Bewertung zu "Das Geheimnis der Tränen (Historisch, Liebe) (Töchter der Stürme-Reihe 1)" von Marie Caroline Bonnet
Das Geheimnis der Tränen von Marie Caroline Bonnet beschreibt faszinierend wie zwei junge Frauen in unterschiedlicher Zeit und unter völlig anderen Voraussetzungen ein ganz ähnliches Schicksal ereilt und wie sich ihr Leben aufgrund ihrer Entscheidungen hoffnungsvoll oder eben weiterhin schicksalhaft entwickelt.
Dieser historische Roman lebt von seinem wunderbaren Schreibstil, dem rundweg gelungenen Spannungsaufbau und den intensiv ausgearbeiteten Charakteren. Ich kann tatsächlich sagen, dass es für mich im gesamten Roman keinerlei Längen gab und mir bezüglich des Plots lediglich beim Ende eine Wendung ein wenig aufstieß, bei der es sich die Autorin vielleicht etwas zu einfach gemacht hat, um Standesunterschiede verschwinden zu lassen. Generell schafft es Marie Caroline Bonnet extrem gut, Situationen, Gefühle und Sinneseindrücke zu beschreiben. Die einzelnen Szenen sind mitreißend und ansprechend gestaltet und der Spannungsbogen bleibt die ganze Geschichte hindurch auf einem sehr hohen Niveau. Auch bei den Charakteren wächst dem Leser die Protagonistin Lianne sofort ans Herz, die trotz fehlender Bildung und geistiger Übung eine beeindruckende Klugheit aufweist, die zusammen mit ihrem Überlebenswillen zu mutigen Entscheidungen führt.
Robinas Schicksal hat mich zunächst auch sehr berührt. Ihre Welt wird durch unglückliche Umstände jäh erschüttert und statt weiter das unbekümmerte Leben eines privilegierten Mädchens führen zu können, wird ihr jegliche Entscheidungsgewalt über das eigene Leben aberkannt. Das einst wissbegierige, kluge Mädchen entwickelt sich nun zu einer Person, für die der Leser kaum mehr Sympathien hegen kann. Auf welche Art Liannes und Robinas Geschichte miteinander verknüpft ist, wird relativ schnell deutlich, doch dies war sicherlich so gewollt und tut der Spannung keinen Abbruch.
Als Nebencharaktere lernen wir zunächst mehrere lieblose, kalte und berechnende Frauenfiguren kennen oder, wie im Fall von Madame Bellier, einfach nur schwache und zu nichts fähige Damen. Zum Glück tauchten später in der Geschichte auch so ganz andere Frauenfiguren auf, aufopferungsvoll, verständnisvoll und sehr hilfsbereit, sodass zum Glück kein einseitiges Bild vermittelt werden sollte.
Ganz besonders ist auch der Kaufmannssohn Luc, den man durchaus als edlen, feinen jungen Mann beschreiben könnte. Er hat weder falschen Stolz noch oberflächliche Gefühle und verkörpert eine junge Generation, die kritisch auf so manche gesellschaftliche Regel und Entwicklung schaut.
Im Laufe der Geschichte gehen sowohl Lianne als auch Robina eine große Entwicklung durch. Nicht immer schaffen sie es die richtige Entscheidung zu treffen, alle Menschen mit dem gleichen Maß zu messen oder Enttäuschungen zu überwinden. Alle Entwicklungen sind hochinteressant zu lesen und stimmig, auch wenn man sich als Leser so manche Reaktion anders wünscht. Am Ende fieberte man richtiggehend mit, ob sich Liannes großer Traum von einem Leben in Freiheit doch noch erfüllen wird.
Insgesamt ein extrem gelungener historischer Liebesroman, voller Spannung und dem tollen Flair einer alten französischen Hafenstadt.