Bücher mit dem Tag "algerien"

Hier findest du alle Bücher, die LovelyBooks-Leser*innen mit dem Tag "algerien" gekennzeichnet haben.

144 Bücher

  1. Cover des Buches Die Pest (ISBN: 9783499006166)
    Albert Camus

    Die Pest

     (515)
    Aktuelle Rezension von: Elektrifix

    Die Geschichte spielt in Oran, einer Stadt an der Küste Algeriens in den 40er Jahren (194+). Sie könnte aber jeder Zeit, überall genauso geschehen.


    Das “normale” Leben wird durch das Massensterben von Ratten zunächst nur oberflächlich gestört. Und auch als die ersten Menschen an einer geheimnisvollen Krankheit sterben, wird die “Sache” klein geredet, bzw. ignoriert.


    Erst als die Stadt hermetisch abgeriegelt wird, begreifen die Bewohner den Ernst der Lage.


    Der Erzähler beschreibt neben Dr. Rieux, einem Arzt, der bis zur körperlichen und seelischen Erschöpfung versucht zu helfen, um festzustellen, dass er “nur” noch der Verwalter der Kranken ist, einige weitere Charaktere sehr detailliert. 

    Diese Menschen versuchen dan zusammen mit dem Doktor, der Lage Herr zu werden.


    Große Themen sind: Die Trennung von liebenden Menschen, die Verhaltensveränderungen der Menschen in den verschiedenen Stadien der Epidemie, der Tod und die Vereinsamung.


    Die Erfahrungen mit Corona (COVID-19) machten mich beim Lesen sehr betroffen, so dass ich schon Mal ans Abbrechen dachte. Ich habe aber “durchgelesen” und es nicht bereut.



  2. Cover des Buches Ein sterbender Mann (ISBN: 9783499272165)
    Martin Walser

    Ein sterbender Mann

     (26)
    Aktuelle Rezension von: KINSKINSKI

    Gut, die Hauptfigur ist nicht sonderlich sympathisch. Wer depressive Menschen kennt oder selbst betroffen ist weiß aber, dass der Autor bei der Figurenentwicklung damit nur korrekt gearbeitet hat. Die Geschichte erfährt keine Steigerung. Da sie aber nicht dahinplätschert fällt das nicht negativ auf. Was sich schon negativ auf meinen Lesefluss und meine Leselust ausgewirkt hat, war die wirre Vermischung vieler Elemente. Es wechseln die Erzählperspektive, die Textsorte, der Fokus….. Insgesamt hat der Roman auf mich unausgegoren gewirkt. Gelesen habe ich ihn dennoch (gerne).

  3. Cover des Buches Der Mythos des Sisyphos (ISBN: 9783644026612)
    Albert Camus

    Der Mythos des Sisyphos

     (120)
    Aktuelle Rezension von: tristannolting

    Albert Camus stellt existentielle Fragen. Das ist eine der vielen Dinge, die ihn als Philosoph auszeichnen. Und damit hilft er auch anderen Menschen, die wichtigen Dinge des Lebens neu einzuordnen. 

  4. Cover des Buches Camus (ISBN: 9783499628016)
    Iris Radisch

    Camus

     (22)
    Aktuelle Rezension von: UteSeiberth
    Mit großem Interesse habe ich diese Biografie von Iris Radisch gelesen,bei der man deutlich merkt,dass sie Camus und seine
    Bücher sehr gut kennt.Es ist eine schöne Würdigung zum 100.
    Geburtstag von Camus und zeigt sein Leben,das in einer armen Gegend in Algerien beginnt bei einer Mutter,die nicht sprechen kann
    um in Paris Sartres Gegenspieler zu werden.Camus ist mir noch sympathischer geworden durch seine philosophischen und moralischen Ansichten,die ich so genau nicht gekannt hatte.
    Schade,dass er so früh verstorben ist !Wer weiß,was er noch
    alles geschrieben hätte!
  5. Cover des Buches Die dunkle Talion (ISBN: 9783738650907)
    Wolfgang Haupt

    Die dunkle Talion

     (13)
    Aktuelle Rezension von: SaintGermain
    Das Cover ist einfach und trotzdem auffällig.
    Durch den Schreibstil werden die Figuren lebendig, sodass man sie sich nicht nur sehr gut vorstellen kann, sondern auch mit ihnen mitfühlen. Der Spannungsbogen zieht sich über das gesamte Buch. Das Ende war für mich sehr überraschend, das ganze Buch wirkt sehr logisch konstruiert.
    Fazit: Toll erzählter Thriller. Absolute Leseempfehlung
  6. Cover des Buches Havarie (ISBN: 9783867542326)
    Merle Kröger

    Havarie

     (17)
    Aktuelle Rezension von: Birkhenne
    Ein Roman über die Begegnung zwischen einem Schlauchboot und einem Kreuzfahrtschiff  auf dem Mittelmeer! Hört sich interessant an, ist es aber leider nicht. 
    Warum dieses Buch auf die Bestenliste in der KrimiZEIT gekommen ist, erschließt sich mir nicht.

