Bücher mit dem Tag "1968er"

Hier findest du alle Bücher, die LovelyBooks-Leser*innen mit dem Tag "1968er" gekennzeichnet haben.

14 Bücher

  1. Cover des Buches Für immer Schwestern (ISBN: 9783458361992)
    Herrad Schenk

    Für immer Schwestern

     (30)
    Aktuelle Rezension von: JDaizy
    „Unmöglich, dieses Unglück von sich weg zu halten. Ich sollte wenigstens einen Spaziergang machen, mich bewegen, dachte sie und erhob sich schwerfällig von der Gartenbank, steif, etwas durchgefroren. Gehen vertreibt die düsteren Gedanken. Auf einmal war ihr, als sähe sie die Schwarze Dame wieder am Ende der Straße. Wenn die Schwarze Dame Melancholie an deine Haustür klopft, solltest du ihr freundlich öffnen und sie zum Tee hereinbitten - dann wird sie zu gegebener Zeit höflich von selbst wieder gehen. Doch wehe, du hältst die Tür verschlossen und stellst dich tot- dann wird sie dich unbarmherzig belagern.“


    „Seit ihrer Kindheit sind Sylvia, Judith und Elvira eng miteinander verbunden, obwohl sie unterschiedlicher kaum sein könnten. Doch dann kommt ein langgehütetes Familiengeheimnis ans Licht, das die Schwestern in ihre bewegte Jugend zurückführt und ihre Beziehung auf eine harte Probe stellt.“ (Klappentext)

    Drei Schwestern jenseits der 60. Drei unterschiedliche Leben. Aber eine (gemeinsame) Vergangenheit.
    Sylvia, Lektorin in einem Kunstverlag, ist lebenslustig und trotz ihres Alters frisch verliebt. Judith, Bibliothekarin im Ruhestand, quälen erste Anzeichen ihrer Vergesslichkeit, während sich Elviras Leben fast ausschließlich um ihren erfolgreichen Mann Hans-Heinrich dreht. Als dieser plötzlich einen schweren Schlaganfall erleidet, treffen sich die Wege der Schwestern im Krankenhaus.
    Was war passiert und warum ist Elvira plötzlich so aufgelöst und nicht zu beruhigen? Welches Geheimnis verbirgt Hans-Heinrich und vor wem? Oder will er nur Elvira vor einem langgehüteten Familiengeheimnis schützen? Oder ist alles doch ganz anders als es auf en ersten Blick erscheint?

    „Sie wissen nicht wie es ist, durch ein Schuldgefühl an jemanden gebunden zu sein. Es schafft die engste Bindung überhaupt.“

    Beim Lesen musste ich oft an den Ausspruch: „Gemeinsam und doch einsam“ denken. Wie schnell kann sich von einer Minute auf die andere das Leben ändern! Wie lebt man mit Lügen oder der quälenden Ungewissheit bestimmte Dinge nicht angesprochen zu haben?! Und wie wichtig ist, jeden Tag deshalb so zu leben als wäre es der letzte?!

    Der Autorin gelingt es mühelos ein Bild von drei Schwestern zu zeichnen, die unterschiedlicher nicht sein können. Besonders mochte ich die schusselige und ab und an mit sich selbst beschäftigte Judith. Etwas antriebslos und vergesslich. Aber herzlich, um Harmonie bemüht und aufopferungsvoll. Bei Elvira und Sylvia fiel es mir dagegen schwerer aufrichtige Sympathien zu entwickeln. Und doch zog mich die Geschichte schnell in ihren Bann. Ich habe (ziemlich zeitig) Vermutungen aufgestellt und wollte am Ende endlich wissen, wie sich alles auflöst. 

    Besonders gut gefallen haben mir auch die eingeschobenen, verworren erscheinenden Gedanken von Hans-Heinrich. Wenn man sich nicht frei bewegen und artikulieren, nicht selbstständig sein kann und auf fremde Hilfe angewiesen ist … das stelle ich mir schlimm vor.
    Allerdings empfand ich einige Passagen des Buches als sehr dunkel und negativ. Oft habe ich mich gefragt: „Wer ist jetzt das Opfer in dieser Konstellation?!“ und warum werden einige (interessante) Themen nur angerissen und nicht zu Ende geführt?!

