Bücher mit dem Tag "antónio lobo antunes"

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19 Bücher

  1. Cover des Buches Die natürliche Ordnung der Dinge (ISBN: 9783442733897)
    António Lobo Antunes

    Die natürliche Ordnung der Dinge

     (7)
    Aktuelle Rezension von: Duffy
    Ein alter Mann erzählt seine Geschichte. Doch die junge Geliebte, die er damit konfrontiert, fühlt sich eher belästigt, für sie ist es der Tribut, den sie zahlt, damit sie ausgehalten wird. Doch diese Geschichte ist ein Familiendrama, das sich über mehrere Generationen hinzieht und so wird sie auch im weiteren Verlauf von mehreren Erzählern dargeboten, die nicht nur dieses Familienleben schildert, sondern auch die nicht ganz gewöhnliche Geschichte Portugals seit den 50er Jahren. Und es ist eine Schilderung der Hassliebe zu Lissabon, die die Erzähler, jeder auf seine Weise, thematisieren.
    Niemand schreibt so wie Antunes. Das liest man sicher über den einen oder anderen Autoren auch in Rezensionen, aber dieses Alleinstellungmerkmal hat sich der Portugiese in vielen Romanen redlich erarbeitet. Wobei man noch nicht mal sagen kann, dass er diesen Stil "entwickelt" hat, vielmehr ist er ihm immanent, ein Teil von ihm, man könnte sagen, angeboren. Denn diese Art, mit Worten umzugehen, Sätze, die über mehrere Seiten, nur durch Kommata getrennt, mit einem Kaleidoskop von Bildern und Inhalten aufwarten, ist einfach nicht zu konstruieren.
    Antunes lesen erfordert Geduld. Der Novize wird möglicherweise mehrmals im Laufe der ersten 50 Seiten das Gefühl haben, er müsse das Buch weglegen, doch hat man sich erst einmal an diesen Ton gewöhnt, dann kann man sich fallenlassen und es wird schwierig, wieder aufzutauchen. Einmal im Sog von Antunes Sprache kann man sich dem nicht mehr erwehren. Das ist übrigens nicht nur mit diesem Buch so, sondern betrifft alle seine Romane.
    Mit Saramago hat zuletzt ein Portugiese den Nobelpreis erhalten. All die großartigen Schreiber wie Boyle, Auster usw. sind Kandidaten und Antunes reiht sich in diese Liga ein. Die fragwürdigen Entscheidungen der Jury in den letzten Jahren könnten endlich mal wieder durch die Verleihung an einen wirklich lebenden Großen Gewicht gewinnen. Antunes steht in der ersten Reihe.
  2. Cover des Buches Der Judaskuß (ISBN: 9783641249922)
    António Lobo Antunes

    Der Judaskuß

     (7)
    Aktuelle Rezension von: Duffy
    Lobo Antunes ist wohl Portugals sprachgewaltigster Schriftsteller, seine Wortkaskaden lassen dem Leser Bilder voller Vielfalt und Emotionen vor dem geistigen Auge erscheinen. Es ist sein Stil, der ihn unverwechselbar macht und der es immer wieder schafft, sein Publikum so nah wie nur möglich an Gefühlsebenen heranzuführen. Gerade wenn es um so sensible Themen geht wie in diesem Buch, das eigentlich nur ein Monolog ist, denn in einer Lissaboner Bar erzählt ein Betrunkener seiner zufällig von ihm zur Begleitung auserkorenen Herzensdame für eine Nacht seine Geschichte. Die Geschichte von 27 Monaten, die er in Angola im Krieg für Portugal verbracht hat, einem nutzlosen, grauenvollen und erniedrigenden Krieg für alle Seiten. Er stellt nicht nur das Kolonialsystem selbst in Frage, sondern klagt die unglaublichen Greueltaten an, die aus ihm und den Soldaten menschliches Treibgut gemacht haben. Er redet und redet ohne aufzuhören, alle Schattierungen der Emotionalität von wütend-aggressiv bis zärtlich-melancholisch durchläuft er, unversöhnlich gegen sich und auch gegen seine Begleiterin, die er letztendlich mit in seine Wohnung nimmt, um der Selbstzerstörung dieser Nacht auszuweichen, seiner Einsamkeit etwas entgegenzusetzen und mit oberflächlichem Sex und Alkohol Stunden der Erholung zu gewinnen. Dass es ihm auf keinen Fall gelingen wird, diesen Krieg aus sich herauszubekommen, weiß er, doch die Verzweiflung treibt ihn in die Situation, sich wenigstens für kurze Zeit daraus befreien zu können, um die Nacht zu überleben und nicht die Einsamkeit das tun zu lassen, was keine Kugel geschafft hat.
    Dieses Werk machte Antunes in Portugal populär, es war in erster Linie ein Skandal in der einst so erfolgreichen Kolonialmacht, es war aber auch ein Plädoyer für die, die in diesem Krieg ihr Leben verloren haben und damit auch den Anfang für den Schlussstrich unter das gesamte Kapitel der Koloniamacht gezogen haben.
    Antunes' Sprache ist einmalig, selten kann ein Autor offensichtlich so mühelos durch Worte so lebendge Bilder zeichnen. Ein großes Werk, denn es hat Bestand, die Kriege unserer Zeit und die damit verbundenen menschlichen Schicksale sind immer noch dieselben, nur das sie anderswo stattfinden. Man sollte mit der Empfehlung "Pflichtlektüre" vorsichtig sein, schaden kann diese Lektüre sicher  niemandem. Die Leute, für die es Pflicht sein sollte, Bücher wie dieses zu lesen, werden dann doch eher zu etwas "Hochgeistigem" greifen.
  3. Cover des Buches Mein Name ist Legion (ISBN: 9783442744138)
    António Lobo Antunes

