Bücher mit dem Tag "antifaschismus"

Hier findest du alle Bücher, die LovelyBooks-Leser*innen mit dem Tag "antifaschismus" gekennzeichnet haben.

18 Bücher

  1. Cover des Buches Die Toten Hosen (ISBN: 9783499630033)
    Philipp Oehmke

    Die Toten Hosen

     (49)
    Aktuelle Rezension von: Radermacher

    Locker geschrieben und amüsant, hat mich das Buch sehr gut unterhalten. Sprachliche Feinheiten habe ich nicht erwartet, ebenso wenig Tiefgang. Dennoch gab es einige emotionale Kapitel, die auch zum Nachdenken anregten. Insbesondere die Schilderung des Todesfalles auf dem "1.000 Konzert" und der Reisen in die DDR und hinter den eisernen Vorhang.

  2. Cover des Buches Der Wendepunkt (ISBN: 9783499276491)
    Klaus Mann

    Der Wendepunkt

     (27)
    Aktuelle Rezension von: booktypo
    Klaus Manns Autobiographie, eine Lebensgeschichte im 20. Jahrhundert als Schriftsteller und Sohn eines Schriftstellers, als Emigrant und schwuler Mann in einem feindlichen Umfeld. Mitreißend, interessant, bildend. Was will man mehr?
  3. Cover des Buches Die Abenteuer des Werner Holt 2 – Roman einer Heimkehr (ISBN: 9783351002343)
    Dieter Noll

    Die Abenteuer des Werner Holt 2 – Roman einer Heimkehr

     (18)
    Aktuelle Rezension von: JED
    Erster Satz: Der Wecker rasselte. Kurzbeschreibung: Der 16jährige Werner Holt sitzt 1943 gelangweilt in der Schule, während draußen der zweite Weltkrieg tobt. Viel lieber würde er selbst auf dem Schlachtfeld stehen, als langweilige Fakten zu büffeln. Diese "Chance" kommt für ihn und seine Klassenkameraden schneller als sie denken. Hitler zieht bald JEDEN in den Krieg. Aus den Schuljungen sollen plötzlich Soldaten werden, die einem echten Feind gegenüber stehen, echte Kämpfe erleben und erfahren sollen, was Soldatenleben im Krieg tatsächlich heißt. Meine Meinung: Dieses Buch habe ich zuerst in der Schule gelesen. Damals eher wie einen "Abenteuerroman", denn Holt erlebt unglaublich viel während der Zeit des 2. Weltkrieges. Damit sind nicht nur Kämpfe im Schützengraben gemeint, sondern auch Feiern, Frauen, Reisen. Der Titel "Die Abenteuer des Werner Holt" impliziert ja auch schon eine irgendwie jugendlich, verwegegne Sicht der Dinge. Offenbar hatte ich die auch Jugendliche auch. Aus irgendwelchen Gründen habe ich dieses Buch nie vergessen und dann als Erwachsene erneut gelesen, um dieser Faszination noch einmal auf den Grund zu gehen. Als Erwachsene habe ich begriffen, dass Noll uns in diesem Buch den Wechsel von totaler Kriegsbegeisterung zu totaler Ernüchterung zeigt. Jedenfalls in der Figur des Werner Holt. Denn hier werden viele Factetten von jungen Männern in dieser Zeit gezeigt: absoluten Fanatikern, die sich letztlich sogar gegen ihre eigenen Leute wenden; Kriegsteilnehmer, die auf diese Art endlich auf Anerkennung bei Gleichaltrigen hoffen oder Verweigerern, Künstlern, Feingeistern, die niemals auch nur in eine Rauferei verwickelt waren und nun eine Waffe in die Hand nehmen sollen. Seitdem habe ich immer wieder zu diesem Buch gegriffen, da ich immer noch etwas Neues finde. Das macht für mich ein großartiges Buch aus! FAZIT: Dieses Buch ist so unglaublich dicht und reich, dass ich es eigentlich nur jedem empfehlen kann, der verstehen will, was in den Kriegsjahren von 1939 (und auch schon vorher) bis 1945 mit dem Menschen (hier vor allem den Männern passiert ist. Das erscheint mir umso bedeutender, da es kaum noch Überlebende aus der Zeit gibt. Mal abgesehen davon, dass viele, die wirklich im Krieg waren, auch nicht mehr darüber reden möchten. Dieter Noll selbst war von 1944 bis 1945 Luftwaffenhelfer und weiß insofern, wovon er schreibt.
  4. Cover des Buches Der Mann, der Hunde liebte (ISBN: 9783293404830)
    Leonardo Padura

