Die Kombination von nordischer und afrikanischer Mythologie in ihrer Hexenkunst war wirklich interessant und glaubhaft. Ein weiteres Beispiel ist die Beziehung zwischen Aella und Serén. Oder die Tatsache, dass Mathias super gut schminken und frisieren kann. Auch Hakim Murr, der Polizist, der in dem dänischen Kaff eigentlich wie ein Fremdkörper wirken müsste, scheint dort hinzupassen wie die Faust aufs Auge. Er war ein sehr toller Charakter und fällt genau wie Luna am Anfang etwas aus der Reihe in der dänischen Kleinstadt. Ich fand ihn um einiges greifbarer und sympathischer als die eigentliche Love Interest Varnar. Auch fand ich, dass er im Gegensatz zu Varnar Anne wirklich "gesehen" hat, also alle Aspekte ihres Charakters. Im sind viele Details aufgefallen. Zum Beispiel meinte er einmal, dass sie ist wie ein Chamäleon, zurechtgemacht auf dem Ball und dann wieder in Hoodie. 

Varnar dagegen schien sie gleich von Anfang an gut zu finden und man hat nie eine Erklärung bekommen, warum. Bei Hakim war es eher ein Prozess (zuerst mochte er Anne ja nicht oder fand sie zumindest dubios) und daher kamen einem seine Gefühle realistischer vor.

Selbst Elias Gefühle für Anne fand ich glaubhafter als die von Varnar.

Zu Varnar hab ich bis zuletzt keinerlei Verbindung aufbauen können. Ich mochte die Abschnitte mit ihm nie und wollte immer, dass es schnell vorbeigeht. 

Einige Aspekte haben mich an ihm gestört. Erstens hat er sich meiner Meinung nach extrem unreif verhalten. Ich fand es sehr unglaubwürdig, dass er immer etwas sagen will und dann einfach verschwindet oder dass er so tut, als hätte er kein Interesse an Anne, obwohl es offensichtlich ist. Im weiteren Verlauf wird zwar erklärt, warum er sich so verhalten hat, aber die Erklärung fand ich ehrlich gesagt ziemlich klischeehaft. Das alles sollte natürlich die Spannung erhöhen, war aber nicht realistisch. Dass er sie nicht an sich heranlassen wollte, weil er geschworen hat, keine Frau zu haben wegen Taten in seiner Vergangenheit und sie dann natürlich verlässt, weil sie sich für ihn in Gefahr bringt, das haben wir alle genau so schon in tausenden Teenie-Romanen gelesen. Bitte nicht! Gerade weil der Rest des Buches und alle anderen Charaktere so originell waren, fand ich das sehr schade, da ja der Schwarm der Hauptprotagonistin nicht gerade eine unwichtige Figur ist.

Was mich in diesem Zusammenhang auch genervt hat, war, dass Anne geglaubt hat, er mag sie nicht so, wie sie ihn mag und ständig darüber nachgegrübelt hat, obwohl es für den Leser bereits vorhersehbar war, dass er sie sehr wohl toll findet.

Es wurde meiner Meinung nach bei Varnar zu viel Wert auf die Beschreibung des Aussehens gelegt (nicht nur bei ihm) aber man hat fast nichts über seinen Charakter erfahren außer, dass er sehr diszipliniert, durchtrainiert und eine Kampfmaschine ist (natürlich!). Das kam einerseits, weil er super wenig geredet und natürlich nie irgendwas über sich preisgegeben hat. Ganz nach dem Klischee des mysteriösen Bad Boys. Puh! Wie soll man da als Leser Gefühle für ihn entwickeln? Und wie soll es glaubwürdig sein, dass Anne diese Gefühle entwickelt? Auch seine Backstory fand ich nicht wirklich spannend dafür, dass man die ganze Zeit zappeln gelassen wurde, etwas über ihn zu erfahren.

Kommen wir dann gleich zu dem nächsten Kritikpunkt beim Thema Liebesgeschichte. Es wollten eindeutig zu viele Männer etwas von Anne. Bei manchen war man sich zwar nicht ganz sicher, ob diese Liebe eher väterlich war, wie zum Beispiel bei Od, bei dem auch immer Anspielungen gemacht wurden, aber trotzdem war mir das ganz gehörig zu viel und ich fand es zwar einerseits aufregend, weil man sich natürlich für die Protagonistin freut und sich zu einem gewissen Grad mit ihr identifiziert aber gleichzeitig auch extrem unrealistisch. Die von allen geliebte oder gehasste Mary Sue lässt grüßen.

Manchmal sind ihre Verehrer sogar gleichzeitig vor Ort, wie Varnar und Hakim, was irgendwie total komisch war. Dann auch noch Elias, der sich natürlich nach so langer Lebenszeit ausgerechnet in Anne verguckt, obwohl sie und auch der Leser zuerst denkt, er ist einfach nur extrem opportunistisch.

