Bücher mit dem Tag "anarchismus"

Hier findest du alle Bücher, die LovelyBooks-Leser*innen mit dem Tag "anarchismus" gekennzeichnet haben.

117 Bücher

  1. Cover des Buches Der Baader-Meinhof-Komplex (ISBN: 9783455850703)
    Stefan Aust

    Der Baader-Meinhof-Komplex

     (309)
    Aktuelle Rezension von: hamburgerlesemaus

    Während meine Mutter beim Post-oder Bankschalter anstand (ATM gab es damals noch nicht), guckte ich mir das große Poster mit all den gesuchten RAF-Gesichtern an. In jeder Bank, Geschäft, Bahnhof oder öffentlichem Amt hing dieses Plakat! Wann immer wir mit unseren Eltern aus Hamburg nach Hause nach HH-Lemsahl fuhren, wurden wir von mindestens einer Polizeikontrolle gestoppt. Am Ende wohnte die RAF nur 5 Km von meinem Elternhaus in Poppenbüttel entfernt.

    #derbaadermeinhofkomplex war das erste Buch, das mir alle Zusammenhänge der RAF darstellte.
    Es ist schon länger her, dass ich es gelesen habe, aber ich weiß noch, das es sich wie ein Krimi las. 878 Seiten Spannung pur. Allerdings erinnere ich mich auch, dass ich über Baaders seitenlangen, intellektuellen Ergüsse ohne Punkt und Komma im Gerichtssaal hinweggelesen habe.
    Danke #stefanaust

  2. Cover des Buches Das Hotel New Hampshire (ISBN: 9783257600216)
    John Irving

    Das Hotel New Hampshire

     (736)
    Aktuelle Rezension von: Tilman_Schneider

    Diese Familie ist wirklich durchgeknallt und jeder in der Familie hat seinen ganz eigenen Splin. Der Vater eröffnet ein Hotel und will damit groß raus kommen. Die Kinder finden sich nach und nach damit zurecht und mit Liebe unter Geschwistern, einem homosexuellen Sohn und einer Tochter die nicht wachsen will hat jeder sein Päckchen zu tragen. Ein Bär der auf dem Motorrad herum fährt und ein toter Hund, der die Familie irgendwie nicht verlässt. Komisch, kurios und mit viel Wärme und schwarzem Humor präsentiert uns John Irving eine irrwitzige Familiengeschichte. Die Tragik und auch die Liebe und die Hoffnung kommen nicht zu kurz und so macht es einfach irrsinnig Spaß. Nicht jeder mag John Irving, aber ich liebe seine Art.

  3. Cover des Buches Ragtime (ISBN: 9783462043198)
    E. L. Doctorow

    Ragtime

     (25)
    Aktuelle Rezension von: Saralonde

    Amerika zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Einwanderer aus aller Herren Länder, die afroamerikanischen Nachfahren ehemaliger Sklaven und eine wohlhabende Oberschicht, die die ersteren beiden Gruppen nur mit scheinheiliger Faszination wahrnimmt – New York ist ein Schmelztiegel. Stellvertretend für die verschiedenen Bevölkerungsschichten lernen wir drei Familien kennen: eine wohlhabende weiße Familie, in New Rochelle ansässig, eine dreiköpfige jüdische Einwandererfamilie aus Osteuropa sowie Sarah, eine junge Schwarze, mit ihrem Neugeborenen und dessen Vater Coalhouse Walker, ein Ragtime-Pianist. Mehr oder weniger zufällig stellt das Schicksal eine Verbindung zwischen diesen Familien her.

    Der Roman des im letzten Jahr verstorbenen Autors E. L. Doctorow wird häufig zu den 100 besten englischsprachigen gezählt. Als historischer Roman mit dem Setting New York im frühen 20. Jahrhundert passt das Buch perfekt in mein Beuteschema und ich war sehr gespannt auf die Lektüre.

    Das Buch rechnet mit der Einstellung der höheren New Yorker Gesellschaft gegenüber schlechter Gestellten ab, so wird äußerst zynisch darauf verwiesen, dass Kinder ja von den Arbeitgebern keineswegs diskriminiert würden, nein, sie seien besonders beliebt als Arbeitskräfte. Gleichzeitig übte Armut eine Faszination auf die reiche Bevölkerungsschicht aus:

    ” At Palaces in New York and Chicago people gave poverty balls. Guests came dressed in rags and ate from tin platzes and drank from chipped mugs. Ballrooms were decorated to look like mines with beams, iron tracks and miner’s lamps …” (Seite 34)

    Das ist einfach ekelhaft und löst beim Leser eine starke emotionale Reaktion aus.

    Was mir außerdem gut gefiel war, dass Doctorow historische Figuren in seine Handlung einbindet, etwa die Schauspielerin Evelyn Nesbitt oder den Zauberkünstler Harry Houdini. Allerdings scheinen die Szenen, in denen diese historischen Persönlichkeiten auftreten, sehr episodenhaft und losgelöst vom Rest der Handlung, Wir erfahren etwas über sie und wie sie den Zeitgeist repräsentieren, doch dann verschwinden sie ohne Weiteres wieder von der Bildfläche. Doctorows fiktive Charaktere bleiben seltsam schemenhaft, das zeigt sich alleine schon daran, dass die meisten von ihnen nicht namentlich genannt werden, es gibt nur “Father”, “Mother”, “Mother’s younger brother” usw. Die Absicht dahinter ist wohl die Zeichnung dieser Charaktere als Stereotypen der damaligen Gesellschaft. Gleichzeitig bewirkt dies allerdings beim Leser, dass keine wirkliche Verbindung zu den Charakteren hergestellt wird – ihr Schicksal bleibt gleichgültig. Einzig Coalhouse Walker sticht als Persönlichkeit heraus, anhand seiner Erlebnisse erfährt der Leser die fürchterliche Scheinheiligkeit der amerikanischen Gesellschaft gegenüber der schwarzen Bevölkerung, die doch eigentlich dieselben Rechte genießen sollte als die weiße. In der Praxis ist das nicht der Fall: Gerechtigkeit? Nicht für Schwarze. Interessant ist, dass Doctorow die Figur des Coalhouse und seines zum Scheitern verurteilten Kampfes für Gerechtigkeit an die Figur des Michael Kohlhaas von Heinrich von Kleist anlehnt, was sich schon an dem ähnlich klingenden Namen zeigt.