    Der Mann, der Hunde liebte

     (14)
    Aktuelle Rezension von: Ein LovelyBooks-Nutzer

    Wer ist Jaime Ramón Mercader del Río, kurz Ramón Mercader? Und wer ist Lew Dawidowitsch Bronstein? Oder wer ist Iosseb Bessarionis dse Dschughaschwili? Letzter ging als Massenmörder in die Geschichte ein. Bekannter ist er unter dem Namen Josef Stalin. Der Zweite ist bekannter unter dem Namen Leo Trotzki. Trotzki war russischer Revolutionär und Wegbegleiter von Lenin und Stalin, Volkskommissar des Auswärtigen, für Kriegswesen, Ernährung, Transport, Verlagswesen sowie Gründer und einer der Organisatoren der Roten Armee. Nachdem Stalin die Macht an sich riss, entmachtete er 1927 Trotzki und ließ ihn 1940 in seinem mexikanischen Exil ermorden.

    Sein Mörder war der Katalane und Sowjetagent Ramón Mercader.

    Leonardo Padura erzählt meisterhaft die Geschichte dieser schicksalshaft miteinander verwobenen Biografien. Am Ende steht der Mord an Trotzki, so viel ist bekannt. Doch wer war Ramón Mercader? Wie wurde er zum Mörder? Wie konnte er einen Menschen ermorden, der sich der steten Gefahr des Mordkomplotts gegen ihn bewusst war, sich deshalb von mehreren Personenschützern bewachen ließ und sein Haus in eine Festung verwandelte (siehe Bild)?

    „Der Mann, der Hunde liebte“ ist wieder ein Buch, dass ich auf Empfehlung eines guten Freundes gelesen habe und wie immer sind seine Tipps grandios. Leonardo Padura schreibt nicht nur einen überwältigenden historischen Roman, eine Kriminalgeschichte und eine Täter- wie Opferbiografie, er beschreibt zugleich die Geschichte einer Idee, die zur Ideologie verkommt. Auf der Bühne persönlicher Erlebnisse spielt sich die Weltgeschichte ab. Es ist eine Erzählung vom Bürgerkrieg in Spanien, vom Kampf der Internationalen gegen die Faschisten, vom Sozialismus und Kommunismus, von Machtstreben und politischen Morden.

    Es ist zugleich auch eine persönliche Abrechnung des Autors mit der Pervertierung sozialistischer Grundsätze. Stalins Gewaltherrschaft reicht in die Biografien seiner Protagonisten und verändert sie für immer. Leonardo Padura ist dabei immer äußerst exakt, was die historischen Tatsachen betrifft. Lediglich die weißen Stellen in den bekannten Biografien und Geschehnissen, füllt Padura mit seinen Ideen. Ohne Zweifel hätte es genauso sein können. Ohne Zweifel werden die Personen so lebendig und ihre Gefühls- und Gedankenwelten so plastisch, dass man meint, Padura hätte nichts hinzugedichtet, sondern alles den Archiven entnommen. Das geht soweit, dass ich mich zwischendurch fragen musste, wer denn nun alles erfunden und wer reale Persönlichkeiten waren.

    Leonardo Paduras „Der Mann, der Hunde liebte“ ist ein grandioser Roman, der nicht nur wegen seiner realen Begebenheiten und seiner welthistorischen Relevanz vollends überzeugt.