    Mein Name ist Legion

     (4)
    Aktuelle Rezension von: leselea

    In einem sozial schwachen Viertel von Lissabon terrorisiert eine aus hauptsächlich Migranten bestehende Jugendgang Anwohner und die umliegenden Gemeinden. Sie überfallen Häuser und Tankstellen, verdingen sich als Zuhälter, verkaufen Hehlerware und schrecken auch nicht vor schwerer Körperverletzung zurück. Die Polizei beobachtet das Viertel über mehrere Monate, infiltriert es, befragt Zeugen und landet schließlich einen großen Coup, bei dem mehrere Todesopfer zu beklagen sind. Dieses Ereignis sowie die Entwicklungen, die zu ihm geführt haben, haben Auswirkungen auf eine Vielzahl von Figuren: den Polizisten, der die Operation hauptverantwortlich leitete, die Eltern der kriminellen Jugendlichen, ihre Geschwister, Komplizen, Nachbarn und schließlich auch die Gangmitglieder selber. Und sie alle erzählen davon – und von dem, was sie noch in ihrem Leben beschäftigt.

    ...aber wenn so viele alte Erinnerungen brodeln, entzieht sich einem der Kopf, ich höre, wie er alte Begebenheiten bewegt, Menschen und Dinge von ihrem Platz verrückt und Unglück wieder hervorholt, das ich vergessen glaubte, das aber letztlich bleibt... (S. 67)

    António Lobo Antunes gilt als einer der bedeutendsten portugiesischen Schriftsteller der Gegenwart und wird seit Jahren als Anwärter auf den Literaturnobelpreis gehandelt. Dass man es mit anspruchsvoller Literatur zu tun hat, wird jedem Leser aber schon selbst nach der Lektüre der ersten Seite eines jeden seiner Romane bewusst: Lobo Antunes weist einen unverwechselbaren Schreibstil auf, der sich durch wilde Assoziationen, eine reduzierte Interpunktion sowie radikale Introspektion der sprechenden Figur auszeichnet. In seinem Roman Mein Name ist Legion von 2007 lässt er insgesamt 12 Charaktere auf knapp 450 Seiten zu Wort kommen. Sie alle blicken mit denen ihnen eigenen Perspektive auf das Leben im Bairro (portugiesisch für Stadtvirtel), das sich durch Armut, Gewalt, Perspektivlosigkeit und strukturellen Rassismus auszeichnet. Die Vorurteile der Weißen in diesem Roman sitzen tief, das N-Wort wird fast auf jeder Seite in den Mund genommen; gleichzeitig kann jede schwarze Figur von Diskriminierungserfahrungen seit frühester Kindheit berichten. Die Grenze von Schwarz und Weiß ist in Mein Name ist Legion scharf gezeichnet, ebenso die zwischen Arm und Reich sowie Mann und Frau.