    Die ergreifende Geschichte von Coalhouse Walkers ist jedoch nur ein Teil des Buches und kann für mich trotz der bissigen Sozialkritik und des hohen Sprachniveaus nicht die fehlende emotionale Bindung zu den restlichen Charakteren und der übrigen Handlung des Buches wettmachen, weshalb ich dem Buch letztendlich 3,5 von 5 Sternen gebe.

  4. Cover des Buches Die Stimmen des Flusses (ISBN: 9783518467008)
    Jaume Cabré

    Die Stimmen des Flusses

     (191)
    Aktuelle Rezension von: wandablue

    Zwei Protagonisten, ein weiblicher und ein männlicher, teilen sich die Hauptrollen in diesem Roman. Senyora Elisenda Vilabrú und José Oriol Fontelles Grau (1915-1944). Er starb den Heldentod für Gott und Vaterland. Zeitebene und Setting führen die Leserschaft nach Spanien. Senyora Elisenda wurde alt und ermöglicht es so dem Autor Cabré, der sich für einen spanischen Schriftsteller wirklich gut lesen lässt, über den Zweiten Weltkrieg hinaus bis in die Gegenwart vorzustoßen. In der Gegenwart betreibt eine ehemüde Journalistin für einen Fotoband über "Schulen im Widerstand" in einem spanischen Bergdorf Recherche. Wieder einmal wird ein Buch im Buch geschrieben und ein Tagebuch gefunden! Zwei äußerst beliebte Motive, die Schriftsteller benutzen, um in der Vergangenheit zu graben und einige Leichen aus dem Keller zu holen. Dass es einige Leichen auszugraben gibt, ist ausgemacht. Nicht alles ist, wie es auf den esten Blick scheint.
     So ist der Schulmeister Fontelles, den Senyora Vilabrú mit aller Gewalt heilig sprechen lassen möchte, vielleicht gar nicht so heilig gewesen. Und die superreiche Senyora Villabrú ist es schon gar nicht. Und auch ihr Sohn Marcel ist nicht der, für den man ihn hält. 

    Der Kommentar: 
    Es macht Spaß, in die Art von Cabrés Federführung einzutauchen. Die Protagonisten sagen das eine, denken aber das andere, und beides lässt Jaume Cabré im Fließtext ineinandergleiten. So erhellen sich auf einen Schlag die diversen Seiten und Schichten der Menschen; man sieht, wer sie in der Öffentlichkeit sind und was sie dort darstellen, zum Beispiel, wenn sie ein Amt begleiten wie der Bürgermeister. Unter der Haut und im Kopf sind sie jedoch andere.
    Jaume Cabré lässt eine ganze Heerschaar von Protagonisten antreten, man verliert aber nie den Überblick. Ganz besonderen Spaß macht es dem Autor selbst, die Versnobtheit der Honoratioren darzustellen, in dem er in der Anrede immer ! ihren ganzen Stammbaum aufrollt, das kann schon mal ein paar Zeilen in Anspruch nehmen. Aber man ehelicht in diesen Kreisen natürlich nur jemanden, der einen Stammbaum aufzuweisen hat. Und Geld. Oder Ländereien. Oder beides. Oder wenigstens einen Namen, der Klang hat.
    Senyora Villabrú ist eine Geschäftsfrau. Sie hat die Nase für gute Geschäfte. So hat sie auch früher als andere die Möglichkeiten eruiert, die Wintertourismus bietet und ist dadurch unermesslich reich geworden. Ihren Sohn Marcel hält sie so klein wie möglich; man wird den Verdacht nicht los, dass sie seinem Charakter misstaut. 

    Was war in Spanien los, bevor Franco an die Macht kam? Und was danach? Wer gehörte früher zum Maquis, wer hatte das Sagen, wessen Blut floss, wer saß unschuldig im Gefängnis, wer wurde zu Recht zur Rechenschaft gezogen und wer kam, wie immer, davon? Auch davon handelt dieser epische Roman. Von Verdächtigungen, von Verrat, Intrige, Willkür, Feigheit, Gefahr und Idealismus. Und von Gewalt und Folter. 

    Es ist schon erstaunlich, dass Cabré erst 2004 mit der Thematik des spanischen Bürgerkriegs publik ging.

    Fazit: Flott geschrieben mit einer Unmenge an Personal, aber alles ist stets übersichtlich und an seinem Platz. Ein wenig mehr Historie hätte ich schon noch gebraucht, etwas weniger Faustrecht und eine Spur weniger Xanthippe, denn die Xanthippe hat sich im Verlauf des Romans dann doch etwas abgenützt 

    Kategorie: historischer Roman
    Unter dem Titel „Les veus de Panamo“ 2004,erschienen.
    Verlag, Suhrkamp, 2008. 

     

  5. Cover des Buches Gegen den Tag (ISBN: 9783644046412)
    Thomas Pynchon

    Gegen den Tag

     (54)
    Aktuelle Rezension von: Nikolaus_Klammer
    Ich schreibe nicht nur gerne selbst dicke Romane, ich schätze es auch, sie zu lesen. Und in meinem Urlaub nehme ich mir immer ein besonders dickes vor. Jedes Jahr aufs Neue bilde ich mir ein, die freien Tage seien endlos, die Abende warm und die Nächte hell und kurz. Ich hätte alle Zeit der Welt. Freilich ist es nicht so, es ist aber ein Traum, den ein Blick auf den Kalender zerstört: Die Tage reihen sich wie Dominosteine aneinander, einmal angestoßen, fallen sie um so schneller. Und plötzlich liegt der letzte vor mir auf dem Tisch, unbegreiflich im Nachhinein, wie eilig die Zeit verging. Es ist Herbst, kühle, feuchte Tage künden ihn, Winde jagen tiefhängende, graue Wolken über abgeerntete Felder. In den Läden kann man wieder Federweißen und bald auch Nikoläuse erwerben, im Radio singen Green Day: „Wake me when september ends“. Der Alltag beginnt von Neuem und ein fettes, halb gelesenes Buch thront lastend auf dem Nachttisch wie eine Mahnung. Aber wenn ich es aufschlage, duftet es noch nach Hitze und Sommerflieder, riecht nach einem verloren Paradies.