  5. Cover des Buches Wer hat Blagden Cole umgebracht? (ISBN: 9783257231533)
    Eric Ambler

    Wer hat Blagden Cole umgebracht?

     (3)
    Aktuelle Rezension von: Joachim_Tiele
    Es ist eher selten, dass sich ein Autor im Vorwort eines Buches bei seinen Lesern für das Buch entschuldigt. Hier entschuldigt sich Eric Ambler im vorliegenden zweiten Teil seiner Autobiographie nicht nur für diesen, sondern für den ersten gleich mit, indem er von beider Zustandekommen berichtet, und von den von ihm selbst unterschätzten Schwierigkeiten, eine wahrheitsgetreue Autobiographie zu verfassen. Hinter dieser Autobiographie versteckt sich… Eric Ambler hatte ich meine Rezension zu Ambler by Ambler überschrieben, und daran schließt sich meine Überschrift zu dieser Rezension an. Aber der Reihe nach… Here lies Eric Ambler ist der Originaltitel zu Ambler by Ambler, ein Wortspiel, das man als Hier liegt Eric Ambler (etwa als Inschrift eines Grabsteins) oder als Hier lügt Eric Ambler interpretieren kann. Auf die erste Lesart anspielend, betitelt er das Vorwort zur Fortsetzung mit Nachträgliche Gedanken zu einem Nachruf, gewissermaßen einem Nachruf zu Lebzeiten und in eigener Sache, denn Ambler by Ambler begann mit der Schilderung eines Verkehrsunfalls, den er tatsächlich nur knapp überlebt hatte. Der Gedanke an seinen möglicherweise kurz bevorstehenden Tod, er war damals bereits zweiundsiebzig Jahre alt, mag zum Teil dabei Pate gestanden haben, sich auf die von seinem britischen Verleger vorgeschlagene Idee einer Autobiographie überhaupt einzulassen, obwohl sich vieles in ihm dagegen gesträubt hatte. Er schildert, wie er sich auf das Gespräch dazu vorbereitet hatte, und seine feste Absicht, die Idee abzulehnen. Er schuldete dem Verleger vertraglich noch einen Roman, und den würde er bekommen. Eine Autobiographie nicht. An dem Gespräch nahm zusätzlich ein von Ambler sehr geschätzter ehemaliger Redakteur des Times Literary Supplement teil, der dem Verleger persönlich geraten hatte, Ambler den Vorschlag zu einer Autobiographie zu machen. Ambler war dann wohl zu sehr Gentleman, und alle seine wohldurchdachten Gegenargumente waren vom Tisch, bevor er sie überhaupt vorbringen konnte… Statt dessen sage ich lahm, dass ich das Buch natürlich schreiben würde. Das Ausmaß meiner Dummheit war nicht sofort zu erkennen. Ich fand eine Möglichkeit, das Buch so anfangen zu lassen, dass es sich fast wie ein Thriller las. Das war leicht. Doch dann musste ich meine Kindheit beschreiben, und es kam nur Blödsinn heraus. Blödsinn in jeder Beziehung. […] Ich zerriss alles und fing wieder von vorn an. […] Ich hasste das Ding. Wäre es ein Roman gewesen, hätte ich ihn als undurchführbar ad acta gelegt. […] Am vorgesehenen Wendepunkt des Buches, wo ich kurz und bündig das Scheitern meiner ersten Ehe berichten wollte, brach ich das Buch ab. Ich hatte genug von mir. (S. 9 f)