    Trotzdem hatte ich viel (Lese-)Freude mit diesem Taschenbuch aus dem Inselverlag.
    Vielleicht auch deshalb, weil ich selbst Geschwister habe und weiß, dass es nicht immer einfach ist. Auch wir sind sehr verschieden und ich kenne die Situation verglichen zu werden. Aber wahrscheinlich auch deshalb, weil der Verlag mit seinen Autoren ein Händchen für emotionale, berührende (Alltags-)Themen hat. Ich jedenfalls habe beim Inselverlag bisher noch nicht daneben gegriffen.
    Wenn ich einen Wunsch frei hätte, würde ich mir eine größere Schrift wünschen. Aber das ist natürlich subjektiv. 


    Fazit:
    Ein emotionale Familiengeschichte über die Beziehung von drei Schwestern, die von ihrer Vergangenheit eingeholt werden. Worte, die hinter die äußere Fassade - mitten ins Herz - blicken. Turbulent, tiefgreifend, aber leider an einigen Stellen nicht zu Ende gebracht.
    Trotzdem meine absolute Leseempfehlung!
  2. Cover des Buches Geister (ISBN: 9783492311984)
    Nathan Hill

    Geister

     (129)
    Aktuelle Rezension von: Sikal


     

    Samuel ist erst 11 Jahre alt als ihn seine Mutter Faye verlässt und er allein bei seinem Vater Henry zurückbleibt. Was war geschehen und wie soll ein kleiner Junge dies verstehen können? Jahre später – Samuel ist mittlerweile Dozent an einem College - erhält er eine Nachricht von einem Anwalt, der seine Mutter verteidigen soll. Faye wurde als Attentäterin verhaftet und genießt zweifelhafte Medienpräsenz.

     

    Samuel hat als Dozent einige Schwierigkeiten am College als eine Studentin gegen ihn wettert, weil er von ihr Leistungen einfordert. Doch diese Studentin ist mit allen Wassern gewaschen und so steht Samuel plötzlich einer Wand aus Misstrauen und Intrigen gegenüber.

     

    Samuel ist mit seinem derzeitigen Leben unzufrieden, so verbringt er den Großteil seiner Zeit damit, in einem Computerspiel zu punkten während alles andere an ihm vorbeizuziehen scheint. Auch das Buch, das er eigentlich schreiben möchte und einem Literaturagenten bereits seit Jahren versprochen ist, scheint nicht mehr zustande zu kommen. Als jedoch die Attentats-Geschichte seiner Mutter aufkommt, wittert Samuel seine Chance und beginnt über die tatsächlichen Hintergründe zu recherchieren.

     

    Die Geschichte rund um diese Mutter-Sohn-Beziehung reicht zurück bis in die 68-er-Bewegung, in eine Zeit als seine Mutter als junge Studentin zwischen Hippies, radikalen Protestbewegungen und dem Gesetz hin und her schwankt. Begleitet von einem Geist, dem Nix, dessen Reise quer über den Erdball führt.

     

    Der Autor Nathan Hill hat hier eine wunderbare Verbindung zwischen Gegenwart und Vergangenheit geschaffen. Er schwadroniert immer wieder über die politischen und gesellschaftlichen Wirrungen, verknüpft diese mit der gegenwärtigen Computerwelt und schafft den Spagat zu den 68ern ohne dabei in eine sentimentale Fantasiewelt abzudriften.

     

    Humorvoll vor allem der Part, den die Studentin mit Samuel ausficht – herrlich.

     

    Das Buch war jetzt schon einige Zeit bei mir im Regal und hat auf einen geeigneten Moment gewartet. Der war wohl jetzt, denn das Buch hat mich gefesselt und gerne lasse ich es nochmal Revue passieren. Trotz einiger Längen zwischendurch, hat mich die Geschichte letztendlich überzeugt. 4 Sterne

  3. Cover des Buches Geister (ISBN: B01MS0BARA)
    Nathan Hill

    Geister

     (20)
    Aktuelle Rezension von: JonathanSpies

    Eine dieser seltenen Geschichten, die die Handlungen und Belange seiner Protagonisten nicht in Szene zu setzen weiß und es dem Leser schwer machen, zu folgen.. 


    Vergleichbar sind da "Freetown in sieben Stunden" und "Diese gottverdammten Träume" 


    Habe es nach etwa 20% abgebrochen. 