    Gibt es Schöneres als ein Buch, dessen Autor mich an der Hand nimmt und mir eine bisher ungekannte Welt zeigt, sie mir wortreich und spannend beschreibt, bis ich mich in ihr heimisch fühle, mich in ihr verliere und ich den Moment fürchte, an dem ich sie vielleicht für immer verlassen muss? Noch nach Jahren denke ich liebevoll an diese Werke und tauche sehnsuchtsvoll in Erinnerungen ein, die sich anfühlen, als hätte ich die Orte der Romane besucht, mit ihren Figuren gelebt und gelitten und ihre Abenteuer und Leben geteilt.

    „Zwischen den Palästen“ von Nagib Machfus ist solch ein Roman, Mervyn Peakes „Gormenghast“ oder „Kristin Lavranstochter“ von Sigrid Undset, um nur drei zu nennen; alle sind Werke mit tausend, zweitausend Seiten oder mehr. Das Eintauchen in diese so unterschiedlichen Welten, in die in staubiger Hitze erstarrten Gassen und Hinterhöfe Kairos, das labyrintische, bedrohliche Schloss der in leere Riten erstarrten Fürsten von Groan oder das entbehrungsreiche, karge Leben im frühmittelalterlich eisigen Norwegen ist so vollkommen, dass man den heimlich getrunkenen Alkohol aus dem Mund von Abd al-Gawwad riecht, sich vor der Berührung des fetten Kochs Swelter ekelt oder mit Kristin um ihre Kinder weint. All diese Bücher fordern dem Leser zu Anfang reichlich Geduld ab, aber wenn man die ersten 100 Seiten gelesen hat, ist man für den Rest seines Lebens gefangen und sie lassen einen nie mehr los.

    Manche dieser endlosen Bücher sperren sich jedoch auch nach vierhundert Seiten noch und machen das Lesen zum Kampf. Als Beispiele seien hier die „100 Jahre“ von Oppermann, Marcel Proust oder meine diesjährige Ferienlektüre genannt. In diesem Sommer machte ich mich an den Roman „Gegen den Tag“ des geheimnisumwitterten Autors Thomas Pynchon, der nicht nur aufgrund seiner 1600 Seiten eine schwergewichtige Lektüre ist, die das Lesen im Bett zu einer lebensbedrohlichen Angelegenheit macht. Es ist ein Buch, das geradezu danach schreit, als E-Book veröffentlicht zu werden, um dem Leser einiges an Last abzunehmen; Rowohlt sieht das jedoch anders. Man müsste den Verlag wegen der zu erwartenden Sehnenscheidenentzündungen beim krampfhaften Halten des Buches verklagen.

    Ohne mich mit dem Autor vergleichen zu wollen oder zu können, ist seine Auffassung von Literatur der meinen wahrscheinlich sehr ähnlich. Obwohl „Gegen den Tag“ zusammen mit dem erheblich kürzeren „Natürliche Mängel“ zu den leichter konsumierbaren Büchern des Amerikaners zählt, macht Pynchon, ein Phantom, von dem es keine Fotos und keine Biografie gibt, es dem Leser mal wieder nicht einfach: Das Buch hat eine durchgehende Handlung, keine Hauptfigur und es ist nicht spannend. Dabei springt so munter zwischen den trivialeren Literaturgenres hin und her, dass es beim Lesen schwindeln macht.

    Da niemand einen Autoren besser loben kann als er selbst, sei Pynchon nun das Wort überlassen:

    „Gegen den Tag umspannt den Zeitraum zwischen der Weltausstellung in Chicago 1893 und den Jahren kurz nach dem Ersten Weltkrieg und führt von den Arbeiterunruhen in Colorado über das New York der Jahrhundertwende, London und Göttingen, Venedig und Wien, den Balkan, Zentralasien, Sibirien zur Zeit des Tunguska-Ereignisses und Mexiko während der Revolution ins Paris der Nachkriegszeit, Hollywood während der Stummfilmära und an ein, zwei Orte, die auf keiner Landkarte zu finden sind. Während sich die weltweite Katastrophe schon am Horizont abzeichnet, beherrschen hemmungslose kapitalistische Gier, falsche Religiosität, tiefe Geistlosigkeit und böse Absichten an hohen Stellen das Bild. Derweil treibt Thomas Pynchon sein Spiel. Figuren unterbrechen ihr Tun, um größtenteils alberne Liedchen zu singen. Seltsame und abseitige Sexualpraktiken werden ausgeübt, obskure Sprachen gesprochen, und das nicht immer idiomatisch richtig. Kontrafaktische Ereignisse finden statt. Vielleicht ist dies nicht die Welt, aber mit ein, zwei kleinen Änderungen könnte sie es sein.“

    Wer sich auf den Kampf mit dem endlosen Buch einlässt, wird ihn – falls er ihn gewinnt – bestimmt nicht bedauern. Für alle anderen ist „Gegen den Tag“ ein Ärgernis.

    Und im nächsten Sommer, der wieder endlos und ewig sein wird, lese ich endlich „Krieg und Frieden".
  6. Cover des Buches Ein anarchistischer Bankier (ISBN: 9783803112361)
    Fernando Pessoa

    Ein anarchistischer Bankier

     (25)
    Aktuelle Rezension von: Duffy

    In einem Gespräch mit einem jungen Mann schildert Pessoa, warum es den einzigen Sinn macht, als echter Anarchist, sowohl in Theorie als auch in der Praxis, Bankier zu werden. In dieser Satire arbeitet er sich im Monolog durch das Wesen des wahren Anarchismus und bemüht sich auf vielen schon absurden Umwegen um die Rechtfertigung, Bankier zu sein, dass man zum Schluss fast glaubt, diese Kausalkette sei logisch. Natürlich ist sie das nicht, denn er bedient sich in seinen Erklärungen genau aus dem, was er eigentlich bekämpfen will.

    Diese Erzählung ist ein gutes Beispiel, wie der portugiesische Ausnahmeliterat gearbeitet hat. Scharfes Denken und die Flirts mit der Logik, dazu das Sezieren von Gegensätzen. Pessoa, dessen Lebenswerk ja immer noch nicht vollständig gesichtet ist, hat mit diesem Buch, das wohl eines seiner bekanntesten ist, schon mal eine Steilvorlage für die Gegenwart gegeben. Die Entwicklung vom Anarchisten zum Bankier, die er hier bestechend nachvollziehbar beschrieben hat, könnte jedem raffgierigen Banker unserer Zeit als Vorlage dienen, sein verbrecherisches Tun zu rechtfertigen.