Ein weiterer Punkt, der wirklich auffällig war: Die ständigen Beschreibungen der Schönheit der männlichen Charaktere (die etwas von Anne wollen). Elias mit seinen grauen Locken und graublauen Augen. Od mit seiner übermenschlichen Schönheit und wirbelnden grünen Augen. Hakim, bei dem bei jeder Gelegenheit beschrieben wird, wie die Frauen sich nach ihm umdrehen, wenn er lächelt. Zugegeben, da ich eine Frau bin, hat es mir teilweise auch gefallen, aber eigentlich war es sehr oft einfach zu viel. Natürlich sind alle von Annes Verehren intelligent und gutaussehend. Allgemein gab es zu viele Beschreibungen dazu, dass Leute wunderschön sind (Demigötter hin oder her), nicht nur bei den männlichen Charakteren.

Kommen wir nun zur Hauptfigur selbst. Nach einem etwas ruppigen Start, da Anne am Anfang relativ abweisend ist, gewinnt man sie sehr schnell lieb. Ich fand es gut, dass sie aus schwierigen Verhältnissen kam und für sich selbst einstehen konnte, das war mal etwas anderes. Sie bleibt sich in jeder Situation treu, behält ihre rotzige Art und fällt nie aus der Rolle. Sehr witzig fand ich sie im Umgang mit Elias, der Schlagabtausch zwischen den beiden war super, weil er sich bei jedem Mal vor Frechheit gesteigert hat. Manchmal fand ich ihr respektloses Verhalten allerdings überzogen und unangebracht, zum Beispiel im Umgang mit Od, der dann immer noch nett zu ihr ist. Und am Ende wird sie kurz etwas hochmütig und unsympathisch (als Mads erfahren will, was er ist).

Zusammengefasst:

Alles in allem ein verdammt tolles Buch, in das eindeutig sehr viel Konzeption und Überlegung geflossen ist. Die Charaktere waren lebhaft und man hat fast alle sehr lieb gewonnen. Die Seiten flogen nur so dahin, weil es ungefähr ab einem Drittel des Buches durchgehend spannend war.

Allerdings hatte das Buch ein paar Schwächen in der Lovestory, weswegen ich einen halben Stern abziehe.

Eine dicke Leseempfehlung trotzdem von mir!

P.S.: ein Song, den ich während des Lesens gehört habe, finde ich, passt super gut zu der Atmosphäre. Cosmic Love von Florence and the Machine.

Cover des Buches Drachenläufer (ISBN: 9783596522682)

Bewertung zu "Drachenläufer" von Khaled Hosseini

Drachenläufer
vallsvor 8 Monaten
Kurzmeinung: Das Buch zieht einen in die Welt eines Afghanistans aus vergangener Zeit
Die Vergangenheit holt dich ein

Achtung, teilweise Spoiler (allerdings hoffentlich so gut umschrieben, dass man nicht wirklich weiß, worum es geht).

Die erste Hälfte des Buches hat sich etwas gezogen, nichtsdestotrotz war es sehr spannend, das Land Afghanistan durch die lebendigen Beschreibungen des Autors ein Stück weit kennenzulernen. Khaled Hosseini hat die Gabe, mit beiläufigen Beschreibungen Stück für Stück eine Gesamtatmosphäre zu schaffen. So haben mir die Einschübe afghanischer Wörter wie "jan" sehr gefallen, da sie zur Authentizität beitrugen und man etwas gelernt hat, schon fast das Gefühl hatte, ein Teil der Welt des Protagonisten zu sein. Besonders haben mich die Beschreibungen des winterlichen Drachenturniers fasziniert, es war als würde man die Situation selbst erleben und mich hat direkt die Reiselust gepackt (wäre da nicht die Tatsache, dass es mittlerweile eindeutig lebensmüde wäre, nach Afghanistan zu reisen). 

Amir ist ein eher unsympathischer Protagonist, wie einige andere Rezensenten schon angemerkt haben, allerdings nur, weil er einige typisch menschliche Charakterschwächen aufzeigt, wie z.B. Feigheit. Natürlich lesen wir alle gerne lieber über mutige, aufopfernde, aufrichtige und heldenhafte Charaktere, aber mal ganz ehrlich, wer kann in der Realität von sich selbst behaupten, all diese Eigenschaften zu besitzen? Amir irritiert den ein oder anderen Leser, weil er die Abgründe der Menschen widerspiegelt und man in ihm vermutlich die eigenen verdrängten Charakterschwächen erkennt. Ich persönlich glaube, dass es sehr schwer ist, so einen Protagonistin zu schreiben, da man als Autor immer auch sich selbst in der Hauptfigur sieht und sie daher so vorteilhaft wie möglich darstellen will. Amir als einen offensichtlich fehlerhaften Menschen zur Hauptfigur zu machen, ist also eigentlich eine hohe Kunst. Nebenbei bemerkt ist es sonst auch langweilig, denn man würde ja sonst keine Entwicklung sehen. Und die sieht man auf jeden Fall im Verlaufe des Buches. Amir schließt auch mit vielem Frieden, was ihn als Kind belastet und Dinge tun lassen hat, die er später bereute. Außerdem ist er erstaunlich reflektiert und sich seiner eigenen Schwächen und Fehler jederzeit erschreckend bewusst. Er scheint darunter zu leiden, wer er ist und wirkt, als würde er gerne jemand anderes sein. Das liegt teilweise auch daran, dass er vergeblich nach der Anerkennung seines Vaters strebt.