  4. Cover des Buches High Times (ISBN: 9783453640337)
    Uschi Obermaier

    High Times

     (87)
    Aktuelle Rezension von: Ein LovelyBooks-Nutzer

    Ich weiß nicht, was ich von diesem Buch erwartet habe, aber meine Erwartungen wurden auf jeden Fall erfüllt 😄. Das Buch ist wirklich interessant und authentisch geschrieben und lässt sich gut lesen, weshalb ich es auch an einem Tag durch hatte. Dabei war ich wieder durchgehend beeindruckend davon, wie eigenwillig und leichtlebig Uschi Obermaier durchs Leben gegangen ist (und mit Sicherheit immer noch geht). Es war bestimmt nicht immer alles rosig und einfach, aber sie hatte immer genug Selbstliebe und Selbstrespekt, um sich nicht Situationen oder Menschen auszusetzen, die ihr nicht guttun. Eine beeindruckende Person und ein wirklich lesenswertes Buch! 

  5. Cover des Buches The Left Hand Of Darkness (ISBN: B009SQ017O)
    Ursula K. Le Guin

    The Left Hand Of Darkness

     (16)
    Aktuelle Rezension von: JamieVamp

    Ich bin extremst begeistert von diesem Buch. Zwar kann ich nur beurteilen wie es auf Englisch ist und nicht wie die deutsche Übersetzung zu bewerten ist, aber ich bin absolut begeistert von dieser wunderbaren Erzählung. Natürlich ist das Geschmackssache und ich würde nicht behaupten, dass dies eine "typische" Science-Fiction Geschichte ist. 

    Hier geht es eben nicht darum, dass sich zwei unterschiedliche Lebensformen bekriegen oder um die Vorherrschaft im Weltall kämpfen. Vielmehr geht es um Kultur, um Ethik, um Religion, um Normen und soziales Zusammenleben in einer ganz anderen Art und Weise wie wir es kennen. Ursula K. Le Guin schafft es, dass man sich dessen immer wieder bewusst wird. Dass hier eine Welt so anders beschrieben wird wie unsere, dass die Werte hier ganz andere sind und man kaum anders kann als sich zu fragen wie man selbst in solch einer Welt überleben würde.

    Insbesondere gefallen hat mir, dass gegen Ende klar wird, dass man nicht über längere Zeit auf dieser Welt leben kann, selbst wenn man als anderes Lebewesen kommt, ohne sich zumindest daran zu gewöhnen und auch gewisse Normen anzunehmen. Da sind die Menschen, denen einer der Hauptcharaktere angehört, ihm wesentlich fremder als die "Gethenians", deren Welt er erst knapp drei Jahre kennt. Le Guin erzählt ganz hervorragend wie die Umstände ihn dazu bewegen umzudenken, auch wenn das nicht von Anfang an ersichtlich ist. Wir erleben sein Umdenken, seine Geschichte, die ihn dazu bewegt anders auf diese ihm neue Welt zu schauen.

    Und auch wenn die Geschichte an sich manchmal ein kleines bisschen stockend erzählt ist, finde ich, dass das der gesamten Erzählung keinen Abbruch tut. Man sollte das Buch allerdings nur auf Englisch lesen, wenn man auch sonst viel Englisch liest. Ich könnte mir vorstellen, dass es sonst noch wesentlich schwieriger ist nicht ständig Wörter nachzuschlagen. Dafür hat Le Guin einfach viel zu gut verschiedene Wörter/Bezeichnungen erfunden um Dinge auf diesem Planeten zu beschreiben. Da liest es sich leichter, wenn man sich lediglich darauf einstellen muss und nicht noch versuchen muss eine andere Sprache zu übersetzen. Daher kann ich nur hoffen, dass die deutsche Übersetzung den Leser genau so in den Bann zieht wie das Original.

    Empfehlen würde ich es auf jeden Fall denjenigen Leser/innen, die sonst nicht nur ganz typische Sci-Fi Bücher lesen, sondern sich eben auch mal durch eine relativ komplexe Thematik "durchlesen", die manchmal nicht ganz einfach zu  verstehen ist und die man sich erst aneigenen muss. Für manchen Leser mag die Geschichte zu trocken und manchmal vielleicht sogar fast langweilig erscheinen, aber ich finde gerade diese Nuancen und Themen, die oft auch nur zwischen den Zeilen zu lesen und zu verstehen sind, heben die Geschichte aus dem Alltäglichen heraus. Am Ende habe ich sehr gut verstehen können, warum derjenige, der mir dieses Buch empfohlen hat, meinte, dass es ein Grundstein der Science-Fiction ist, den man historisch gesehen unbedingt gelesen haben muss.