    Und doch sind sich alle Figuren in diesem Roman verbundener, als sie selber glauben: Sie alle kämpfen mit Einsamkeit und emotionaler Kälte in ihrem Leben, die Vergangenheit lastet auf allen von ihnen, bei manchen ist sie mit Schuld, bei anderen mit schweren Verletzungen beladen. Positive Momente sind rar in Lobo Antunes‘ Geschichte, das Elend ist allumgreifend, es schillert nur bei jeder Figur in einem anderen (Erzähl-)Ton. Diese inhaltliche Schwere trägt fast genauso wie der anspruchsvolle Stil dazu bei, dass die Lektüre des Romans recht viel Zeit braucht. Doch lässt man sich voll und ganz ein auf Lobo Antunes‘ Art des Erzählens, statt verkrampft zu versuchen, zu verstehen, entfalten seine Bilder eine enorme Stärke: Geht man mit seinem Rhythmus, hört man den Stimmen, die er ertönen lässt wirklich zu, dann kann man in die Gedankenströme eintauchen und aus den einzelnen Erinnerungsfetzen eine komplexe und verzweigte Handlung ableiten.

    Ein Roman wie Mein Name ist Legion macht weder inhaltlich noch stilistisch viel Spaß und trotz aller Bewunderung für das schriftstellerische Können des Autors ist eine gewisse Müdigkeit – die manchmal in Langeweile übergehen kann – beim Lesen nicht auszuschließen. Zugleich wird man mit einer vielschichtigen und vielstimmigen Erzählung belohnt, die Raum für Zwischentöne, Unbewusstes und eigene Interpretationen lässt. Wer es hin und wieder mag, sich durch ein Buch durchzukämpfen und experimenteller Literatur generell offen gegenübersteht, der muss Lobo Antunes eigentlich lesen. Mein Name ist Legion bietet aufgrund des sehr kurzgeschichtenartigen Aufbaus meiner Meinung nach dafür den idealen Einstieg. Also: Traut euch!

  4. Cover des Buches Lissabon - Eine literarische Einladung (ISBN: 9783803112699)
    Gaby Wurster

    Lissabon - Eine literarische Einladung

     (2)
    Aktuelle Rezension von: Duffy
    Lissabon hat schon so manchen in seinen Bann geschlagen. Wie in jeder anderen Großstadt machen natürlich auch hier die Ecken das Leben aus, die man nicht auf einer Sightseeing-Tour sieht. Aber Lissabons Zauber sind die Details, auf die nur der hinweisen kann, der die Stadt kennt. Die Kioske etwa, die Literatur und Kunst unter der Erde, wenn man sich z.B. die Bahnhöfe Oriente oder Cais de Sodre anschaut, Lissabon hat seinen Fado und die Saudade, es ist die Stadt der Nuancen und vor allem hat sie eines: ihr Licht. Das alles, sowie die besondere Historie der Stadt, die durch ein Erdbeben 1755 komplett zerstört wurde, die die letzte Station vor der Flucht nach Amerika im Zweiten Weltkrieg und Ausgangspunkt eines Kolonialimperiums war, gibt Stoff für Geschichten, Romane und eben Betrachtungen, wie wir sie hier in diesem Buch finden. Namen, die mit Lissabon eng verbunden sind wie Pessoa, Antunes, Saramago, Remarque und viele mehr, tragen mit ihren eindringlichen Texten zur Charakterisierung einer Stadt bei, die nie vollständig mit Worten beschrieben werden kann. Allen Autoren ist eines gemeinsam: Ihr Verständnis für die Stadt und eine enge Verbundenheit, wie auch immer ihre Bewertungen ausfallen. Für alle diejenigen, die sich für portugiesische Literatur interessieren und noch nicht so viele der Autoren kennen, ein großartiger Einstieg. Aber am besten ist dieses Buch in Lissabon selbst aufgehoben, wenn es den Leser bei einem Besuch begleiten kann, wenn man nach der Lektüre der einen oder anderen Geschichte die Orte besuchen und selbst erleben kann.
    Die Editorin und Übersetzerin Gaby Wurster hat hier einen hervorragenden Job getan und mit viel Liebe und Detailwissen die Beiträge zusammengestellt und teilweise übersetzt. Herausgekommen ist ein nachhaltiges Buch für Lissabonliebhaber sowieso und für alle, die es noch werden wollen. Das sich die Weiterentdeckung der Autoren, die man hier lesen kann, lohnt, muss nicht extra erwähnt werden.
  5. Cover des Buches Elefantengedächtnis (ISBN: 9783641111410)
  6. Cover des Buches Anweisungen an die Krokodile (ISBN: 9783442713172)
  7. Cover des Buches Die Vögel kommen zurück (ISBN: 9783641249939)
    António Lobo Antunes