    Aber Pessoa hat ja nicht nur in diesem Buch viel geschrieben, aus dem der Leser Nutzen ziehen kann. In seinem "Buch der Unruhe" finden sich Tausende von Ansätze, über die sich trefflich nachdenken lässt. Dem Novizen sei das in der "Denken mit ..." Reihe von Diogenes erschienene Buch empfohlen, als Appetizer für einen Schriftsteller, der auch heute noch in Lissabon allgegenwärtig ist. Zu Recht.

     

  7. Cover des Buches Fight Club (ISBN: 9781448114955)
    Chuck Palahniuk

    Fight Club

     (98)
    Aktuelle Rezension von: wortjongleur

     

    Eigentlich habe ich „Fight Club“ nur in Angriff genommen, weil es zu den Büchern gehört, die man kennen sollte und die großen Wirbel verursacht hatten. Ich zögerte deshalb mit dem Lesen, weil mir die Thematik natürlich bekannt war und ich einige Filmszenen gesehen hatte. Das alles ließ mich denken, das Buch sei nicht unbedingt was für mich.


    Ich habe einige Seiten gebraucht, um in das Buch hineinzufinden, mit dem Gedankenfluss klar zu kommen und dem damit verbundenen Hin- und Herspringen. Es dauerte auch ein wenig, bis mir klar wurde, dass nur die Dialoge der anderen Personen in Anführungszeichen gesetzt sind, nicht aber die des Protagonisten, sodass es dem Leser überlassen ist, was er als gesprochene Antwort und was er als gedachte Antwort empfindet. Die intensiven Bilder, die so lässig formulierte Dramatik und die fesselnde Entwicklung konnten mich schlussendlich aber wirklich packen. Palahniuk hat eine spezielle Erzählweise, springt manchmal mitten in eine neue Szene hinein, schafft es aber immer den Leser mitzunehmen und ihm zum richtigen Zeitpunkt Erklärungen zu liefern. Seine Art eine Geschichte aufzubauen und zu präsentieren, ist wirklich besonders. Als Leser muss man seine Komfortzone verlassen, nicht nur was den Schreibstil, sondern natürlich auch was die Bilder angeht, die man vielleicht lieber nicht im Kopf gehabt hätte. Aber gerade, dass er mich als eher untypischen Leser dieser Art Geschichten fesseln und mitnehmen konnte, zeugt meiner Meinung nach von seinem Können.


    Wie der Autor im Nachwort erzählt, ging es ihm gar nicht so sehr um die Fight Clubs, sondern darum, was die Männer antreibt, zu ihnen zu gehen. Wie sie sich unbedeutend und ohne jeglichen Einfluss auf die Welt fühlen, was das Arbeitsleben mit ihnen macht, die Problematik der vorhandenen / nicht vorhandenen Vaterfiguren, der Wunsch ihre aalglatte, nichts-aussagende Oberfläche zu zerstören, das immer größer werdende Bedürfnis eine Aussage in dieser Welt zu machen. Die Rezeptionsgeschichte des Buches scheint auch sehr interessant zu sein; davon erzählt Palahniuk ebenfalls in meiner Ausgabe.

     
    Die spätere Entwicklung der Geschichte habe ich erst dann „kommen sehen“ als die Hinweise dem Leser unübersehbar gegeben werden. Dadurch hatte sie für mich einen wirklichen Aha-Effekt und dass vieles dadurch erst so richtig Sinn ergab. Aber natürlich sind auch Fragen entstanden, die mich dazu brachten zu manchen Szenen zurückzublättern und erst jetzt die Hinweise zu entdecken, die eigentlich schon immer da waren. Wenn ein Autor das schafft, hat er immer meinen Respekt sicher. Voraussetzung dafür ist natürlich, dass man im Vorhinein nicht durch Klappentexte oder ähnliches gespoilert wurde, aber bei meiner Ausgabe war das zum Glück nicht der Fall. Ich habe aber jetzt gesehen, dass manche Zusammenfassungen das eigentlich Interessante am Buch leider schon verraten.


    Alles in allem ein toll geschriebenes Buch, eine beklemmende und spannende Geschichte und ein wirklich interessanter Autor!

  8. Cover des Buches Revolution oder Evolution (ISBN: 9783446443044)
    Tomas Sedlacek

    Revolution oder Evolution

     (4)
    Aktuelle Rezension von: WinfriedStanzick



    Mit ihren jeweiligen zu regelrechten Bestsellern überall auf der Welkt mutierten Büchern  „Die Ökonomie von Gut und Böse“  und „Schulden. Die ersten 5000 Jahre“ sind der Ökonom Tomas Sedlacek und der Ethnologe David Graeber zu so etwas wie vielzitierten Stars einer neuen Kapitalismuskritik geworden, die nach dem Sieg der Syriza in Griechenland und den zu erwartenden Umbrüchen in Spanien und Portugal bei den Wahlen in diesem Jahr nun auch das breite Publikum erreicht haben und die europäische Politik noch lange beschäftigen werden, mit unabsehbaren Folgen für die Bürger und deren Alltagsökonomie.

    Auf was und wen berufen sich diese jungen, sich wie Revolutionäre gebärdenden südeuropäischen Politiker (es sind kaum Frauen darunter, ist das schon mal aufgefallen?)? 

    Das vorliegende Buch, ein gelenktes Gespräch, das der Journalist Roman Chlupaty mit Sedlacek und Graeber geführt hat, kann einen guten Einblick in ihre Thesen bieten und eine Übersicht über ihre Analyse des gegenwärtigen Kapitalismus und seiner Kräfte.

    Hauptsächlich geht es darum, sich von der Illusion zu verabschieden, der Markt sei ein neutrales, quasi naturgesetzliches Gebilde.  Die Wirtschaft und die Wissenschaften von ihr brauchen wieder ethische Werte und ein menschliches Maß.

    Wenn solche Debatten und die politischen Bewegungen, die sie aufgreifen, in Brüssel und anderswo auch nur kleine Veränderungsbewegungen auslösen, die nicht nur die monetären Indizes im Blick haben, sondern auch die Lebensumstände vieler gerade auch junger Menschen in Südeuropa, dann wäre das ein Fortschritt. Dass all diese jungen Protestbewegungen, sind sie selbst an der Regierung, nun auch strukturelle und auch für sie selbst schmerzhafte Veränderungen einleiten müssen, steht außer Frage.