  6. Cover des Buches Die Tote im Wannsee (Wolf Heller ermittelt 1) (ISBN: 9783548061139)
    Lutz Wilhelm Kellerhoff

    Die Tote im Wannsee (Wolf Heller ermittelt 1)

     (87)
    Aktuelle Rezension von: Caro_Lesemaus

    Die politischen Umstände in Berlin 1968 insbesondere mit wechselseitiger Spionage, Protesten und Auflehnung werden gut dargestellt. Auch das Privatleben des Ermittlers gewährt hier gute Einblicke in den Alltag vieler Menschen. Im Zuge der Ermittlungen erfährt man mehr über verschiedenste gesellschaftliche Gruppen. Insgesamt konnte ich mich dadurch sehr gut in die damalige Atmosphäre einfühlen. Den Fall an sich fand ich allerdings eher mäßig spannend. So richtig gepackt hatte es mich nicht, aber insgesamt ist es als Kriminalroman dennoch lesenswert, was vor allem am Schreibstil liegt. Bei drei Autoren kann man hinsichtlich einer kongruenten ja skeptisch sein, aber es passte wunderbar und las sich sehr gut. 

    Fazit:

    Mich hielten hier vor allem das Privatleben des Ermittlers und die gut beschriebenen Einblicke in den damaligen gesellschaftlichen Alltag bei Laune. Der Fall selbst war eher nur mäßig spannend. Ich runde 3,5 Sterne auf, weil mir außerdem der Schreibstil gut gefallen hat.

  7. Cover des Buches Spiel der Zeit (ISBN: 9783328105350)
    Ulla Hahn

    Spiel der Zeit

     (23)
    Aktuelle Rezension von: Ein LovelyBooks-Nutzer
    Dies ist der 3. Teil der Autobiografie-Reihe von Ulla Hahn, die ihr Alter Ego nach

    "Das verborgene Wort" und "Aufbruch"

    als Hilla Palm zu Wort kommen lässt.



    Dieses Buch wird sicherlich polarisieren, denn der Schreibstil ist doch sehr eigen. Ich gehöre hier zu denjenigen, die mit der Darstellungsweise leider garnichts anfangen können. Ulla Hahn besitzt als Lyrikerin einen großen Namen; die Prosa jedoch in diesem 3. Band ist meiner Meinung nach nicht ausgereift. Hier konnte ich kein einheitliches Bild erkennen, denn der Schreibstil wirkt auf mich nicht gefestigt. Aber, vielleicht soll das gerade die Zeit der späten 60er Jahre widerspiegeln?

    Musste mich wirklich durch die Seiten quälen.

    Sie schafft die Atmosphäre der damaligen Zeit mit ihrem bekannten Drang nach Veränderung und den dazugehörigen Einstellungen und Verhaltenweisen. Hier konnte sie ein passendes Bild davon schaffen, jedoch hat mir die Tiefe bei der Darstellung der Charaktere gefehlt. Aber, vielleicht war dies ebenfalls so gewollt, da sich die Menschen damals eben neu orientieren mussten?!

    Autobiografie, Realität und Fiktion sind sehr gekonnt ineinander verflochten.



    Mein Fazit: ein Buch, das sicherlich polarisieren wird - mich hat es nicht "abgeholt"
  8. Cover des Buches Das andere Achtundsechzig (ISBN: 9783406719714)
    Christina von Hodenberg

    Das andere Achtundsechzig

     (4)
    Aktuelle Rezension von: WinfriedStanzick

    Schon zum 40. Jahrestag von „68“ haben sich vor allem die männlichen Protagonisten der „Bewegung“ in zahllosen Büchern und Interviews geäußert, immer mit dem Ziel ihre eigene Rolle genau zu definieren und unsterblich zu machen.