Die eine Handlung, um die sich das ganze Buch mehr oder weniger dreht, der schwerwiegende Fehler des jungen Amir, der sein Leben verändert, ist mit einiger Tragik dargestellt und es wird auch im weiteren Verlauf immer wieder darauf Bezug genommen. Amirs Schuldgefühle lassen ihn nie wirklich los. Diesbezüglich haben mir auch die Erinnerungsfetzen, Träume und Rückblicke gefallen. "Für dich tausendmal!" :)

Ab der Hälfte hat mich das Buch dann wirklich gepackt. Es fing an, spannend zu werden, als Amir und sein Vater aus Afghanistan flüchten müssen und auf dem Weg grauenhafte Dinge erleben. Flucht und gefährliche Fluchtwege nehmen nicht an Aktualität ab und der Autor hat die Situation sehr authentisch dargestellt. Die historischen Entwicklungen in Afghanistan waren sehr geschickt in die fiktive Geschichte eingewebt, sodass man ganz nebenbei ohne es zu merken viel darüber gelernt hat, wie das Afghanistan, das wir heute kennen, überhaupt zustande gekommen ist. Das Land und die Kultur haben einst floriert, aber Afghanistan wurde immer wieder zum Spielball von zerstörerischen Mächten, die alles zunichte machten, Kultur, Infrastruktur, Hoffnung. Dass dieser Zustand bis heute andauert, ist tragisch und unterstreicht die andauernde Aktualität des Buches.

Amirs Zeit in Amerika fand ich dann wieder etwas langweiliger, ab und zu hat man aber auch spannende Einblicke in die afghanischen Bräuche und Gesellschaft bekommen, besonders als die Hochzeit Amirs beschrieben wurde. Auch die Veränderung der Beziehung zwischen Amir und seinem Vater und Amirs veränderte Sicht auf seinen plötzlich nicht mehr so machtvollen Vater waren sehr spannend und lebensnah beschrieben.

Ein Wendepunkt des Buches war der Anruf eines alten Freundes Amirs aus Pakistan. Dieser bittet Amir, zu kommen und zeigt ihm eine Möglichkeit auf, Amirs größte Sünde wiedergutzumachen.

Ab hier ist das Buch durchgehend spannend. Der Leser wird mit vielen Eindrücken eines Afghanistans konfrontiert, das nur noch ein Schatten seiner selbst ist. Große Gastfreundlichkeit trotz großer Armut, Verfall, sozialer Abstieg, Verzweiflung (Amir beobachtet einen Vater, der seine Beinprothese auf dem Schwarzmarkt verkauft, um seine Kinder für einen Monat zu ernähren). Aus Kabul, der einst schönen und aufregenden Stadt Amirs Kindheit ist ein gefährlicher und gottverlassener Ort geworden, der von Angst einflößenden Taliban patrouilliert wird. Der Moment, in dem Amir sie das erste Mal sieht und einem von ihnen in die Augen blickt, hat mir Gänsehaut gegeben.

Auch den Charakter des Farid, Amirs Fahrer, fand ich sehr gut ausgestaltet. Spannend auch, wie sich die Beziehung zwischen Farid und Amir verändert. Am Anfang hält Farid Amir für einen feinen Pinkel, der sein Land im Stich gelassen hat und nur Geld mit alten Ländereien scheffeln will. Auf der Reise der beiden werden auch andere Länder des Nahen Ostens gestreift, so zum Beispiel Pakistan, was ich auch interessant fand. Beschreibungen wie "der purpurne Himmel über Islamabad" haben mich wirklich in den Orient katapultiert.

Bestürzend waren auch das verwahrloste Waisenhaus und die Handlungen, zu denen sich der Direktor des Waisenhauses gezwungen sah.

Der Peak war dann jedoch die Exekution im Stadion, die Grausamkeit und Doppelmoral der Taliban hätten nicht authentischer wiedergegeben werden können.