    Dieses Buch macht einfach nur schlechte Laune! Vielleicht ist das auch beabsichtigt mit diesen kurzen abgehackten Sätzen, wie "Vogel friss oder stirb!".
    Es ist eine Geschichte über das Drama im Mittelmeer, wie sie realistischer kaum sein kann....
    Als Krimi würde ich dieses Buch aber keineswegs bezeichnen! Es liest sich eher wie ein Zeitungsartikel in stichpunktartigen Sätzen, wahrscheinlich eher die Drehbuchvorlage für den Film, der noch in diesem Jahr in die Kinos kommen soll.
    Am Anfang des Buches hat mich der abgehackte Schreibstil noch nicht sehr gestört aber nach und nach war er für mich lesehemmend. Ich hatte keine Lust mehr weiterzulesen, was mir nur selten passiert. In diesem Fall könnte der Film um Längen besser werden....
    Eine Krimihandlung findet man in diesem "Krimi" nicht!
  7. Cover des Buches Die Kunst zu verlieren (ISBN: 9783827013736)
    Alice Zeniter

    Die Kunst zu verlieren

     (15)
    Aktuelle Rezension von: renee

    "Die Kunst zu verlieren" habe ich in einem Lese-Marathon beendet und ich habe ein wirklich wunderbares Buch gelesen. Ein weiterer Anwärter für renee`s Best 2020. Ein Blick nach Algerien und ein Blick auf seine Kolonialmacht Frankreich, ein Blick auf den algerischen Unabhängigkeitskrieg und ein Blick auf die Harkis (Algerier, die für Frankreich in den beiden Weltkriegen gekämpft haben) und ihr Schicksal und ebenso ein Blick auf das Schicksal ihrer Nachkommen und gleichzeitig auch viele erhellende Worte über daraus resultierendes Geschehen in Frankreich. Genauso ist dieses Buch ein Blick auf die Kabylen und deren Arabisierung. Und ebenso ist dieses Buch eine interessante Familiengeschichte mit einer interessanten Sprache und ich kann nur begeistert rufen: LESEN!!! Denn wer mich und meine Art Rezensionen zu schreiben kennt, wird wissen: dieses Buch habe ich geliebt!


    Es gibt in diesem Roman drei Hauptpersonen einer Familie, die alle ihre Geschichte erzählen. Da haben wir einmal Ali, ein Bauer aus der Kabylei, ein berberisches Gebiet im arabischen Nordalgerien. Die Berber sind eine Urbevölkerung in Nordafrika, die durch eingewanderte arabische Stämme seit dem 11. Jahrhundert langsam und teilweise auch radikal arabisiert wurden. Trotzdem haben sich in Rückzugsgebieten überall in Nordafrika berberische Stämme behaupten können, wie zum Beispiel die Kabylen im algerischen Teil des Tellatlas Gebirges. Als nächstem Aggressor haben sich die Kabylen dann der Kolonialmacht Frankreich stellen müssen. Alis Schilderung des Lebens in der Kabylei handelt von der Stellung der Kabylen im arabischen Algerien und ebenso von der Stellung der algerischen Urbewohner (Araber und Berber) gegenüber den Franzosen. Beides sollte man zum besseren Verständnis des Buches wissen. Und ebenso geht es um die Harkis und ihre Familien. Die Harkis waren Hilfstruppen der französischen Armee, aus algerischen Einwohnern bestehend, wurden einerseits als Unterstützung der Kolonialmacht Frankreich in Algerien eingesetzt und waren andererseits Unterstützung der französischen Truppen in den beiden Weltkriegen, dazu wurde in Algerien die allgemeine Wehrpflicht eingeführt. So kämpften für Frankreich im ersten Weltkrieg 90000 Algerier und im zweiten Weltkrieg 66000 Algerier, nur um einmal ein paar Zahlen zu hören und damit eine Dimension vermittelt zu bekommen. Und genau diese Algerier und ihre Familien wurden dann im Unabhängigkeitskrieg und auch danach von der FLN (Nationale Befreiungsfront) verfolgt. Auch Ali war so ein Harki und auch er, wie so viele andere Harkis, muss sich eine neue Heimat suchen und feststellen, dass er in der neuen Heimat Frankreich ebenso ungern gesehen ist, wie in seiner eigentlichen Heimat Algerien. Sein Sohn Hamid, noch in Algerien geboren, versucht in der neuen Heimat Fuß zu fassen, anzukommen, sich anzupassen, Franzose zu sein. Es bestehen zwischen Vater und Sohn Differenzen/ungesagte Dinge/Entfremdungen. Alles mündet schließlich in einer Verleugnung der Vergangenheit, die schließlich Naima, die Tochter Hamids herausfinden möchte und deshalb auch in die Kabylei reist. Eine aufgeklärte Einwohnerin Frankreichs reist in die Kabylei und ein weiteres Thema taucht auf, die Frauenrechte, die immer stärker werdenden Einschränkungen, denen Frauen unterworfen werden. Einschränkungen, die von reaktionären Kräften eingesetzt werden. Denn diese Einschränkungen haben nicht mit dem Islam etwas zu tun, sondern mit dessen Auslegung. In der völkerkundlichen Literatur sind immer wieder recht fortschrittliche Frauen in arabischen und berberischen Stämmen zu bewundern. Gerade bei den arabischen Beduinen ist dies öfters der Fall, repräsentieren sie ja auch eine sehr alte arabische Kultur.


    Alles in allem ist "Die Kunst zu verlieren" ein recht informatives und thematisch sehr reiches Buch, welches trotzdem nicht überladen daherkommt und dazu noch sehr interessante Charaktere und eine wunderbare Sprache aufweist, dies alles erklärt auch in meinen Augen die mehrfache Auszeichnung dieses wundervollen Romans. 

  8. Cover des Buches Bruno Chef de police (ISBN: 9783257261219)
    Martin Walker

    Bruno Chef de police

     (269)
    Aktuelle Rezension von: FranGoldsmith

    Bruno Chef de Police von Saint-Denis versucht einen vermeintlich rassistischen Mord in seinem geliebten Dorf aufzuklären. Im Vordergrund steht aber mehr das Leben des gutgelaunten und sympathischen Junggesellen, der vor allem den Genuss der einheimischen Produkte wie Käse und Wein der französischen Provinz in allen Einzelheiten erklärt aber auch von der Frauenwelt nicht gänzlich abgeneigt ist. 