    Nun in diesem Jahr, der 50. Wiederkehr von Achtundsechzig sind etliche dieser Bücher noch einmal aufgelegt worden, aber auch andere sind erschienen, die eine differenzierten und neuen Blick auf das Geschehen des Jahres 1968 werfen und seine Bedeutung neu definieren. Nennen will ich hier außer dem vorliegenden Buch das von dem Psychoanalytiker Claus Koch, der das Jahr 1968 in einer Geschichte von drei Generationen analysiert und beschreibt. Seine Frage:
    „Die Eltern legten das Land in Schutt und Asche. Dann bauten sie es wieder auf, bis ihre Kinder 1968 in Berlin und anderswo es noch einmal anzünden wollten. Um damit die Vergangenheit endlich zum Schweigen zu bringen. Und ihre Kinder? Können sie, jenseits von Stillstand und trügerischer Ruhe das Land noch einmal zu neuem Leben erwecken?“
    Seine Antwort: Die Phantasie und die Kraft der jungen Generation, in die Koch viel Hoffnung setzt, wird nötig sein, diese Welt besser zu machen und die Hoffnung darauf nicht aufzugeben.

    Christina von Hodenberg hat nach dem Blick auf erstmal ausgewertete Quellen den Eindruck, dass das bisherige Bild der 68 er sehr unvollständig und verzerrt ist. Denn die vor allem männlichen Chronisten haben die prägende Rolle der Frauen damals unterschlagen.

    Die Frauen fehlen in dem herkömmlichen Bild von 68. Sie kommen in der großen Erzählung der revolutionären Männer nicht vor. In ihrem Buch "Das andere Achtundsechzig" füllt Christina von Hodenberg diese Leerstelle, erinnert an vergessene Aktivistinnen und zeigt: 1968 war weiblich.




  9. Cover des Buches Tochter des Diktators (ISBN: 9783608983111)
    Ines Geipel

    Tochter des Diktators

     (5)
    Aktuelle Rezension von: FrauGoldmann_Buecher
    Vor ein paar Wochen erschien im Klett-Cotta Verlag ein Buch, das nahezu still und leise, am Büchergeschehen vorbei, in den Handel kam. Leider!

    Ich habe das Buch sehr gerne gelesen. Es war eine besondere Lektüre, weil sie außerhalb der Thementrends lag, die in diesem Jahr den Buchmarkt prägen, und doch wieder nicht: auch hier spielt das politische Europa eine Rolle! Auch in diesem Buch suchen die Helden nach ihrer Heimat und Identität. Was macht das Buch also so besonders? Das ist auf jeden Fall die dokumentarische Erzählweise, die Fakten und Fiktion sehr abgestimmt und literarisch miteinander verbindet. Es sind die Umrisse einer politischen Nachkriegsentwicklung, die nicht freidlich abgelaufen ist. Es sind die Leben der Menschen, die von diesen politischen Unruhen beeinflusst wurden.

    Zum Inhalt:

    Ines Geipel beschreibt in "Tochter des Diktators" die Liebe zwischen Beate Ulbricht - Tochter von Walter und Lotte Ulbricht - und dem italienischen Kommunisten Ivano Matteoli. Sie sind beide um die 20 Jahre jung, als sie sich -1961- beim Studium in Leningrad kennenlernen und verlieben. Es ist eine sehr innige Liebe - sehr ungewöhnlich für zwei so junge Menschen. Es ist auch eine Liebe, die nie richtig frei ausgelebt werden kann. Alle Versuche des jungen Paares, sich dem Druck der prominenten Polit-Eltern und ihrer Macht zu widersetzen, sind nicht geglückt. Verbote, Alkoholismus und häusliche Gewalt, Entmüdigung, werden Beates Leben nach der Zwangsscheidung von Ivano, prägen. Ivanos biografischer Werdegang bleibt so gut wie unbeachtet, aber auch er, wird in seinem Leben nicht mehr zur Ruhe kommen. Getrennt, vergessen, ausgelöscht kommen sie beide zu Tode - Beate in Ost-Berlin 1991, Ivano in Rom 2007 - beide erschlagen.