    Was er damit bei seinen Lesern angerichtet hatte, wurde ihm dann aber auch bald klar, denn Ambler by Ambler schrie geradezu nach einer Fortsetzung. Kaum die Hälfte seiner Romane hatte er im ersten Teil der Autobiographie erwähnt, und seine Hollywood-Jahre als erfolgreicher Drehbuchautor gar nicht. Aber wirklich dran gehen wollte er auch nicht. Es dauerte fast zehn Jahre, bis er einen Dreh fand, den formalen Anspruch der Fortsetzung seiner Autobiographie zu erfüllen und sich trotzdem weiterhin davor zu drücken. Und wie ihm das gelang, hat durchaus Charme. Ambler hatte im Lauf seiner langen Karriere nur sehr wenige kürzere Prosatexte veröffentlicht, teilweise in sehr obskuren Zeitschriften und Anthologien. Diese holte er wieder hervor und umgab sie mit Schilderungen der Lebenssituationen, in denen er sie verfasst hatte. Zufall oder nicht, diese Geschichten verteilten sich so gut in seinem Lebenslauf, dass sie das Buch gliedern konnten. […] in ihrer Gesamtheit lassen sie eine Erzählstruktur erkennen, die ich immer sehr überzeugend gefunden habe: Anfang, Mitte und Ende.“ (S. 11 f) Der Reigen beginnt mit Die Armee der Schatten. Ambler hatte bereits seinen ersten Roman Der dunkle Grenzbezirk veröffentlicht, arbeite aber noch hauptberuflich in einer Werbeagentur. Sein Verlag hatte von der Londoner Stadtverwaltung den Auftrag erhalten, einen Sammelband herauszubringen, dessen Erlös dem Britischen Roten Kreuz zugutekommen sollte, The Queen‘s Book of the Red Cross. Obwohl er sich nach der Ablehnung einiger Kurzgeschichten durch eine Agentin vorgenommen hatte, keine weiteren Kurzprosa zu schreiben, arbeitete er zügig und ohne seine zu dieser Zeit üblichen Unsicherheiten, denn er hatte etwas zu sagen, das laut und unverblümt zu sagen bald sehr viel schwieriger sein würde: dass nämlich nicht das deutsche Volk unser Feind war, sondern die Nazityrannei. (S. 26). Schon kurz darauf erhielt Ambler einen weiteren Auftrag, diesmal über sechs Detektivgeschichten für eine Zeitschrift. Er besorgte sich das zweibändige damalige britische Standardwerk der Gerichtsmedizin und erfand mit dessen Hilfe sechs hübsche kleine Mordgeschichten; sechs kleine Rätsel mit sechs Lösungen […]. Gefragt war jetzt ein Meisterdetektiv. Er musste sich in kleine Geschichten einfügen. […] Er musste erkennbar in unsere Zeit gehören. Kurz und gut, es musste ein Flüchtling her. (S. 59) Die Geschichten standen unter dem Obertitel Dr. Czissar mischt sich ein, mit Dr. Czissar als einem vor den Nazis geflohenen hohen Beamten der Prager Polizei. Schon seinerzeit waren Flüchtlinge nicht überall nur gerne gesehen, und so kommen Dr. Czissars Einmischungen, obwohl er ein Empfehlungsschreiben eines hohen Tiers aus dem Innenministerium hat, nicht überall bei Scotland Yard gut an… In diese Zeit fielen Amblers Bewerbungen bei den unterschiedlichen Waffengattungen der Britischen Armee und seine erste Eheschließung. Seine Themen und seine politische Haltung waren klar: antifaschistisch und internationalistisch – bis heute die Kerngedanken linken und progressiven Denkens.