    Das Buch ist wirklich gut geschrieben, die französischen Wörter haben für mich den Lesefluss nicht gestört sondern mich eher angespornt mein Französisch wieder aufzufrischen. Die Charaktere sind sympathisch und Das Buch war sehr kurzweilig. Was mich aber dazu zwingt meiner Bewertung 2 Sterne abzuziehen ist der Schluss. Die Auflösung des Falles an sich war gut, nur was danach passiert war für mich nicht befriedigend. Es macht auf mich den Eindruck, dass der Autor selbst nicht recht wüsste, wie er die politische Misere am geschicktesten auflösen soll und hat dann einfach gefühlt Garnichts getan. Ich habe das Buch dann etwas enttäuscht ins Regal gestellt. Aber gleich den zweiten Teil rausgeholt, da mir der Schreibstil und Bruno als Chef de Police von Saint-Denis doch sympathisch waren. Vielleicht ist das Ende von Teil zwei dann etwas gelungener.  

  9. Cover des Buches Nichts bleibt je vergessen (ISBN: 9783453355705)
    Claudia Vilshöfer

    Nichts bleibt je vergessen

     (49)
    Aktuelle Rezension von: Antje_Melanie_Schneider

    Dein Mann will Benzin holen und kommt nicht wieder..

    Sarah und ihr frisch angetrauter Gatte Mark befinden sich in den Flitterwochen in Italien. Was so romantisch anfing, endet in einem Albtraum. Als mitten in einer Einöde der Tank leer ist, macht Mark sich mit einem Kanister auf den Weg, um Benzin zu holen. Es vergehen Minuten. Es vergehen Stunden. Doch Mark kommt nicht wieder…

    Spannender Anfang – doch das war es dann auch schon

    Ich muss sagen, dass die Grundidee mir super gefallen hat. Zwei Ängste wurden hier gleich zu Beginn gebündelt. Erstens: mitten in der Pampa mit dem Auto abzusaufen. Und zweitens: auf die Rückkehr des Mannes zu warten, der nicht wiederkommt. Das hatte Potential! Und am Anfang habe ich auch richtig mitgefiebert, doch dann verging plötzlich die Zeit so schnell – und damit meine ich nicht meine Lesezeit, sondern die Zeit im Buch. Auf einmal war ein Tag vergangen, dann mehrere Wochen, dann Monate und schließlich plötzlich ein Jahr! Nanu? Warum das denn? Und nach einem Jahr kehrt die Protagonistin Sarah dann zurück nach Italien und nimmt die Suche nach ihrem Mann auf. Zuvor hatte sie zwar auch mit den Carabinieri (der italienischen Gendarmerie) gesprochen, doch dann war einfach ein Jahr lang Pause. Das hat bei mir tatsächlich für Unmut gesorgt, denn ich verstand nicht, warum Sarah nicht sofort aktiv wurde und stattdessen ein Jahr lang wartete um sich auf die Suche zu begeben..

    Sowohl die Geschichte also auch der Schreibstill waren passiv..

    Die gesamte Erzählweise war sehr passiv. Es wurde von seltsamen Geschehnissen, die sich zugetragen haben, in der Vergangenheit gesprochen. Alles war schon passiert und (fast) nichts passierte tatsächlich im Hier und Jetzt, sodass man mit der Protagonistin hätte mitfiebern können. Dialoge, die interessant und aufregend hätten sein können, wurden einfach nur in der indirekten Rede wiedergegeben. Dadurch hatte ich oft das Gefühl, als wäre ich nicht richtig im Geschehen – alles wirkte so distanziert. Selbst der pragmatische, sachliche Schreibstil trug dazu bei, dass ich das Gefühl bekam, als würde ich ein Sachbuch in den Händen halten. Ich bin ein starker Emotionsmensch, deswegen möchte ich beim Lesen die Gefühle – die Hoffnung und die Ängste – des Protagonisten spüren können. Doch durch solch objektiv wirkende Aussagen, wie »Barbara, in deren Blick jetzt der Wahnsinn loderte, lächelte ebenso kalt zurück« wurde einfach alles abgemildert. Das fand ich sehr schade.

    Lediglich der gelegentliche Perspektivenwechsel zu Mark (nach etwa der Hälfte des Buchs) war interessant. Dadurch hat man das Gefühl bekommen, dass seine Vergangenheit nicht rein ist (so wie der Buchtitel ja vermuten lässt). Das hat für etwas Neugierde gesorgt.

    Auch das Ende des Thrillers war enttäuschend

    Leider hat mich auch nicht das Ende überzeugt. Ich liebe spannende Thriller mit einem überraschendem Ende, doch hier war davon nichts zu sehen. Es wurde noch einiges erklärt, Motive und Handlungen wurden entschlüsselt und das war es dann aber auch schon. Die letzten Seiten waren für mich quälend. So sehr habe ich darauf gehofft, dass noch etwas Unerwartetes passiert – doch Fehlanzeige.

    Aus diesem Grund kann ich das Buch leider nicht empfehlen.


  10. Cover des Buches L'étranger (ISBN: 9782070453177)
    Albert Camus

    L'étranger

     (77)
    Aktuelle Rezension von: berenstein

    Ein Mann lebt in den Tag hinein, gleichgültig, leidenschaftslos. Eines Tages begegnet er einem Araber am Strand. Es gab eine Vorgeschichte, die die beiden verbindet, doch ist das von Belang, von Interesse? Vielleicht, vielleicht auch nicht. Der Mann erschießt den Araber, es wird nicht klar, ob in Notwehr oder nicht.