    Dokumentarische Erzählung:

    Ines Geipel gelingt mit dieser kurzen Erzählung eine dokumentarische Aufzeichnung politischer Ereignissen der Nachkriegszeit, die heute kaum noch erinnert werden. Auf knapp 200 Seiten und mit einzelnen Fotografien ausgestattet, nährt sich die Autorin sehr zaghaft, zwei jungen Menschen, die sich einfach nur ineinander verliebt haben und zur falschen Zeit am falschen Ort eingefunden haben.
    Für die Erzählung konzipiert die Autorin, die Erzählerin Anni Paoli, eine Kunststudentin „… die Letzte, die Einzige von uns, die noch weiß.“ Anni weiß tatsächlich viel. Sie ist die Chronistin, die investigative Freundin Ivanos. Im Auftrag der Autorin Ines Geipel, zieht Anni einen zeitlichen und geopolitischen Bogen: Vom toskanischen Dorf Cigoli bis nach Paris, Leningrad und Ost-Berlin, vom Jahr 1945 bis zum Jahr 2007. In einigen Rückblenden berichtet sie über die Unruhen in Italien und Frankreich, umreißt den Mauerbau, die angespannte politische Lage zwischen Ost und West. An einer Stelle im Buch heißt es etwa: "Nachkriegszeit ist Vorkriegszeit!" Der Handlungsverlauf findet in einzelnen Kapiteln statt, die außergwöhnliche Titel tragen: " Anni, was ist denn? Komm doch!" oder "Im von der Sonne abgewandten Teil des Mondes", zum Ende "Jede Epoche hat ihre Hafenarbeiter" und am Ende "Alles sehr kontinental"! Dabei beschreibt sie insbesondere das Schicksal der Menschen in Cigoli, aber auch die Studentenbewegungen in Paris, und sie bleibt immer auf den Spuren Ivanos. Über Beate Ulbricht selbst, kann die Erzählerin Anni nur zitieren. Beas Leben als Adoptivtochter - „das erste Staatskind der DDR“ - der Ulbrichts, einer mächtigen politischen Familie, wird nur aus Annahmen, aus Berichten Dritter rekonstruiert.

    „Und sie, unterbrach ich ihn, was ist eigentlich mit ihr? Wir rauchten beide. Ivano sagte: Ich weiß bisher nur, was sie über sich selbst erzählt hat. Dass sie letztlich auch eine Maria ist. Sie hieß anfangs Maria Pestunowa und ist zwei Jahre jünger als wir. Jemand hat ihr später erzählt, dass sie die Tochter einer ukrainischen Zwangsarbeiterin ist, die kaum zehn Wochen nach ihrer Geburt bei einem Bombenangriff in Leipzig ums Leben kam. Einen Vater hat es nicht gegeben, zumindest konnte sie nichts über ihn in Erfahrung bringen. Ein älterer Mann fand sie zwischen den Trümmern und gab sie beim Leipziger Jugendamt ab. Von dort wurde sie in ein Dresdner Waisenhaus gesteckt.“ (Auszug aus: Ines, Geipel. „Tochter des Diktators.“ Klett-Cotta, 2017. iBooks.)

    Ines Geipel lässt Anni zum Ende des Buches hin, in Bezug auf Beates Leben, viel recherchieren. Sie spürt Nachbarn und Bekannte von Beate in Berlin nach, sie spricht mit vielen Zeitgenossen von Ivano in Cigoli. So sagt Anni an einigen Stellen im Buch: "so könnte es gewesen sein", wenn sie Beas Gespräche mit den Adoptiveltern Ulbricht nacherzählen möchte …Die Ulbrichts werden als machtliebende und mächtige Eltern beschrieben. Sie erscheinen nur als "Eltern" auf. Warum sie Beate letztendlich wirklich adoptiert haben bleibt unklar. Zu banal wäre es zu behaupten, sie wollten ein Vorzeigekind. Oder doch! Liebe und Zuneigung hat Beate von den Ulbrichts niemals bekommen. Umso mehr verwundert die tiefe Abneigung und Abweisung Ivanos. Letztendlich war Bea ihren Adoptiveltern völlig gleichgültig, Walter Ulbricht bedachte sie nicht einmal im Testament. Lotte Ulbricht nahm ihr die Kinder weg und setzte sie unter ihre Vormundschaft, erbden durfte aber keiner. Und immer wieder fragte ich mich beim Lesen, warum all die Mühe? Schlichter Machtwahn!?

    Ines Geipel hat die Archive in Cigoli, Moskau und Berlin aufgesucht und die STASI Unterlagen über Beate Matteoli eingesehen. Sie hat Gespräche in Cigoli und Berlin geführt – Beate Matteoli wohnte zum Schluss in Berlin-Pankow - und hat auf eine sehr gute, sehr nahegehende Art und Weise die tragische Lebens- und Liebesgeschichte von Bea und Ivano nachgezeichnet. Aber es bleiben viele Fragen offen!