    Dann kommt, was kommen musste: Bis ich wieder eine Erzählung schrieb, vergingen fünfundzwanzig Jahre. (S. 151) Und Ambler verfällt ab da auch im zweiten Teil seiner Autobiographie in die Untugenden des ersten. Zuerst gibt er sich noch Mühe, hält sich an Daten und Fakten und bleibt textlich konzise. Aber dieses bei genauem Lesen nur scheinbar. Eben noch hatte er geheiratet (unmittelbar vor Beginn der Geschichten um Dr. Czissar), und zwei Seiten danach folgt die Scheidung – nach achtzehn Ehejahren. Diese und auch alle übrigen Aspekte von Amblers Leben in dieser Zeit werden nahezu unterschlagen. Es folgen der Umzug nach Hollywood und gleich darauf seine zweite Eheschließung mit der damaligen Produzentin Alfred Hitchcocks. Hollywood-Klatsch und die beginnende wirkliche Prominenz“ – von der sattsam bekannten Anekdote William Faulkners, der als angestellter Drehbuchautor mit Präsenzpflicht im Großraumbüro einmal eigenmächtig zu Hause in Mississippi gearbeitet hatte, als er kurzfristig an einer Besprechung des Studios teilnehmen sollte und unauffindbar war, über Bekanntschaften Amblers in der Bel Etage Hollywoods bis zum Handshake mit verschiedenen US-Präsidenten – schließen sich an. Breiten Raum und übertriebene Ausführlichkeit in der Beschreibung der Details nimmt das Abbrennen des Hauses der Amblers in den Hollywood Hills ein, bei dem für niemanden eine konkrete Verletzungsgefahr bestanden hatte. Dennoch nehmen sie dies zum Anlass, die USA zu verlassen. Zwar beziehen sie dort noch ein neues Haus, das besser brandgeschützt ist, aber sie sind viel auf Reisen, insbesondere in der Karibik, bevor sie sich nach Europa begeben, wo Amblers Frau Studentin an der Sorbonne und in Oxford gewesen war, und wo sie inzwischen bessere Möglichkeiten für die Produktion anspruchsvoller Filme sah: Wir beide gingen auf die Sechzig zu. Vielleicht wurde es Zeit, dass wir uns nach neuen Betätigungsfeldern umsahen. (S. 187) Aber es war die Karibik, die den Hintergrund zur nächsten Erzählung lieferte, Der Kuhhandel, in der einem durch einen Staatsstreich gestürzten Präsidenten eines ungenannt bleibenden mittelamerikanischen Staates ein starker Abgang gelingt, bauernschlau eingefädelt und sehr lesenswert.

    Im nächsten Kapitel leben die Amblers bereits in der Schweiz, in dem Ort am Genfer See, in dem sich der am Anfang von Ambler by Ambler beschriebene Autounfall ereignet hatte. Die Beschreibung, sowohl der Schweiz und ihrer Verhältnisse als auch der Nachbarn und Bekannten, kann man nur als burlesk bezeichnen und lieferte mir als Leser – nach langem Nachdenken – eine Erklärung für einen Aspekt von Amblers Biographie, den ich, und vermutlich viele andere, nie so richtig verstanden hatten. Als er in einer US-Talkshow nach dem Erscheinen des Romans Topkapi gefragt worden war, warum er einen so widerwärtigen Kerl wie Arthur Simpson, Zuhälter, Pornographen und Dieb, zum Protagonisten gemacht hätte, hatte Ambler zum Entsetzen der Interviewerin geantwortet, dass dieser Roman in der Tat autobiographisch ist (die Zitate entstammen der von Ambler verfassten Bildunterschrift zu einem Foto der Interview-Situation, abgedruckt in Über Eric Ambler, herausgegeben von Gerd Haffmans, Diogenes Verlag, erweiterte Neuausgabe 1989, S. 230 f). Nun gibt aber auch gar nichts in Amblers Lebensgeschichte auch nur den leisesten Hinweis darauf, dass dem so sein könne. Wenn man Amblers Kenntnisse der psychoanalytischen Psychologie heranzieht, und weiß, wie er diese gelegentlich nicht nur auf seine Romanfiguren, sondern auch auf sich selbst anwendet, bleibt als Lösung nur die Annahme einer Wunschprojektion. Es könnte sein (man beachte den Konjunktiv!), dass er sich sein Leben als einen ungelebt gebliebenen Schelmenroman erträumt hat. Einige der Situationen, die er in der Schweiz ansiedelt, wie zum Beispiel die, dass die Leiche eines Nachbarn bei der Trauerandacht aus dem Sarg fällt und er, Ambler durch seine Geistesgegenwart die Situation rettet, sind so haarsträubend und an den Haaren herbeigezogen, wie manches in den beiden Romanen, in denen die Figur Arthur Simpson vorkommt, für dessen verkorkstes Leben allerdings künstlerisch gut entworfen. Hier, in der Autobiographie, sehe ich es als eine Wunschäußerung des Unbewussten. Als Erfüllung eines – von seinen Lesern ¬– unerwarteten Wunsches kann auch die letzte Erzählung angesehen werden, Wer hat Blagden Cole umgebracht?, die titelgebende Künstlernovelle (sic!). Wenn man Amblers Fernduelle mit Raymond Chandler, und dessen zeitlebendes Leiden daran, nicht als ernsthafter Romancier wahrgenommen zu werden, kennt, verwundert es, dass auch Ambler hier in fremdem Terrain wildert, wie jemand, der zum Schluss noch einmal sagen will, dass er auch ganz anderes gekonnt hätte.

