Das Trümmerkind erzählt die Lebensgeschichte des Joost Dietz.
Hierzu beginnt der Roman eine Geschichte in drei Handlungssträngen zu erzählen, die zunächst nichts miteinander zu tun zu haben scheinen.
Wir lernen das Trümmerkind kennen, welches im Winter 1976/47 in den Trümmern des zerstörten Hamburgs allein umherirrt und von den Kindern Hanno und Wiebke aufgelesen wird und fortan in ihrer Familie aufwächst.
Zusätzlich begeben wir uns auf das Gut Anquist in der Uckermark im Jahr 1945. Die Gutsherren-Familie wird mit Kriegsende und der Besatzung der Russen enteignet und sieht sich gezwungen, die sowjetische Besatzungszone und am besten auch gleich Deutschland zu verlassen. Sie fliegen über Lübeck nach Hamburg und wollen von dort nach Spanien weiterreisen. Aber werden sie dort ankommen?
Im dritten Handlungsstrang geht es in der 90er Jahre nach Köln zu Anna, deren Geschichte sich um das schwierige Verhältnis zu ihrer alkoholkranken Mutter dreht, die nach Ende des Krieges zunächst in Südafrika gelebt hatte und partout nicht aus ihrer Vergangenheit berichten möchte.
In der ersten Hälfte des Buches laufen diese Erzählebenen völlig getrennt voneinander ab, was die Spannung naturgemäß hochhält. Dann fangen die Erzählungen an sich langsam miteinander zu verbinden. Anna lernt den inzwischen erfolgreichen Architekten Joost Dietz kennen. Von da an hastet man weiter durch das Buch, weil man wissen möchte, inwiefern die Stränge zusammen passen.
Und die Lösung war so geschickt angelegt, dass ich obwohl ich Teile der Auflösung ahnte dann doch entsetzt war. Ein spannendes und mitreißendes Buch, welches sehr bildhaft die Zeit direkt nach Ende des zweiten Weltkrieges schildert. Ein winziger Kritikpunkt ist die Gestalt von Annas Mutter...die war mir doch etwas einseitig angelegt und ein Ticken mehr Ambivalenz hätte die Geschichte noch etwas tiefgründiger gemacht.
wasichgelesenhabe
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Zur BibliothekRezensionen und Bewertungen
Bewertung zu "Die Geschichte der getrennten Wege" von Elena Ferrante
Der dritte Teil der neapolitanischen Saga schließt erneut nahtlos an das Ende des zweiten Teiles an. Wir begleiten Elena und Lila nun als erwachsene Frauen.
Lila lebt mit ihrem Sohn Gennaro und dem Freund aus Kindertagen Enzo zusammen. Sie lebt nach der Trennung von ihrem Ehemann ein ärmliches und einfaches Leben und arbeitet unter erbärmlichen Bedingungen in einer Wurstfabrik am Stadtrand. Im Laufe des dritten Teils gelingt es ihr, sich aus diesen Verhältnissen heraus zu arbeiten.
Elenas erster Roman wird ein Erfolg, sie heiratet ihren Studienfreund Pietro und bekommt zwei Töchter. Und doch ist sie mit ihrer Rolle als Hausfrau und Mutter nicht zufrieden, ein neues Buch will ihr jedoch nicht so recht gelingen.
Der dritte Teil setzt atmosphärisch und erzählerisch genau dort an, wo der zweite Teil aufgehört hat. Die Schilderungen sind wieder sehr atmosphärisch, der Leser findet sich sofort im Italien der 70er Jahre wieder. Obwohl die Handlungsdichte gar nicht so wahnsinnig hoch ist, bin ich durch das Buch geflogen und war permanent gefesselt. Das Buch hat mich definitiv wieder in seinen Bann gezogen.
Auch habe ich in diesem Band nicht mehr so mit der besonderen Beziehung zwischen Lila und Elena gehadert. Freundschaft kann man es gewiss noch immer nicht nennen, aber irgendwie hat man kein besonderes Band zwischen den beiden mehr erwartet und einfach akzeptiert, dass ihre Verbindung zueinander sehr speziell ist. Gut gefallen hat mir, dass sich Elena etwas von Lila frei gemacht hat, auch wenn sie immer noch enorm wichtig für sie ist.
Ich freue mich nun auf den vierten Teil, definitiv ein Muss!