    Die Vögel kommen zurück

     (4)
    Aktuelle Rezension von: Beagle
    Eine wirklich gut geschriebene Geschichte, das Leben des Protagonisten, wie er sich langsam immer weiter in den Sumpf der Depressionen verstrickt und die immerwährenden Kommentare seiner Angehörigen - großartig.
  8. Cover des Buches Drittes Buch der Chroniken (ISBN: 9783630621678)
    António Lobo Antunes

    Drittes Buch der Chroniken

     (5)
    Aktuelle Rezension von: Duffy
    Antunes, den man zu Recht als einen der bedeutendsten Gegenwartsliteraten Portugals bezeichnet, hat neben seinen zahlreichen Romanen auch immer kleine Chroniken geschrieben und diese veröffentlicht. Diese Chroniken waren nicht nur kleine Wegesrandgeschichten sondern auch immer Reflexionen seines Lebens. Die hat er mit sensiblem Gespür für die Feinheiten verfasst, die ihnen diese Einmaligkeit verleiht. Es sind nicht nur die Belege seiner großen Kunst mit dem Wort umzugehen, sondern teilweise tiefgehende Einsichten und Wahrheiten, die sich aus dem großen Erfahrungsschatz des Menschen Antunes speisen.
    Aus diesem Fundus ist die "Chroniken"-Reihe entstanden, eine Sammlung aller für eine Tageszeitung verfassten Beiträge. Der hier vorliegende dritte Band zeugt von Antunes gewachsener Reife, mit den alltäglichen Dingen und Erinnerungen so umzugehen, dass sie sich für ihn im Alter als Gewinn erweisen. Und vielleicht könnte man es so formulieren, obwohl sich der Kitsch darin förmlich aufdrängt, aber es ist auch immer ein Stück Wahrheit in diesem Begriff: Altersweisheit ist das, was man mit ihm bei der Lektüre dieses Bandes teilen kann und das ist wirklich ein Mehrwert, den nicht viele Bücher vermitteln.
    Man kann, ohne etwas von Antunes gelesen zu haben, auch mit den Chroniken beginnen und diesen Schriftsteller kennenlernen. Vielleicht sogar der beste Weg, ihm näher zu kommen. Enttäuscht wird man von keinem seiner Bücher, ein so wortgewandter und begnadeter Schreiber ist in diesen Zeiten selten geworden. Nur Mut, liebe Leser, gönnen Sie sich eine Neuentdeckung.
  9. Cover des Buches Einblick in die Hölle (ISBN: 9783641111427)
    António Lobo Antunes

    Einblick in die Hölle

     (2)
    Aktuelle Rezension von: Storyteller98
    Dieses Buch war definitiv völlig anders als die, die ich meistens lese. Der Schreibstil des Autors war schwierig zu verstehen und gewöhnungsbedürftig. Teils gingen Sätze über eine halbe Seite oder mehr und waren dabei so sehr verschachtelt, dass ich sie zum besseren Verständnis mehrfach lesen musste. Andererseits war der Stil des Autores ungewöhnlich kunstvoll und reich an schönen Beschreibungen. Ich ließ mich schnell in die gedrückte Stimmung des ganzen Buches hineinziehen; wie ich finde, schrie der Hass des Protagonisten auf die anderen Psychiater und auf sich selbst nahezu aus dem Buch heraus und war überaus bedrückend. Die ständigen Zeitensprünge beginnen unangekündigt und waren meist völlig verwirrend.
    Auch ich habe nicht alles Inhaltliche verstanden und das Buch lässt mich überaus nachdenklich zurück: War der Autor Arzt oder doch Insasse?