    Das biographische Versteckspiel aus Ambler by Ambler geht also in der Fortsetzung weiter. Allerdings hier reflektierter und charmanter. Dafür ein Bewertungsstern mehr.

    01.06.2016 – Joachim Tiele
  6. Cover des Buches Autobahn zum Mutterkreuz (ISBN: 9783867890328)
    Wolfgang Wippermann

    Autobahn zum Mutterkreuz

     (2)
    Aktuelle Rezension von: Liebes_Buch
    In "Autobahn zum Mutterkreuz" beschäftigt sich der Historiker Wolfgang Wippermann mit Eva Hermans Feldzug für die Familie. Durch wirre Thesen und Behauptungen hatte die TV-Moderatorin vor einigen Jahren für einen Eklat gesorgt. Wippermann rekonstruiert Eva Hermans Vorgehen, analysiert ihre Strategie und gibt einen Überblick über Reaktion der Medien und der deutschen Bevölkerung. Eva Herman engagiert sich bis heute gegen den Westen und arbeitet jetzt für Stimme Russlands. Mir fiel damals schon auf, dass Eva Herman ihr Zitat leugnete und als Medienverschwörung darstellte, obwohl es Aufnahmen davon gibt. Zudem genoss sie es, sich in den Medien als Opfer darzustellen, weil sie schliesslich die "Wahrheit" spräche. Momentan organisiert sie gerade einen Tag der Wahrheit, an dem gegen westliche Medien protestiert werden soll. Dass die Masse der deutschen Zuschauer die Theorie einer Medienverschwörung glaubte, obwohl man das Zitat nachhören und lesen konnte und obwohl Frau Herman bis heute regelmässig mit verrückten Thesen auftritt, ist mir schleierhaft. Wippermann befasst sich hier mit dem Ausmass, das die deutsche Zustimmung für Frau Herman hinter den Kulissen hatte. So wurden die Medien überflutet mit Leserbriefen, die fanden, das Dritte Reich hätte positive Seiten gehabt, wie eben die Familienpolitik und die Autobahn. Dass die Familienpolitik eher ein Zuchtprogramm für deutschen Nachwuchs und zur Vernichtung minderwertiger Menschen diente, stört das deutsche Empfinden nicht. Und dass unsere Autobahn weder von Hitler erfunden noch gebaut wurde, auch nicht. Die deutschen Medien müssen sich mit einer Bevölkerung auseinandersetzen, die von Bildung und Fakten nichts wissen will, sondern Propaganda aus dem Dritten Reich bis heute verklärt und z. B. hinter der Entlassung Eva Hermans eine Verschwörung der Juden sieht. Welcher antisemitische Rattenschwanz an Eva Herman dranhing, hatte ich kaum mitbekommen. Wippermanns Analyse der deutschen Befindlichkeit ist niederschmetternd. Gänsehaut habe ich bekommen als er feststellt, dass das deutsche Volksempfinden nach einem Erlöser aus der Verschwörung sucht, nach einem Befreier. Denn 2008 konnten wir noch nicht wissen, dass Wladimir Putin sich als solcher anbieten würde. So ist es sicher kein Zufall, dass Frau Herman seine Politik lobt und in der Stimme Russlands eine Zerstörung der EU fordert. Tatsächlich rief Putins Annexion der Krim und der Ukraine-Krieg auf grosse Zustimmung in Deutschland und eine anfängliche Umfrage zeigte, dass die Bevölkerung sich nicht mit dem Westen identifizierte, sondern mit dem Diktator. Auch der Antisemitismus, der im Rahmen von Frau Hermans Auftritten aufflammte, hat sich weiter Luft gemacht. So kam es bei zahlreichen Demonstrationen gegen Israel zu Gewalt auf deutschen Strassen. Der Glaube an die jüdische Verschwörung ist noch da und macht gewalttätig. Eva Herman ruft die deutsche Bevölkerung bis heute auf, sich zu wehren. Kürzlich trat sie in der Wissensmanufaktur auf, in der westliche Medien nicht nur als "gleichgeschaltet" bezeichnet wurden, wie es Frau Herman behauptet, sondern mit dem Stürmer gleichgesetzt wurden. Erschreckend ist die Ignoranz der deutschen Bevölkerung, die gegen Fakten immun zu sein scheint. Wippermann fragt sich, warum es nicht gelungen ist, den Menschen Wissen über das Dritte Reich zu vermitteln. Wieso halten sich Hitlers Märchen bis heute? Anhand des Ukraine-Krieges kann man sehen, wie schnell eine nach fiebriger Hass-Propaganda dürstende Bevölkerung zum Aggressor werden kann. Die Deutschen sind aufgeheizt und aufgehetzt. Eva Herman hat keine Skrupel, für eine Diktatur wie Russland zu arbeiten, in der Journalisten ermordet werden. Wollen wir das in Deutschland wirklich alles nochmal???
  7. Cover des Buches Erfahrung Exil : antifaschistische Romane 1933 - 1945 ; Analysen (ISBN: B001CY9VP8)
  8. Cover des Buches Fantifa (ISBN: 9783942885300)
  9. Cover des Buches Der Schattenmann (ISBN: 9783518039779)
  10. Cover des Buches Hier im Volk der kalten Herzen (ISBN: 9783746651729)
    Anna Seghers