    Wenn man die Thesen der beiden Diskutanten in diesem Buch von aller radikalen Rhetorik entkleidet, wird dennoch deutlich: es muss sich einiges verändern. 

  9. Cover des Buches Freie Geister (ISBN: 9783596035359)
    Ursula K. Le Guin

    Freie Geister

     (27)
    Aktuelle Rezension von: Ein LovelyBooks-Nutzer

    Ursula K. Le Guin hat ihre Utopie über zwei Doppelplaneten 1974 veröffentlicht. Und das merkt man diesem Klassiker der Science Fiction Literatur auch äußerst positiv an. Die vorherrschenden sozialrevolutionären Themen der 60er und 70er Jahre des 20. Jahrhunderts spielen heute kaum noch eine Rolle. Was uns dadurch verloren geht, lässt sich in Freie Geister bestens nachspüren. Urras und Anarres sind Doppelplaneten im Ekumen-Universum. In diesem Universum siedelt Le Guin ihren achtteiligen Hainish-Zyklus an. Dabei ist Freie Geister zeitlich als erster Roman eingeordnet, so dass man die anderen Werke nicht kennen muss. Urras ist der Hauptplanet auf dem die Menschen in mehreren Staaten leben. Eine gescheiterte anarchistische Revolution führte dazu, dass die Revolutionäre auf Anarres übersiedelten. Frei von der Herrschaft der Urassier.

    Die Handlung setzt etwa 200 Jahre nach der misslungenen Revolution ein. Urras ist eine Welt der Hochtechnologie mit unterschiedlichen Staatssystemen: Kapitalismus, Sozialismus, Militärdiktatur. Letztlich sind aber alle Systeme militaristisch und autoritativ organisiert. Urras und Anarres pflegen einen Handelsaustausch, ansonsten existieren keine Beziehungen und das Betreten von Anarres ist für Urassier verboten. Auf Anarres versuchen die Menschen ihre herrschaftslose Gesellschaft zu verwirklichen während sie dem unwirtlichen Planeten das Leben selbst abringen müssen. Hauptperson ist der geniale Physiker Shevek, der dabei ist eine revolutionäre Theorie zu entwickeln, die Reisen mit Überlichtgeschwindigkeit ermöglichen würde. Auf Anarres wird diese Arbeit allerdings wenig wertgeschätzt, ist man schließlich keine Raumfahrergesellschaft. Auf Urras hingegen ist man sehr an der Theorie interessiert, weswegen Shevek auch nach Urras eingeladen wird. Ein Tabubruch mit Konsequenzen.

    Die mehrdeutige Utopie

    Im Original lautet der Titel The Dispossessed. An Ambiguous Utopia. In den ersten Übersetzungen wurde daraus der deutsche Titel Planet der Habenichtse, was so unsäglich falsch ist, dass er 2006 neu übersetzt wurde zu Die Enteigneten. Eine ambivalente Utopie. Diese wortwörtliche Übersetzung wird dem Anliegen Le Guins natürlich wesentlich gerechter. Die aktuelle Neuausgabe und Neuübersetzung von 2017 trifft es aber meines Erachtens am besten: Freie Geister. Wurde hier doch auf den Wortstamm „possessed“ abgezielt – die Besessenen! Entsprechend sind die dispossessed, die nicht mehr Besessenen oder eben: die Freien! Shevek bestaunt die Gesellschaft der Besitzenden, der Propertarier, und der Besessenen.

    „Briefe an Propertarier, an Bürger von Staaten, die auf der Ungleichheit von Macht basierten, an Menschen, die nicht anders konnten, als ausgebeutet zu werden und andere auszubeuten, weil sie sich der Regierungsmaschinerie unterordneten.“

    Die Urassische Elite versucht Shevek ein angenehmes Leben zu bereiten, damit dieser seine Theorie schnellstmöglich beendet. Schließlich ließe sich durch solch eine Theorie erheblich Macht gewinnen. Und Macht ist das zentrale Element des Romans.

    „Shevek wechselte das Thema, aber er grübelte weiter über die Sache nach. Diese Frage von Über- und Unterlegenheit spielte im gesellschaftlichen Leben der Urassier offenbar eine zentrale Rolle.“

    Dabei ist Freie Geister eine ambivalente, eine mehrdeutige Utopie. Urras ist nicht einfach die in die Zukunft projizierte Welt der 70er Jahre und Anarres die entsprechend dazugehörige Utopie. Keineswegs. Le Guin hat sich mit Marx und Engels, mit Godwin, Goldman, Goodman und mit Mary Shelley und Kropotkin beschäftigt, um ihre Utopie schreiben zu können. Sie zeichnet sich als profunde Kennerin von Soziodynamiken und Gesellschaftsstrukturen aus, ebenso wie von Psychodynamiken und Persönlichkeitsstrukturen. Und unter Menschen ist nichts eindeutig, nichts ist einfach. Menschen und Gesellschaften sind komplex, hintergründig und immer mehrdeutig. So ist Anarres nicht einfach die verwirklichte Utopie, der herrschaftsfreien Gesellschaft.

    „Die Freie Welt von Anarres war in Wirklichkeit eine Rohstoffkolonie des Urras.“

    Die wahre Utopie

    Urras und Anarres sind Spiegelbilder der gesellschaftlichen Ideologien unserer Gegenwart. Und da hat sich in den letzten 50 Jahren wenig getan. Der von Nietzsche beschriebene und von dem Psychoanalytiker Alfred Adler als ein Lebensmotiv festgestellte „Wille zur Macht“, sind immer noch der Krisen- und Konfliktmotor unserer Welt. Ohne neue Utopien, ohne Sinnstiftung und Zielsetzungen, ohne neue Ideen, werden uns die Dystopien die Zukunft weisen.

     „Ideen lassen sich nicht durch Unterdrückung ausrotten. Sondern nur, indem man sie nicht zur Kenntnis nimmt. Indem man sich weigert, zu denken oder etwas zu ändern.“

    Freie Geister ist ein unbedingt lesenswerter Science Fiction Klassiker, der angefüllt ist mit Gesellschaftskritik, die sich nicht damit zufrieden gibt, aus der Vogelperspektive das Allgemeine zu verdammen. Sondern vielmehr werden die gesellschaftlichen Strukturen in den Persönlichkeiten offen gelegt und somit das Spezielle zum Gegenstand der Beobachtung und Kritik gemacht. Individuum und Gesellschaft, der Einzelne und das Kollektiv werden hier neu und zusammen gedacht. Das ist die wahre Utopie Ursula K. Le Guins.