Am Ende wird Amir gezwungen, zu durchleben, wovor er als Kind entfliehen konnte, auf die Kosten von jemand anderem. Sein Körper wird geschunden, doch wie der Protagonist es selbst formuliert, fühlt er sich gleichzeitig wie geheilt, befreit von seinen jahrelangen Schuldgefühlen. Die ganze Die-Vergangenheit-holt-dich-ein und Auge-um-Auge-Zahn-um-Zahn-Thematik fand ich sehr gut umgesetzt. Alles im Leben gleicht sich aus. Fast hatte man das Gefühl, hier wäre das Karma im Spiel.

Ich fand es auch realistisch, dass Suhrab, der Junge, den es aus den Klauen der Taliban zu retten galt, noch lange traumatisiert bleibt und sich nicht direkt alles zum Guten wendet, sobald sie in Amerika sind.

Minuspunkte sind allerdings, dass einige Dinge im Roman (wie der letztendlich Ausgang mit Suhrab) schon vorhersehbar waren, bevor Amir es erwogen hat. Auch die leichte Verzögerung durch die gesäten Zweifel des Botschafters und Anwalts haben hier nicht viel gebracht.

Trotzdem ein schönes Ende mit einem leichten Hoffnungsschimmer und dem Aufhänger vom Anfang, steigende Drachen am Himmel und eine ausgelassene Gesellschaft von Menschen im Hintergrund.

4 einhalb Sterne für dieses authentische Buch!


Cover des Buches 12 Rules for Life: An Antidote to Chaos (ISBN: 9780345816023)

Bewertung zu "12 Rules for Life: An Antidote to Chaos" von Jordan B. Peterson

12 Rules for Life: An Antidote to Chaos
vallsvor 2 Jahren
Kurzmeinung: Ein sehr intelligentes Buch, das vor Augen hält, dass alte Weisheiten auch im modernen Leben noch ihre Validität besitzen.
The divine path between chaos and order

Obwohl Jordan Peterson eine kontroverse Person (geworden) ist, nicht zuletzt wegen einiger Aussagen bezüglich Gender Politik und Feminismus, kann man nicht leugnen, dass sein Schreibstil große Intelligenz verrät und er oft unangenehme Wahrheiten anspricht, die viele in unserer heutigen Gesellschaft lieber verdrängen würden.

Ich stimme definitiv nicht mit allen Überzeugungen von Jordan Peterson überein, egal ob die im Buch oder in den zahlreichen Interviews, die über YouTube verstreut sind, aber das Buch ist nichtsdestotrotz sehr gut und verdient, gelesen zu werden.

Es ist intelligent geschrieben und man spürt die Wahrheit in seinen Worten (zumindest meistens). 

Besonders hat mir gefallen, dass Jordan Petersons Regeln auf Erkenntnissen aus vielen miteinander verwobenen Disziplinen, wie z.B. Soziologie, Biologie, Mythologie, Psychologie und Religion basieren. Sein interdisziplinäres Denken war (meistens) super interessant zu verfolgen und man hatte so einige Aha-Momente. 

Manche Abschnitte waren trotzdem etwas ausschweifend und an machen Stellen wusste man nicht genau, was die Regel mit manchen Parts des Kapitels genau zu tun hat. 

Alles in allem war es jedoch ein tolles und spannendes Buch, dass vor allem deswegen so fesselnd war, weil es Wahrheiten (teilweise auch aus der Bibel) anspricht, von denen viele von uns unterbewusst wissen, die allerdings meistens trotzdem nicht wirklich präsent sind. Ich würde mich nicht wirklich als gläubig bezeichnen, eher spirituell, aber dieses Buch hat mir seltsamerweise sogar das Christentum nähergebracht.

In vielerlei Hinsicht verändert das Buch einen und teilweise verhilft es einem zu Erkenntnissen, die einen selbst überraschen.

Eine klare Leseempfehlung!

Cover des Buches Aber mein Herz bleibt in Afrika (ISBN: 9783426779187)

Bewertung zu "Aber mein Herz bleibt in Afrika" von Claudia Tabbert

Aber mein Herz bleibt in Afrika
vallsvor einem Jahr
Kurzmeinung: Eine bewegende Geschichte über eine Frau, die einen Job in Südafrika annimmt und das Leben eines kleinen Jungen verändert
Eine zerrissene Nation – zwischen Pracht, Elend, Gewalt und Rassismus

Alles in allem ein großartiges Buch, mit einigen etwas langatmigen Abschnitten, die aber dem Gesamteindruck nicht schaden.

Man hat aus erster Hand erfahren, wie die Protagonistin, die spontan einen Job in Südafrika annimmt, das neue Land erlebt hat. Oft haben mich die nach wahren Begebenheiten geschilderten Ereignisse geschockt. Nicht nur der offene Rassismus der Weißen in Pretoria (mir war nicht klar, dass er noch solche Ausmaßen dort hat, für Europäer unvorstellbar), sondern auch die Grausamkeit mancher Schwarzer. Hier gibt es kein klares Gut und Böse, was einem die Komplexität der Situation vor Augen führt. 