    Hier im Volk der kalten Herzen

     (3)
    Aktuelle Rezension von: Thaila
    Der Band versammelt Briefe von und an Anna Segers aus dem Jahr 1947. Es ist das Jahr, in dem Seghers aus dem mexikanischen Exil nach Deutschland zurückkehrt. Anfangs entsetzt, zunehmend resigniert, erfährt sie nicht nur die äußere Zerstörung des Landes, sondern auch die emotionale und intellektuelle Zerrüttung seiner Bewohnern. Immer wieder zieht sich die Klage über die Stumpfsinnigkeit der Deutschen, deren vollkommener Mangel an Empathie und Verantwortungsbewusstsein durch die Briefe. Auch sonst ist es kein leichtes Jahr für Anna Seghers. Ihre Kinder sind in Paris, ihr Mann noch in Mexiko. Ihre Familie sieht sie Aufgrund von Visumsschwierigkeiten sehr selten. Trotzdem stürzt sie sich voller Eifer in die Aufgabe, das besiegte Land moralisch und intellektuel neu aufzubauen. Hoffnung hat sie ihn die Jugend, der sie alle Aufmerksamkeit schenkt. Und so zeugt diese Briefsammlung von Verzweiflung und tiefer Trauer (immer wieder erfährt Seghers von dem Tod von Freunden und Verwandten), aber auch von Hoffnung und einem scheinbar unerschöplichem Elan. Leider fand ich die Auswahl der Briefe nicht ganz so gelungen. Der Briefwechsel mit der Familie von Anna Segers steht nicht zur Verfügung - die Gründe werden von der Herausgeberin nicht genannt. So hat man das Gefühl, dass das Buch mit eher belanglosen Briefen von Verehrern und Bittstellern gefühlt wurde. Auch ein Briefwechsel mit den Berliner Gaswerken hätte nicht unbedingt sein müssen. So kämpft man sich ein bißchen durch dieses Buch zu der handvoll wirklich interssanten Briefe. Vielleicht wäre es sinnvoller gewesen, einen längeren Zeitraum zu wählen und davor uninteressante Briefe wegzulassen. Man muss sich also einige Mühe machen, um einen Einblick in das innere Leben von Anna Segehrs zu erlangen. Vervollständig wird das Buch durch sehr hilfreiche Kommentare zu den einzelnen Briefen und einem Nachwort der Herausgeberin.
  11. Cover des Buches 2034 - Der Abschied vom Abendland (ISBN: 9783869496320)
  12. Cover des Buches Die Frau am Pranger. Das Geständnis. Die Geschwister. Drei Erzählungen (ISBN: 9783355003025)
  13. Cover des Buches Das grosse Dilemma: Leipziger Antifaschisten in der SS-Sturmbrigade "Dirlewanger" (ISBN: 9783932725388)
  14. Cover des Buches Hysterische Historiker (ISBN: 9783939828150)
  15. Cover des Buches Neue Nazis (ISBN: 9783462044553)
  16. Cover des Buches Exil in den Niederlanden und in Spanien (ISBN: 9783876824826)