    Dies ist auf keinen Fall ein Buch für zwischendurch, sondern eines, dem man seine ganze Konzentration widmen sollte. Und das ist es wert!
  10. Cover des Buches Der Tod des Carlos Gardel (ISBN: 9783641302658)
  11. Cover des Buches Zweites Buch der Chroniken (ISBN: 9783630620879)
    António Lobo Antunes

    Zweites Buch der Chroniken

     (1)
    Aktuelle Rezension von: Duffy
    António Antunes gehört zu Portugals berühmtesten und wichtigsten Gegenwartsliteraten. Neben seinen zahlreichen Romanen hat er auch drei Bände mit Chroniken herausgebracht, die er ursprünglich für eine portugiesische Tagszeitung geschrieben hat. Und diese Chroniken enthüllen den privaten Antunes, den Menschen mit all seinen Empfindungen und Sensibilitäten, Sehnsüchten und kleinen Kämpfen im Alltag des fleißigen Romanciers. Die einzelnen Chroniken sind eigentlich Kurzgeschichten, zwei bis dreiseitige Tauchgänge in die Tiefen der portugiesischen Seele in einer Sprache, die ihre eigene Poesie auf einnehmende Art ausbreitet. Wer sich in der Romanwelt von Antunes ein wenig auskennt, wird nicht aufhören können zu lesen, aber, und wie selten kommt das vor, diese privaten Aufzeichnungen können auch ein großartiger Einstieg in das Werk dieses wundervollen Schriftstellers sein.
  12. Cover des Buches Das Handbuch der Inquisitoren (ISBN: 9783641242275)
    António Lobo Antunes

    Das Handbuch der Inquisitoren

     (17)
    Aktuelle Rezension von: Duffy
    "Herr Doktor", rechte Hand des einstigen portugiesischen Diktators Salazar, residierte auf einem großen Landgut. Nach dem Ende des Regimes verfällt der Besitz, wurde geplündert und beschädigt. Der alte Besitzer, seiner Privilegien und Macht beraubt, sitzt in einem Gewächshaus mit einer Flinte und sieht sogar in den Raben Kommunisten, die er einfach erschießen will. Doch nun kommen die von ihm unterdrückten und belogenen Menschen zu Wort, die hier auf diesem Landgut eine gequälte Existenz führten.
    Wie auf einer Theaterbühne lässt Antunes seine Protagonisten agieren. In Form von Berichten und Kommentaren wird mit der Zeit zwischen der Diktatur und dem Sozialismus abgerechnet und natürlich ganz besonders mit den Hauptverantwortlichen.
    Antunes Still ist wohl einmalig in der Literaturwelt. Niemand schreibt so eindringlich und mit Wiederholungen, die eigentlich durch bloßes Austauschen manchmal nur eines Wortes eine neue Bedeutung bekommen, seine reiche Sprache verblüfft den Leser immer wieder aufs Neue und gerade dieser Stil ist es, der seine Werke so intensiv machen. Antunes ist ein begnadeter Erzähler, jemand der weit ausholen kann, aber trotzdem immer nur das Wichtigste schreibt. Natürlich ist diese Art zu Schreiben erst einmal gewöhnungsbedürftig, Antunes ist nichts für zwischendurch, aber hat man Zugang zu seinem Stil gefunden, dann kommt man nicht mehr los davon.
    Ganz große Bestandsaufnahme der portugiesischen Geschichte nach der Diktatur. Reich-Ranicki sprach von einem Roman von weltliterarischem Atem. Dem ist nichts hinzuzufügen.
  13. Cover des Buches Einen Stein werd ich lieben (ISBN: 9783442737604)
    António Lobo Antunes

    Einen Stein werd ich lieben

     (6)
    Aktuelle Rezension von: The iron butterfly

    Eine fünfzig Jahre andauernde Vertuschung, eine wahre Lebenslüge, die eine ganze Familie und andere beteiligte Personen beeinflusst und dennoch geduldet wird. Fünfzig Jahre lang trifft sich das Familienoberhaupt mit seiner Jugendliebe mittwochs in einem Stundenhotel. Fünfzig Jahre lang halten er und seine Geliebte an diesem Versteckspiel fest. Fünfzig Jahre bis zum Tod des Vaters leben seine Frau, seine beiden Töchter und der Sohn mit der Ahnung, dem Wissen oder Desinteresse. Mit dem Tod des Vaters endet zwar die Ausübung des Betrugs, jedoch enden nicht die emotionalen Auswirkungen und Folgen für die Familie. Die Last des Tabuthemas bleibt.

    António Lobo Antunes lässt den Sohn im fortgeschrittenen Alter das Familienalbum zur Hand nehmen. Seine Erzählung rekonstruiert anhand der Betrachtung der Fotografien im Album die Familiengeschichte und das Stillschweigen aller. Enstanden ist ein intensives Protokoll verschenkter Lebenszeit, denn so viele Sehnsüchte, so viele Lieben, so viele Emotionen wurden vergeudet und totgeschwiegen.