    Meursault heißt der Mann, der unvermittelt (unmotiviert?) zum Mörder wurde, der mit ein paar Schüssen das Leben eines anderen auslöschte und deshalb hingerichtet werden soll. Seine Geschichte spielt im Algerien der 30er Jahre, er selbst ist französischer Abstammung. Seine Mutter wurde vor kurzem beerdigt, er beginnt eine Affäre mit einer Frau, er lässt sich von einem mutmaßlichen Zuhälter einspannen – doch warum geschieht das alles, geschieht es ihm, Meursault, das alles?

    No reason. No reason? Vielleicht.

    „Der Fremde“ ist Albert Camus‘ erster Roman und nimmt auf eindrückliche Weise vorweg, was die Philosophie des Absurden, die von Camus stark geprägt wurde, ausmachen wird. Der Roman ist äußerst sparsam und karg in seiner Sprache, rätselhaft in seiner Handlungsführung. Er bietet keine zu lösende Kriminalgeschichte, er psychologisiert nicht, er hat keine Antworten, keine (Er-)Lösungsansätze. Nichts dergleichen.

    Kein Wort zu viel, die Dinge geschehen. Und am Ende – ja, und am Ende.

  11. Cover des Buches La Peste (ISBN: 9782070349579)
    Albert Camus

    La Peste

     (29)
    Aktuelle Rezension von: Ein LovelyBooks-Nutzer
    Das Zeitalter von Seuchen und Unglück.. die Aussichtlosigkeit der Menscheit im Kontrast zu Heldentum und Irrsinn
  12. Cover des Buches Der Fremde (ISBN: 9783644026216)
    Albert Camus

    Der Fremde

     (609)
    Aktuelle Rezension von: Drachenbuecherhort

    „Der Fremde“ ist ein Klassiker, der Fragen nach dem Sinn des Lebens, nach Moral und Gerechtigkeit aufwirft. Albert Camus, ein Vertreter des Absurdismus, zeigt uns die Welt aus der Perspektive eines Menschen, der sich von der Gesellschaft entfremdet hat und wegen eines Mordes zum Tode verurteilt wird.

    Von Camus‘ „Der Fremde“ hatte ich mir mehr Tiefe erhofft, etwas, das mich an seine Größe heranführen und mich sein ganzes Werk lesen lassen würde. Schließlich war dieses Buch sein Durchbruch. Bedauerlicherweise war das nicht der Fall.

    Stilistisch ist es schwierig, dem Inhalt zu folgen, da man immer wieder aus dem Lesefluss gerissen wird. Die Erzählform macht den Grund für die einzelnen Handlungen nicht verständlicher. Auch beim Lesen zwischen den Zeilen wird die Frage nach dem Warum und Wieso nicht beantwortet. So wird der Leser an ein Rätsel gestellt, das er selbst zu lösen hat. Er wird herausgefordert, seine eigenen Werte und Urteile zu hinterfragen und sich mit der Absurdität des Menschseins auseinanderzusetzen. Ob sich dies so gut mit der Handlung vereinbaren lässt, sei dahingestellt.

    Bei dem Protagonisten Meursault handelt es sich um einen abgestumpften, passiven und äußerst gleichgültigen Menschen. Er nimmt sein Schicksal widerstands- und hoffnungslos hin und zeigt weder Reue noch Empathie für seine Tat. Das macht die Geschichte frei von Sinneswandel oder Wendung. So sind die Dinge. Es geschieht, wie es geschieht. Es ist die Beschreibung eines Lebens ohne Sinn und ohne Ziel.

    Gegen Ende habe ich gehofft, dass es noch eine Wendung gibt. Etwas, das wirklich für einen Überraschungseffekt sorgt, aber stattdessen geht die Geschichte geradlinig weiter. Und genau das macht das ganze Buch so unglaublich langweilig. Es mag ein Klassiker sein, aber warum eigentlich?

    Trotz meines Bemühens, mich diesem Werk kritisch, aufgeklärt und mit Sinn für große Literatur zu nähern, ist es mir nicht gelungen zu verstehen, warum „Der Fremde“ als eines der bedeutendsten Werke der Geschichte bezeichnet wird. Aus diesem Grund kann ich keine Leseempfehlung aussprechen.

  13. Cover des Buches Eine Liebe in Prag (ISBN: 9783458360612)
    Jean-Michel Guenassia

    Eine Liebe in Prag

     (9)
    Aktuelle Rezension von: leselea

    Manche Autoren haben das Glück bzw. das Talent, mit ihrem Erstlingswerk Leser und Literaturbetrieb gleichermaßen zu begeistern. Der Roman wird dann auf diversen Long- und Shortlists verzeichnet, erhält vielleicht sogar einen der begehrten Preise und darf sich auf einschlägigen Plattformen über hervorragende Rezensionen freuen. Das zweite Buch des gleichen Autors kann dann nur mit besonderer Spannung erwartet werden: Erfolgt der Sprung vom literarischen Strohfeuer zum Dauerbrenner? Lassen sich thematische Schwerpunkte oder eine große Vielfalt im Inhalt ausmachen? Kristallisiert sich ein Stil heraus oder gibt es vom ersten zum zweiten Buch schon eine markante Entwicklung? Und vor allem: Kann das zweite Buch den hohen Erwartungen gerecht werden?