    Exil in den Niederlanden und in Spanien

     (0)
    Noch keine Rezension vorhanden
  17. Cover des Buches Das Manifest der Kommunistischen Partei (ISBN: 9783852522852)
    Karl Marx

    Das Manifest der Kommunistischen Partei

     (8)
    Aktuelle Rezension von: AuroraM

    Für Geschichtsinteressierte ist es wirklich interessant zu lesen.

  18. Cover des Buches Mein Jahr als Mörder (ISBN: 9783499259951)
    Friedrich Christian Delius

    Mein Jahr als Mörder

     (16)
    Aktuelle Rezension von: Joroka

    Der Roman greift das Schicksal eines Widerstandskämpfers gegen den Nationalsozialismus auf. Georg Groscurth wurde am 8.5.1944 geköpft. Die Handlung setzt im Jahre 1968 an, als ein mitverantwortlicher Richter freigesprochen wurde und ein Student, der mit den Söhnen Groscruths aufgewachsen ist, entscheidet, ein Zeichen gegen diese Ungerechtigkeit zu setzen. Er recherchiert und tritt auch mit der Witwe von Groscurth in engen Kontakt.

    Die Handlung verläuft auf mehreren Ebenen. Sie rollt der Fall aus der Widerstandsbewegung auf. Die Gruppe hieß interessanterweise: Europäische Union. Außerdem wird der Konflikt zwischen den beiden deutschen Systemen in der Nachkriegszeit beleuchtet und dass es dabei durchaus auch im Westen zu politisch motivierter Rechtsbeugung kam. Nicht neu ist, dass vor allem im Westen sehr schludrig mit der Entnazifizierung umgegangen wurde. Und dann geht es auch noch um die westdeutsche Studentenbewegung der 1960er Jahr.

    Ich habe mich beim Lesen sehr aufgeregt über die Ungerechtigkeit der westdeutschen Justiz bezüglich der Witwe eines ausgewiesenen Widerstandskämpfers. Die Hydra, die immer wieder auftaucht, wühlte mich sehr auf. Doch diese Schilderungen ziehen sich irgendwie auch sehr in die Länge, welches ein stilistischer Kritikpunkt von mir ist. Ansonsten schreibt Delius recht schnörkellos.

    Anneliese Groscurth starb im Jahr 1996.

    Der Roman wurde 2004 erstmals veröffentlicht und im Februar 2013 neu aufgelegt.

    Fazit: Ein wichtiges Buch, eine interessante Geschichtsstunde.

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