Bewertung zu "Manchmal musst du einfach leben" von Gayle Forman
Maribeth ist Mitte vierzig, verheiratet und Mutter von Zwillingen. Ihr Leben ist sehr stressig und sie fühlt sich permanent zerrissen zwischen Job und Kindern und dem Haushalt. Der Mann arbeitet sehr viel und unterstützt sie nicht so, wie sie es sich wünschen würde. Zu dieser Situation kommt nun ein Herzinfarkt und schwerwiegende Komplikationen mit folgender Bypass-Operation. Diese Grenzerfahrung sowie die stressige Situation zu Hause, die ihr noch nichtmal genug Ruhe lässt, um sich von der schwerwiegenden Operation zu erholen, lassen sie eines Tages die Tasche packen und unbemerkt verschwinden.
Sie reist in ihre Geburtsstadt Pittsburgh, wo sie einst von ihrer leiblichen Mutter zur Adoption frei gegeben wurde. Um von ihrer Familie nicht "aufgespürt" zu werden, versucht sie alle Verbindungen in ihr altes Leben zu kappen.
Von dieser Ausgangssituation habe ich mir nun für die Geschichte viel erwartet. Eine eingehende Reflektion über ihr Leben, das Leben mit (kleinen) Kindern, ihre Ehe und auch zu ihrer persönlichen Adoptionsgeschichte und was sie als Mutter daraus mitnehmen kann. Aber das alles passiert nicht. Die Erzählung wird ab dem Punkt ihrer Flucht sehr langatmig, es wird lediglich berichtet, wie sie ihr "neues" Leben einrichtet und neue Kontakte und Freundschaften schließt. Einzig die begonnene Suche nach ihrer leiblichen Mutter bringt einen Hauch Spannung in die Geschichte.
Enttäuschend fand ich, dass kaum Reflektion stattfindet. Über weite Teile der Geschichte konnte ich überhaupt keine Sympathie mit Maribeth empfinden und fand es gemein und verwerflich, was sie ihren Kindern und ihrem Mann antut, obwohl ich ihre Zwangslage zu Beginn der Geschichte sehr gut nachempfinden konnte. Auch die Briefe, die sie ihren Kindern schreibt, sind absolut nichtssagend. Aus dieser Situation heraus finde ich das Ende unglaubwürdig. Im Großen und Ganzen leider eine Enttäuschung...
Bewertung zu "Alles bleibt in der Familie" von Lynne Sharon Schwartz
Bewertung zu "Unsere wunderbaren Jahre" von Peter Prange
Altena / NRW im Jahr 1948. Der Krieg ist vorbei und die Einführung der D-Mark steht unmittelbar bevor. Die Schwestern Ruth, Ulla und Gundel sowie deren Freunde Bernd, Benno und Tommy sind jung und haben große Pläne für weiteres Leben. Die 40 D-Mark, die jeder Bundesbürger zur Einführung der D-Mark erhält, sollen das Startkapital für ein glückliches und erfolgreiches Leben sein und jeder der sechs hat andere Pläne, wie das Geld eingesetzt werden soll.
Das ist der Ausgangspunkt für ein wirklich gewaltiges Werk. Auf knapp 1.000 Seiten erzählt Peter Prange die Lebensgeschichte der sechs Protagonisten. Die Geschichte steigt mit der Einführung der D-Mark ein und endet mit der Einführung des Euro zum Jahreswechsel 2002 und gibt damit einen umfassenden Abriss über die deutsche Nachkriegsgeschichte. Ich hatte das Buch einige Wochen in meinem Bücherregal stehen, da ich Respekt vor dem dicken "Schinken" hatte. Aber völlig umsonst - das Lesen war kurzweilig und das Buch entwickelte sich zu einem wahren Pageturner.
Das Buch ist in mehrere Teile eingeteilt und zwischen den Teilen gibt es größere Zeitsprünge von zum Teil bis zu 20 Jahren. In den einzelnen Teilen wird die Geschichte abwechselnd aus den einzelnen Perspektiven der Protagonisten aber auch der Nebenrollen erzählt. Wie bei solch wechselnden Perspektiven üblich gewinnt das Buch dadurch an Fahrt und der Leser hastet von (recht kurzem) Abschnitt zu Abschnitt, da er unbedingt wissen möchte, wie sich die einzelnen Anekdoten weiter entwickeln.