  10. Cover des Buches The Secret JJ Abrams Project (ISBN: 9780857864789)
    J. J. Abrams

    The Secret JJ Abrams Project

     (5)
    Aktuelle Rezension von: Ein LovelyBooks-Nutzer

    "S." von J. J. Abrams und Doug Dorst in der limitierten Ausgabe, gebunden, 522 Seiten, im Pappschuber. Erschienen bei Kiepenheuer & Witsch, der Preis 45,00€.

    Zum einen "Das Schiff des Theseus" von einem gewissen (fiktiven) V. M. Straka, der die Veröffentlichung seines letzten Romans nicht mehr erlebte. Seine Hauptfigur, S., ist ein Mann auf der Suche nach seiner Identität, seiner Vergangenheit.

    Nachdem er aus dem Meer gefischt wurde, läuft er durch eine ihm unbekannte Stadt, auf der Suche nach Erinnerungsfetzen landet er in einer Hafenkneipe und kommt dort mit einer Frau ins Gespräch, die ihn zu kennen scheint. Dann wird er jedoch auf ein seltsames Schiff, mit einer noch seltsameren Besatzung verschleppt. Er scheint eine Aufgabe zu haben, die ihm aber noch nicht klar ist. So begibt er sich auf eine verwirrende und gefährliche Reise, in der Hoffnung sich selbst zu finden.

    Zum anderen sind da Jen, eine junge Studentin und Eric, ein in Ungnade gefallener Doktorand, der der Universität verwiesen wurde. Jen entdeckt "Das Schiff des Theseus" in der Bibliothek und liest die Randnotizen von Eric. Sie fügt selber welche hinzu und so entspinnt sich ein Dialog zwischen den beiden. Eric versucht schon eine ganze Weile herauszufinden, wer Straka war und nun unterstützt Jen ihn dabei, ohne zu ahnen, welchen Weg ihre gemeinsame Geschichte gehen wird.

    Des Weiteren sind da noch die Fußnoten der Übersetzerin, die ebenso ihren Teil zu "Das Schiff des Theseus" beitragen und scheibar Codes enthalten, die Jen und Eric zu entschlüsseln versuchen.

    Das Buch von Abrams und Dorst ist eine geniale Idee, allein die Aufmachung ist schon toll. Ich habe die 45,00€ investiert und ein gebundes Buch im Pappschuber bekommen. Das Buch selber ist aufgemacht wie eine alte Ausgabe einer Leihbücherei, vergilbte Seiten mit Kaffee- und anderen Flecken, die Stempel der Leihdaten. Und dann die ganzen Einleger, Postkarten, Briefe, auf Servietten gezeichnete Pläne, Fotos und zu guter Letzt eine Drehscheibe zum Entschlüsseln von Codes.

    Ich muss gestehen, dass mir nicht klar geworden ist, wie diese Scheibe zu benutzen ist. Aber ich musste auch ersteinmal einen Weg finden dieses Buch zu lesen. Seite für Seite mit den jeweiligen Randnotizen, kapitelweise und dann die Randnotizen oder erst die Geschichte und dann nochmal von vorne mit den Randnotizen?

    Eine englischsprachige Rezension hat mich dann darauf gebracht es Kapitelweise zu lesen und dann nur die blau/schwarzen Randnotizen und die darin erwähnten Einleger zu lesen. Als ich das Buch beendet hatte, begann ich dann von vorne mit den orange/grünen Randnotizen, dann die rot/violetten und zum Schluss die schwarz/schwarzen. Ob das der richtige Weg ist weiß ich nicht, sicher ist nur, dass die verschiedenen Farben unterschiedliche Zeitpunkte markieren zu denen die Randnotizen geschrieben wurden.

    Insgesamt hat mir dieses Buch sehr gut gefallen, auch wenn das Ende etwas unbefriedigend ist, weil einiges offen bleibt. Man muss sich auf dieses Erlebnis einlassen und sich Zeit dafür nehmen, es ist definitiv keine Lektüre für nebenbei.
  11. Cover des Buches DIY (ISBN: 9783897714441)
    Curious George Brigade

    DIY

     (5)
    Aktuelle Rezension von: Dubhe
    In diesem Buch vergleicht der Autor die heutige Menschheit mit den Dinosauriern, die einfach so durch die Weltgeschichte trampeln. 
    Er ist der Meinung, dass die Welt nicht mehr lange so bestehen kann und nennt auch einige Gründe dafür. 
    Mit diesem Buch möchte der Autor den Leser eigentlich wachrütteln, denn es müssen Veränderungen her. 
    Klar, in einigen Punkten stimme ich mit dem Autor überein, doch er ist viel zu radikal mit seinen Ideen. 
    Definitiv nichts für schwache Nerven. 
    Und wer gegen die Grundlinien des Autors ist, dem wird das Buch absolut nicht gefallen. 
  12. Cover des Buches Inside Occupy (ISBN: 9783593397191)
  13. Cover des Buches Der Spanische Bürgerkrieg (ISBN: 9783442154920)
    Antony Beevor

    Der Spanische Bürgerkrieg

     (5)
    Aktuelle Rezension von: Durruti
    Bei diesem Buch handelt es sich um ein Standartwerk über den spanischen Bürgerkrieg. Allein aufgrund seines Umfanges werden alle nennenswerte Aspekte angesprochen. Besonders erfreulich ist, dass der Autor den Anarchisten und Anarchosyndakalisten genau den Platz einräumt, den sie verdient haben. Sowohl die Kollektivierungen in Katalonien als auch die Widersprüche innerhalb des anarchistischen Lagers (insbesondere bei der Regierungsbeteiligung) werden ausführlich erörtert und gewürdigt. Dabei lässt der Autor, der in seinen sonstigen Werken (z.B. Stalingrad oder Berlin 1945: Das Ende) nicht durch besonders libertäre Tendenzen aufgefallen ist, seine Sympathien für die Anarchisten mit ihren hohen moralischen Ansprüchen und auch ihrem Pragmatismus durchblicken. Auch wenn einzelne Truppenbewegungen zu detailliert beschrieben werden, fasziniert das Buch gleichwohl und macht deutlich, dass es noch einen anderen Weg zwischen Kapitalismus und Kommunismus geben könnte. Die Geschichte im 20. Jahrhundert hätte auch anders verlaufen können...
  14. Cover des Buches Was ist eigentlich Anarchie? (ISBN: 9783879567003)
  15. Cover des Buches Demanding the Impossible: A History of Anarchism (ISBN: 9780006862451)
  16. Cover des Buches Das Buch der Kinder (ISBN: 9783100044174)
    A.S. Byatt