    Bei Jean-Michels Guenassias Roman Eine Liebe in Prag fällt das Urteil leider eindeutig aus: Kann es nicht! Guenassias erster Roman Der Club der unverbesserlichen Optimisten, 2009 mit dem Prix Goncourt des lycéens ausgezeichnet, hat Millionen Leser verzaubert – auch mich. Ich habe das Werk für seine eindringliche Atmosphäre, die historischen Bezüge, die Entwicklungsgeschichte und die nicht zu leugnende Spannung geliebt und zwar so sehr, dass es seitdem im Regal für die Lieblingsbücher sein Zuhause hat. Doch alles, was das Debüt hatte, geht dem zweiten Roman leider völlig ab: Die Sprache ist hölzern und steif, sodass sich keine Stimmung einstellen will; die Figuren bleiben unscharf und fremd, sodass ihr Schicksal mir egal bleibt; die Handlung ist ohne Ziel, ohne Spannung, sodass mich die Lektüre leider zum größten Teil langweilte.

    Dabei sind die Startbedingungen – wie so häufig – gut: Erzählt wird von Josef Kaplan, einem tschechischen Juden und Mediziner, der in den 1930er Jahren vor den Nazis erst nach Paris, dann nach Algier flieht, um schließlich nach dem Krieg wieder in seine Heimat zurückzukehren. Kaplan ist also eine Figur, die maßgeblich von den Zeitumständen des 20. Jahrhunderts betroffen ist – doch davon merkt man beim Lesen nichts. Das historische Weltgeschehen nimmt zwar seinen kontinuierlichen Lauf, ist aber nur oberflächlich mit den Figuren verbunden oder, schlimmer noch, wird in seiner Bedeutung erzählerisch nicht richtig eingefangen. Es wird trocken, beinahe nacherzählend und abhandelnd in die Geschichte eingespeist, man kann die Fakten aufnehmen und verstehen, aber man „lebt“ und „fühlt“ sie nicht mit den Figuren. Der Niederschlag des Prager Frühlings? Das Leben unter der tschechoslowakischen Geheimpolizei? Prinzipiell spannende Themen, die man aber hier achselzuckend hinnimmt, für schlimm erachtet und sie doch zwei Seiten später wieder vergessen hat.

    Überhaupt bleibt wenig haften von dieser Geschichte, was auch an der nicht vorhandenen Struktur liegt. Es gibt zwar immer wieder so etwas wie Kapitelanfänge oder klar voneinander getrennte Absätze, auch wird der Roman insgesamt in zwei große Teile unterteilt; doch diese Einteilung kommt einem willkürlich vor, nicht immer erschließen sich diese gesetzten Sinnabschnitte. Diese Fahrigkeit in Kombination mit der fehlenden inhaltlichen Dichte führt leider schnell zu der Frage, was man hier eigentlich liest und warum gerade diese Geschichte erzählt wird. Da hätte es sicherlich spannendere historische oder literarische Figuren gegeben, deren Lebensgeschichte man in den Mittelpunkt eines Romans hätte stellen können!

    Hin und wieder blitzt zwar das Erzählkönnen Guenassias auf, das ich in Der Club der unverbesserlichen Optimisten noch so bewundert habe. Zudem erweist sich überraschenderweise das Ende als sehr gelungen, umso mehr da intertextuelle Bezüge zum Debüt angedeutet werden. Insgesamt ist Eine Liebe in Prag aber das klassische enttäuschende Buch, das auf einen weltweiten Bestseller folgt. Um meine Niedergeschlagenheit zu verarbeiten, muss ich jetzt dringend Der Club der unverbesserlichen Optimisten noch einmal lesen!

  14. Cover des Buches Die Engel sterben an unseren Wunden (ISBN: 9783548288802)
    Yasmina Khadra

    Die Engel sterben an unseren Wunden

     (7)
    Aktuelle Rezension von: Daphne1962

    Der Autor "Yasmina Khadra" hat für sich ein Pseudonym gewählt. Wegen der strengen Zensur hat er den Vornamen seiner Frau ausgewählt. Er lebt in Frankreich im Exil und stammt ursprünglich aus Algerien und ist inzwischen 65 Jahre alt.

    Der in Algerien angesiedelte Roman eines jungen und sehr armen Muslim beginnt im Gefängnis. Dort wartet er auf seine Hinrichtung. Er erzählt von seinen letzten Stunden und wie er die letzten Minuten erwartet.

    Dann lernen wir "Turambo" genauer kennen, als er von seinem Leben erzählt und wie er im Gefängnis gelandet ist. Aber zuerst wurde sein Dorf von einer Flutwelle zerstört und dem Boden gleich gemacht. Er erzählt wie er von Graba nach Oran kam und sich als Junge in den Strassen behaupten musste. Jeder versucht den anderen zu betrügen um die kleinen Einnahmen, die er sich erarbeitet hat. Seine Familie hält allerdings
    zusammen und jeder versucht sein Bestes zu geben. Der Vater ist traumatisiert aus dem Krieg gekommen und hat sich kurze Zeit später davon gemacht. 

    Turambo lernt einen Jungen kennen, für dessen Mutter seine Mutter arbeitet. Sie pflegt diese Frau und dadurch freunden sich Gino und er an. Beide Jungs sind sich eine große Stütze, da sie beide Aussenseiter sind. Gino ist jüdischer Abstammung und Turmabo ist Muslim. Wir erfahren in dieser Geschichte, wie Turambo eine Boxerkarriere anstrebt und ein Leben kennen lernt, von dem er bisher nicht mal geträumt hat. Aber alles hat
    seinen Preis.

    Mir gefallen die Bücher vom Autor sehr gut. Wir lernen das Leben in Algerien in den 30er Jahren kennen und schauen hinter die Charakter-eigenschaften von Menschen, denen Turambo begegnet und die alle nur sein Bestes wollen. Aber will er das alles auch?

    Der Autor erzählt lebendig und es macht Spaß sich in einer anderen Welt zu verlieren, auch wenn sie noch so brutal und traurig erscheint.