Einmal wird die Protagonistin auf einem Highway nahe einer Township fast in ihrem Auto von einer schwarzen Gang überfallen (sicheres Todesurteil) und hat nur Glück, dass in letzter Minute rechtzeitig die Polizei kommt. 

Auch sehr heftig fand ich einen Abschnitt, in dem sie einen befreundeten Polizisten auf seinem täglichen Einsatz begleitet, mit der Erkenntnis, dass es ein verdammt harter Job ist und die Polizisten im Kampf gegen die unfassbare Kriminalität vom Staat auch noch Steine in den Weg gelegt bekommen. 

Auch die Rückblicke und Parallelen zum Leben in der DDR und der Flucht (Die Protagonistin ist in der DDR aufgewachsen) haben mir sehr gefallen. Dies hat noch einmal eine andere Ebene in die Geschichte gebracht und hat einem die Protagonistin als Person nährgebracht. Oft musste ich über die Passgenauigkeit von Vergleichen zwischen den Gesellschaften staunen, die ich nicht vermutet hätte.

Die Geschichte von Tillis, dem Jungen, den Claudia (die Protagonistin) in einer Klinik einer Township in Williamsburg trifft und der etwas in ihr tief berührt, hat mich ebenfalls sehr bewegt. Teilweise fand ich es etwas traurig, dass hauptsächlich er ihre Aufmerksamkeit bekommen hat und nicht alle Kinder und dass sie ihn klar bevorzugt hat, da sie eine Verbindung zu ihm spürte, aber irgendwie ist das ja auch nur menschlich.

Die Zustände in den Kliniken waren ebenfalls sehr eindrücklich beschrieben. Psychisch Kranke, die einfach hinter einem Zaun weggesperrt werden, schwarze Frauen, die ihre Kinder ignorieren und sich stattdessen "herumtreiben" und ständig mit irgendwelchen Männern einlassen und tuberkulosekranke Patienten, die in den letzten Stunden ihres Lebens frieren müssen (man glaubt es kaum, aber der afrikanische Winter ist kalt).

Auch der Kontrast zwischen dem Reichtum der Weißen und der schrecklichen Armut vieler Schwarzer wird immer wieder betont, zudem die Art, wie weiße Vorgesetzte mit ihren schwarzen Angestellten, die oft weniger gute Jobs haben, umgehen.

Die Spaltung der weißen Südafrikaner fand ich ebenfalls sehr interessant. Einige, vor allem die Kapstädter sind eher weltoffen, während in der Buren-Hofburg Pretoria das Denken noch vom alten Überlebenskampf geprägt und daher der Rassismus erschreckend deutlich ausgeprägt ist. Zitat aus dem Buch: (Situation: eine schwarze Kollegin der Protagonistin bekommt während der Arbeit plötzlich Wehen, Protagonistin will sie ins Krankenhaus fahren).

"Priscilla muss ins Krankenhaus, sie hat Wehen." Die weiße Chefin sieht auf. "Ja, sie kann den Zug nehmen, nachdem sie den Flur und das Foyer gewischt hat. Morgen kommen französische Investoren".

Ein ehrliches Buch, das authentische Eindrücke von Südafrika rüberbringt, einen an einigen Stellen schockt und sehr zum Nachdenken bringt.


Cover des Buches Darm mit Charme (ISBN: 9783548375892)

Bewertung zu "Darm mit Charme" von Giulia Enders

Darm mit Charme
vallsvor 2 Jahren
Kurzmeinung: Spannendes und faszinierendes Buch, das gerade wissenschaftlich genug ist, um es auch als Laie zu verstehen
Cover des Buches Just Like You (ISBN: 9783462002744)

Bewertung zu "Just Like You" von Nick Hornby

Just Like You
vallsvor 2 Jahren
Kurzmeinung: Entertaining but at times long-winded novel (3 1/2 stars)
Cover des Buches Ein Land, das Himmel heißt (ISBN: 9783426515303)

Bewertung zu "Ein Land, das Himmel heißt" von Stefanie Gercke

Ein Land, das Himmel heißt
vallsvor 10 Monaten
Kurzmeinung: Bildstarker Roman über eine weiße Südafrikanerin, die trotz vieler Schicksalsschläge nicht aufhört, um ihre Heimatfarm Inqaba zu kämpfen
Südafrika: Schönheit, Grausamkeit und Schicksal

Das Buch dreht sich um die junge Juliane bzw. Jill, die als weiße Südafrikanerin in Natal, Südafrika auf der Farm Inqaba geboren wurde. Das Leben ist gut zu ihr: Ihre Familie ist wohlhabend und sie steht kurz davor, ihren Freund Martin zu heiraten. 

Doch der Schein trügt. Ihre alte, schwarze Nanny warnt sie: Sie spürt, dass Unheil über Inqaba hereinbrechen wird. 