    Das Buch der Kinder

     (13)
    Aktuelle Rezension von: walli007

    Ende des 19. Jahrhunderts leben Olive Wellwood und ihr Mann Humphrey in einem kleinen Paradies. Reich mit Kindern gesegnet sind sie das Zentrum einer kleinen Gemeinschaft von Künstlern, Kunsthandwerkern und Intellektuellen. Der verwitwete Prosper Cain ist als Kurator mit dem Aufbau des neuen Victoria und Albert Museums beschäftigt. Und in dessen Kellern finden seine Kinder den jungen Phillip Warren, der ein begnadeter Zeichner ist, aber wegen seiner ärmlichen Herkunft keine Aussichten hat, sein Talent zu entwickeln. Cains Beschützerinstinkt ist geweckt und er nimmt den Jungen mit zu einem Sommerfest der Wellwoods. Dort lernen sich die Kinder der verschiedenen Familien kennen, die beim Erwachsen werden begleitet werden sollen.


    In eine geschichtlich turbulente Zeit eingebettet nimmt die Autorin ihre Leser mit, das Schicksal der verschiedenen Jugendlichen zu entdecken. Eine Art Downton-Abbey einer künstlerisch geprägten Oberschicht, die kaum von Sorgen geplagt ist. Zwar muss in irgendeiner Form für ein Einkommen gearbeitet werden. Doch bestimmen Geldsorgen nicht den Alltag. Die Menschen als Künstler und Freidenker versuchen sich selbst zu verwirklichen und auch ihren Kindern alle Möglichkeiten zu geben. Phillip Warren und auch seine Schwester Elsie stechen hier hervor, weil sie die einzigen sind, die aus eigener Kraft versuchen, ihr Träume zu verwirklichen. Dennoch ist das Leben in dieser Epoche auch wie ein Tanz auf dem Vulkan. Sozialreformen stehen an, politische Veränderungen, der Kampf um das Wahlrecht für Frauen und schließlich die Entwicklungen, die zum Ausbruch des ersten Weltkriegs führen.


    Von der unbeschwerten Kindheit über die Entwicklungszeit der Jugend bis zu den dramatischen Erlebnissen des Krieges schildert die Autorin die Erlebnisse ihrer Protagonisten. Zwischen die lebendigen Beschreibungen der Empfindungen und  sich ändernden Sichtweisen ihrer Helden sind berichtsartige Passagen gestreut, die die Erzählung beschleunigen. Hin und wieder kann der Leser auch an den Fabelgeschichten teilhaben, die die Schriftstellerin Olive Wellwood ihren Kindern zugedacht hat. So bietet der Roman ein buntes Panorama seiner Zeit, mit Höhen und Tiefen, mit schönen und tragischen Momenten. Allerdings ist die Fülle der Informationen so überbordend, die Anzahl der handelnden Personen so groß und die Handlung umfassende Zeitspanne so lang, dass es teilweise schwierig ist, allem mit der gebührenden Aufmerksamkeit zu begegnen. Man erlebt den Niedergang einer Epoche, ohne im Innersten berührt zu sein.

    3,5 Sterne

  17. Cover des Buches Anarchismus in der Postmoderne (ISBN: 9783936049374)
  18. Cover des Buches Corporate Anarchy (ISBN: 9783863270384)
    Nils Honne

    Corporate Anarchy

     (25)
    Aktuelle Rezension von: Babscha

    Marvin Ruf geht es nicht gut. Er ist Werbetexter in einer Berliner Agentur und fühlt sich gelinde gesagt unwohl. Nicht nur mit seinem Job, in dem er tagtäglich Werbelügen für unterschiedlichste Auftraggeber verfassen muss, sondern auch mit den großen Themen wie der Klimakatastrophe, der rücksichtslosen Ausbeutung unseres Planeten und seiner Menschen durch Konzerne und Manager und der rücksichtslosen Gier der Menschen. Panikattacken sind an der Tagesordnung. Da er über ein nur sehr eingeschränktes Selbstbewusstsein verfügt (den tollen Eltern sei Dank) beschränkt sich seine Gegenwehr zunächst auf das nächtliche Überkleben und Ändern von Plakaten seiner illustren Kundschaft. Eines Tages allerdings lässt er auf einem finalen Meeting mit einem Energiekonzern, Großkunde seiner Agentur, die Bombe hochgehen und düpiert diesen gnadenlos. Das kostet ihn den Job. Kurz danach gerät er auf einer Demo in ein lebensgefährliches Handgemenge mit der Polizei und wird von einem dubiosen Mann namens Lennard schwer verletzt gerettet.

    Als er später aufwacht, befindet er sich auf einem alten verlassenen Stasigelände irgendwo in Brandenburg, auf dem eine Handvoll Männer und Frauen ökologisch mustergültig lebt, eine Rebellentruppe mit ähnlichen Gedankenmustern wie seinen. Polizeilich gesucht und der charismatischen Person des Lennard immer mehr verfallend, bindet er sich an diese Menschen an, bleibt bei ihnen und taucht mit der Zeit immer tiefer ein in deren unheimliche Welt, die ihr gefährliches Gesicht brutaler Gewalt gegen korrupte Managertypen erst nach und nach offenbart. Doch da ist es bereits zu spät für ihn.

    Der Autor, selbst aus der Werbebranche, legt in seinem Debutroman ein handwerklich recht solide gestricktes Stück Literatur mit hoher Sprachkompetenz vor, das trotz einiger Holprigkeiten in Logik und Gedankenführung als Mischung aus Krimi, Ökothriller und Gesellschaftsdrama spannend gemacht ist und im Großen und Ganzen trotz der im letzten Drittel wahrlich bluttriefenden Entwicklung durchaus funktioniert und zu überzeugen weiß. Die Figur des immer selbstkritischen, aber schwachen und damit beeinflussbaren Marvin ist in ihrer Zerrissenheit zwischen Gut wollen und Böse handeln gut konstruiert und streckenweise wirklich beklemmend zu begleiten, zumal die ganze Geschichte nicht fiktional, sondern hautnah an der Realität gebaut ist. Und auch hier gilt mal wieder: No one gets out here alive. Bis zum bitteren Ende.