  15. Cover des Buches Der Mensch in der Revolte (ISBN: 9783644485310)
  16. Cover des Buches Der Fall (ISBN: 9783644485211)
    Albert Camus

    Der Fall

     (135)
    Aktuelle Rezension von: Ein LovelyBooks-Nutzer
    Dieser im Jahr 1957 veröffentlichte schmale Band enthält die Lebensgeschichte des Pariser Anwalts Johannes Clamans. Im Stil eines Gesprächs gibt er sich in einem Zeitraum von fünf Tagen einem fiktiven Dialogpartner im Amsterdamer Hafenviertel zu erkennen. Geschildert werden der kometenhafte Aufstieg des jungen Mannes in der Pariser Gesellschaft, begünstigt durch ein Wesen, dass durch Eigenliebe, Opportunismus und einen Mangel von Empathie gekennzeichnet ist. Durch seine Zeugenschaft bei einem Suizid einer jungen Frau gerät sein Welt- und Selbstbild ins Schwanken. Er verlässt den eingeschlagenen Weg und hält nun mit Hilfe seiner Selbstanklage den Menschen den moralischen Spiegel vor. Doch ist diese Veränderung nicht durch Läuterung gekennzeichnet, sondern von dem Versuch, sich selbst zu ent- und den Gesprächspartner zu belasten, sodass dieser gezwungen wird, seine eigene Lebensbeichte abzulegen. Camus schafft es, auf knapp 120 Seiten eine große Menge von Themen anzusprechen. Liebe, Glaube und Gemeinschaft bilden hier die Pfeiler der Argumentation, welche den Leser nachdenklich und betroffen zurücklässt. Dass der Autor hierfür den Nobelpreis erhielt, ist mehr als nachvollziehbar. Ein Muss für jeden, der sich für die Triebfedern menschlichen Handelns und des "Pudels Kern" der Gesellschaft interessiert.
  17. Cover des Buches Das größere Glück (ISBN: 9783104038308)
    Richard Powers

    Das größere Glück

     (39)
    Aktuelle Rezension von: Skrutten
    Auch wenn es ein wenig Geduld kostet, den verschiedenen Handlungssträngen zu folgen, lohnt sich die Konzentration. Ja, diese ist außerdem notwendig, um die unregelmäßig auftretenden Passagen "richtig" lesen zu können, in denen der Autor den Leser komplett aus der Story heraus reißt und über Handlungsstrang und Personen sinniert. Ein interessanter Effekt, der mich keineswegs um den Genuss an diesem Buch gebracht hat. 

    Einzig die letztlich pessimistische Grundhaltung des Romans bedauere ich ein wenig ...
  18. Cover des Buches Der Schleier des Schweigens (ISBN: 9783453873162)
    Djura

    Der Schleier des Schweigens

     (13)
    Aktuelle Rezension von: -BuchLiebe-

    Dies ist nicht das erste Buch, welches ich zu dem Thema gelesen habe, daher kommt mir einiges doch bekannt vor.


    Allerdings kann man sich als Westeuropäer nur sehr schwer vorstellen wie es ist sich diesen Situationen ausgesetzt zu sehen. Und was genau das für einen selbst bedeutet so aufzuwachsen und erzogen zu werden. Ich überlege ob die Ansichten der Autorin heute anders wäre, wenn sie in sehr jungen Alter nicht nach Frankreich gezogen wäre sondern weiterhin in Algerien gelebt und keine andere "Art" von Leben kennen gelernt hätte?


    Ein interessantes Thema und ein erschütterndes Buch. Die Autorin hat viel Kraft und Mut sich dem allen zu stellen und nicht daran zugrunde zu gehen. Die Schilderungen sind wirklich schrecklich und es ist schwer vorstellbar das auszuhalten.


    Leider überzeugt mich die Schreibweise/Erzählweise nicht 100%. Es definitiv sehr interessant und lesenswert. Aber so richtig nah an ihre Gefühle lässt man den Leser nicht heran. Ab und an gibt es einige Längen/Wiederholungen, anderes ist dafür sehr abgespeckt wo man gerne etwas mehr erfahren hätte.


    Fazit: Absolut lesenswert und sehr interessant, wenn man sich für das Thema interessiert.

  19. Cover des Buches La Grande Bleue (ISBN: 9783981843002)
    Helga Hutterer

    La Grande Bleue

     (7)
    Aktuelle Rezension von: Bkwrm
    La Grande Bleu von Helga Hutterer beschreibt einerseits spannende und bedrückende Informationen aus der Geschichte Algeriens und andererseits viele Episoden aus der Biographie der Autorin. Diese Kombination ist sehr authentisch und hat den Leser von Anfang an mitgenommen.
    Beim Lesen hat man das Gefühl vor Ort mit dabei zu sein oder den Wunsch die Orte der Handlung zu besuchen, da die Beschreibung sehr bildhaft ist. Man kann sich gut vorstellen, mit Hannah durch Oran, Paris oder Algier zu reisen. 
    Dennoch war ich am Ende etwas enttäuscht, da sich die Geschichte, die mit Krieg, Gewalt, Verlust und Terror beginnt, schließlich auf die Geschichte einer unglücklichen Liebesbeziehung zu einem älteren Mann reduziert. Nach allem, was die Autorin von Kindheit an erlebt hat, fand ich dieses Ende unpassend.
    Dennoch war der größte Teil spannend und interessant zu lesen und vor allem eine authentische Darstellung der Ereignisse, die mir zuvor nicht so bekannt waren.
    Insofern hat sich das Buch auf jeden Fall gelohnt. Gut gefallen hat mir außerdem die Gestaltung des Covers und das wertige Papier, etwas altbacken fand ich das Schriftbild. Prinzipiell kann ich es auf jeden Fall empfehlen. 
  20. Cover des Buches Der erste Mensch (ISBN: 9783644004535)
    Albert Camus

    Der erste Mensch

     (74)
    Aktuelle Rezension von: Ein LovelyBooks-Nutzer

    Das Manuskript zu diesem autobiografischen Roman wurde in Camus Mappe gefunden, als dieser bei einem Autounfall tödlich verunglückte. Erst 34 Jahre später wurde es dann zum ersten Mal veröffentlicht.