Tatsächlich folgen in den nächsten Jahren Schicksalsschläge, die Jill aus der Bahn werfen, sie aus ihrer behüteten Rolle zwingen und sie testen. Hat sie das Zeug dazu, Inqaba, ihre Heimat, ihre Zuflucht, ganz allein und auf sich gestellt, zu erhalten und sich dabei neu zu finden? 

Meine Meinung: 

Das Buch hatte seine guten und schlechten Momente, daher bekommt es eigentlich nur 3,5 Sterne von mir. Die anschaulichen Beschreibungen der Umgebung fand ich überwiegend sehr schön, da man das Gefühl hatte, beim Lesen in die afrikanische Landschaft versetzt zu werden, zu sehen, was Jill sieht, zu hören, was sie hört und die Umgebung zu schmecken und zu riechen. Allerdings gab es auch Passagen, in denen für meinen Geschmack viel zu viel beschrieben wurde, was eher die eigene Vorstellungskraft gehemmt hat und den Text an manchen Stellen langatmig und schwerfällig machte. Einige Ereignisse haben zudem nicht wirklich zur Entwicklung der Handlung beigetragen und ließen mich bis zum Ende mit der Frage nach dem Zweck zurück.

Die erste Hälfte des Buches hat mir deutlich weniger gefallen als die zweite Hälfte. Das lag zum Teil daran, dass ich mich zuerst wenig mit Jill identifizieren konnte. Damit, wie sie mit den Angestellten umging und wie naiv sie manchmal gegenüber den Taten ihres Ehemanns Martin war. Sie machte auf mich einen eher unreflektierten und anmaßenden Eindruck. Allerdings war das mit großer Wahrscheinlichkeit die Intention der Autorin, um die Entwicklung des Charakters zu intensivieren. Trotzdem fand ich manche Handlungen Jills, auch noch ab der Hälfte des Buches, fragwürdig und hätte mich in vielen Situationen anders verhalten. 

Ebenfalls hat mich gestört, dass einige Schicksalsschläge im Buch etwas konstruiert wirkten. Es war mir teilweise ein wenig zu viel "Pech" auf einmal. Auch einige glückliche Zufälle erschienen mir ein wenig unrealistisch. Mir ist klar, dass das Buch den Aberglauben der schwarzen Bevölkerung, der Zulus einweben will und daher so viel mit schicksalhaften Wendungen und Ereignissen spielt. Dennoch hätte ich mit Unglücksfällen mehr gespart. Es erschien mir ein wenig unrealistisch, dass Jill nach all diesen Ereignissen immer noch Kraft hatte, weiterzumachen. Selbst die robustesten Menschen wären an einem vergleichbaren Schicksal zerbrochen. 

Ein weiterer Kritikpunkt ist, dass einige Begebenheiten für den Leser sehr vorhersehbar wirkten, Jill allerdings immer nur ein Bauchgefühl diesbezüglich hatte und später sehr überrascht schien, dass sie richtig gelegen hatte. 

Nichtsdestotrotz ging es ab der Hälfte des Buches steil bergauf. Jill wurde mir viel sympathischer. Obwohl ich es ein wenig unrealistisch fand, dass sie nach allem, was passiert war, die Kraft aufbrachte, Inqaba alleine auf Vordermann zu bringen, habe ich dies sehr bewundert. Es war spannend mitzuerleben, welche Maßnahmen sie sich ausdachte, um Inqaba zu einem Ziel für Touristen zu machen.

Während die Charaktere in der ersten Hälfte des Buches eher blass wirkten, kamen einem die bedeutenden Nebencharaktere ab der Hälfte des Buches immer näher und man hat einige von ihnen sehr lieb gewonnen, was dazu beigetragen hat, dass man das Buch nicht mehr weglegen wollte, weil einen interessiert hat, wie es mit allen weitergeht. Die Charaktere sind allgemein ein großer Pluspunkt, einige waren wirklich sehr realistisch und gut ausgearbeitet. 

Ein positiver Wendepunkt war zudem der Eintritt eines neuen Mannes in Jills Leben, der eindeutig besser zu ihr passte und wie ich fand, auch viel besser ausgearbeitet war als Martin und einen spannenderen Charakter hatte.

Sehr interessant waren auch die politischen Hintergründe des Südafrikas der 90-er Jahre. Aus Jills Perspektive und der ihrer Freunde, die sich als weiße Afrikaner betrachten und sich nicht vorstellen können, woanders zu leben, konnte man hautnah das Leben in Südafrika und die vorherrschenden Konflikte erfahren. Man konnte ein Stück weit besser verstehen, warum Südafrikaner eben nicht nur Europäer sind, die zufällig irgendwann Land in Afrika besiedelten, da ihre Mentalität aufgrund der Umstände, unter denen sie aufgewachsen sind, eine völlig andere ist.

Das Land ist genauso schön und atemberaubend, wie zerrissen und grausam und es gelingt der Autorin sehr gut, diesen Kontrast darzustellen. 