    Mein Eindruck: Kein einfach zu lesendes Buch. Am Anfang sind die Zeitsprünge, die zeitlich versetzte Handlungsentwicklung, etwas unübersichtlich. Das ist aber umso lesenswerter, je mehr die beiden Protagonisten in den Mittelpunkt der Handlung rücken, je mehr die Ulbrichts in die literarische Betrachtung geraten. Nicht immer muss und kann man die Meinung der Autorin teilen – war die DDR wirklich ein Gefängnis, ist Walter Ulbricht ein Diktator gewesen? ...Besonders beeindruckt hat mich diese Kombination aus Fakten und Fiktion, aus Chronik und Literatur, die Ines Geipel hier wunderbar zusamenbringt. Die Auseinandersetzung mit dem Buch ist ein wichtiger Aspekt - mit diesem Buch kann man sich lange auseinandersetzen, immer wieder nachlesen und es fallen Formulierungen auf, die beim ersten Lesen überlesen wurden.
    Auf jeden Fall ein hochinteressantes Buch, welches gerne auch über meinen Buch-Shop käuflich zu erwerben ist!

    Ines Geipel, Tochter des Diktators
    Roman
    Klett-Cotta Verlag
    ISBN 978-3-608-98311-1
    ca. 198 Seiten, gebunden
    € 20,00

  10. Cover des Buches Unser Kampf (ISBN: 9783596177783)
    Götz Aly

    Unser Kampf

     (9)
    Aktuelle Rezension von: Sokrates
    Noch bevor ich Götz Aly's Buch "Unser Kampf" zu lesen begann, interessierte ich mich für die hierzu erschienenen wissenschaftlichen und nicht-wissenschaftlichen Rezensionen. Insbesondere bei Amazon wurde in den Rezensionen kontrovers diskutiert; auch der zu Götz Aly bestehende Wikipedia-Artikel lässt das vorliegende Werk nicht außer Acht. Hierbei fällt auf, dass Aly so einige Kritik seitens namhafter Historiker "gefangen" hat, so insbesondere von Norbert Frei. Genereller Hauptvorwurf sei sein ungelungener und nicht substantiierter Vorwurf, die 68er Generation habe Ähnlichkeiten mit der 33er-Generation. Zunächst war auch ich bei dieser These abwartend, ob dessen, was Aly hierzu schreiben würde. In der Zusammenschau seiner Argumente muss ich jedoch feststellen, dass sich gewisse grundlegende Ähnlichkeiten in den Strukturen erkennen lassen. Dass der Autor hierfür so viel scharfe Kritik eingefangen hat, befremdet, denn m.E. tritt das Buch nicht als "wissenschaftliche Analyse", denn als Anstoß einer Debatte an, die mitnichten liebevoll geführt werden soll. Aly ist Zeitzeuge, selbst ehemaliger 68er, welcher sich auch engagiert hat. Er blickt heute zurück, resümiert und ist hierbei auch nicht ohne Selbstkritik, wenn er feststellt, dass sich die 68er in vielerlei Hinsicht sehr radikal und dogmatisch verhielten - in eben ähnlicher Weise, mit ähnlichen Ansinnen und Motivationen wie die 33er-Generation. Sein Buch erscheint als mir als Essay; provokant geschrieben und sich mit Schriftquellen auseinandersetzend, die bislang so noch nicht verarbeitet wurden. Ich habe es als sehr anregend, als gute Lektüre für eine kritisch-reflektierende Auseinandersetzung mit der 68er-Generation verstanden und halte es daher für durchaus lesenswert.
  11. Cover des Buches 1968. Handbuch zur Kultur- und Mediengeschichte der Studentenbewegung (ISBN: 9783476020666)
  12. Cover des Buches Stromzeit (ISBN: 9783942066037)
    Andreas Völker