    Gespiegelt in der Figur des Jacques Comery erzählt Camus von seiner Kindheit, die er mit seiner fast stummen, analphabetischen Mutter und einer dominanten Großmutter im Armenviertel Algiers verbringt. Nur durch die Unterstützung seines Volksschul-Lehrers kann seine mittellose Familie davon überzeugt werden, dass der begabte Junge ins Gymnasium gehört. Vaterlos aufgewachsen (Der Vater fiel im ersten Weltkrieg.), beginnt er über seine Herkunft zu reflektieren. 👤


    Camus Geschichte ist ebenso humorvoll wie berührend. Laut Manuskript ist sie seiner geliebten Mutter gewidmet ("Dir, die Du dieses Buch niemals wirst lesen können").

  21. Cover des Buches Der Club der unverbesserlichen Optimisten (ISBN: 9783518468623)
    Jean-Michel Guenassia

    Der Club der unverbesserlichen Optimisten

     (38)
    Aktuelle Rezension von: Ksenia_Georgieva

    Das Buch ist extrem atmosphärisch und authentisch.

    Dem Autor ist gelungen alles in so einem Detail zu übertragen, dass ich sehr oft das Gefühl hatte wie eine Freiwillige Besucherin dazusitzen, die sehr müde durch Paris Spazieren würde und hat sich im "Balto" gesetzt um eine Tasse Kaffee zu trinken. Ich belausche die Gespräche, innerlich nehme in den Debatten teil und beobachte sehr nachdenklich die Schachspiele, trotz der Tatsache, dass ich selbst nicht spielen kann.

    So viele Ereignisse sind in nur 5 Jahren passiert: romantische, schöne, lustige, aber auch schlechte, traurige und sogar tragische. Man geht alles mit den Protagonisten durch und am Ende ist es extrem schwierig sich zu verabschieden. Fabelhaftes und wunderschönes Buch, das ich nie vergessen werde.

  22. Cover des Buches Die Marseille-Trilogie (ISBN: 9783293205727)
    Jean-Claude Izzo

    Die Marseille-Trilogie

     (46)
    Aktuelle Rezension von: WolffRump
    Jean-Claude Izzo hat drei hervorragende Neo-Noir - Krimis geschrieben, die in einem Sammelband erschienen sind: Die Marseille-Trilogie: Total Cheops, Chourmo, Solea. Inh.: Ein kleiner Polizist mit mehr Freunden unter den Kriminellen, als unter den Kollegen versucht u. a. den Tod zweier Freunde aus seiner eigenen kriminellen Vergangenheit aufzuklären.

    Izzo schreibt sehr realistische Romane, in denen die Grenzen von Polizei und Kriminalität verwischen. Er hat ein Herz für die Verlierer, die Migranten, die Außenseiter. Ein melancholischer Lonely Wolf auf der Suche nach gerechten, aber nicht immer rechtmäßigen Lösungen. Die Trilogie ist auch sprachlich Oberklasse.
  23. Cover des Buches Die Schuld des Tages an die Nacht (ISBN: 9783548610221)
    Yasmina Khadra

    Die Schuld des Tages an die Nacht

     (65)
    Aktuelle Rezension von: Buckshaw

    - Übersetzt aus dem Französischen von Regina Keil-Sagawe - 

    Rezension:

    Younes wächst im ländlichen Algerien auf einer Farm auf. Als diese abbrennt, verschlägt es seine Familie in ein Armenviertel der Stadt Oran. Alle Versuche seines Vaters ihre Situation zu verbessern scheitern und so gibt er Younes fort an seinen Onkel (ein studierter Apotheker, der eine Französin geheiratet hat), um ihm eine bessere Zukunft zu ermöglichen. Fortan heißt der Junge Jonas, führt ein privilegiertes Leben und freundet sich mit den Kindern der französischen Siedler an. Letztlich sitzt er zwischen den Stühlen in allen Belangen, die Algerien spalten: arabisch und französisch, arm und reich, muslimisch und christlich. Mit der zunehmenden Spannung im Land, kulminierend im Unabhängigkeitskrieg, werden die Unterschiede mehr offenbar und der Druck sich zu positionieren steigt. Doch die historischen Ereignisse rauschen an Jonas vorbei und bilden lediglich den Hintergrund der Geschichte, während er passiv zuschaut und seiner verpassten Liebe nachtrauert. Eine tragische Liebesgeschichte, die im Mittelteil des Romans zu viel Raum einnimmt. Ein guter Anfang und ein gutes Ende trösten aber darüber hinweg. Man lernt etwas über die Geschichte Algeriens zwischen den 1930er und 60er Jahren und die verschiedenen Orte sind sehr gut vorstellbar gezeichnet. Die Charaktere sind real, machen Fehler und haben ihre unsympathischen Seiten, aber genau deshalb liest man gerne über sie. Dass die Folgen der Kolonialisierung, die Lage im Land und der Lebensalltag weitestgehend aus der Perspektive der „pied-noirs“, der Algerienfranzosen erzählt wird, hat mir sehr gefallen und verleiht der Geschichte mehr Komplexität, anstatt auf ein simples Schema aus Gut und Böse zurückzugreifen. Dieses spannende Potential konnte der Roman zwar nicht voll ausschöpfen, eine lohnende Lektüre ist er aber dennoch.