Es stehen sich auf der einen Seite radikale rechte Farmer und auf der anderen Seite aufrührerische Schwarze, die das Land ihrer Vorfahren zurückfordern, gegenüber. Jill, die eigentlich nur in friedlichem Einvernehmen mit den schwarzen Farmarbeitern, die sie schon ihr Leben lang kennt, leben will, gerät dabei zwischen die Fronten. 

Gegen Ende des Romanes erschüttern brutale Überfälle die Farmen in Natal, die ich sehr spannend und anschaulich beschrieben fand. Jill muss hier auf die harte Tour lernen, dass nicht immer alles so ist, wie es scheint.

Ein sehr atmosphärisches Buch, dass trotz meiner Kritikpunkte definitiv zu empfehlen ist, da es ab der Hälfte einen starken Wendepunkt gibt, ab dem man das Buch nicht mehr aus der Hand legen möchte, da man ab hier richtig in die Welt eintaucht und mit den Charakteren mitfiebert. Es lohnt sich also, durchzuhalten :)

PS: Wenn jemand das Ende mit dem vergrabenen Gegenstand verstanden hat, bin ich dankbar für eine Erklärung :)




Cover des Buches Good Morning, Mr. President! (ISBN: 9783499633522)

Bewertung zu "Good Morning, Mr. President!" von Beck Dorey-Stein

Good Morning, Mr. President!
vallsvor 2 Jahren
Kurzmeinung: Die persönliche Geschichte über die Zeit einer Stenographin im Weißen Haus, die manchmal leider sehr subjektiv und trivial wirkt
Liebesdrama im Weißen Haus

Vorab möchte ich sagen, dass ich eigentlich 3,5 Sterne geben wollte, dies aber nicht möglich ist.

Das Buch "Good Morning, Mr. President" von der Englisch-Absolventin und ehemaligen Lehrerin Beck Dorey-Stein fing sehr vielversprechend an: Beck geht mit ihren College-Freundinnen nach Washington D.C., um einen Job als Lehrerin an einer angesehenen Privatschule anzunehmen, allerdings will sie eigentlich nur für kurze Zeit dort bleiben. Doch sie hat die Rechnung ohne die Liebe gemacht: Auf einer Party verliebt sie sich in Sam, einen kalifornischen Politikenthusiasten, dessen Leidenschaft es ist, bei Wahlkämpfen zu helfen. Beck selbst ist nicht wirklich politisch und zudem bald darauf arbeitslos. Während sie also entgegen ihrer Planung doch in D.C. bleibt, um bei Sam zu sein, ist sie pausenlos am Bewerbungen schreiben, doch es hagelt nur Absagen. Bis sie sich aus Spaß auf einen Job als Stenographin bewirbt. Was sie nicht weiß: Es handelt sich um einen Posten im Weißen Haus. Obwohl sie das Bewerbungsgespräch sausen lässt, weil sie den Job nie wirklich machen wollte und denkt, es handelt sich um einen stinknormalen Posten, ist die Personalerin weiterhin an ihr interessiert. Beck hat nämlich an der Schule gearbeitet, auf die Obamas Kinder gingen und so hält man sie für geeignet für die Stelle im Weißen Haus. Beck kann es nicht fassen: Sie, die die arroganten, machtbesessenen sogenannten "D.C.-Kreaturen", die sich überall in der Stadt tummeln, über alles verachtet, soll ins Weiße Haus? Natürlich ergreift sie diese einmalige und glamouröse Chance, der Arbeitslosigkeit zu entkommen. Der Anfang war wirklich sehr unterhaltsam und gut geschrieben. Allerdings ging es bergab, sobald Beck dann erstmal eine gewisse Routine in ihrem Job entwickelt. Die Beschreibungen der Auslandsreisen waren am Anfang noch spannend und witzig, aber irgendwann hatte man das Gefühl, es wiederholt und wiederholt sich einfach immer alles. Klar sind die verschiedenen Reisen erwähnenswert, aber man hätte das deutlich zusammenfassen können. Der zweite Punkt, der mich sehr genervt hat, war die verquere Liebesgeschichte in dem Buch, die sehr viel Platz eingenommen hat. Hätte es sich bei dem Roman nicht um eine reale Biographie gehandelt, hätte ich die Protagonistin als unrealistisch naiv bezeichnet. Aber in diesem Fall hat die Protagonistin ja im wahren Leben so gehandelt. 