    Stromzeit

     (2)
    Aktuelle Rezension von: Buecherfee82
    Mit Stromzeit ist es Andreas Völker ziemlich gut gelungen ein schönes, trauriges und sehr fessendes Buch zu schreiben. Von seinen Eltern wird er von ein Heim ins andere gesteckt, weil er unter anderem in der Schule nicht aufpasst, was damals als unerzogen galt. Was jedoch zu diesem Zeitpunkt niemand wusste, ist dass Andreas Völker ADS hat, dieses wurde jedoch erst im späten erwachsenen Alter diagnostiziert. Das Buch handelt von der Zeit im Kinderheim Schloss Beuggen, in denen die Religion, Gehorsam und Sittlichkeit an oberster Stelle standen. Mädchen und Jungen waren immer streng voneinander getrennt. Die Jungs mussten im Garten helfen, das Schloss schrubben und in der Küche mit anpacken. Unachtsamkeit, Tollpatschigkeit und Faulheit wurden bestraft. Schläge war für die meisten Erzieher das einzige Wahre. Dabei war es egal, ob es Ohrfeigen gab, Backpfeifen mit dem Schlüsselbund, oder Schläge mit dem Stock. Jeder, der nicht gefühlslos ist, bekommt während des lesens Mitleid mit den Jungs, oder Haß auf Jungs, die andere nieder machten. Ziemlich oft habe ich mir gewünscht, ich könnte Andreas adoptieren und ihm die Aufmerksamkeit und Liebe schenken, die er als kleiner Junge so gebraucht hätte. Dieses Buch ist jedem zu empfehlen.
  13. Cover des Buches Die verspielte Revolution (ISBN: 9783896671905)
  14. Cover des Buches Das Erbe der 68er (ISBN: 9783775156189)
    Magdalena Paulus

    Das Erbe der 68er

     (2)
    Aktuelle Rezension von: cho-ice

    Dieses Buch ist so vielschichtig, dass es sich nur schwer in ein Genre oder eine Kategorie einsortieren lässt. Magdalena Paulus analysiert in „Das Erbe der 68er“ treffsicher und pointiert die Ursprünge und Hintergründe der Studentenbewegung. Schonungslos hinterfragt sie die damaligen Ziele und heutigen Ergebnisse der Kulturrevolution und schärft insbesondere auch den Blick des Lesers für deutsche Besonderheiten (denn nicht überall auf der Welt verlief sie so wie hier). Dabei spart sie nicht mit Kritik am Verhalten des Establishments und der Kirchen, damals wie heute.

    Paulus beschreibt jedoch in Auszügen ebenfalls ihre persönliche Geschichte, die eng mit der Studentenbewegung verknüpft ist. Geboren in Köln als Kind einer Arbeiterfamilie war sie ein aktiver Teil davon und erlebte hautnah mit, was viele heute nur aus dem Fernsehen und geschichtlichen Rückblicken kennen. „Das Erbe der 68er“ ist also auch ein wertvolles Stück Zeitgeschichte – und besonders selten daran ist, dass Paulus in ihrer Analyse weitestgehend objektiv bleibt.

    Ihr Schreibstil lebt von ihrem Werdegang – als freie Journalistin versteht sie es, die Dinge auf den Punkt zu bringen und zuzuspitzen. Das Buch ist zudem stark gegliedert und mit vielen Unterkapiteln versehen, was das Lesen von fast 300 Seiten leichter und flüssiger macht. Ich habe das Buch nicht am Stück, sondern in mehreren „Häppchen“ gelesen und hatte keine Probleme, immer wieder reinzukommen, was in meinen Augen sehr für die Vorgehensweise der Autorin spricht. Schön hätte ich persönlich ein Stichwortverzeichnis gefunden.

    Dem Leser sollte klar sein, dass „Das Erbe der 68er“ keine Unterhaltungsliteratur, sondern ein Sachbuch ist – zwar gut geschrieben, aber anspruchsvoll. Magdalena Paulus schreibt hier in erster Linie für Menschen mit einer akademischen Ausbildung und/oder Menschen, die sehr belesen sind.

    „Das Erbe der 68er“ ist daher empfehlens- und lesenswert für …

    - alle, die ein Interesse an (jüngerer) Geschichte haben und erst nach 1980 geboren sind,

    - jeden (Christen), der begreifen möchte, warum unsere Gesellschaft heute so ist, wie sie ist,

    - Christen jeglicher Konfession, die bereit sind, sich hinterfragen zu lassen,

    - Christen in Leitungspositionen (Pastoren/Pastorinnen, Gemeindereferenten/-referentinnen, Jugendleiter/innen, …), sowie

    - Studenten mit Soziologie, Sozialwissenschaften, Geschichte oder Gesellschaftswissenschaften im Haupt- oder Nebenfach.

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