    Die Erzählweise an sich liest sich gewöhnungsbedürftig (daher die drei Sterne Bewertung), denn es handelt sich größtenteils um einen vielstimmigen Austausch, ein Gespräch, ein Erkunden der Dinge und Stimmungen, die auf den ersten Blick verborgen bleiben. Es ist ein andauernder Gedankenaustausch, der nach und nach durch unterschiedliche Sichtweisen anfangs unverständliche Situationen aufklärt oder zu erklären versucht. Intensiv und emotional aufwühlend ist etwas vom Weltschmerz, vom portugisieschen „Saudade“, diesem Gefühl, das sich so schwer erklären lässt zu spüren. Die Melancholie, die dich einfriert und dich Dinge ertragen lässt, die du nicht zu ändern wagst.

  14. Cover des Buches Reigen der Verdammten (ISBN: 9783442733880)
    António Lobo Antunes

    Reigen der Verdammten

     (4)
    Aktuelle Rezension von: Duffy
    Nach dem Sturz des Salazar-Regimes in Portugal haben die Kommunisten das Land für sich deklariert und eines ihrer Vorhaben ist die Enteignung von Großgrundbesitzern. Einer aus dieser Gruppe liegt 80jährig im Sterben und auf dem Gut im Alentejo findet sich die Familie zusammen, um das Erbe zu sichern. Es entwickelt sich ein Wettlauf mit der Zeit, denn die Flucht nach Spanien steht unmittelbar bevor, Leider ist der Familienclan hoffnungslos zerstritten und so nehmen die Dinge ihren Lauf, denn Habsucht, Gier und Hass bestimmen die Verhalten der einzelnen Mitglieder. So kommen auch nach und nach einige Wahrheiten ans Licht, die den Hass noch weiter fördern. Erschwerend ist auch der Einfluss von Krankheiten wie Debilität oder Schizophrenie. Es entbrennt der Kampf um ein Erbe, was gar nicht mehr da ist, denn es stellt sich heraus, dass das Oberhaupt sein ganzes Vermögen zu Lebzeiten durchgebracht hat und seiner Familie sogar noch Schulden hinterlässt.

    Als „wortgewaltig“ lässt sich Antunes' Stil wohl am ehesten beschreiben, doch es reicht bei weitem nicht aus, um die ganze Faszination dieses Autoren richtig zu erklären. Es gibt kaum jemanden in der neueren Literatur, der ausschweifender in Bildern erzählt wie er, seine Vergleiche, die er in teilweise halbseitigen Sätzen unterbringt, dienen immer der Visualisierung von Szenen. Oft gleitet er in Skurriles ab, manches Mal erfindet er sogar Worte oder verknüpft Begrifflichkeiten und baut daraus eine der Situation entsprechende Parallelkonstruktion. Immer bleibt er jedoch am Stoff und atemlos wird der Leser durch eine Welt von Bildern geführt, die immer zum Ausgangspunkt zurückkehren. Das ist hohe Kunst und die große Liebe zum Wort, die Antunes in allen seine Werken betreibt. Dass sich die hier verarbeiteten Themen wie Gier und Habsucht auch hervorragend mit beißender Ironie vertragen, ist ein weiterer Punkt, der den Leser an das Buch bindet. Nur über eines sollte man sich im Klaren sein: Antunes ist kein Autor, der sich mal eben nebenbei lesen lässt. Wer das vorhat, wird schnell aufgeben und vor allem, er wird dem Werk nicht gerecht. Um nämlich diese Detaildichte wirklich genießen zu können, muss man wach und aufmerksam lesen, erst dann entfaltet auch dieses Buch seine volle Wirkung.