Beck verliebt sich in einen hohen Mitarbeiter unter Obama, dessen Charme sie nicht widerstehen kann. Doch obwohl er sie immer wieder enttäuscht und mit anderen Frauen flirtet, fällt sie immer und immer wieder auf ihn rein. Bereits im Mittelteil kommt sie zu der Einsicht, dass sie ihm nicht wichtig zu sein scheint und er sie nur benutzt, doch dann steigt sie wieder mit ihm ins Bett. So geht es ein paar Mal: Sie realisiert, dass er sie nur benutzt, hat Breakdowns und beschließt, ihrem Freund Sam endlich treu zu sein und sich nicht mehr auf Jasons Spielchen (so heißt der Womanizer) einzulassen. Dann aber trifft sie ihn zufällig wieder in einer Hotelbar auf einer der Auslandsreisen, er sagt ein paar nette Worte und sie lässt sich wieder auf ihn ein. Irgendwann war man einfach nur noch frustriert und wollte sie schütteln. Das ist ja alles schön und gut – immerhin geht die Autorin mit ihren Fehlern ehrlich um. Allerdings hat mir diese ungesunde Lovestory und dieses ganze Hin und Her eindeutig zu viel Platz im Buch eingenommen. Erst posaunt die Autorin irgendwelche Weisheiten rum, dass man loslassen muss usw. und wird dann aber doch wieder rückfällig. Irgendwann war man einfach nur noch genervt und gelangweilt und dachte sich: Nicht schon wieder. So blöd kann man doch gar nicht sein. Klar war sie verliebt, aber so blind vor Liebe ist keine Dreißigjährige mit einigermaßen Lebenserfahrung. Und insgeheim wusste sie ja, wie er war. Dazu muss ich aber sagen, dass ich die Autorin grundsätzlich sehr sympathisch fand und es mich daher umso mehr geärgert hat. 

Das Buch hatte auch seine guten Seiten – einige Anekdoten über Obama haben mich echt zum Nachdenken gebracht und es war sehr interessant, über allgemein bekannte vergangene politische Ereignisse der US-Historie aus der persönlichen Perspektive einer Mitarbeiterin des Weißen Hauses zu lesen. Zum Beispiel die Schießerei-Tragödien, denen nie Handlungen des Kongresses zur Änderung der Waffengesetze folgten. Aber auch die Besuche des Präsidenten in Kuba und Vietnam, die eine schwierige Geschichte mit den USA haben und sein besonnenes Auftreten bei diesen Gelegenheiten. Aber auch die Wahl von Trump im Jahr 2017 und dass alle fest davon ausgingen, Clinton würde gewinnen. Man konnte all diese Ereignisse noch mal aus anderen Augen sehen, das war sehr faszinierend. Und auch Beck Dorey-Stein hat einige interessanten Einsichten festgehalten, wie zum Beispiel, wie unglücklich die Reichen und Mächtigen in Wirklichkeit sind und was im Leben zählt. Freundschaft nämlich und Menschen, denen man wirklich wichtig ist. Dass man niemandem hinterherlaufen sollte, der einen immer wieder enttäuscht und verletzt (Jason). Auch wenn Beck die Lektion ziemlich spät gelernt hat und meiner Meinung nach echt blauäugig war, war es dennoch eine wahre Einsicht, mit der sich sicherlich viele Leute identifizieren können.

Was auch wichtig im Leben ist, sind die eigenen Talente: Während ihrer Zeit in D.C. entdeckt Beck ihren Hang zum kreativen Schreiben und hält  immer wieder Anekdoten fest, zum Beispiel über die Mitarbeiter unter Obama, die sie inspirieren, denen sie diese dann auch teilweise zum Abschied schenkt und über die sie sich sehr freuen. Beck lernt: Wichtig ist nicht dein Jobtitel oder dein Gehalt, sondern das, was dich eigentlich innerlich ausmacht. Deine Güte, deine Freundlichkeit, deine Leidenschaft, dein Optimismus, der Glaube an das Gute.

Auch die Einsichten in die Schlangengrube der Welt der Reichen und Mächtigen hat mir gefallen und die Dinge, die Beck dabei feststellt. Die Menschen, die über einem stehen und einen herablassend behandeln oder unterbuttern wollen, sind insgeheim selbst unglücklich und neidisch. 

Auch einige Zitate des Präsidenten, die eingestreut wurden, fand ich sehr interessant und inspirierend.

Allgemein kann ich das Buch nur für diejenigen empfehlen, die nicht erwarten, viel über Obama und Politik zu lesen. Es geht tatsächlich vorrangig eher um Beck, ihre Probleme und die Erfahrungen, die sie während ihrer Zeit im Weißen Haus macht. Mir war das Buch ein wenig zu sehr Tagebuch und zu wenig nach den wirklich wichtigen und interessanten Dingen gefiltert.

Der Mittelteil hat sich sehr gezogen und ich hatte das Gefühl, es gab keinen richtigen Spannungsbogen oder Höhepunkt im Buch. Es hat sich vieles wiederholt und ist ein bisschen vor sich hin geplätschert.

Trotzdem ein Buch, dass interessante Einblicke und Einsichten bietet, allerdings eher auf persönlicher und subjektiver Ebene.

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