  19. Cover des Buches Und, was machst du so? (ISBN: 9783858696168)
    Patrick Spät

    Und, was machst du so?

     (8)
    Aktuelle Rezension von: Nespavanje

    „Lohnarbeit, Gartenarbeit, Beziehungsarbeit, Blowjob – alles ist zur Arbeit geworden.“, sagt Patrick Spät in seiner fröhlichen Streitschrift gegen den Arbeitsfetisch. In einem lockeren und umgangssprachlichen Ton, aber deswegen nicht weniger ernsthaft angegangen, widmet er sich dem Phänomen der Modernen Arbeitsgesellschaft. Mit kritischem Blick richtet er sich vor allem an die 75% der berufstätigen Menschen, die in ihrer Arbeit unglücklich sind und innerlich bereits gekündigt haben, die einen immensen finanziellen Verlust für die Unternehmen bedeutet, die jene beschäftigen. Auch wenn ich solchen Statistiken eher kritisch beäuge, glaube nie einer (Statistik), die du selbst nicht gefälscht hast, schätze ich mich glücklich zu den restlichen 25% zu gehören. Dieses kleine aber feine Werk ist eine umfangreich argumentierende Kritik am Arbeitswahn und gleichzeitig ein Loblied auf den Müßiggang. Arbeit scheint das zentrale Thema unseres Lebens geworden zu sein. Aber zu welchem Preis und zu welchen Bedingungen?

    Spät kritisiert aber nicht nur. Nein, er zeigt auch Gegenentwürfe zu unserer Arbeitsgesellschaft und Beispiele auf, wie man es vielleicht besser machen könnte. Für einige wird das wohl nach anarchistischer Utopie klingen und Patrick Spät sagt, dass er durchaus von einer solchen träumt. Eine Gesellschaft die nicht auf den Kosten anderer lebt und in der Solidarität herrscht. Wer sich also schon mal gefragt hat, ob das Leben vielleicht mehr ist als arbeiten zu gehen und Überstunden zu machen, der findet in diesem Buch bestimmt neue Einsichten und Inspiration.

  20. Cover des Buches ABC des Anarchismus (ISBN: 9783882200850)
    Alexander Berkman

    ABC des Anarchismus

     (2)
    Noch keine Rezension vorhanden
  21. Cover des Buches Wir sind der Staat! (ISBN: 9783498013332)
  22. Cover des Buches Mein Katalonien (ISBN: 9783257602487)
  23. Cover des Buches AnarchaFeminismus (ISBN: 9783897713154)
  24. Cover des Buches Possum Living: How to Live Well Without a Job and with (Almost) No Money (ISBN: 9781458771124)
    Dolly Freed

    Possum Living: How to Live Well Without a Job and with (Almost) No Money

     (1)
    Aktuelle Rezension von: Faun
    Dolly Freed (ein Pseudonym) ist 13 Jahre alt, als sie Anfang der siebziger Jahre des letzten Jahrhunderts mit ihrem Vater ("the old fool") aus der Hetzjagd ("rat race") der gesellschaftlichen Konventionen ausbricht und 40 Meilen nördlich von Philadelphia ein Leben als Selbstversorger beginnt. "Possum Living" ("Faultierleben") ist der Bericht, den sie fünf Jahre später über ihr neues Leben schreibt, gleichzeitig quasi eine Gebrauchsanleitung für eine in (fast) jeder Hinsicht unabhängige Existenz. Im Keller des günstig erstandenen Hauses werden Hühner und Kaninchen gehalten, aber nicht etwa als niedliche Haustiere, sondern zur Nahrungsbeschaffung (Vegetarier dürfen sich jetzt ausblenden); ein Garten liefert Gemüse und Kräuter. Obst und Pilze sowie Fische und Schildkröten findet man in der Umgebung. In einem der längeren Kapitel des Buches wird anschaulich beschrieben oder besser erklärt, wie man "bunnies" am besten tötet, häutet, ausnimmt oder gar zu Blutwurst verarbeitet. Man erfährt aber auch, wie man Obst, Pilze und Gemüse haltbar macht, Rezepte inklusive. Nicht fehlen darf natürlich auch eine ausführliche Anleitung zum Brennen von Schnaps ("moonshine"). Der ein oder andere unverzichtbare (?) Gebrauchsartikel des täglichen Lebens (z.B. Seife, Kleider - natürlich second hand - oder Hefe und Zucker zum Schnapsbrennen) wird eingekauft. Das wenige hierfür (sowie für Gas zum Kochen und Strom) notwendige Geld wird durch gelegentliche kleinere Jobs verdient: Dolly verdingt sich z.B. als Babysitter, ihr Vater hilft Nachbarn bei Allem was so an Arbeiten anfallen kann. Wer sich jetzt an Thoreaus "Walden or Life in the Woods" erinnert fühlt, ist nicht auf dem Holzweg. Es fehlen nämlich auch nicht philosophische Erkenntnisse (einer klar denkenden Achtzehnjährigen mit gesundem Menschenverstand) oder besser gesagt ironische Seitenhiebe auf unsere kapitalistische Gesellschaft, mit denen man unvermutet zwischen Kochrezepten und Angelanleitungen auf höchst amüsante Weise konfrontiert wird. Ein Beispiel: "Wir sind zwar nicht sonderlich religiös, aber wir folgen der biblischen Mahnung "...auch, daß jeder Mensch ißt und trinkt und Gutes sieht in all seinen Mühen, das ist eine Gabe Gottes" (Ecclesiates 3:13).Beachte: Da steht "Gott", nicht "Bruttosozialprodukt"." Aber Dolly möchte nicht (in erster Linie, aber durchaus auch) predigen: Sie sieht ihr Buch eher als praktischen Ratgeber und Inspiration, sich eigene Gedanken über den Einfluss der Wirtschaft auf das Leben des Indivuums zu machen. Und genau das macht das in einfacher Sprache gehaltene, heitere und unterhaltsame Buch so lesenswert: Man wird - mit nur mäßig erhobenem Zeigefinger - dazu angeregt, über eine Lebensform nachzudenken, die von den meisten unter uns als selbstverständlich hingenommen wird, obwohl durchaus auch eine alternative Existenz möglich wäre.

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