  15. Cover des Buches Die Leidenschaften der Seele (ISBN: 9783442733866)
    António Lobo Antunes

    Die Leidenschaften der Seele

     (4)
    Aktuelle Rezension von: The iron butterfly
    Portugal in den achtziger Jahren - eine revolutionäre Gruppierung, bestehend aus einem Künstler, einem Priester, einem Studenten, einer Altersheimbesitzerin und dem Mann, Antunes genannt, verfolgt ihre Ziele im Kampf um den Sozialismus mit Hilfe von Bombenattentaten. Antunes wird festgesetzt und soll nun in einem kontrovers geführten Verhör unter Druck gesetzt werden. Ziel ist es die terroristische Zelle zu zerstören und die anderen Mitglieder zu eliminieren. Der Plan, Antunes, den Sohn aus gutem Hause, von seinem Freund aus Kindertagen, dem Richter, Sohn des Hausmeisters, in die Zange nehmen zu lassen, platzt mit zunehmender Wiederbelebung alter Kindheitserinnerungen. Der Mann Antunes und der Richter arbeiten ihre Vergangenheit auf, sie ziehen Bilanz, die Bilanz einer tiefen und vertrauensvollen Freundschaft zwischen zwei Jungen aus den unterschiedlichsten Sozialschichten, einer Freundschaft, die beiden im Verlauf der Zeit abhanden gekommen ist. Nun sitzen sie sich gegenüber, Kontrahenten zu Beginn, der eine auf der Seite des Rechts, der andere auf dem Stuhl des Angeklagten, Direktimport von der schiefen Bahn. Derweil geht die Revolution weiter und die vier verbliebenen Terroristen tun ihr Bestes, um ihrem Image gerecht zu werden. António Lobo Antunes verlangt seinen Lesern einiges ab, zunehmend verlaufen Handlungsstränge parallel, und hier spielt es keine Rolle für ihn, ob es sich um die Gegenwart oder die Vergangenheit handelt. Mit höchstem Genuss vermischt er Gespräche, Erinnerungen, Handlungen, Gedanken, als würde er, wie die böse Stiefmutter Erbsen mit Asche vermengen. Endlos erscheinende Sätze über halbe oder ganze Seiten sind dabei keine Seltenheit und geben dem Gesamtwerk eine gewisse Note. Mit einem Drehbuch ohne jegliche Regieanweisungen in der Hand trudele ich durch die Geschichte und er belohnt meine Aufmerksamkeit mit sprachlichem Luxusgut. Damit weiß er wahrlich zu begeistern, wie aus dem Nichts scheint dann die Zeit stehen zu bleiben, man balanciert federleicht auf seinen Worten. Diese Momente erinnerten mich an diese Szene aus „Amelie“, als sie im Zug das Werk des erfolglosen Poeten liest und tief bewegt dem Schaffner dieses "Ohne dich wären die Gefühle von heute nur die leere Hülle der Gefühle von damals" entgegenhaucht. Antunes' Sätze ähneln poetischen Manifesten, Sätze, die in Stein gemeißelt ihre Zeit überdauern würden. Seine Geschichte ist wie Lissabon, einmal laut und hektisch wie der Rossio, zentrales Herzstück der Stadt und dann wieder ruhig und im völligen Gleichgewicht wie der Tejo, dieser Fluss, der die Stadt in seinen Armen hält. Die Frankfurter Rundschau hat den Schriftsteller Antunes einem Tarantino oder Lynch gegenüber gestellt und das kann ich nur unterstreichen, eine spektakuläre Geschichte für konzentrierte Leser und Lissabon Fans.
  16. Cover des Buches Fado Alexandrino (ISBN: 9783442749300)
  17. Cover des Buches Buch der Chroniken (ISBN: 9783630620862)
    António Lobo Antunes

    Buch der Chroniken

     (1)
    Aktuelle Rezension von: Duffy
    Mehr als 25 Bücher gibt es von einem der bedeutendsten protugiesischen Gegenwartsautoren, der auch immer mal wieder für den Nobelpreis im Gespräch ist. Antunes schreibt viel über die Geschichte seiner Heimat, verarbeitet aber auch seine Zeit als Militärarzt in Angola ("Der Judaskuß") und als Psychiater in einer Lissaboner Klinik.
    In seinen Büchern der Chronik ist er jedoch der private Antunes, der sich erinnert, beschreibt und betrachtet, immer mit ganz subjektiver Sichtweise und mit einer gehörigen Portion Starrsinn und Humor. Die in diesem ersten Buch der Chroniken versammelten Beiträge verfasste er für eine Zeitung und sie zeigen ihn als sensiblen Beobachter, der aber trotz aller persönlichen Aufzeichnungen seinem Stil als spannender und energiegeladener Schreiber treu bleibt. Für alle, die Antunes noch nicht kennen, ist das vielleicht der beste Einstieg, weil er viel von sich und seiner Motivation preisgibt. Schön und gut zu lesen und eine angenehme Art, dem Autor näher zu kommen.
  18. Cover des Buches Guten Abend ihr Dinge hier unten (ISBN: 9783641241513)
  19. Cover des Buches Was werd ich tun, wenn alles brennt? (ISBN: 9783641302672)
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