Neben den persönlichen Geschichten der handelnden Personen wird auch immer ein Einblick in die politischen und gesellschaftlichen Hintergründe der jeweiligen Zeit gegeben. So wird neben der Anfangszeit der D-Mark auf die Jahre des Wirtschaftswunders, der große Abschwung in den 70ern, die deutsche Teilung und Wiedervereinigung sowie den Weg zum Euro eingegangen. Diese Einbettung der Handlung in den geschichtlichen Hintergrund war stets informativ, kann aber bei einem Werk dieses Umfangs die ein oder andere Länge nicht leugnen. Das ist letztendlich auch der einzige Grund, warum ich einen Stern abgezogen habe.
Die Geschwister Inge, Klaus und Uwe haben schon lange keinen Kontakt mehr als ihr Vater stirbt. In seinem Testament hat er verfügt, dass die Geschwister ihr Erbe nur erhalten, wenn sie gemeinsam an die Orte seiner Kindheit in Polen reisen und dort seine Asche verstreuen. Gemeinsam mit Jule, Inges Tochter und dem Notargehilfen Krysztof machen sie sich in einem alten Campingbus auf den Weg.
Die Geschichte führt locker und leicht in die Handlung ein und kommt eher unbeschwert daher. Im Umschlagtext war zu lesen, dass Lo Malinke zunächst das Drehbuch zu einem Fernsehfilm geschrieben hat und aus diesem dann der Roman entstanden ist. Das liest man dem Buch an vielen Stellen auch an, ich hatte stets mögliche Filmszenen vor Augen, obwohl ich den dazu gehörigen Fernsehfilm nicht kenne. Das spricht eher für das Buch, die Beschreibungen waren sehr plastisch und die Dialoge spritzig und lebendig.
Im Verlauf der Geschichte bekommt der Leser immer mehr Informationen zum Leben des verstorbenen Vaters, der Kindheit der drei Geschwister und auch zu den Gründen, warum die drei mehr oder weniger große Baustellen in ihrem aktuellen Leben haben und allesamt ihr Glück noch nicht gefunden haben. Da steckt viel drin zum Thema "Was macht eine gute Kindheit aus?", "Warum sind wir, wie wir sind?", "Was geben wir an unsere Kinder weiter?". Jedoch bleibt der Roman trotz der ernsten Themen, die durchscheinen, seinem lockeren Ton treu und wird dadurch fast ein wenig klamaukig. Damit verpasst er an den entscheidenden Stellen Tiefgang zu entwickeln und bleibt sehr an der Oberfläche hängen.
Im Großen und Ganzen ein unterhaltsamer Roman, der sich schnell weglesen lässt, der aber auch mehr Potenzial hatte.
Der zweite Teil der Sieben Schwestern Reihe begleitet Ally bei der Suche nach ihren Vorfahren. Ally ist als Seglerin auf den Weltmeeren unterwegs als sie vom Tod ihres Adoptivvaters erfährt. Auch ihr hat der Vater Hinweise auf ihre tatsächliche Herkunft hinterlassen. Obwohl sie zunächst beschließt nicht in ihrer Vergangenheit zu forschen, macht sie sich schließlich doch auf den Weg nach Norwegen. Die Hinweise des Vaters führen sie auf die Spur eines norwegischen Komponisten aus dem 19. Jahrhunderts.
Wie für Lucinda Riley und auch die Sieben Schwester Reihe typisch, wird die Geschichte auf verschiedenen Zeitebenen erzählt. Bis es jedoch so weit kommt, dass Ally nach ihrer Vergangenheit forscht und die Geschichte eines Musikerpaares um 1875 in Oslo (oder damals noch Christiania) erzählt wird, nimmt die Geschichte diesmal sehr lange Anlauf. Zunächst wird Allys Geschichte nach dem Tod des Adoptivvaters in der Gegenwart erzählt und das ist äußerst langatmig. Zudem finde ich die Geschichte von Ally, die in der Gegenwart spielt, insgesamt zu seicht und emotionslos erzählt. Obwohl Ally wirklich viel durchmachen muss, rührte es mich als Leser kaum an.
Wesentlich besser wurde die Geschichte dann mit dem Zeitsprung in die Vergangenheit. Da nimmt das Buch an Fahrt auf und wird auch wieder emotionaler und nachvollziehbarer. Gegen Ende der Geschichte ist der Ausgang etwas vorhersehbar und schon sehr früh zu ahnen.
Im Großen und Ganzen gefällt mir das Konzept die Schwestern in unterschiedliche Länder und Hintergründe/Zeiten zu begleiten sehr gut. Und trotz des etwas schwächeren zweiten Bandes werde ich die Reihe definitiv weiter lesen.