  24. Cover des Buches Der Schleier der Angst (ISBN: 9783404270781)
    Samia Shariff

    Der Schleier der Angst

     (81)
    Aktuelle Rezension von: Vera-Seidl

    "Mit der Niederschrift dieses Berichts macht sich Samia zum Sprachrohr von Tausenden von Frauen dieser Welt, die unter ihrem Schleier oder auf andere Weise eine schreckliche Geschichte verbergen. Aber 'Schleier der Angst' ist weit mehr als eine Schilderung von Leid und Unterdrückung. Es ist vor allem eine Geschichte außerordentlichen Mutes", schreibt Lynda Thalie, Schriftstellerin, Lektorin und Übersetzerin, im Vorwort.

     

    Der Mut, von dem Thalie spricht, ist nicht von Anfang vorhanden. Er wächst mit der zunehmenden Bedrohung des Lebens der Autorin und ihrer Kinder.

     

    Die siebenjährige Samia kann den Eltern noch nichts entgegensetzen, als diese beschließen, wieder in ihr Heimatland Algerien zurückzukehren. Als Sechzehnjährige wagt sie einen Widerspruch gegen die Zwangsverheiratung, kann ihr aber nicht entgehen.

    Sie kann sich nicht gegen die Vergewaltigungen und Schläge ihres Ehemannes schützen und 

    auch nicht verhindern, dass ihr ihr erster Sohn weggenommen wird.

     

    Ihre Eltern, ihre Brüder und ihr Ehemann glauben sich im Recht. "Nach dem Credo der Fundamentalisten muss man rein sein, um ins Paradies aufgenommen zu werden. Man kann sich reinigen, indem man sich mit dem Blut des Menschen wäscht, der als beschmutzt gilt", schreibt Shariff auf Seite 97.

     

    Aus gegenwärtiger, westlicher Sicht ein Irrglaube mit fatalen Folgen für die Frauen in der islamischen Welt. Aber ist die christliche Predigt von der Erbsünde, Sigmund Freuds Theorie vom Penisneid der Frauen oder die florierende Sexindustrie besser, habe ich mich gefragt.

     

    Steckt nicht hinter und in den Bärten der Männer eine noch größere Angst, wenn sie Frauen seit Jahrtausenden unterdrücken?

    Die Flucht nach Montréal gelingt Samia mit ihren fünf Kindern am Anfang der Jahrtausendwende mit gefälschten Pässen. Im jetzigen, digitalen Zeitalter mit hinterlegten Fingerabdrücken eine Unmöglichkeit, meine ich. Die Machthaber haben ihre Kontrollmechanismen verfeinert. Sie säen die Angst nicht mehr nur mit verbalen Drohungen.

     

    In den neunziger Jahren in Algerien kann Samias älteste Tochter Norah ihren Vater noch zur Einwilligung in die Scheidung zwingen, indem sie damit droht, ihn wegen Kindesmissbrauchs anzuzeigen. Hätte sie damit fast dreißig Jahre später auch noch Erfolg?

     

    Bei Netzfrauen fand ich folgende Aussage vom 10. Mai 2023: "Die Sahara in Algerien ist momentan Aufenthaltsort für etwa hunderttausend Geflohene, die dort in Flüchtlingslagern verharren. Obwohl das algerische Recht die Grundrechte von Kindern garantiert, sieht die Realität ganz anders aus: Der Missbrauch von Flüchtlingskindern ist ein Thema, das in Algerien angegangen werden müsste. Da aber auf Grund von Armut selbst die Kinder, die in Algerien geboren werden, von Menschenhändlern geraubt werden, fragt niemand, wenn auch Flüchtlingskinder plötzlich verschwinden, oder irgendwo nach einem Missbrauch tot aufgefunden werden."

     

    Samia gehörte im Heimatland ihrer Eltern nicht zu den Armen. Im Gegenteil konnte sie ein großes Haus ihr Eigen nennen. Ein Haus, in dem sie und ihre Kinder aber um ihr Leben bangen mussten.

    Ihr Wohlstand ist ihr noch anzusehen, als sie in Paris ankommt, die Bedrohung nicht. So muss sie sich von der Sozialarbeiterin anhören: "Diese schwierige Lage haben Sie sich selbst zuzuschreiben, Madame! ... Sie hätten es sich zweimal überlegen sollen, bevor Sie mit fünf Kindern und ohne Geld hierherkommen. Was haben Sie sich denn gedacht? Dass eine Wohnung für Sie bereitsteht, wenn Sie hier landen?"

     

    Samia und ihre Töchter waren in Frankreich geboren worden. Mit einer Wohnung hätten sie nach fünf Jahren die französische Staatsbürgerschaft erlangen können. War das der wahre Grund, dass sie mit ihren Kindern fast ein Jahr lang in Hotels und einer Obdachlosenunterkunft zubringen musste?

     

    In der Präambel der französischen Verfassung vom 26. Oktober 1946 steht: "Jedermann, der wegen seines Einsatzes zugunsten der Freiheit verfolgt wird, hat in den Gebieten der Republik Asylrecht."  

    Inzwischen äußerten unter anderen das UN-Hochkommissariat für Flüchtlinge und das Menschenrechts-Komitee der Vereinten Nation "Besorgnis" über Frankreichs Asylpolitik.  

     

    Wie gut, dass es immer noch Menschen gibt, die zur christlichen Nächstenliebe fähig sind oder solche, die die Almosen-Pflicht im Islam beim Wort nehmen. 

     

    Ich danke der Autoren herzlich, dass sie den Schleier der Angst gelüftet hat. Ich danke all jenen, die der Familie geholfen haben.

     

    Vera Seidl

     

     

     

     

     

     

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